Test

Just Dance 2017 für Nintendo Switch

Von Tim Herrmann am 12.03.2017

Wie es auf Nintendos neuer Konsole Switch um die Qualitäten von Just Dance als Tanzspiel und als Partyhit bestellt ist, klärt unser alljährliches Review.

Neue Musik…

Für Neueinsteiger ist das Prinzip ganz leicht erklärt: Zu bekannten Hits aus den Charts und der Pop-Geschichte müssen Spieler tanzen – mit einem JoyCon oder mit ihrem Smartphone in einer Hand. Grelle, stark konturierte Neonfiguren auf dem Bildschirm tanzen vor und fordern zum Nachahmen auf. Für jede Armbewegung gibt es Punkte.

Im Zentrum des Spielprinzips steht natürlich die Musik – sie soll zum Mitzappeln im heimischen Wohnzimmer motivieren und Spieler mit durchgestylten Vortanzvideos in Ekstase versetzen. Just Dance 2017 bringt mehr als 40 neue Tracks mit:

  • All About Us von Jordan Fisher (2016)
  • Bailar von Deorro featuring Elvis Crespo (2016)
  • Bang von Anitta (2015)
  • Bonbon von Era Istrefi (2016)
  • Cake by the Ocean von DNCE (2015)
  • Can't Feel My Face von The Weeknd (2015)
  • Carnaval Boom von Latino Sunset (1981)
  • Cheap Thrills von Sia featuring Sean Paul (2016)
  • Cola Song von INNA featuring J Balvin (2014)
  • Daddy von PSY featuring CL of 2NE1 (2015)
  • Don't Stop Me Now von Queen (1979)
  • Don't Wanna Know von Maroon 5 (2016)
  • Dragostea Din Tei von O-Zone (2003)
  • El Tiki von Maluma (2015)
  • Ghost In the Keys von Halloween Thrills (1987)
  • Groove von Jack & Jack (2014)
  • Hips Don't Lie von Shakira featuring Wyclef Jean (2005)
  • I Love Rock 'n Roll von Fast Forward Highway (as made famous by Joan Jett & The Blackhearts) (1982)
  • Into You von Ariana Grande (2016)
  • La Bicicleta von Carlos Vives and Shakira (2016)
  • Last Christmas von Santa Clones (as made famous by Wham!) (1984)
  • Lean On von Major Lazer and DJ Snake featuring MØ (2015)
  • Leila von Cheb Salama (1995)
  • Like I Would von Zayn (2016)
  • Little Swing von AronChupa featuring Little Sis Nora (2016)
  • Oishii Oishii von Wanko Ni Mero Mero (2016)
  • PoPiPo von Hatsune Miku (2007)
  • RADICAL von Dyro and Dannic (2014)
  • Run The Night von Gigi Rowe (2016)
  • Scream & Shout von will.i.am featuring Britney Spears (2012)
  • September von Equinox Stars (as made famous by Earth, Wind & Fire) (1978)
  • Single Ladies (Put a Ring on It) von Beyoncé (2008)
  • Sorry von Justin Bieber (2015)
  • Te Dominar von Daya Luz (1985)
  • Tico-Tico no Fubá von The Frankie Bostello Orchestra (as made famous by Zequinha de Abreu) (1917)
  • Titanium von David Guetta featuring Sia (2011)
  • Watch Me (Whip/Nae Nae) von Silentó (2015)
  • What Is Love von Ultraclub 90 (as made famous by Haddaway) (1993)
  • Wherever I Go von OneRepublic (2016)
  • Worth It von Fifth Harmony featuring Kid Ink (2015)

Die Tracklist ist den Entwicklern wieder einmal gut gelungen. Mit von der Partie ist nicht nur einigermaßen aktuelle Chart-Musik aus dem vergangenen Jahr, sondern auch tanzbarer Pop aus der jüngeren Vergangenheit – von David Guetta über Shakira bis Justin Bieber, Ariana Grande oder One Republic. Ausflüge ins Exzentrische wagen die französischen Entwickler auch diesmal und bieten beispielsweise mit PoPiPo ein quietschiges Japano-Popstück aus dem Vocaloid-Synthesizer Hatsune Miku an. Klassiker wie Queens Don’t stop me now runden das Angebot ab. Dennoch scheint Just Dance 2017 etwas konservativer zu sein als sein Vorgänger, der mit der Wilhelm-Tell-Ouvertüre oder gar Spielmusik aus dem Smartphone-Zeitvertreib Angry Birds noch ein bisschen verrückter war.

