Star Wars - Jedi: Survivor
Das Positive vorweg: Die Entwickler bei Respawn haben es geschafft, die größten Schwächen des Vorgängers auszuräumen. Jedi: Survivor ist eine überaus gelungene Fortsetzung, die das volle Potenzial ihrer Neuerungen aber noch nicht komplett ausschöpft. Warum das so ist, könnt ihr im folgenden Text erfahren.
Cal Kestis ist zurück
Zunächst ein wenig "Geschichtsunterricht". Fünf Jahre nach den Ereignissen aus Fallen Order unterstützt Cal Kestis die Rebellion und versucht der Herrschaft des Imperiums etwas entgegenzusetzen. Keine einfache Aufgabe, denn die Macht des Imperators wächst unermüdlich. Dazu kommt, dass Cals alte Crew, bestehend aus Pilot Greez, Meisterin Cere und Space-Hexe Merrin, nicht mehr existiert seit diese nach den Ereignissen des Vorgängers getrennte Wege gingen. Als Cal nach einem harmlosen Rebellen-Job auf Coruscant mit der Mantis notlanden muss, beschließt er seinem alten Freund Greez einen Besuch abzustatten, der auf dem abgelegenen Planeten Koboh eine Cantina eröffnet und sich zur Ruhe gesetzt hat. Es dauert nicht lange, bis der Jedi auf dem unscheinbaren Planeten einen mysteriösen Fremden in einem Bacta-Tank findet, nebst diverser Hinweise auf den versteckten Planeten Tanalorr, von dessen Existenz niemand etwas zu wissen scheint, was ihn zur perfekten Zuflucht für Verfolgte des Imperiums machen würde. Also beginnt die Jagd nach dem geheimen Planeten und siehe da: Cal ist nicht der Einzige, der sich auf die Suche nach dem Planet begibt.
Die Geschichte ist sehr gut inszeniert, was vor allem an den hochwertigen Zwischensequenzen liegt. Diese wirken in ihren besten Momenten absolut filmreif und zeigen die Charaktere bestens in Szene gesetzt. Vor allem aber behebt Respawn mit der neuen Handlung einen der größten Kritikpunkte am ersten Teil. Nicht nur war die typische Heldenreise vom Padawan zum Jedi bereits ziemlich ausgelutscht, auch das finale Ziel des ersten Abenteuers war von Anfang an besiegelt. Wer sich auch nur ein bisschen im Star Wars-Universum auskennt, konnte sich bereits Vieles der Geschichte zusammendichten. Jedi: Survivor legt den Fokus dagegen nicht auf den Kampf gegen das Imperium sondern erzählt eine eigene, etwas kleinere Geschichte, die auf einige persönlichere Schicksale eingeht. Vor allem aber wirkt das Konstrukt längst nicht so abgedroschen wie in Fallen Order, auch wenn der erste Teil diesen Kritikpunkt mit der grandiosen Inszenierung wett machen konnte.
So gut die Story in Jedi: Survivor auch sein mag, sie benötigt eine ziemlich lange Anlaufphase. Bis zur Mitte der Handlung mag das ganze Geschehen irgendwie nicht so richtig in Fahrt kommen und es fühlt sich beim Spielen teilweise etwas zäh an. An dieser Stelle sei allerdings angemerkt: Es wird besser. Gerade zum Schluss hin erwartet euch ein packendes Finale, das es in sich hat.
Neue Mechaniken, neue Welt
In Sachen Gameplay setzt Respawn auf Altbewährtes. Noch immer erkunden wir mit Cal und BD-1 verschiedene Planeten. Dabei kämpfen, klettern und rätseln wir uns durch Dungeons und finden Upgrades für Cal und seinen Droiden. Gewolltes "Backtracking" führt uns mit neuer Ausrüstung an altbekannte Orte zurück und wir erforschen durch neue Fähigkeiten Wege und Gebiete, die uns vielleicht einige Spielstunden zuvor verschlossen blieben. Das Kampfsystem bleibt grundsätzlich ebenfalls ähnlich dem des Vorgängers. Jeder Gegner hat neben dem Lebensbalken noch eine Haltungsanzeige. Wenn der Jedi Treffer landen kann oder erfolgreich pariert, schadet das auch der Haltung. Sobald diese bei Null ankommt, gerät der Feind ins Taumeln und ein mächtiger Spezialangriff lässt sich ausführen.
Wie schon im Vorgänger ist diese Mechanik je nach Schwierigkeitsgrad mehr oder weniger relevant. Auf dem einfachsten der fünf Schwierigkeitsgrade lässt sich Jedi: Survivor gut als simples Hack’n’Slay spielen. Ab dem mittleren Schwierigkeitsgrad “Jedi-Ritter” müssen wir aber bereits Parieren, Ausweichen und Kontern verinnerlichen, um eine Chance zu haben. Außerdem wurden einige Neuerungen in das Spiel implementiert. So stehen Cal jetzt fünf Kampfstile zur Verfügung, wie zum Beispiel die einzelne Lichtschwertklinge, das Doppelschwert oder zwei Schwerter. Jeder Stil hat seinen eigenen Skill-Tree und es liegt am Spieler mit den einzelnen Stilen herumzuexperimentieren, um den besten Kampfstil für sich selbst herauszufinden. Die Fähigkeitspunkte werden durch einen XP-Balken gesammelt. Sterben wir, verlieren wir den Fortschritt des Balkens - Dark Souls lässt grüßen.
