Yomawari: Lost in the Dark
Ihr wollt euch zu Halloween ein klein wenig gruseln, seid aber noch nicht bereit für deftigere Spiele wie Resident Evil, Outlast und Co? Dann sollte euch Yomawari: Lost in the Dark vielleicht einen Blick wert sein. Nach Yomawari: Night Alone und Yomawari: Midnight Shadows bescheren uns die Entwickler von Nippon Ichi Software nun schon zum dritten Mal gruselige Unterhaltung mit weniger gruseligen Chibi-Charakteren. Wir haben den neusten Teil der Serie auf Nintendos Switch für euch unter die Lupe genommen.
Unseren Chibi-Charakter dürfen wir zu Beginn des Spiels mit Hilfe eines rudimentären Charaktereditors zumindest annähernd unseren Wünschen anpassen. Unabhängig davon für welche Haarfarbe, Frisur oder Accessoires wir uns entscheiden, starten wir das Spiel aber stets als kleines Mädchen in den düsteren Korridoren irgendeiner tristen Schule. Immerhin können wir nicht nur das Aussehen unserer holden Maid anpassen, sondern ihr auch einen individuellen Namen geben. Standardmäßig heißt sie Yuzu, also werden wir sie in diesem Test fortan so nennen.
Erst gemobbt, dann verflucht
Yuzu hat’s in der Schule nicht leicht. Obwohl sie ein süßes Zuckerpüppchen ist, wird sie von allen Mitschülern gemobbt. Zunächst wird sie mit einem Papierknäuel beworfen, und als sie das Papier wegschmeißen will, knallt ihr gar ein Ball gegen den Hinterkopf. Im Klassenzimmer zwingen ein paar Kinder sie außerdem dazu, einen lebenden Wurm zu essen - ganz schön gemein! Völlig in Gedanken versunken macht sich Yuzu daraufhin zum Dach der Schule auf. Der Hausmeister hat offenbar vergessen, den Zugang abzusperren und so wandert Yuzu im Schein der untergehenden Sonne bis ans Ende einer Plattform. Kurze Zeit später findet sich die Kleine in einem gespenstischen Wald wieder. Was ist passiert? Das lässt Yomawari: Lost in the Dark an dieser Stelle offen, aber eines ist klar: Wir müssen einen Weg aus dem Wald finden.
Zum Glück sind wir nicht allein im Gehölz. Ein anderes Mädchen hat es ebenfalls dorthin verschlagen und ist bereit uns zu helfen. Sie scheint Yuzu zu kennen, obwohl sich diese wiederum nicht an sie erinnern kann. Von dem Mädchen erfahren wir, dass Yuzu verflucht und ihrer Erinnerungen beraubt wurde. Den Monstern im Wald kann sie außerdem nur entkommen, wenn sie nach dem Erreichen eines steinernen Torbogens mit geschlossenen Augen weitergeht.
Durch Drücken der Trigger des Controllers bringen wir Yuzu dazu, die Augen zu schließen. Der Bildschirm wird dann dunkel und Gegner lassen sich nur noch durch ein rotes Glimmen und deren Geräusche ausmachen. Damit wir uns während solchen Passagen besonders gut auf die Akustik konzentrieren können, rät uns das Spiel zur Nutzung von Kopfhörern. Tatsächlich wird Atmosphäre im Laufe des Spiels immer wieder durch die gelungene Geräuschkulisse erzeugt. Wenn Gegner in der Nähe sind, schlägt Yuzus Herz hörbar schneller. Monster stöhnen, stampfen oder schluchzen.
Memory-Spiel
Dem Wald entronnen finden wir uns in Yuzus Heimatort wieder. Dort streifen wir fortan durch verschiedene Straßen, ein Reisfeld, Höhlen, einen Friedhof und einige weitere Gebiete, um bis 6 Uhr morgens irgendwie den Fluch loszuwerden. Dabei erzählt Yomawari: Lost in the Dark im Prinzip nicht eine lange Geschichte, sondern viele kleine, die zum Teil an japanischer Folklore angelehnt sind. Das geschieht durch Cut-Scenes, aber auch durch Poster, Plakate und Briefe, die Yuzu in der Stadt auffinden kann. Wenn wir in die Schule zurückkehren, entdecken wir beispielsweise mehrere Briefe, in denen von sieben Wundern die Rede ist. Da wäre ein Geistermädchen, das a la "Maulende Myrte" in einer Toilette haust, oder ein Klavier, das gerne Kinder frisst. Wenn wir nach und diese Wunder abklappern, schalten wir am Ende eine Erinnerung frei.
