Poochy & Yoshi’s Woolly World
Ein Kind und sein Kuscheltier – es gibt kaum eine innigere Beziehung. Der weiche Wattefreund macht alles mit, spielt im Matsch, schläft mit im Bett, kommt mit zum Oma-Besuch. Die wollig-weiche Kuscheligkeit von Teddy & Co. begleitet uns durch die Kindheit, sie verankert sich tief in unserer Erinnerung und steht für Unbeschwertheit und Geborgenheit. Es ist deshalb fast ein biologischer Reflex, herzhaft „Ooooh“ zu seufzen, wenn man den ohnehin sehr niedlichen Yoshi-Dino als Strickfigur in seiner kunterbunten, kuschelig-gemütlichen Wollwelt sieht. Wir präsentieren: Yoshi’s (und Poochy’s) Woolly World im Revi-Awww. Schon wieder. Denn jetzt erscheint der Wii U-Titel von 2015 auch auf dem Nintendo 3DS.
Jetzt mit 90 Prozent weniger Wolle
Yoshi’s Woolly World präsentiert sich, so viel dürfte bekannt sein, ganz in Wolle. Die Wolle ist nicht nur ein Grafik-Gag, sondern das zentrale Gameplay-Element, sie bestimmt das Spiel: Blöcke werden nicht einfach zerschlagen, sondern aufgehäkelt, Gegner nicht besiegt, sondern eingeknotet und Plattformen oder Röhren müssen manchmal erst durch einen Wollknäuelschuss auf ein Drahtgerüst gestrickt werden. Türen werden mit Reißverschlüssen geöffnet, Yoshis Eier sind Wollknäuel und die Hintergründe setzen sich aus Filztüchern, Schals, Wollbergen, Flicken, Wattebauschen oder Paillettenstoff zusammen.Auf dem 3DS will die ganze warme Kuscheligkeit aber nicht so recht rüberkommen. Das Grafik-Downgrade für die 3DS-Hardware führt naturgemäß zu massiven Verlusten an Details. Konnten die Entwickler auf Wii U 1280x720 Pixel voller Woll-Wonne darstellen, sind es auf dem 3DS nur 400x240 Pixel. Das ist 90 Prozent weniger Bild, und damit merklich weniger Details. Vor allem die kleinen Hingucker wie Nähte, Reißverschlüsse, feine Maschen und filigrane Stofftexturen verschwinden so; die Wollwelt verliert an Glaubwürdigkeit. Zwar ist immer noch deutlich erkennbar, was gemeint ist, doch das Auge verliert sich weniger in den grafischen Welten, sondern konzentriert sich auf das reine Jump & Run-Geschehen. Die Spielfigur wird dabei relativ klein dargestellt, wirkt manchmal fast verloren. Man merkt Yoshi’s und Poochy’s Woolly World an, dass es für den großen Bildschirm entwickelt wurde.
Kein Kinderspiel. Aber kindgerecht.
Mit seinem Charme will Yoshi’s Woolly World das Kind in jedem von uns ansprechen. Und natürlich echte Kinder. Das bleibt selbstverständlich nicht ohne Konsequenz für das Gameplay. Yoshi’s Woolly World ist zwar kein reines Kinderspiel. Aber kindgerecht.Das beginnt beim Level-Design: Wie so viele Nintendo-Jump & Runs der letzten Jahre bleibt der Titel etwa bis zur Hälfte spielerisch sehr seicht. Zunächst hüpft Yoshi nur durch den breiten Nintendo-Jump & Run-Fundus. Hier mal ein Level mit Trampolin-Bäumen, Kletterwänden oder schwebenden Plattformen (siehe Mario), dort mal eine Verwandlung (siehe Yoshi’s Island) und zwischendurch Festungen mit schnell erledigten Endgegnern. Die Levels wählt ihr der Reihe nach wie in Super Mario 3D Land aus. Viele Level-Ideen der ersten Hälfte sind überhaupt nicht neu und könnten Hüpf-Veteranen ermüden.
Zwischendurch und besonders zum Ende hin entdecken Spieler aber auch einfallsreiche Levels, die den etwas trägen und zu langen Beginn fast vergessen machen. Dann trumpft Entwickler Good-Feel mit Spielwitz und kreativen Ideen auf und wirft Woll-Yoshi in einen Klettverschluss-Level oder lässt ihn eine Welt erkunden, in der er Flausch-Küken verschießt, um wolkige Wege in den Himmel zu zeichnen. Auch Rätsel mischen sich manchmal in das vorherrschende Jump & Run-Prinzip: Da müsst ihr nicht-lineare Welten entdecken und Schlüssel finden, Schalterrätsel lösen oder Labyrinthe durchqueren.
