Test

Mulaka

Von Nico Zurheide am 18.03.2018

Einigen Spielen sieht man sofort an, dass sie für dessen Entwickler echte Herzensprojekte waren. Ob jemand offen seine Gefühle zeigt, weil er von Shigeru Miyamoto während einer E3-Pressekonferenz hervorgehoben wird, oder eine Person über mehrere Jahre jede frei Minute in das eigene Videospielprojekt steckt - es ist immer wieder erfrischend, wenn Spiele nicht nur um des Geldes Willen produziert werden. Die Mitarbeiter von Lienzo, einem kleinen Entwicklerstudio aus Chihuahua in Nordmexiko, wollten mit ihrem Action-Adventure Mulaka die Faszination ihrer Heimatregion in spielbare Form bringen und hier wird schnell klar: Mulaka war ihnen ein besonderes Anliegen.

Von Rarámuri und Tarahumara

In dem 3D-Adventure schlüpfen wir in die Rolle eines Sukurúame, ein Schamane innerhalb der Gesellschaft des indigenen Volkes der Tarahumara. Die heute noch lebenden etwa 50.000 Tarahumara leben im Nordwesten Mexikos, im Bundesstaat Chihuahua und den Bergen der Sierra Madre Occidental. Von dieser Region haben sich die Entwickler offensichtlich beim designen der Spielwelt inspirieren lassen. Dazu gibt es Siedlungen, Charaktere und Gameplay-Mechaniken, die den Gebräuchen und der Kultur der indigenen Ethnie entsprechen. So kann unser Schamane zusätzlich zu seinen Standard-Moves Schlagen, Ausweichen und Springen auch noch verschiedene Kräuter verarbeiten und damit beispielsweise Heilmittel oder Bomben herstellen und sich später im Spiel in einen Vogel oder einen Bär verwandeln.

Die Bewegungen des Protagonisten sind dabei so schnell und flüssig, dass es durchaus Spaß bereitet, ihn durch die abwechslungsreichen Gebiete zu manövrieren. Leider sind die Aktionen etwas unpraktisch auf die Knöpfe des Controllers verteilt, so liegen etwa Schlagen und Interagieren beide auf Y. Eine Möglichkeit, die Knopfbelegung nach eigenem Ermessen anzupassen, gibt es nicht. Dazu kommen häufig kleine Ruckler und Framerate-Einbrüche, die uns immer wieder aus dem Spiel reißen. Das ist schade, denn die weitläufigen und augenscheinlich zeitaufwendig gestalteten Gebiete strotzen nur so vor Inhalten und zusammen mit der hohen Weitsicht hätte die Spielwelt ganz klar zu der in einem Action-Adventure so wichtigen Immersion beitragen können.

Leichte Kost mit einigen Highlights

Allerdings würde sich hier auch die Frage stellen, wie immersiv eine Low-Poly-Grafik à la Journey überhaupt sein kann - Mulaka präsentiert sich nur in Ausnahmefällen wirklich schön. NPCs sind zwar überall zu finden, meist haben sie jedoch nur einen Spruch auf Lager und tragen somit eher zur Atmosphäre als zum Spiel selbst bei. Immerhin schaffen es die Entwickler, allein durch die Spielwelt die zu bestehenden Aufgaben zu erklären. Sei es eine kleine Hüpfeinlage, ein simples Umgebungsrätsel oder eine bestimmte Sammelaufgabe - beim Erkunden eines Gebiets brauchen wir keine Textboxen, um zu verstehen, was das Spiel gerade von uns verlangt. Leider trauten sich die Entwickler nicht, uns wirklich schwere Rätsel vor die Nase zu setzen. Alle kleinen Herausforderungen lassen sich ziemlich schnell lösen und so entpuppt sich das Hauptziel jedes Gebiets, nämlich drei Steine zu finden um ein großes Tor zu öffnen, lediglich als Mittel zum Zweck.