Neben den Schwertstilen haben auch die Machtfähigkeiten wie Telekinese oder Verwirren, die zu unserem Kampfsystem gehören, eigene Skill-Trees. In einem normalen Spieldurchlauf lässt sich kaum jeder Skill-Tree füllen, sodass wir gar nicht alle Fähigkeiten auf einmal testen können. Aber keine Sorge, die Skillverteilung lässt sich einmal im Spiel kostenlos komplett zurücksetzen und danach unbegrenzt oft für den Preis von jeweils einem Skillpunkt. Dadurch könnt ihr, mit ein bisschen Geduld, alle Fähigkeiten in Ruhe ausprobieren. Abseits der Skill-Trees können wir außerdem Boni finden oder bei verschiedenen Händlern kaufen. Dahinter verstecken sich Verbesserungen, die die Blocks eurer Gegner leichter durchbrechen zu können oder mehr Ausdauer zum Abwehren gewähren. Je nachdem, wie wir die Punkte und Boni auswählen, können wir unseren Spielstil relativ individuell anpassen. Die Spieltiefe eines vollwertigen Rollenspiels wird allerdings nicht erreicht.
Auf der Spielwelt erkunden wir sechs Planeten, die wir im Verlauf der Story freischalten. Außerdem steht die komplette Welt nach Abschluss der Story offen, falls wir noch weiter erkunden möchten. Die Planeten sind allerdings in ihrer Bedeutung sehr unterschiedlich gewichtet, denn zwei davon stehen ganz klar im Mittelpunkt: Koboh und Jedha. Koboh ist mit dem Saloon von Greez so etwas wie unsere Basis. Der Planet ist sehr groß und hat viele Dungeons, versteckte Orte und Nebenquests zu bieten. Beim Erkunden treffen wir außerdem immer wieder NPCs, mit denen wir reden können. Einige davon kommen später in den Saloon, wo sie neue Quests verteilen, Minispiele freischalten oder das Örtchen einfach lebendiger wirken lassen. Die Rätsel haben in der Regel einen angenehmen Schwierigkeitsgrad, bei dem man durchaus das eine oder andere Mal seine grauen Zellen anstrengen muss. Hängt ihr an einer Stelle fest, bietet euch euer Droide optionale Hilfestellungen, von denen ihr allerdings keinen Gebrauch machen müsst. In etwa 20 Stunden ist die Story beendet, bei der stellenweise etwas mehr Abwechslung, wie im Vorgänger, wünschenswert gewesen wäre. Die Planeten unterscheiden sich dann doch nicht allzu sehr voneinander und bieten für ein typisches Star Wars-Märchen etwas zu wenig vom Flair des Universums.
Während unseres Tests auf der PlayStation 5 kam es zu keinen nennenswerten Aussetzern oder Spielabbrüchen, bzw. Bugs. Allerdings brauchten Texturen besonders nach dem Schnellreisen teilweise recht lange, bevor sie vollständig geladen waren, und in Dialogen setzten manchmal die Mundbewegungen der Figuren aus. Dazu kommen kleinere Clipping-Fehler, durch die beispielsweise einmal eine Sturmtruppe im Boden feststeckte. Zudem hatten wir einige Bildrateneinrüche zu beklagen. Diese traten vor allem während der Erkundung und in Zwischensequenzen auf. Das Spielgeschehen wurde dadurch allerdings nie stark beeinflusst. Allerdings muss man auch sagen, dass Star Wars - Jedi Survivor einfach nur grandios aussieht. Die Charaktere wirken stimmig, die Umgebung ist detailliert und die Hintergründe wirken wie aus einem Guss. Die musikalische Inszenierung liefert ihren Beitrag zum Gesamtpaket.
FAZIT:
Star Wars - Jedi: Survivor ist nicht nur ein guter Nachfolger des ohnehin schon guten Fallen Order geworden. Die Entwickler haben das Spiel an vielen Punkten klar verbessert. Die Story wurde noch einmal aufgewertet und man verabschiedet sich aus dem klassischen "Kampf-gegen-das-Imperium"-Handlungsstrang. Auch wenn er ein elementarer Bestandteil der Story darstellt, steht er nicht mehr im Mittelpunkt, was das Abenteuer unvorhersehbarer und damit unterhaltsamer macht. Der zähe Einstieg wird spätestens ab der Mitte vergessen, die tolle Inszenierung trägt das komplette Abenteuer entspannt durch die knapp 20 Stunden und die neuen Spielmechaniken begeistern und verbessern das Spielerlebnis ebenfalls deutlich. Schade, dass sich die Umgebungen alle etwas ähnlich anfühlen und die Abwechslung hier etwas zu kurz geraten ist. Ein paar mehr Planeten, ein paar Weltraum-Schlachten und dieses Star Wars-Spiel hätte alles gesprengt. Aber auch so freuen sich Fans des Vorgängers und des Genres auf ein tolles Action-Adventure, das den Vorgänger in vielen Punkten übertrifft.