Super Mario RPG
Anno 1996 erschien Super Mario RPG: Legend of the Seven Stars für das SNES, doch das erste Mario-RPG überhaupt wurde ausschließlich in Japan und Nordamerika veröffentlicht. Europäische Gamer kamen erst mehr als zehn Jahre später in den Genuss des Rollenspiels, als es auf der Virtual Console für die Wii angeboten wurde. Jetzt ist das Remake - neuerdings ohne Beititel - aber auch in deutschen Läden zu haben, und wir haben uns in die bunte RPG-Welt geworfen, um euch einen Test liefern zu können. Wohl bekommt’s!
Bowser und Konsorten treiben mal wieder Schabernack
Die Story von Super Mario RPG ist Nintendo-typisch äußerst simpel: Prinzessin Peach vertreibt sich vor Marios zierlicher Hütte ("MarioHouse") die Zeit in einer Blumenwiese, als sie mal wieder von Bowser entführt wird – dem Reptil, nicht Doug Bowser, seines Zeichens Senior Vice President of Sales and Marketing bei Nintendo. Mario folgt der holden Maid sogleich heldenhaft. Er trifft und besiegt Bowser, doch Peach kann er dadurch leider nicht retten, denn plötzlich mischt sich noch eine dritte Partei in den ewigwährenden Kampf zwischen Klempner und Echsenkönig ein: Ein riesiges sprechendes Schwert fällt vom Himmel und erschüttert Bowsers Schloss. Ist es Fi aus The Legend of Zelda: Skyward Sword? Natürlich nicht. Stattdessen handelt es sich um Exor, der Eiserne. Er und Schmiedrichs Schergen greifen Bowser scheinbar unter die bösen Arme, verfolgen tatsächlich aber ihre ganz eigenen Ziele.
Die naheliegende Lösung, um dem Krieg ein wohlwollendes Ende zu bereiten: Mario muss die Welt bereisen und sieben legendäre Sterne finden, um deren Zauberkraft einzusetzen. Ist doch klar!
Auf seiner Reise kommt Mario durch unterschiedliche Landstriche und Ortschaften, und trifft dabei auf allerlei phantasievolle Charaktere, von denen sich ihm manche sogar im Kampf anschließen. So treffen wir beispielsweise schon relativ früh im Spiel auf Mallow, der – wer hätte es gedacht – wie ein Marshmallow aussieht, sich aber für einen Frosch hält. Solche und weitere Charaktere haben viele flotte Sprüche auf den Lippen und überzeugen mit einem kecken Slapstick-Humor.
Gelungene Präsentation mit familienfreundlichem Humor
Super Mario RPG versprüht weitestgehend den gleichen kindergerechten Charm wie es die verschiedenen Ableger der Paper-Mario-Reihe tun. Super Mario RPG verzichtet lediglich auf die Papier-Optik und präsentiert sich stattdessen entsprechend der SNES-Vorlage in einer schicken isometrischen Ansicht, die alles wie ein Diorama aussehen lässt. Die stilisierte Grafik erinnert an Donkey Kong Country: Tropical Freeze, stellenweise aber auch an das Remake von The Legend of Zelda: Link's Awakening, wobei der Detailgrad beider Spiele nie ganz erreicht wird. Mario selbst wirkt zudem etwas pummeliger als in anderen Mario-Spielen. Auch das entspricht der SNES-Vorlage und weniger etwa dem Mario, den wir aus Super Mario Odyssey oder dem kürzlich veröffentlichten Kinofilm kennen. Wirklich filmreif sind dagegen einige famos vorgerenderte Szenen, die an bestimmten Stellen im Spiel die Story vorantreiben.
Egal ob das Geschehen auf dem Bildschirm in Echtzeit berechnet wird oder nicht – Super Mario RPG läuft stets einwandfrei und weicht nur selten spürbar von 60 FPS ab. Framedrops kommen höchsten beim Wechsel von Gebieten vor und sind dadurch praktisch nicht bemerkbar.
Nicht weniger schön ist die akustische Seite des Spiels, zumindest dann, wenn man die wie üblich fehlende Sprachausgabe ignoriert. Super Mario RPG kommt mit einem komplett neu aufgenommenen Soundtrack daher, der mit vielen fröhlichen Stücken überzeugt. Für Nostalgiker hat Nintendo aber auch die Original-Musik aus dem Jahre 1996 auf die Speicherkarte beziehungsweise in den Download gepackt.
Hinsichtlich der Präsentation gibt es eigentlich nur einen kleinen Makel: Als Remake eines SNES-Spiels ist das Leveldesign absolut nicht mehr zeitgemäß. Die einzelnen Gebiete sind sehr klein und zudem sehr linear gestaltet. Letzteres gilt auch für das (nicht vorhandene) Missionsdesign. Side-Quests oder andere Nebenaufgaben gibt es so gut wie gar nicht. Lediglich ein paar (optionale) Items warten darauf in unsichtbaren Truhen oder an einigen geheimen Orten gefunden zu werden. Ansonsten gilt die Aufmerksamkeit immer dem Ziel Peach zu retten und danach Schmiedrichs Schergen zu besiegen.
