Test

Mario Kart World

Von Andreas Held am 09.06.2025

Mario Kart World hat in dreierlei Hinsicht riesige Fußstapfen auszufüllen: Zum einen ist es der Nachfolger eines der erfolgreichsten Videospiele aller Zeiten. Mario Kart 8 hat sich auf Wii U und Switch insgesamt über 75 Millionen Mal verkauft - mehr als doppelt so oft wie zum Beispiel Elden Ring. Zum anderen ist es in gewisser Weise auch eines der teuersten Videospiele aller Zeiten: 89,99€ ist (meines Wissens nach) die höchste UVP, die jemals für die Standard-Version eines Konsolenspiels ausgerufen wurde. Und drittens muss es den Launch der Switch-2-Konsole quasi allein stemmen: Mario Kart World ist der einzige nennenswerte Exklusivtitel, der vom ersten Tag an für Nintendos neue Hardware verfügbar ist, und muss noch bis Mitte Juli als Alleinunterhalter ausharren.

Mario Kart

Das wenig überraschende zuerst: An der Mario-Kart-Formel hat sich auch für den neunten Teil (bzw. den zehnten, wenn man Tour mitzählt) nichts geändert. Den Kern des Spiels bilden somit immer noch die 16 komplett neuen und 14 aus älteren Teilen übernommenen Strecken, die zu acht Cups zusammengefasst wurden, auf denen sich diesmal bis zu 24 Fahrer mit Items beharken und Drift-Boosts zünden, um als erster zur Ziellinie zu gelangen. Erster kleiner Unterschied: Da sich diesmal 30 statt 32 Strecken auf acht Cups verteilen, werden zwei Rundkurse (Peach Stadium und Crown City) doppelt befahren. Mittelgroßer Unterschied: Experimentierfreudige Fahrer können nun - wie auf einem Skateboard - an bestimmten Objekten wie Eisenbahnschienen oder Treppengeländern entlanggrinden und sich auf diese Weise weitere Mini-Turbos dazuverdienen. Der deutlich größte Unterschied: Da alle Strecken in einer großen, offenen Welt verteilt sind, gehören diesmal nicht nur die Kurse selbst, sondern auch die Verbindungsstraßen zum Wettbewerbsgelände.

In der Praxis sieht das so aus, dass wir im ersten Rennen jeder Meisterschaft wie gewohnt auf Kursen wie dem neuen Mario Bros. Circuit oder einer Neuinterpretation des Shy Guy Bazaars aus Mario Kart DS unsere Runden drehen. In den folgenden Rennen müssen wir dann selbst durch die Spielwelt zur nächsten Strecke fahren und absolvieren dafür nur noch eine statt normalerweise drei Runden auf den verbleibenden Rondellen. Vor Release wurden Bedenken geäußert, dass die Verbindungsstücke sich wie Füllmaterial anfühlen könnten, was sich jedoch bei unserem Test nicht bestätigt hat - dafür ist auf den Straßen einfach viel zu viel los. Gegnerische Fahrer feuern ihre Items ab, wir sind ständig auf der Suche nach Turbo-Boosts oder Gelegenheiten für Tricks; NPCs befahren den Asphalt mit ihren eigenen Vehikeln und verteilen Lunch-Pakete, bieten Rampen an, schießen Feuerbälle ins Fahrerfeld oder sind einfach nur im Weg. Dadurch gibt es auch auf den eher breiten und geraden Abschnitten, die in der Open World häufiger vorkommen, kaum eine ruhige Sekunde - von Langeweile ist also keine Spur.

Diese Eigenschaft macht sich vor allem der Knockout-Tour-Modus zunutze. Hier fahren wir auf acht langen Rallies ohne Unterbrechungen durch die Spielwelt, wobei an jedem Checkpoint die vier Letztplatzierten eliminiert werden - bis nach der fünften Runde nur noch vier Fahrer übrig sind, die die Podiumsplätze unter sich ausmachen. Da an das kleinere Fahrerfeld deutlich weniger Items verteilt und vor allem die mächtigeren Items wie Blitze und Kugelwillis im weiteren Rennverlauf sehr selten werden, kann es hier auch durchaus passieren, dass sich einzelne Rennteilnehmer an der Spitze uneinholbar weit absetzen. Was hingegen fehlt ist ein Modus, in dem wir eine ganz klassische Meisterschaft nur auf abgesteckten Kursen fahren können. Wollen wir beispielsweise in Bowsers Schloss einen traditionellen Wettbewerb veranstalten, ist das nur im Zeitfahren oder im VS-Modus möglich. Das ist durchaus schade, da viele Strecken in einem klassischen Drei-Runden-Rennen noch mal ganz anders zur Geltung kommen.

