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NFTs - Was, wie, wo?

Von Jeremiah David am 17.01.2022

NFTs sind gerade in aller Munde. Vor einiger Zeit kündigte Ubisoft an, NFTs für Spiele verkaufen zu wollen. Für Ghost Recon: Breakpoint liegen längst konkrete Pläne vor. Ähnliche Pläne liegen offenbar auch bei EA Sports und Epic Games in der Schublade. Der Präsident von Square Enix findet das Thema derweil sehr interessant und sieht darin eine Möglichkeit wie Spieler mit ihren Games mehr als "nur Spaß" haben können, während sich Synchronsprecher Troy Baker mit "You can hate. Or you can create. What’ll it be?" dazu äußerte. Konami gehört sicherlich nicht zu den von Baker angesprochenen Hatern, denn vor einigen Tagen feierte der Konzern den 35. Geburtstag der Castlevania-Reihe mit dem Verkauf einiger NFTs für 160.000 Dollar. Im Jahr 2021 generierten NFTs mit Gaming-Thematik laut einem Artikel von Forbes.com fast 5 Milliarden Dollar Umsatz. Aber was zum Henker sind NFTs eigentlich?

Sogenannte Non-fungible Tokens sind digitale Inhalte (beispielsweise Bilder, kurze Videos oder In-Game-Items), die einem einzigen Besitzer zugeordnet werden können. Vor allem Bilder werden zurzeit als NFTs auf diversen Plattformen wie Opensea.io im Internet verkauft – das können digitale Illustrationen, gerenderte Szenen oder auch Fotos sein. Solche digitale Kunst gibt es natürlich schon lange, aber die Bilder im Netz hatten bisher immer ein Problem: Sie waren stets austauschbar – im Englischen ist hier von "fungible" die Rede. Eine JPG-Datei konnte beispielsweise problemlos mit einer anderen, identischen JPG-Datei ersetzt werden. Einzigartige Originale gab es im Grunde nicht. So konnten zwar Drucke, Nutzungs- oder Urheberrechte gewinnbringend verkauft werden, digitale Unikate waren im Land der Bits und Bytes aber nicht möglich.

Durch NFTs ändert sich das nun mehr oder weniger. NFTs bestehen in sogenannten Wallets auf einer Blockchain. Wallets stellen hierbei virtuelle Sammelmappen dar, während die Blockchain eine dezentrale Datenbank ist, die so geschaffen wurde, dass Eigentum eindeutig zuzuweisen und individuellen Usern zuzuordnen ist. Die Inhalte können noch immer unendlich vervielfältigt werden, aber dank der jeweils individuellen Blockchain-Signatur ist jedes Werk dennoch ein Unikat, das sich im Besitz eines einzigen Users befindet.

Das Bild, das ihr hier seht, ist eine JPG-Datei. Die meisten Bilder im Internet werden in diesem Dateiformat gespeichert. Ihr könnt das Bild mit einem Klick kopieren und bei euch auf dem heimischen Rechner abspeichern – ihr habt dann aber nur eine Kopie auf eurer Festplatte und ihr besitzt keinesfalls das Bild im rechtlichen Sinne. Das exakt selbe Bild wurde von Konami jedoch als NFT angeboten und für 26.179 Dollar verkauft. Mit anderen Worten: Irgendjemand hat 26.179 Dollar ausgegeben, um eine einzigartige Kopie dieses Bildes zu besitzen – und ja, die etwas paradoxe Formulierung „einzigartige Kopie“ wurde hier absichtlich gewählt.

Publisher sehen in der NFT-Technologie aber nicht nur die Möglichkeit virtuelle Kunstwerke zu verkaufen. Sie wollen Märkte für digitale Unikate erschaffen. User könnten in einem Spiel Items dann nicht nur kaufen, sondern auch weiterverkaufen. Die Blockchain garantiert dann stets für die Echtheit des jeweiligen virtuellen Inhalts. Auf den ersten Blick hätten Ubisoft und Co nichts von diesem virtuellen Gebrauchtmarkt, in der Praxis beteiligen sich die ursprünglichen Ersteller aber meist an allen weiteren Einnahmen. Das Ganze erinnert an das Procedere beim Verkauf von Spielern zwischen Fußballvereinen. Wenn der FC Musterhausen den Spieler Max Mustermann vom FC Musterbug kauft, fließt ein Prozentsatz der Ablösesumme auch an Mustermanns Jugendverein FC Musterheim. Besonders gute Spieler generieren die höchsten Ablösesummen. Analog dazu könnten besonders begehrte und/oder seltene Items in einem Spiel für riesige Beträge immer wieder weiterverkauft werden.

Ursprünglich sollten NFTs Künstlern dabei helfen ihre Arbeiten ohne unfaire Lizenzverträge zu verkaufen. In der Praxis geschieht aber häufig das genaue Gegenteil. Auf Plattformen wie Opensea.io kann jeder registrierte Nutzer Bilder hochladen und als NFTs verkaufen – auch dann, wenn er die Rechte an den jeweiligen Bildern gar nicht besitzt. Unlängst gibt es Bots, die beliebte Bilder aus Sozialen Medien ziehen, auf NFT-Seiten hochladen und illegal verkaufen. Seit die Webseite DeviantArt.com mit DeviantArt Protect einen Service anbietet, der Urheberrechtsbesitzern NFTs mit eventuell illegalen Inhalten meldet, ist die Anzahl der Urheberrechtsbeschwerden auf Opensea.io derart in die Höhe geschnellt, dass die Webseitenbetreiber nicht mehr mit dem Bearbeiten der Beschwerden hinterherkommen und E-Mails verschicken, um sich bei den Rechteinhabern zu entschuldigen und um mehr Zeit zu bitten. Während NFTs also einigen wenigen Künstlern helfen, machen sie zugleich eine neuartige Form des virtuellen Kunstraubs möglich.