Rundenbasierte Action
Apropos Gebiete: Ganz wie in alten Super-Mario-Platformern oder auch dem ersten Paper-Mario gibt es eine Oberwelt, von der aus Mario die einzelnen Gebiete anwählen kann. Diese werden in der Regel von Schergen bevölkert, die ihr jeweiliges Revier in vorgegebenen Bahnen patrouillieren. Trifft Mario auf einen Gegner, wechselt die Ansicht in eine Art rudimentäre Arena und ein rundenbasierter Kampf beginnt. Mario und seinen Verbündeten – bis zu drei Charaktere können ein Team bilden – stehen dann grundsätzlich vier Optionen zur Verfügung. Mit der A-Taste führt der Charakter, der gerade am Zug ist, einen Standardangriff mit einer Waffe wie etwa einem Holzhammer oder einem grünen Stachelpanzer aus. Mit Y startet er einen Spezialangriff, mit X verwendet er ein Item und mit B flüchtet er oder nimmt eine Defensivstellung ein. Zu den Items zählen unter anderem Pilze, die Lebensenergie wiederherstellen oder "Muntermacher", die gefallene Kämpfer wiederbeleben. Das Kampfsystem ist alles andere als komplex, kann aber doch mit einer Besonderheit aufwarten: Bei bestimmten Angriffen – egal ob durch Freund oder Feind – leuchtet ein kleines Ausrufezeichen auf. Wer da rechtzeitig die A-Taste drückt, verhilft eigenen Attacken zu mehr Effizienz oder wehrt gegnerische Angriffe ganz oder zumindest teilweise ab. Vor allem das Abwehren von Attacken erfordert perfektes Timing und wer hier versagt, kann bei stärkeren Gegnern schnell Kämpfer verlieren. Grundsätzlich ist Super Mario RPG allerdings kein bockschweres Spiel, und wer sich dennoch mal überfordert fühlt, darf neben dem "normalen" Schwierigkeitsgrad auch noch auf einen "lockeren" zurückgreifen.
Zum Einsetzen von Spezialangriffen werden Blumenpunkte, kurz BP, benötigt. Anders als Gesundheitspunkte müssen sich alle Mitglieder in Marios Kampftruppe die Blumenpunkte jedoch teilen, wodurch Spezialattacken mit Bedacht eingesetzt werden sollten. Besonders mächtige Angriffe schlucken logischerweise besonders viele Blumenpunkte. So ist Marios Feuerball-Attacke beispielsweise teurer als seine Sprung-Attacke.
Mit jedem Treffer durch Standard- oder Spezialattacken steigt eine Prozentanzeige am Bildschirmrand. Ist sie bei 100% angelangt, darf entweder Toad mit einem Item aushelfen oder eine "Trio-Technik" eingesetzt werden. Trio-Techniken sind mächtige Team-Angriffe, die je nach Gruppenkonstellation unterschiedlich und stets mit einer eigenen, fetzigen Videosequenz daherkommen.
Für jeden gewonnenen Kampf werden Mario und Co mit Erfahrungspunkten und Münzen belohnt. Dazu kommen eventuell Items, die von den Gegner gefallen lassen wurden. Die Erfahrungspunkte summieren sich und führen in regelmäßigen Abständen zu Stufenaufstiegen. Der Spieler kann dann entscheiden, ob er Punkte in Lebensenergie, Kampf- und Abwehr oder Magie (=Spezialattacken) investieren möchte. Münzen dürfen dagegen in diversen Shops ausgegeben werden. Dort gibt es Items wie die oben genannten zu kaufen, aber auch Waffen, Kleidungsstücke und Accessoires, die verschiedene Attribute verstärken.
Damit die Kämpfe, die einen sehr großen Teil des Spiels ausmachen, nicht langweilig werden, gibt es eine große Anzahl unterschiedlicher Feinde inklusive Bossgegner. Darüber hinaus wird das Gameplay immer wieder durch Minispiele aufgelockert. So darf Mario zum Beispiel auf einem reißenden Fluss zwischen Fässern hin- und herspringen oder eine Lorenfahrt in einer Maulwurf-Mine machen. Während solchen Einlagen gibt es vorrangig Münzen und Pilze zu ergattern, aber auch High-Scores zu knacken.
Fazit:
Speziell jüngeren Spielern ist Super Mario RPG ohne Abstriche zu empfehlen. Auch älteren Gamern können wir eine Empfehlung aussprechen, diesen sollte aber bewusst sein, dass Super Mario RPG mit seiner seichten Story und wenig komplexen Kampfsystem zweifelsohne auf ein jüngeres Publikum zugeschnitten ist. Auch kommen manche Elemente angesichts der SNES-Vorlage etwas altbacken daher. Unabhängig davon ist Super Mario RPG jedoch definitiv ein gelungenes Remake mit guter Technik und einigen zeitgemäßen Quality-of-Life-Verbesserungen, wie etwa einer Auto-Save-Funktion. Es ist zudem ein Gute-Laune-Spiel; bunt, charmant und humorvoll, und wer sich dafür entscheidet, wird die rund 15 Stunden Spielzeit gewiss in vollen Zügen genießen.