World

Ein weiterer Aspekt von Mario Kart World ist der Free-Roam-Modus, in dem Einzelspieler frei in der offenen Welt herumfahren, nach Extras suchen oder Fotos knipsen dürfen. Dazu gehören neben ?-Panels und Peach-Münzen, die wir einfach überfahren bzw. aufsammeln können, auch die aus anderen Mario-Spielen bekannten P-Schalter, die kleinere Missionen aktivieren. Um diese zu absolvieren, müssen wir z.B. innerhalb eines Zeitlimits acht blaue Münzen sammeln oder auf einer Mini-Rennstrecke drei Runden abschließen, bevor uns die Zeit ausgeht. Die Belohnung ist in allen Fällen die gleiche: Für gesammelte Münzen oder absolvierte Missionen erhalten wir jeweils einen Sticker, den wir dann neben unserem Namen einblenden und im Online-Modus zur Schau stellen können.

Es ist offensichtlich, dass Nintendo sehr viel Arbeit in die Open World des neuen Mario-Kart-Titels gesteckt hat, was sich vor allem am Umfang zeigt: Insgesamt gibt es hunderte Collectibles und über 200 unterschiedliche Routen, die jeweils zwei Rundkurse miteinander verbinden. Auch die Rennstrecken selbst fühlen sich in diesem Modus noch einmal komplett anders an, nicht zuletzt weil die ganze Szenerie, von der uns normalerweise Lakitu mit seiner Angel abholen würde, nun frei befahren werden kann. Der Free-Roam-Modus stellt auch den Tag-Nacht-Zyklus gut zur Schau, der in den anderen Spielmodi zwar vorhanden, aber weniger auffälig ist. Nicht zuletzt ist der geradezu dekadente Soundtrack zu erwähnen: Während ihr die Welt erforscht, läuft im Hintergrund eine Playlist aus dutzenden Musikstücken, die euch mit Remixen von Melodien aus früheren Mario-Titeln verwöhnt.

Gerade deshalb ist es etwas enttäuschend, dass Nintendo das Potential der offenen Spielwelt nicht annähernd ausgeschöpft hat. Herumfahren und versteckte Extras einsammeln ist nett - mehr aber auch nicht. Gerade im direkten Vergleich mit anderen Open-World-Rennspielen wie Forza Horizon oder Lego 2K Drive wird ziemlich deutlich, wie viel Luft nach oben dieser Spielmodus noch gehabt hätte. Einige könnten nun argumentieren, dass dieser Vergleich unangebracht ist, da Mario Kart ein reiner Multiplayer-Titel sein will und somit gar nicht den Anspruch hat, eine umfangreiche Single-Player-Erfahrung anzubieten. Das mag zwar richtig sein, aber die offene Welt wird mit dem Wort "World" im Titel besonders hervorgehoben und als 90€ teurer Flaggschiff-Titel, dessen Vorgänger sich 75 Millionen Mal verkauft hat, könnte das Spiel ruhig noch etwas ehrgeiziger sein.

Davon abgesehen setzt Mario Kart World als Multiplayer-Titel auch nicht gerade neue Maßstäbe. Im Online-Modus können wir in drei Disziplinen (normale Rennen, Knockout Tour und Battle-Modus) in Einzel-Matches antreten und unser MMR-Rating verbessern - mehr nicht. Somit hängt Nintendo bei diesem Thema immer noch 10-20 Jahre hinterher. Dafür ist Mario Kart World weiterhin mit bis zu vier Spielern im Splitscreen gut spielbar, was heutzutage keine Selbstverständlichkeit mehr ist; und Couch-Multiplayer ist natürlich weiterhin die größte Stärke der Serie. Außerdem kann man durchaus positiv anmerken, dass Mario Kart World komplett ohne Mikrotransaktionen, Battle Passes oder eine Deluxe Edition auskommt, was den hohen Preis wieder etwas relativiert.