Darf’s etwas weniger sein?
So behutsam, wie sich der Ideenreichtum entfaltet, zieht auch der Schwierigkeitsgrad an. Die Lernkurve steigt sehr gemächlich, um auch wirklich jeden Spieler mitzunehmen. Vor allem Yoshis Sprungmechanik trägt zur Entspannung bei. Der kleine Dino kann seinen Flattersprung unbegrenzt oft und direkt hintereinander einsetzen. Dabei hält der Spieler den Sprungknopf einfach gedrückt und bekommt so am höchsten Punkt einen kleinen Extra-Boost und längere Sprungdauer. Mit richtigem Timing, das einfach zu erlernen ist, kann Yoshi fast ohne Höhenverlust in seichter Wellenform geradeaus fliegen. Viele Sprungpassagen, manchmal sogar ganze Levels lassen sich dadurch einfach aushebeln; ein Patzer im Spieldesign, der auch in der 3DS-Version bestehen bleibt.Wer trotz Flattersprungs noch mehr Hilfe benötigt, kann mit gesammelten Juwelen jederzeit einen Trickanstecker kaufen, die im Laufe des Spiels freigeschaltet werden. Sie verhindern zum Beispiel Stürze in Abgründe, schützen vor Feuer oder stellen hilfreiche Extras bereit. Auch sie können ganze Levels negieren, wenn Yoshi zum Beispiel in einem Feuer-Level gegen Feuer immun ist. Immer noch zu schwierig? Dann könnt ihr den „Entspannt-Modus“ aktivieren und mit Flügel-Yoshi fliegen. Jump & Run? Wohl eher Fly & Run. Auf dem 3DS neu dabei: Ein supereinfaches Feature im supereinfachen Entspannt-Modus. Damit zeigen euch kleine Begleithündchen sogar noch an, wo ihr die versteckten Sammelextras findet.
Auf den Punkt gebracht: Der Spieler kann beliebig einstellen, wie einfach er es haben möchte. Doch Good-Feel hat schlicht und einfach versäumt, einen dritten, wirklich „klassischen“ Schwierigkeitsmodus einzubauen. Ein weniger gnädiger Flattersprung, wie es ihn in Yoshi’s Island ja durchaus gab, hätte Yoshi’s Woolly World (optional) zu einem echten Hardcore-Jump & Run machen können. Ärgerlich, dass dieses Potential jetzt zum zweiten Mal verschenkt wurde.
Sammelwahn im Woll-Atoll
In jedem Level verstecken sich fünf Grinseblumen und fünf Wunderwollknäuel, außerdem zwanzig Aufnäher, die hinter ganz normalen, fest platzierten Juwelen verborgen liegen. In Hundertsechzigerpacks schalten sie je sechs Materialien für den Yoshi-Designer frei, früher waren es Miiverse-Sticker. Wer die fünf Wollknäuel findet, strickt sich damit ein neues Yoshi-Design zusammen. All diese Designs sehen zwar niedlich aus, tun spielerisch aber überhaupt nichts zur Sache. Auch die Muster, die mit amiibo-Figuren freigeschaltet werden, sind „nur“ süß.Die Grinseblumen sind das wichtigste Sammelextra: Sie öffnen ein bockschweres Extra-Level pro Welt. Exklusiv auf dem Nintendo 3DS führen sie zudem in die „Schnuffel“-Levels. Diesen ostentativ niedlichen Namen trägt der kleine Stoffhund, der als Co-Titelgeber in der 3DS-Portierung auftritt. Die Levels werden nach der Hälfte jeder Welt freigeschaltet. Sobald Yoshi beim Zieldurchlauf eine Blume einsammelt, darf Schnuffel die Levels in einer alternativen Gold-Rush-Variante durchspielen, in der die Juwelen anders verteilt werden. Insgesamt gibt es sechs von ihnen, eines pro Welt. Schnuffel läuft von allein, ihr müsst ihn lediglich springen lassen und damit möglichst viele Juwelen einsammeln. Die Levels sind ganz lustig und deutlich temporeicher als der Rest des Spiels. Einen Grund für einen erneuten Kauf stellen sie jedoch beileibe nicht dar.
Ähnlich verhält es sich mit dem Yoshi-Kino. Das sind süß animierte Trickfilme mit Woll-Yoshi und -Poochy, von denen man jeden Tag aus irgendeinem Grund nur einen neuen sehen darf. Sie wird es auf kurz oder lang aber wohl auch in höherer Auflösung im Internet geben, dafür muss sich also ebenfalls niemand die Portierung kaufen.