Limitiertes Unlimited-Angebot

Ohnehin ist das, was auf dem Switch-Modul vorinstalliert ist, eher als eine Art Demo zu sehen; eine Demo für das, was Ubisoft mittlerweile in der Cloud zusammengesammelt hat. Über den kostenpflichtigen Abo-Service Just Dance Unlimited bekommen Spieler mehr als 200 weitere Songs aus allen Just Dance-Ablegern geboten – dazu einige Extra-Inhalte für ein paar neue Spielmodi der 2017er-Version.

Der Modus heißt zwar Unlimited, ist in Wirklichkeit aber natürlich sehr limited. Käufer von Just Dance 2017 bekommen freundlicherweise einen automatischen Testzugang für 90 Tage spendiert (letztes Jahr gab es nur einen Monat), müssen danach aber sukzessive bezahlen. Die Preise dafür halten sich in Grenzen, wurden sogar ein wenig gesenkt, und die Mengenrabatte sind deutlich – insofern ist das Angebot grundsätzlich kein unfaires. Dennoch sind die Zusatzgebühren insofern fragwürdig, als Besitzer der Vorgängerversionen ja schon für dieselbe Musik bezahlt haben, die sie nun online erneut streamen können:

  • 24 Stunden Zugriff kosten 3,99 Euro
  • 1 Monat Zugriff kostet 4,99 Euro
  • 3 Monate Zugriff kosten 9,99 Euro
  • 12 Monate Zugriff kosten 29,99 Euro

Bei der Inszenierung glänzt Ubisofts Just Dance-Studio aus Paris: Die Mittanzvideos sind grell, bunt, völlig überinszeniert, irre und dabei auch noch anständig auf den Sound abgestimmt – und damit überraschend motivierend. Der Sprung zu den nicht zu Unrecht verrissenen ersten Serienablegern mit ihren minimalistischen, monoton-zweckmäßigen Vortanzvideos ist deutlich erkennbar; hinter Just Dance stehen heute beachtliche Production Values.

Smart Dance

Die Switch-Version ist die mit Abstand teuerste Umsetzung des diesjährigen Ablegers, knapp 60 Euro verlangen Einzelhändler heute dafür. Der Preis ist zu hoch – vor allem, weil die Switch-Version keinen Mehrwert gegenüber den anderen bietet. Wer Just Dance spielen möchte, kann das heute tun, egal welche Konsole im Wohnzimmer steht. Eigentlich ist es sogar völlig unerheblich, ob überhaupt eine Konsole im Wohnzimmer steht. Denn Just Dance ist mittlerweile mehr Plattform als Videospiel.

Auf der Webseite justdancenow.com bekommen Spieler mit der dazugehörigen Smartphone-App beispielsweise exakt das gleiche Erlebnis wie bei den Videospielen, nur „free to play“. Die Tanzvideos laufen auf jedem Bildschirm, der irgendeine Form von Browser zeigen kann. Getanzt wird mit beliebig vielen Spielern, jeder nutzt sein Smartphone als Controller.

Die grenzenlose Expansion von Just Dance auf alle Bildschirme zeigt, dass Ubisoft keinen Wert darauf legt, dass Just Dance wie ein klassisches Konsolenspiel funktioniert. Nein, es geht nicht um das Zusammenspiel aus Hardware und Software, um Controller, um Interaktion, um Steuerung, Feedback oder Wettbewerb, es geht ums Tanzen, um Party-Stimmung und um coole Musik.