NFTs stehen aber nicht nur deswegen in der Kritik. Die Blockchain-Technologie erfordert meist viel Strom und erzeugt dadurch große Mengen an CO2, die natürlich schlecht für die Umwelt sind. Einigen Hochrechnungen zufolge ist der CO2-Fußabdruck eines NFTs in der Regel so groß oder sogar etwas größer als der eines durchschnittlichen EU-Bürgers in einem Monat, denn das Erstellen, das Bieten, der letztliche Verkauf und das Übertagen des NFTs erfordern jeweils eigene Berechnungen in der jeweiligen Blockchain. Zwar verspricht Ubisoft beispielsweise mit der hauseigenen NFT-Plattform QUARTZ auf eine verhältnismäßig umweltschonende Technik zu setzen, aber das ist nur ein schwacher Trost.

Kritiker sehen auch ein Problem in der nur bedingten Haltbarkeit der NFTs. Wenn Ubisoft in Ghost Recon: Breakpoint kosmetische Items als NFTs anbietet, dann mögen diese zwar offiziell und auch rechtlich immer wieder den Besitzer wechseln, aber sobald Ubisoft die Server des Spiels abschaltet oder die Blockchain auflöst, lösen sich auch die Items in virtueller Luft auf. Der Besitz hängt also letztlich vom Wohlwollen des Publishers ab. Die NFTs sind eben keine echten, haptischen Gegenstände, sondern nur Datensätze, deren Existenz mit mehreren Bedingungen verknüpft sind.

Im Übrigen werden mit dem jeweiligen NFT in der Regel auch keine Urheber- oder Vervielfältigungsrechte verkauft. Wer auch immer tausende Euros für das oben dargestellte Castlevania-Bild ausgegeben hat, besitzt dieses Bild in digitaler Form, aber nicht das Copyright. Er darf die dargestellte Map also nicht auf T-Shirts oder Poster drucken und so weiterverkaufen.

Ähnlich kompliziert verhält es sich mit der vorgegaukelten Einzigartigkeit der NFTs, diese bezieht sich nämlich nicht auf die virtuellen Gegenstände an sich, sondern lediglich auf deren jeweilige Blockchain-Signatur. Konamis Castlevania-NFTs sind genau wie alle anderen NFTs nur aus rein technischer Sicht Unikate. Die Bilder sind trotzdem endlos kopierbar.

Hattet ihr schon Kontakt mit NFTs? Wie steht ihr dazu?

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3 Kommentare:
Asinned)
Asinned
Am 17.01.2022 um 13:38
Guter Artikel: Man kann noch hinzufügen, dass Publisher überlegen spieleübergreifend Skins per NFT anzubieten damit man „langfristig“ was davon hat. Geht natürlich auch mit nem zentralen Service und da man auf den tatsächlichen Support angewiesen ist, gibs da auch nicht mehr Sicherheit durch Blockchain.

Mein persönliches Problem damit: NFTs sind jetzt bereits hoch spekulative Objekte bei denen darum geht dass man Geld verdient und das eigentliche Spielen komplett in den Hintergrund gerät. Ethisch verwerflich wird das ganze dann auch, da solche neue Technologien noch nicht reguliert sind und dann auch Kinder sich an der neuen bunten Wall Street versuchen können. Casino Mikro Transaktionen 2.0
Denios)
Denios
Am 18.01.2022 um 10:19
Ich ignoriere NFTs komplett, was aktuell noch unproblematisch ist. Wenn Square Enix die allerdings aggressiv auch in JRPGs packt, werd ich mich wohl damit auseinandersetzen müssen. Ich habe jetzt schon auf Twitter ein paar Tweets von Leuten gelesen, die Triangle Strategy deswegen boykottieren wollen, obwohl da ja gar keine NFTs vorkommen werden (zumindest nach aktuellem Kenntnisstand). Mal sehen, ich finde das Prinzip furchtbar, aber das interessiert einen Publisher, der Geld verdienen will, ja herzlich wenig :D
Vyse)
Vyse
Am 18.01.2022 um 10:26
Im Wesentlichen dürfte es drei Arten von NFT-Nutzern geben: Erstens diejenigen, die mehrere hundert Euro investiert haben um ein paar NFTs zu erstellen und niemals einen einzigen davon verkaufen werden. Zweitens diejenigen, die mehrere hundert oder mehrere tausend Euro investiert haben um ein paar NFTs zu kaufen und niemals einen einzigen davon weiterverkaufen werden, zumindest nicht für mehr als 10% des Ankaufspreises. Und dann eine kleine Gruppe, die ihr vorhandenes Kapital einsetzt um mit einem Netzwerk aus Social-Media-Influencern und Scheininvestoren noch mehr Kapital zu generieren, bei dem es sich letztendlich nur um Gelder handelt die man den ersten beiden Gruppen abgezogen hat. Als Privatperson kannst du mit NFTs kein Geld verdienen, und wenn doch, kommt das Finanzamt und nimmt es dir wieder weg.

Allein dass Opensea.io horrende Gebühren für die Erstellung eines NFTs verlangt, die erst wegfallen wenn man auch tatsächlich einen NFT verkauft hat, zeigt ja schon dass sie selbst nicht so recht an ihr eigentliches Geschäftsmodell glauben. Wenn man nachweisen kann dass man auch tatsächlich Käufer für seine NFTs hat darf man beliebig viele kostenlos erstellen, weil sie dann über Transaktionsgebühren kräftig mitverdienen, aber bei allen anderen gehen sie davon aus dass sie niemals einen NFT verkaufen werden und berechnen dementsprechend hohe Angebotsgebühren.