NplusX-Analyse: Über Sinn und Unsinn von ultraniedrigen Schwierigkeitsgraden
Die Schlausteuerung ist ein neues Feature in der Switch-Version von Mario Kart 8, das Karts automatisch beschleunigt und es fast unmöglich macht, von der Strecke abzukommen. Auf den leichtesten Schwierigkeitsgraden ist es daher mit Glück möglich, ein Rennen zu gewinnen, ohne ein einziges Mal den Controller zu bedienen. Auf höheren Spielstufen und in Online-Rennen sorgt sie jedoch für einen Nachteil, da der maximale Drift-Boost bei eingeschalteter Schlausteuerung nicht zur Verfügung steht und das Feature außerdem verhindert, dass man Abkürzungen nehmen kann. Obowhl sie optional und ihre Nutzung mit Nachteilen verbunden ist, kritisierten Fans die neue Spielhilfe heftig.Eigentlich ist es in den letzten Jahren jedoch gar nicht ungewöhnlich, wenn Videospiele das Erreichen des Abspanns unfassbar einfach machen. Im Rennspiel-Genre gehört eine eingeblendete Ideallinie, die dem Spieler genau zeigt, wann er Pedale und Lenkrad bedienen muss, ebenso zum Standard wie ein Rewind-Feature, mit dem man Fahrfehler einfach ungeschehen machen kann. Viele Action-Titel gehen sogar so weit, gar kein klassisches "Game Over" mehr zu implementieren, sondern stellen die Lebensenergie des Protagonisten nach seinem virtuellen Ableben einfach wieder her, ohne dabei die Gegner zu heilen - unbegrenzt oft. Ein solches Spiel zu beenden ist noch einmal deutlich einfacher, als in Mario Kart 8 mit aktivierter Schlausteuerung alle Cups zu gewinnen. Doch wenn man öffentlich erwähnt, dass automatische Wiederbelebungen den Schwierigkeitsgrad praktisch auf Null senken, wird man meistens verbal attackiert oder erntet bestenfalls ein "ja, das nervt ein bisschen".Nintendo-Fans hingegen regen sich regelmäßig über derartige Features auf - auch der Super Guide aus New Super Mario Bros. oder der goldene Pilz aus Super Mario 3D World sorgten für ähnliche Diskussionen. Auslöser ist vermutlich die - nicht ganz unbegründete - Angst davor, dass sich die First-Party-Spiele aus Kyoto mehr und mehr den "Casual-Gamern" anbiedern und Freunde von anspruchsvolleren Spielen im Regen stehen lassen. Doch wenn dies das Ziel wäre, müsste man sich ja nicht die Mühe machen, optional auch weniger einfache Spielmodi einzubauen. Außerdem darf bezweifelt werden, dass diese Herangehensweise überhaupt richtig wäre: Ein direkter Zusammenhang zwischen einem niedrigeren Schwierigkeitsgrad und höheren Verkaufszahlen kann jedenfalls nicht immer beobachtet werden. Beispielsweise gibt es eine ganze Reihe von Monster-Hunter-Klonen (darunter Soul Sacrifice, God Eater und Toukiden), die deutlich einfacher sind als das für seinen Schwierigkeitsgrad berüchtigte Vorbild. Trotzdem reicht der kommerzielle Erfolg dieser Serien nicht annähernd an den von Capcoms Franchise heran.
Ein weiteres Argument, das gerne gegen Features wie die Schlausteuerung vorgebracht wird, ist die Behauptung, dass sie verhindern würden, dass Neulinge ein Videospiel jemals richtig erlernen. Doch vermutlich ist das genaue Gegenteil der Fall: Ein vollkommen unerfahrener Spieler, der in den ersten Minuten eines Spiels bereits gegen eine Wand läuft, wird dieses wohl sofort wieder zur Seite legen und sich einem anderen Hobby zuwenden. So gesehen ist die Schlausteuerung aus Mario Kart 8 sogar ziemlich ausgeklügelt: Sie verhindert, dass Neulinge von ihren ersten Misserfolgen sofort vergrault werden, ist aber gleichzeitig mit Abstrichen verbunden, die nur erfahrene Spieler überhaupt bemerken. Wahrscheinlich setzt Nintendo darauf, dass Anfänger nach einer Zeit das Gefühl haben, auch ohne Schlausteuerung auf der Strecke bleiben zu können, und gleichzeitig den Wunsch entwickeln, auch mal die dritte Driftstufe oder Abkürzungen zu benutzen - weil sie andere Spieler dabei beobachten, wie sie mit diesen Vorteilen Rennen gewinnen. Dann nehmen sie die Stützräder ab und Nintendo darf behaupten, einen neuen Mario-Kart-Rennfahrer "ausgebildet" zu haben.Was von den Hardlinern ebenfalls gerne ignoriert wird: Oft kommen ihnen optionale, niedrigere Schwierigkeitsgrade sogar indirekt zugute. Einfache Spielmodi sind zwar - wie oben erwähnt - kein Zaubermittel für kommerziellen Erfolg, aber trotzdem