Test

Dragon Quest VII: Fragmente der Vergangenheit

Von Deniz Üresin am 13.09.2016

Mit Dragon Quest VII: Fragmente der Vergangenheit erscheint ein von Fans lang ersehntes RPG-Schwergewicht hierzulande für den Nintendo 3DS.  Ob sich das Warten gelohnt hat oder man sein Geld doch lieber für eines der vielen anderen Rollenspiele ausgeben sollte, erfahrt ihr in unserem Test.

Was lange währt…

Dragon Quest VII: Eden no Senshi-tachi (dt. „Krieger von Eden“) erschien in Japan im Jahre 2000 auf der PlayStation. Das RPG schaffte es im Gegensatz zu seinen SNES-Vorgängern ein Jahr später in die USA, aber nie nach Europa. 2013 wurde das Spiel für den Nintendo 3DS neu aufgelegt, allerdings Japan-exklusiv. Erst Ende 2015 wurde während einer Nintendo Direct bestätigt, dass sowohl Dragon Quest VII als auch das Remake des Nachfolgers, Dragon Quest VIII, im Westen für Nintendo 3DS erscheinen werden. 16 Jahre nach dem Release des Originals kommen nun europäische Zocker erstmals in den Genuss des epischen Abenteuers aus der Feder des Dragon-Quest-Vaters Yuji Horii.

Fragmente der Vergangenheit

Held der Geschichte ist ein 16-jähriger Junge aus dem verschlafenen Fischerdorf Buttsbüttel. In dem Dorf ist nicht viel los und auch auf dem nicht weit entfernten Schloss Estard ist es ruhig. Zu ruhig für den abenteuerlustigen Prinz Gismar, der einfach nicht glauben will, dass die Insel, auf der er lebt, die einzige auf der ganzen Welt sein soll. Eines Tages stoßen die Freunde auf ein dunkles Geheimnis: Es gab früher tatsächlich viel mehr Inseln auf der Welt, bevor der fiese Dämonenkönig sie eine nach der anderen vernichtete!

Um die vielen Inseln vor ihrem Schicksal zu bewahren, gilt es, magische Steinfragmente aufzuspüren. Sind alle Fragmente einer Steintafel beisammen, öffnet sich ein Portal zu einer der versunkenen Inseln in der Vergangenheit, praktischerweise meist kurz vor ihrem Untergang. Wurden die sinistren Pläne des Dämonenkönigs auf der jeweiligen Insel durchkreuzt, taucht sie in der Gegenwart auf und ist meist von den Nachkommen der zuvor geretteten Menschen bewohnt.

Die generische Hauptstory, die sich um die Rettung der Welt vor einem bösen Obermacker dreht, hält sich nach der Einleitung für eine lange Zeit im Hintergrund. Im Fokus stehen die episodenhaften kleinen Abenteuer, die man auf den Inseln erlebt. Die Handlanger des niederträchtigen Dämonenkönigs terrorisieren die Bevölkerungen der Inseln auf viele verschiedene Weisen. So reist man zu Beginn an einen Ort, an dem alle Frauen des Dorfes von Monstern verschleppt wurden. Wenig später kommt man auf einer Insel an, auf der alle Menschen zu Stein erstarrt zu sein scheinen. Dragon-Quest-typisch ist es nicht die Rahmenhandlung, die die Welt so lebhaft und liebenswürdig macht. Es sind die Schilderungen und Erlebnisse der unvergesslichen Charaktere, die unterschiedlichen Dialekte, die in verschiedenen Regionen gesprochen werden, die Namen der Monster und Zaubersprüche, die oft Wortwitze enthalten und allgemein die vielen kleinen Details.

Gameplay mit Tradition 

A propos Monster, ein Miaugier und ein Schuftballon greifen an! Den üblen Gesellen erwehrt man sich in klassischen rundenbasierten Kämpfen mit standardmäßigen Befehlen wie Angreifen, Abwehren oder dem Einsatz von Items und Zaubern. Die Menüführung ist schlicht, aber übersichtlich. Auf der Oberwelt sind die Gegner wie schon in Dragon Quest IX sichtbar, sodass man meist selbst die Wahl hat, ob und gegen wen man kämpft. In Städten spricht man mit den Bewohnern, zerdeppert ihre teuren Porzellanvasen und durchwühlt deren Schränke. Herumstreunende Katzen antworten meist höflich mit einem „Miau.“ In den Läden füllt man seine Vorräte auf und kauft sich schlagkräftigere Ausrüstung, bevor es in einen der Dungeons geht.

Dort geht es dann etwas härter zur Sache. Gelegentliche Rätsel- oder Geschicklichkeitseinlagen fordern in diesen meist von Monstern heimgesuchten Gängen und Labyrinthen ebenso wie die vielen Kämpfe. Allerdings ist „fordern“ vielleicht nicht das richtige Wort, denn Dragon Quest VII ist kein wirklich schweres Spiel. Wer einigermaßen auf seinen Zaubertrankvorrat und die Magiepunkte seiner Zauberer achtet, sollte nicht oft den Game-Over-Bildschirm zu sehen bekommen und auch die Rätsel lassen sich nicht unbedingt als Kopfnüsse bezeichnen. Optionale Hilfen in Form der liebevoll geschriebenen Party-Chat-Gespräche können so gut wie jederzeit angenommen werden, wobei der Party-Chat auch ungeheuer zur Atmosphäre beiträgt, da die Freunde des Helden zu fast jeder Situation ihre charakterspezifischen Kommentare abgeben.