Natürlich kann Sukurúame nicht einfach friedlich seiner Wege gehen. Seine Motivation besteht darin, die in seine Heimat einfallenden Monster zurückzudrängen und das Gebiet vor dem Untergang zu bewahren. Beinahe überall in Mulaka gilt es, Kämpfe gegen große und kleine Monster zu bestehen. Die Gegner sind durchaus vielfältig gestaltet und können wir bei kleineren Kontrahenten noch bedenkenlos draufhauen, erwarten uns größere Artgenossen mit Panzerungen oder können nur angegriffen werden, wenn sie gerade selbst nach Sukurúame schlugen. Auch hier wird aber deutlich, dass die Jungs und Mädels von Lienzo die Spieler nicht überforden wollen. Wirklich schwer werden Kämpfe ohnehin nur, wenn sich die durch die schlampigen Animationen des Protagonisten verursachten Ungenauigkeiten beim Schlagen häufen. Fliegende Gegner können ebenfalls zum Problem werden, denn der Speerwurf profitiert kaum von der Bewegungssteuerung und zeichnet sich generell nicht gerade durch große Genauigkeit aus.

Highlights sind eindeutig die Bosskämpfe in jedem Gebiet, die zwar auch nur einen geringen Schwierigkeitsgrad besitzen, dafür aber durch das Ausnutzen der gegnerischen Schwachpunkte eine ganz eigene Dynamik entwickeln und stark an Bosskämpfe aus The Legend of Zelda erinnern. Abseits der Kämpfe ist sicher die Musik erwähnenswert, die sehr traditionell daherkommt und das Geschehen stets hervorragend untermalt. Kritik hingegen ist bei der Gestaltung des Spielmenüs angebracht, das etwas unübersichtlich gehalten und unnötigerweise extrem klein geschrieben ist.

Fazit:

Um die Einleitung wieder aufzugreifen: Mulaka ist ganz klar ein Herzensprojekt der Entwickler von Lienzo. Ein Teil der Erlöse aus dem Verkauf geht deshalb auch an Organisationen, die für den Erhalt der indigenen Kultur der Tarahumara eintreten. Das ungewöhnliche Setting könnte darüber hinaus bewirken, dass sich einige Spieler noch weitergehend mit dem in den Medien unterrepräsentierten Gebiet beschäftigen. Spielerisch hingegen erfindet Mulaka das Rad wahrlich nicht neu und auch wenn das Gameplay größtenteils locker von der Hand geht, trüben kleine Ruckler und ungenaue Animationen den Spielspaß. Obwohl die abwechslungsreichen Bosskämpfe klare Highlights darstellen, können auch diese Auseinandersetzungen den extrem niedrigen Schwierigkeitsgrad nicht merklich heben - wir sind während der etwa acht Stunden langen Kampagne kein einziges Mal gestorben. Dennoch kann das Spiel über weite Strecken gut unterhalten und wer nach Breath of the Wild oder Okami HD noch weiter Lust auf Action-Adventures verspürt, ist mit Mulaka sicher nicht falsch beraten.

Von uns getestet: Nintendo-Switch-Version

Unsere Wertung:
7.0
Nico Zurheide meint: "Solides Action-Adventure mit ungewöhnlichem Setting, aber einigen Schwächen beim Feintuning."
Mulaka erscheint für PC und PlayStation 4 und Nintendo Switch und XBox One. Wir haben die Version für PC getestet.
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2 Kommentare:
Tobsen)
Tobsen
Am 18.03.2018 um 11:28
Das klingt wirklich nice! "Andere" Settings gefallen mir fast immer und auch die Walking-Sim-Anwandlungen sagen mir zu. Ich behalte es tatsächlich im Auge! Thx for en Test.
michi1894)
michi1894
Am 18.03.2018 um 19:12
Mexiko, Zelda und Okami; alles Dinge, die ich mag. Das Spiel könnte mir gefallen.