Eben diese Erinnerungen zu finden ist unser Hauptziel. Schließlich müssen wir herausfinden, was es mit dem seltsamen Mädchen im Wald auf sich hat und wie wir den Fluch, der auf uns lastet, brechen können. Viele unterschiedliche Gegenstände und ein paar freundliche Tiere helfen uns dabei.
Den Monstern, die sich während unserer Fluch-Beseitigungstour in den Straßen tummeln, müssen wir selbstredend aus dem Weg gehen. Das gelingt meist, indem wir ihnen durch Drücken der rechten Schultertaste schlicht davonrennen. An bestimmten Gegnern müssen wir dagegen mit geschlossenen Augen vorbeischleichen. Beide Methoden können in Gegenden mit vielen Feinden überraschend viel Geschick und schnelles Reaktionsvermögen erfordern, je nach Gebiet aber auch ziemlich mühsam sein. Die aus dem Nichts auftauchenden Geister im Friedhof sind beispielsweise ungemein nervig.
Mit Kieselsteinen oder Papierfliegern können Gegner zwar abgelenkt werden, Waffen gibt es jedoch keine. Kommt Yuzu mit einer feindlichen Kreatur in Kontakt, färbt sich der Bildschirm rot mit Blutspritzern, was hier dem klassischen „Game Over“ entspricht. Dann werden wir an den letzten Speicherpunkt zurückgesetzt, wobei Yomawari: Lost in the Dark weitestgehend auf automatisch gesetzte Speicherpunkte verzichtet und diese nur während besonders kniffligen Passagen einsetzt. Stattdessen wird in der Regel mit Hilfe von Münzen an sogenannten Jizo-Statuen und Münztelefonen oder aber kostenlos in Yuzus Zimmer gespeichert. Die Schreine mit den Jizo-Statuen dienen, genau wie in den Vorgängern, zudem als Schnellreisepunkte innerhalb der Welt.
Lokalisation? Nein, danke!
Präsentiert wird uns das alles in einer isometrischen Ansicht mit einem malerischen Stil und vielen schönen Details, der allerdings nur wenig Möglichkeiten zur Interaktion bietet. Wer bereits einen anderen Yomawari-Teil gespielt hat, kennt die Optik. Neulinge sollten sich eine Mischung aus einem 2D-Zelda-Spiel und einem Studio-Ghibli-Film mit einigen mal mehr, mal weniger dezenten Horror-Elementen vorstellen. Der Stil weiß durchaus zu gefallen, viele Teile wurden aber aus den Vorgängern recycelt.
Die simple, stark stilisierte Optik sorgt dafür, dass Yomawari: Lost in the Dark nicht nur auf den "großen" Konsolen, sondern auch auf Nintendos Hybridkonsole stets ruckelfrei läuft. Von Bugs und anderen Problemen blieben wir während unserem Testlauf ebenso verschont.
Wirklich schade ist dagegen, dass auch das neuste Yomawari überhaupt nicht lokalisiert wurde. Eine Sprachausgabe gibt es so oder so nicht, deutsche Untertitel und Menütexte suchen Spieler hierzulande jedoch genauso vergeblich. Wer Yomawari: Lost in the Dark genießen möchte, muss des Englischen mächtig sein.
Fazit
Yomawari: Lost in the Dark weicht nicht weit von bekannten Pfaden ab. Genau wie bei den ersten beiden Teilen der Serie bekommen wir auch hier kein Action-Feuerwerk geboten und die Horror-Elemente bewegen sich auf dem Niveau eines Titels, der nicht grundlos "nur" mit einer FSK-12-Wertung versehen wurde. Neuerungen wie der simple Charaktereditor haben darüber hinaus keinerlei Einfluss auf das altbewährte Gameplay. Was uns Yomawari aber wieder einmal bietet ist eine schön designte Welt mit vielen interessanten Orten, die erkundet werden wollen, einige Geschicklichkeitspassagen und simple, auf Trial & Error setzende Rätsel. Die dichte Atmosphäre, gepaart mit einigen Jump-Scares, macht das Spiel zudem zu einem perfekten Titel für junge Gruselfreunde, die sich noch nicht an heftigere Horrorkost heranwagen wollen oder dürfen.