JoyCon-Potenzial verschenkt

Die Bewegungssteuerung ist eine Zündkerze für das Prinzip, nicht ihr Motor. Das zeigt allein der Fakt, dass Just Dance selbst in der Switch-Version nur einen JoyCon-Controller zum Spielen unterstützt. Die Konsole hätte standardmäßig die Möglichkeit, beidhändige Bewegungssteuerung mit zwei JoyCons zu ermöglichen. Stattdessen wird der linke JoyCon direkt einem zweiten Spieler zugeordnet, nicht der zweiten Hand eines Spielers. Zudem kommen die Bewegungssensoren der JoyCon-Controller nur rudimentär zum Einsatz. Das Spiel registriert lediglich grobe Beschleunigungen des Controllers. Stöße und Neigungen fließen ins Spiel ein, nicht aber Art und Richtung der Bewegung. Kurzum: Die Software kann überhaupt nicht evaluieren, was der Spieler vor dem Bildschirm tut. Sie bekommt nur beschränkte Signale von einem Controller, der wiederum nur eine Hand repräsentiert.

Dass das Spiel nur einen JoyCon zum Tanzen benötigt und unterstützt, spricht Bände. Anstatt echtes Motion Feedback der hochsensiblen JoyCon-Controller ins Gameplay einzubinden, gaukelt Just Dance dem Spieler ein Feedback auf seine Tanzbewegungen weiterhin nur vor. Man kann es zum Beispiel auch ausschließlich sitzend spielen, einfach im richtigen Takt den Controller schütteln und damit hohe Sternewertungen bekommen. In unserem Test gelingt das durchgehend.

Gut: Just Dance 2017 erlaubt die Verbindung von gleichzeitig sechs JoyCon-Controllern, also sechs Spielern. Das ging jedoch schon früher und geht auch weiterhin, indem ihr statt der Konsolen-Controller einfach das eigene Smartphone zum Steuern verwendet.

Obwohl selbst Smartphone-Gyrosensoren mittlerweile ziemlich ausgereift sind, fordert Just Dance auch in diesem Steuerungsmodus stets nur ein simples kinetisches Feedback auf das, was auf dem Bildschirm zu sehen ist. Damit macht es eines ganz deutlich: Es ist völlig egal, wie du tanzt. Hauptsache, du tanzt.

Die Karaoke-Features, die es noch in der Wii U-Version gab (ironischerweise erfasste das eingebaute GamePad-Mikrofon den Fernsehton automatisch und interpretierte ihn als Gesang), sind auf Switch ersatzlos gestrichen. Ebenso die Kamerafunktionen, die den Spieler beim Tanzen filmten. Videos von tanzenden Spielern könnt ihr nun also nur noch konsumieren, doch nicht mehr selbst produzieren. Entsprechend entfällt auch der Showtime-Modus, der irre Tanzvideos des Spielers zusammenschnitt. Kein großer Verlust für das Spielprinzip, dennoch katapultieren sie die Wii U-Umsetzung klar vor die Switch-Version.

Dafür sind zwei neue „Kampagnen-Modi“ dabei. Einer fordert euch fast minispielhaft dazu auf, für kleine Rabbid-hafte Aliens bestimmte lustige Dance-Moves zu vollführen, die ihren UFO-Akku wieder aufladen sollen. Ein anderer Quest-Modus reiht einfach thematisch zueinander passende Stücke aneinander.

Das Spiel, das kein Spiel ist und trotzdem ein Spiel ist

Man könnte jetzt seitenlang weiter darüber schwadronieren, dass Just Dance als Videospiel versagt und deswegen der ultimative Fall für die Software-Tonne ist.

Man könnte aber auch einfach sagen: Just Dance erfüllt seinen Zweck. Es kann eine Party beleben. Gerade weil es kein Wettkampf ist. So wenig wie lockeres Tanzen in der Disco einer ist. Es will kein Wettkampf sein, kein klassisches Videospiel. Sondern es will seine Nutzer zum Aufstehen motivieren, sie zu ein wenig sozial akzeptierter Albernheit überreden, sie mit Freunden zusammenbringen, durch Musik und Anheizer-Videos.