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Ein Anime in Videospielform

Die von Dragon-Ball-Erfinder Akira Toriyama entworfenen Charakter- und Gegnerdesigns kommen mit der neu aufgelegten Grafik toll zur Geltung und tragen zum allgemeinen Charme genauso bei wie der liebevoll komponierte Soundtrack von Koichi Sugiyama. Zusammen mit den episodenhaft wirkenden ersten zwei Dritteln des Spiels kann es einem fast so vorkommen, als würde man einen Anime spielen.

Statt einfach stur der Story zu folgen, kann man abseits des Hauptpfades noch einiges entdecken. So gilt es, wie in schon so manchem JRPG zuvor, eine Stadt wiederaufzubauen. Dies geschieht durch das Antreffen bestimmter Personen auf der Welt, die man dazu überreden kann, sich in der Stadt anzusiedeln. Außerdem können sich manche Monster nach dem Kampf zu euch hingezogen fühlen und sich als euer Haustier anbieten. Diese gezähmten Monster kann man dann spezielle Steintafeln suchen lassen, die zufallsgenerierte Dungeons freischalten. Ähnlich wie in Dragon Quest IX lassen sich diese Steintafeln mit anderen teilen, dieses Mal komfortabel per StreetPass oder online. Durch das Teilen werden eure Monster gestärkt und sie finden Tafeln mit härteren Dungeons, aber auch besserem Loot.

Viel beworben wurde im Vorfeld auch das Klassensystem von Dragon Quest VII. Mit über 30 teils klassischen Jobs wie Krieger oder Magier, teils abgedrehten Klassen wie Hirte oder Schleim lädt das Spiel zum freudigen Experimentieren ein. Dabei kann die Wahl der Klassen eurer Party einen entscheidenden Einfluss auf den Schwierigkeitsgrad haben, da eine schlecht ausbalancierte Gruppe deutlich mehr Probleme in den langen Dungeons haben wird als eine strategisch aufeinander abgestimmte. Die Klasse bestimmt aber auch das Aussehen der Spielfiguren. Ein Magier trägt ein Gewand und einen Spitzhut, während der Hirte ulkigerweise im Schafskostüm daherkommt.

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Die Kehrseite der Medaille

Die meisten Worte zu dem Spiel bisher waren positiv, doch es soll nicht der Eindruck entstehen, dass Dragon Quest VII perfekt sei. Unnötig aufploppende Bäume auf der Oberwelt (die nur sehr spärlich verteilt sind, weswegen es fraglich ist, wieso da überhaupt welche hingestellt wurden) kratzen ein ganz klein wenig an der Atmosphäre, genau wie die etwas zickige Kamera außerhalb von Städten und Dungeons. Mit den Schultertasten wird die Kamera links- oder rechtsherum um die Spielfigur gedreht, die Distanz kann allerdings nicht verändert werden. Der virtuelle Kameramann versucht jedoch, über Hügel und Berge hinwegzufliegen und verändert damit bei der Bewegung auf der Oberwelt oft den Blickwinkel. Das stört nicht massiv, lässt einen aber gelegentlich ungewollt in einen Gegner laufen, den man nicht schnell genug hat kommen sehen, weil der Kameramann auf Wandertour in den Bergen war.

Der etwas niedrige Schwierigkeitsgrad dürfte auch den einen oder anderen abschrecken, wobei es stark darauf ankommt, welche Klassen man wählt und wie lange man Levels grindet. Die fast schon uninteressante Hauptstory wird durch die märchenhaften, oft dramatischen Ministories mehr als wettgemacht. Auch die Länge des Spiels kann manche Zocker abschrecken, denn selbst für JRPG-Standards schlägt Dragon Quest VII mit einer ziemlich langen Spielzeit zu Buche und gelegentlich gibt es kleine Längen, in denen die Story nicht so recht vorankommt.

Fazit:

Wer auf Dragon Quest steht, kommt um dieses Spiel nicht herum, denn es bietet alles, was sich ein Fan der Serie wünscht: Klassisches Gameplay, eine detailreiche Fantasywelt mit dramatischen Nebengeschichten, aber auch den serientypischen Humor mit seinen albernen Wortwitzen. Neulinge finden sich schnell in das leicht zu erlernende Gameplay ein und können auf einige Hilfssysteme zurückgreifen. Wer das Spiel einige Tage nicht anrührt, braucht keine Angst zu haben, rauszukommen, da die Story in Kapiteln zusammengefasst jederzeit im Spiel nachlesbar ist. Bis auf kleinere Mängel gibt es an dem Abenteuer nichts auszusetzen.

Unsere Wertung:
8.5
Deniz Üresin meint: "Ein märchenhaftes, charmantes Abenteuer, das sehr lange unterhält und nur kleinere Schwächen aufweist."
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3 Kommentare:
Tobsen)
Tobsen
Am 13.09.2016 um 16:23
Und der 3DS ist einfach nicht totzukriegen :D.
Meine 3DS-Wunschliste umfasst noch so ca. 25 Titel, aber realistisch betrachtet werde ich wohl nur noch um die fünf holen; und DQ7 ist eines davon!
JoWe)
JoWe
Am 13.09.2016 um 16:55
Kenne die Dragonquestreihe nicht. Ist es wichtig, die Vorgänger zu kennen, bzw. die Story? Wie hängen die Teile zusammen?
Vyse)
Vyse
Am 13.09.2016 um 17:47
Die Serienteile hängen überhaupt nicht zusammen.

Ich bin immer noch recht zwiegespalten bei diesem Ding. Auf der einen Seite: Juhuu, endlich kann ich irgendwie Dragon Quest VII spielen! Aber auf der anderen Seite ist es halt nur ein De-Make mit entferntem Schwierigkeitsgrad (einige Rätsel und ganze Dungeons wurden gestrichen und die EP die man von Gegnern erhält vervielfacht) und verschlimmbesserten 3D-Grafiken.