40 Jahre Super Mario

Man sollte es nach acht Jahren Switch erwarten dürfen, aber selten war der Sprung von einer Konsolengeneration zur nächsten so deutlich zu spüren, wie nun bei Mario Kart World. Es ist natürlich sehr früh für ein solches Urteil, aber gefühlt ist das seit dem Release der Wii bestehende Problem, dass Nintendo-Konsolen technisch immer hinterherhinken, nun plötzlich auf einen Schlag Geschichte. Dank 4K sieht Mario Kart World auch auf großen, modernen Fernsehgeräten wieder gestochen scharf aus, und dank HDR kommen vor allem die Lichteffekte bei Nachtrennen viel mehr zur Geltung - es war schon ein gewisses Aha-Erlebnis, als ich das erste Mal auf einen hell leuchtenden ?-Block zugefahren bin. Dazu ist der Titel technisch blankpoliert und mutet uns nicht einmal so etwas ähnliches wie einen Grafikfehler oder einen Framerate-Einbruch zu. Dass Nintendo so etwas auf der kompakten Switch-2-Hardware zum Laufen gebracht hat, spricht Bände über die Grafik-Engine hinter Mario Kart World. Kaum auszudenken, wie ein neues Open-World-Zelda in dieser Engine aussehen könnte.

Aber Mario Kart World ist nicht nur wegen seiner Technik ein optischer Leckerbissen. Der Titel fühlt sich auch ein bisschen wie die Zelebrierung von Marios 40. Geburtstag an, auch wenn Nintendo selbst keine offizielle Verbindung zu diesem Ereignis hergestellt hat. So ziemlich alles, was irgendwann mal in einem Mario-Titel vertreten war, bekommt in Mario Kart World einen Auftritt. Im Wüstenabschnitt begegnen uns zum Beispiel alte Bekannte aus Sarasaland, und der Fahrerauswahl-Bildschirm hält etliche weitere Überraschungen für uns bereit. Wolltet ihr schon immer mal mit der Krabbe aus dem Mario-Bros.-Arcade-Game oder dem Fledermaus-Gegner aus Super Mario World ins Rennen gehen? Nein? Egal, in Mario Kart World könnt ihr es trotzdem. Ähnlich verhält es sich mit den Strecken: Der DK Spaceport ist ein riesiger Nachbau des ersten Levels aus dem Arcade-Klassiker, und im Zentrum der Map bilden die drei Mario Circuits aus dem SNES-Original quasi eine Mini-Open-World.

Dieses Bild setzt sich auch beim Soundtrack fort, den wir bereits lobend erwähnt hatten. Generell wirkt es, als hätte Nintendo die Band, die die Cover-Version für die Big-Blue-Strecke aus dem ersten Add-On von Mario Kart 8 aufgenommen hat, jahrelang in einen Raum gesperrt und dazu gezwungen, unzählige Cover-Versionen von Musikstücken aus alten Mario-Titeln aufzunehmen. Dazu gehören nicht nur die üblichen Verdächtigen, sondern auch Deep Cuts wie das Athletic Theme aus Super Mario Land 2 oder "Drifting Away" aus dem ersten Wario Ware. Es gibt bereits Vermutungen, dass Mario Kart World nur deshalb so teuer ist, weil das ganze Budget für den Soundtrack drauf gegangen ist. Das ist nicht allzu abwegig: Hätte Nintendo den OST von Mario Kart World als große "40th Anniversary Music Collection" im My-Nintendo-Online-Shop vertrieben und für das Set, das mindestens 6 CDs umfassen würde, den Preis von 90€ ausgerufen, hätte es wahrscheinlich weniger Beschwerden über den Preis gegeben als nun beim fertigen Spiel.

Fazit:

Mario Kart World ist ein sehr gutes Spiel und ein ebenso gelungener Launch-Titel für die Switch 2, weil es insbesondere auch technisch direkt aufzeigt, was wir in den nächsten Jahren alles erwarten dürfen. Darüber hinaus ist der Titel vollgepackt mit allem was Rang und Namen hat aus 40 Jahren Super-Mario-Geschichte und verfügt dabei über einen fast schon absurd guten und umfangreichen Soundtrack. Dennoch tut der Titel, auch gemessen an der langen Entwicklungszeit und dem hohen Spielepreis, insgesamt zu wenig, um das volle Potential der offenen Spielwelt auszuschöpfen. Im direkten Vergleich mit anderen Open-World-Rennspielen bleibt Mario Kart World in diesem Bereich eher blass, sodass für Solisten weiterhin zu wenig geboten wird. Auch im Vergleich mit der inzwischen riesigen Streckenanzahl von Mario Kart 8 Deluxe kann World erstmal nicht mithalten, wenn auch hier sicherlich in Zukunft mit weiteren Strecken-DLCs zu rechnen ist. Als reines (Multiplayer-)Rennspiel ist Nintendos Fun-Racer jedoch erwartungsgemäß eine Wucht, technisch blankpoliert und sowohl online als auch im Couch-Multiplayer eine echte Spielspaßgranate, um die eigentlich kein Switch-2-Besitzer umherkommt. Wir können daher nur jedem Switch-2-Interessenten empfehlen zum limitierten Mario-Kart-Bundle zu greifen, da ihr hier ein deutlich besseres Preis-Leistungs-Verhältnis erhaltet.