ist natürlich klar, dass übermäßig fordernde Titel den Kreis potentieller Käufer ebenfalls sehr stark einschränken. Fire Emblem: Awakening konnte sich wohl nur deshalb am Massenmarkt durchsetzen, weil es optional auch niedrigere Schwierigkeitsgrade anbot. Mit dem Phoenix-Modus in Fates, der alle gefallenen Einheiten am Ende jeder Runde automatisch wiederbelebt, hat Intelligent Systems das Spiel noch einmal deutlich vereinfacht. Serienfans erhielten jedoch mit dem höchsten Schwierigkeitsgrad und eingeschaltetem Permadeath auch weiterhin anspruchsvolle Strategiekost. Gäbe es keine optionalen Spielhilfen, hätten die Entwickler vermutlich den Default-Schwierigkeitsgrad vereinfacht und somit Franchise-Veteranen im Regen stehen gelassen. Auch Nintendo kann dank einer potentiellen Schlausteuerung in Mario Kart 9 weiterhin Kurse wie die Rainbow Road oder den Cloudtop Cruise anbieten, ohne das Risiko beachten zu müssen, dass zu anspruchsvolle Streckendesigns unerfahrene Spieler abschrecken könnten.Wir dürfen also festhalten, dass sowohl sehr einfache als auch übermäßig schwierige Spiele Probleme damit haben, sich am Markt durchzusetzen. Die Ursache hierfür könnte in der aktuellen Marktlandschaft liegen: Ist ein Spiel zu leicht, wird es von Vielspielern und Genrefans ignoriert. Genau diese Leute sind es aber, die in Internetforen, Blogs und auf ihren Youtube-Kanälen Mundpropaganda betreiben - und diese Form der Berichterstattung ist heutzutage meist effektiver als traditionelle Werbung. Ist ein Spiel hingegen zu schwierig, stellen weniger versierte Spieler spätestens beim Anspielen fest, dass sie wohl doch nichts mit dem Titel anfangen können, den ihr Lieblings-Let's Player so gelobt hatte. Auch dann bleibt der kommerzielle Erfolg aus und die Entwicklung eines Nachfolgers wird unwahrscheinlicher, was Fans des betroffenen Franchise genausowenig nützt. Die einzige Lösung für dieses Dilemma besteht darin, Optionen anzubieten, durch die sich der Grad der Herausforderung konfigurieren lässt.
Zusammenfassend lässt sich also sagen: Wer anspruchsvolle Spiele mag, sollte eigentlich sogar dankbar für optionale "Easy Modes" sein, da sie indirekt dafür sorgen, dass die schwierigeren Spielstufen ohne Kompromisse sehr anspruchsvoll gestaltet werden können, weil die Entwickler dort keine Rücksicht mehr auf potentielle Anfänger und Gelegenheitsspieler nehmen müssen. Mir persönlich wäre ein Mario Kart 9 mit optionaler Schlausteuerung jedenfalls deutlich lieber als ein Mario Kart, in dem alle Strecken aus Angst vor einer möglichen Überforderung von Neulingen sehr breit gestaltet und durch Barrieren abgesichert sind. Dass derartige Spielhilfen potentielle Wunderkinder davon abhalten, ein Spiel jemals wirklich zu erlernen, darf ebenfalls bezweifelt werden; wahrscheinlicher ist sogar, dass sie gezielt Neulinge anlocken, die dann irgendwann von selbst den Wunsch entwickeln, selbstständiger zu spielen. Vielspieler sollten extrem einfachen Modi also deutlich entspannter gegenüberstehen: Denn das Fehlen zuschaltbarer Spielhilfen ist, wenn man das Gesamtbild betrachtet, auch für erfahrene Spieler eher ein Nachteil. Wichtig ist nur, dass diese Hilfen auch wirklich optional sind.
"Dann nehmen sie die Stützräder ab und Nintendo darf behaupten, [...]" ist eine hervorragende Metapher. Meiner Meinung nach könnte man es nicht besser beschreiben.
Ziel des Spiels ist es doch die Cups mit drei Sternen Trophähe zu gewinnen und das ist dann wiederrum richtig schwer, da man nur einmal ein Rennen als zweiter beenden muss um sich die höchste Punktzahl zu versauen.
Meiner Meinung nach fehlt da noch die Option "Retry", die es ermöglicht einzelne Rennen zu wiederholen, wenn man durch Zufallsereignisse wie Blaue Panzer kurz vor der Ziellinie plötzlich den ersten Platz einbüßt.
Gegenwärtig muss man da den ganzen Cup neu starten und das beste hoffen.
Aber wenn es gut implementiert ist und passt, dann finde ich es willkommen, auch wenn ich immer auf mittel oder hart spiele.
Kurzum: Jeder Spielmodus der optional ist und ein Spiel ergänzt - ist meiner Meinung nach erstmal ein Gewinn. Was einem am Besten gefällt kann dann ja jeder für sich selbst ausmachen.
Dieser Artikel ist echt daneben...