Test

Shovel Knight: Specter of Torment

Von Andreas Held am 16.03.2017

Sense statt Schaufel

Das Konzept von Specter of Torment knüpft an den ersten DLC Plague of Shadows an, in dem ihr die Kontrolle über Plague Knight, einen Endgegner des Hauptspiels, übernehmen dürft. Diesmal steht Specter Knight im Rampenlicht und soll im Rahmen dieses Prequels die anderen Ritter für den Order of No Quarter rekrutieren, gegen den Shovel Knight im weiteren Verlauf der Geschichte kämpfen wird. Specter Knight verfügt über sein eigenes Moveset und kann seine Sense nicht nur als Waffe, sondern auch als eine Art Enterhaken benutzen: Schlagt ihr einen Gegner oder gegen gewisse Objekte, während sich der Protagonist über dem Boden befindet, katapultiert er sich ein Stück weit durch die Luft. Außerdem kann sich der Sensenmann an Wänden festhalten und sogar zwei Schritte weit an ihnen hochlaufen, bevor er wieder abspringen muss oder einfach herunterfällt. Doch auch die Speedrunner wurden von Yacht Club Games bedacht: Mit einem nach dem Einleitungslevel verfügbaren Upgrade kann Specter Knight seine Sense als Surfboard benutzen und im Eiltempo durch die Levels gleiten. Wer Bestzeiten erspielen will, muss sich vom ersten Tag an intensiv mit dieser neuen Mechanik auseinandersetzen.

Alle anderen müssen zumindest die neuen Sprungtechniken ständig einsetzen, um alle Levels zu bewältigen. Diese bestehen zu großen Teilen aus "Remixen" der aus dem Hauptspiel bekannten Umgebungen - Gegner und Hindernisse wurden fast unverändert aus Shovel Knight übernommen, aber völlig neu angeordnet. Auch die Bosse sollten erfahreren Rittern hinreichend bekannt sein, haben jedoch auch einige neue Tricks auf Lager. Abgesehen von ein paar komplett neuen Inhalten wirkt Specter of Torment also in gewisser Weise wie ein gelungener Rom-Hack des Originals. Etwas vermisst haben wir die aus dem Basisspiel bekannte Weltkarte - diese wurde in Specter of Torment komplett gestrichen, stattdessen wird das nächste Level in der neuen Hub-Welt aus einem einfachen Menü gewählt. Ansonsten ist der Umfang mit dem eines vollständigen Download-Titels vergleichbar und ihr werdet etwa drei bis vier Stunden brauchen, bis der Abspann zu sehen ist - damit geht das Preis-Leistungs-Verhältnis auch für die kostenpflichtige Stand-Alone-Variante in Ordnung.

Gewohnte Klasse

Wie schon im Hauptspiel ist das Leveldesign in Specter of Torment absolut meisterlich. Keine Frage: Wären das Original oder der DLC in dieser Form auf dem NES oder dem SNES erschienen, würden sie heute vermutlich auf einer Stufe mit klassischen Action-Platformern wie Mega Man oder Ninja Gaiden stehen. Die Jungs von Yacht Club Games schöpfen das Potential der neuen Spielmechaniken voll aus und präsentieren dem Spieler kreative und immer neue Platforming-Herausforderungen, die echte Freude bereiten. Eher Geschmackssache sind die wie gewohnt recht chaotisch ablaufenden Bosskämpfe: Es ist extrem schwierig, diese unbeschadet zu überstehen, sodass die meisten Spieler wahrscheinlich einfach nur blind auf die Obermotze einschlagen werden, was leider relativ schnell zum Erfolg führt. Denn der üppige Lebensbalken der Hauptfigur sorgt dafür, dass der Schwierigkeitsgrad von Specter of Torment sehr moderat bleibt - Anfänger können sogar noch auf ein Heilungsitem zurückgreifen, das sich mehrmals pro Level auf Knopfdruck einsetzen lässt.

Für etwas Irritation könnte außerdem die Preisgestaltung sorgen: Specter of Torment erscheint eigentlich als kostenloser DLC für Shovel Knight, nur die Stand-Alone-Variante auf Switch kostet Geld. Und die "Treasure Trove", die dem unwissenden Switch-Besitzer als supergünstiges Bundle-Angebot vorgestellt wird, ist inhaltlich identisch mit dem, was Käufer auf allen anderen Plattformen vor zwei Jahren für deutlich weniger Geld erwerben konnten. Ein Kauf lohnt sich also nur dann, wenn ihr die Plattform auf der ihr Shovel Knight ursprünglich erworben habt nicht mehr besitzt oder unbedingt auch unterwegs spielen wollt. Einige Fans werden Specter of Torment vermutlich trotzdem erwerben, um Yacht Club Games für ihre tolle Arbeit zu entlohnen - und es ist natürlich völlig legitim, dass die Entwickler ihren wirklich hochwertigen DLC auch irgendwie monetarisieren wollen.

Fazit:

Fans von Shovel Knight, die auf den Release von Specter of Torment als DLC warten, dürfen sich schon jetzt auf eine wirklich hochwertige Jump'n'Run-Erfahrung freuen, die einem vollwertigen Action-Platformer in nichts nachsteht. Die verwendeten Gegner und Levelbausteine sind zwar weitestgehend aus dem Basisspiel bekannt, wurden von Yacht Club Games jedoch ordentlich umgegraben, sodass sich auch Veteranen auf komplett neue und unbekannte Herausforderungen freuen dürfen. Beim Schwierigkeitsgrad hätten Entwickler hingegen gerne noch eine Schippe drauflegen können, denn es ist insgesamt etwas zu einfach, die Angriffsmuster der Bossgegner durch blindes Draufhauen zu untertunneln. Für sich genommen ist Specter of Torment einer der besten 2D-Retro-Platformer der letzten Jahre - viele andere Entwickler, die in diesem Genre tätig sind, stecken nicht annähernd so viel Liebe und Kreativität in ihre Erzeugnisse. Trotzdem würden wir auch Neulingen empfehlen, sich anstelle dieses Stand-Alone-DLCs lieber gleich das Hauptspiel zu besorgen, in dessen Lieferumfang neben Specter of Torment noch zwei weitere DLC-Kampagnen enthalten sind. Das Preis-Leistungs-Verhältnis ist hier noch einmal deutlich besser.

Unsere Wertung:
8.0
Andreas Held meint: "Specter of Torment kann problemlos an die Qualität des Originalspiels anknüpfen - für Genrefans ein echter Leckerbissen."
Shovel Knight: Specter of Torment erscheint für Nintendo Switch. Wir haben die Version für Nintendo Switch getestet.
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