Im Prinzip könnt ihr die alibihaft eingebundenen Controller ganz weglassen, denn sie bringen spielerisch keinen Mehrwert. Aber mit Controller in der Hand hat man zumindest noch das Gefühl, man würde ein Spiel spielen. Und das lindert die Merkwürdigkeit der Situation, mit Freunden vor einem Fernseher zu stehen und Choreografien nachzutanzen. In dieser Hinsicht ist Just Dance ein einzigartiges Videospiel.

FAZIT

Just Dance 2017 ignoriert weiterhin und auch auf Nintendo Switch ziemlich bewusst alle Kriterien des Spielseins: die Bewegungssensoren der JoyCons werden nur höchst rudimentär genutzt, das Feedback des Spiels auf die Bewegungen des Spielers ist nahezu willkürlich. Zudem ist die Switch-Version im Vergleich deutlich zu teuer und liegt beim Umfang hinter der Wii U-Umsetzung. Doch die unbestrittenen Qualitäten von Just Dance tragen das Prinzip: die reichhaltige Musikauswahl auf der Spielkarte und im kostenpflichtigen Online-Streaming und die motivierende Inszenierung sind die Anheizer. Der Controller ist dagegen nur eine Ausrede, die es leichter macht, sich dem skurrilen Hampeln vor dem TV hinzugeben. Die 2017er-Version verlässt sich voll und ganz auf diese über die Jahre verfeinerte Formel, bietet erneut auch das Smartphone als Controller an und macht ansonsten das gleiche richtig wie in den letzten Jahren – und das gleiche falsch. Aber was heißen schon „richtig“ und „falsch“ bei einem Spiel, das alle Kriterien ignoriert, nach denen man ein klassisches Videospiel bewerten würde?

Unsere Wertung:
6.0
Tim Herrmann meint: "Just Dance ist kein Videospiel. Es ist ein Motivator und ein Anheizer – und funktioniert als solcher."
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3 Kommentare:
bench0211)
bench0211
Am 13.03.2017 um 13:38
Die JoyCons sind tatsächlich extrem genau, das sieht man bereits bei Zelda. Dass dies nicht von JustDance genutzt wird finde ich mehr als enttäuschend. Ich hatte es kurz auf der Wii gespielt mit Motion Plus Controller und habe sofort 3 von 3 Sternen bekommen obwohl ich alles total verpatzt habe.
bench0211)
bench0211
Am 13.03.2017 um 13:38
* 3 von 4
GF0P)
GF0P
Am 16.03.2017 um 21:27
Ich hätte mir gewünscht, dass der Test mehr auf die mobilen Aspekte der Switchversion eingeht!
Wie schnell findet man Mittänzer, wenn man im FRA Terminal 1 vorlegt? Wie tanzt es sich um Bus? Gibt es passend zur U-Bahn Punkte für Poledancemoves?
JeWe)
JeWe
Am 18.03.2017 um 01:52
"... und bieten beispielsweise mit PoPiPo ein quietschiges Japano-Popstück aus dem Vocaloid-Synthesizer Hatsune Miku an."
Da sich unsere virtuelle Pop-Diva aus Japan ja nicht selbst verteidigen kann, springe ich hier einfach einmal unverblühmt ein ;)
Po-ppi-po-ppi-po-ppo-ppi-pou (x11)
Po-ppi-po-ppi-po-ppo-ppi
PIIIiiiiiiiii !!!
Let's take, You're lovin' it.
"Vegetable juice."
You must love this drink, I've decided now.
So take it now, with my true heart.
"Vegetable juice."
It costs just 200¥.

Ich habe mir die App einmal spaßeshalber geladen, mein Musikgeschmack wurde auch gleich auf Anhieb erraten: Ievan Polka ^^
Was da wohl wieder alles in den AGBs steht? Naja, wird auch gleich wieder deinstalliert, aber eigentlich fände ich es für Interessierte eine gute Alternative zum eigentlichen "Spiel". Abgesehen von den Exklusivspielen (wie PoPiPo) scheint man auf weitaus mehr Songs kostenlos zugreifen zu können. Zudem kann man, wenn ich das richtig verstanden habe, einzelne Lieder auch mit einer einmaligen Zahlung freischalten. Diese Option scheint es ja sonst gar nicht zu geben.