Michi meint: Mario Kart World lässt mich persönlich nach den ersten Spielstunden mit ewas gemischten Gefühlen zurück. Nach dem ersten Start der neuen Konsole war ich natürlich sofort geflasht: noch nie sah Nintendos Funracer so gut aus; diese Details, diese Animationen, diese Spielwelt. Und dann der neue KO-Modus. Nintendo schien vieles richtig gemacht zu haben. Doch nach einigen Spielstunden war der ganz große Hype etwas vorbei. Es fühlte sich schnell vieles vertraut an und von der Euphorie blieb nicht mehr ganz so viel übrig. Das liegt auch daran, dass mich persönlich die offene Spielwelt eher kalt lässt und ich nicht annähernd soviel Zeit in dieser verbracht habe, wie ursprünglich erhofft. Auch die zusammenhängenden Grand Prix hätte ich in der Form nicht gebraucht, auch wenn das mal was Neues ist. Wie dem auch sei: Mario Kart World macht ordentlich Spaß und ist der Launch-Titel, den es für die erste Zeit zum Start der Konsole braucht.

Lars meint: Auch für mich ist Mario Kart World ein zweischneidiges Schwert. Dank der neuen Open World bekommt der Grand Prix Modus einen frischen Anstrich. Dass man nun auch die Distanz zwischen den Rennstrecken zurücklegen muss sorgt für frischen Wind im Getriebe. Und auch der neue Modus Knockout-Tour mit seinem Battle-Royale-Ansatz sorgt für Abwechslung. Das Grundproblem von Mario Kart bleibt dennoch bestehen: nach einigen Spielstunden hat man bereits alles gesehen. Nun war die Hoffnung, dass dies dank der neuen Open World nicht so sein würde und man hier noch zahlreiche Spielstunden versenken kann. Leider gibt es aber wenig in ihr zu tun. Neben ein paar Collectibles und Mini-Missionen wirkt die Welt recht ideenlos und kann nicht mit Titeln wie Forza Horizon oder Burnout Paradise mithalten. Natürlich ist Mario Kart World trotzdem das erwartete Multiplayer-Brett, Solisten dürften den Titel nach einigen Sessions aber erstmal ins Regal verfrachten.

Robert meint: Mario Kart World objektiv zu bewerten, ist für mich nicht gerade leicht. Nicht, weil der neue Teil nicht ordentlich Eindruck machen würde, sondern weil mit elf Jahren seit dem Release des Vorgängers so viel Zeit vergangen ist, dass Mario Kart 8 mit seinen 96 verfügbaren Strecken zu so etwas wie dem Standard geworden ist, an dem sich der neue Teil messen muss. Und eben gerade bei der Anzahl der Strecken, von denen einige dann auch noch Elemente der Vorgänger nutzen und damit bekannt wirken, verliert World im Vergleich zum achten Teil, trotz seiner offenen Welt deutlich an Fahrt. Das macht den Titel, der ansonsten fast alles richtig macht, nicht wirklich schlecht und Elemente wie das Grinden oder die neue offene Welt bieten Potenzial für ein ganzes Arsenal phantastischer Kurse und Ideen, die dank der neuen Technik auch noch großartig in Szene gesetzt werden. Doch die muss Nintendo erst einmal liefern und bei den geforderten 80 oder 90 Euro für die Version außerhalb des Switch 2 Bundles, bleibt zu hoffen, dass zumindest einige neue Inhalte im Verlauf der Monate und Jahre ohne einen gesonderten DLC zur Verfügung gestellt werden. Dementsprechend hinterlässt Mario Kart World bei mir einen sauberen Eindruck, einige Erwartungen für die Zukunft und so manche frohe Hoffnung. Was davon auf welche Weise wahr wird, werden wir bestimmt bald sehen.

Unsere Wertung:
8.5
Andreas Held meint: "Mario Kart World ist technisch und spielerisch beeindruckend, aber beim Umfang und der offenen Spielwelt wäre noch deutlich mehr drin gewesen."
Mario Kart World von Nintendo erscheint am 05.06.2025 für Nintendo Switch. Wir haben die Version für Nintendo Switch getestet.
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