Bridge Constructor Portal
Mehr Bridge Constructor als Portal
Wer sich das Cover des Spiels anschaut, dem wird zuerst das Wort „Portal“ auffallen, das werbewirksam mehr als doppelt so groß geschrieben wurde, wie der Schriftzug „Bridge Constructor“. Diese Designentscheidung haben die Entwickler von ClockStone beziehungsweise die Jungs und Mädels von Publisher Headup Games sicher nicht grundlos getroffen, denn Valves Portal-Spiele genießen einen exzellenten Ruf und sind unter Gamern sehr bekannt. Wer sich allerdings mit dem eigentlichen Spiel beschäftigt, stellt schnell fest, dass die Proportionen des Logos eigentlich genau andersherum hätten dargestellt werden müssen, denn Bridge Constructor Portal ist letztlich nicht mehr als ein weiterer Teil der Brückenbauserie, nur eben diesmal im Portal-Universum. Es geht hier weder darum, durchgeknallte Roboter zu bekämpfen, noch Portale mit einer futuristischen Sci-Fi-Waffe zu öffnen. Stattdessen dürfen wir für den Budgetpreis von 9,99 Euro in 60 verschiedenen Levels wie in den anderen Ablegern der Bridge-Constructor-Reihe unterschiedliche Brücken bauen. Unser Ziel ist es dabei immer, kleine schwarz-weiße Strichmännchen in selbstfahrenden Testfahrzeugen wie Lemminge von Punkt A nach Punkt B zu befördern.
Damit der Bezug zu Portal dennoch gegeben ist, geschieht das Bauen unter den wachsamen Augen – oder besser Kameralinsen – von GLaDOS, der psychopathischen Roboterdame aus Portal 1 und 2. Sie meldet sich zwischen den Levels regelmäßig mit mehr oder weniger flotten Sprüchen zu Wort und erinnert uns immer wieder daran, dass all unsere Aktionen im Aperture Science Enrichment Center der Wissenschaft dienen. Schön ist hierbei, dass man Ellen McLain, die Originalsprecherin der anderen Portal-Teile, für das Projekt gewinnen konnte, allerdings sind deren Sprüche (auf Englisch mit deutschen Untertiteln) und die als Komplimente getarnten Beleidigungen inhaltlich nicht durchgehend auf dem hohen Niveau der Valve-Spiele. Während manche Witze durchaus lustig sind, wirken andere etwas gezwungen. Es existiert außerdem keine übergeordnete Rahmenhandlung, die den Monologen irgendeinen Kontext verleihen könnte.
Innerhalb der Levels wurde das zweidimensionale, schlichte Design der Bridge-Constructor-Reihe den Portal-Spielen angepasst und mit Portalen in unterschiedlichen Farben, grün leuchtenden Säurebecken, Schaltern, gewichteten Begleiterkuben, Energiekugeln und anderen altbekannten Elementen der Serie versehen. Selbstschussanlagen nehmen unsere Testfahrzeuge ins Visier, Katapultplattformen schleudern die Wagen durch die Testareale, blaue Gelstreifen lassen sie abprallen, orange Gelstreifen sorgen für zusätzliche Beschleunigung.
Brückenbau im Namen der Wissenschaft
Die namensgebenden Brücken bestehen lediglich aus drei unterschiedlichen Materialien: Stahlträger, Kabel und Straßenstücke, die wir an vorgegebenen Ankerpunkten festmachen müssen. Ähnlich wie in World of Goo müssen wir beim Bauen immer auf die Statik der Konstruktionen achten, damit die Brückenkabel nicht reißen, Pfeiler nicht umfallen oder Straßenstücke nicht in sich zusammenstürzen. Beim Testen werden Teile der Konstruktionen, die besonders strapaziert werden, rot markiert. Das ist praktisch und so wechseln wir regelmäßig zwischen Baumodus und Testfahrt hin und her, um unsere Brücken zu perfektionieren. Dabei hilft zudem, dass wir mit der linken Schultertaste jederzeit Änderungen rückgängig machen oder im Hauptmenü auch ganze Konstruktionen löschen können. Eine Anzeige hält fest, wie viel Geld wir in jedem Level für Baumaterial ausgegeben haben, eine Obergrenze oder sonstige Konsequenzen gibt es jedoch nicht.
Abgesehen von der optischen Seite des Spiels macht sich die Portal-Lizenz vor allem dadurch bemerkbar, dass sich die Testfahrzeuge unserer Aperture-Mitarbeiter stets physikalisch richtig verhalten, wenn sie zum Beispiel senkrecht in ein Portal fallen, um an anderer Stelle horizontal wieder herauszuschießen. Anders formuliert: Ein Wagen, der ein Portal betritt, kommt mit gleicher Geschwindigkeit und im gleichen Winkel auf der anderen Seite desselben Portals wieder heraus, unabhängig davon, wo sich diese „Rückseite“ befindet. Mit diesem Wissen im Hinterkopf müssen pro Level meist mehrere Brücken gebaut werden, um verschiedene Portale mit dem Ausgang des Testgeländes zu verbinden. Schalter, die Türen öffnen oder Begleiterkuben auf Selbstschussanlagen herabfallen lassen, bilden neben den Portalen weitere obligatorische Zwischenziele.
Bridge Constructor Portal ist keine ernstzunehmende Bausimulation, sondern lediglich ein gemütliches Knobelspiel mit physikalischen Rätseln. Es gibt nur drei unterschiedliche Bauteile, die immer wieder zusammengesetzt werden, trotzdem kann das Spiel bisweilen sehr knifflig und komplex werden, wobei der Schwierigkeitsgrad von Level zu Level variiert. Gemütlich ist es deshalb, weil sich der Spieler so viel Zeit lassen kann wie er möchte und beim Testen der waghalsigen Brückenkonstruktionen unzählige Strichmännchen in den virtuellen Tod schicken darf. Sobald ein Fahrzeug im Ziel angekommen ist, gilt das jeweilige Level als bestanden, unabhängig davon, wie viele andere Fahrzeuge vorher geschrottet wurden. Statt einzelner Testfahrzeuge lassen sich auch Konvois von bis zu 15 Wagen durch die Levels manövrieren, was den Schwierigkeitsgrad aufgrund des Mehrgewichts auf den Brücken erheblich erhöht, aber diese Option ist lediglich als zusätzliche Alternative für hartgesottene Knobler gedacht und wird erst freigeschalten, wenn zumindest ein Fahrzeug das Level durchquert hat.
Fazit:
Bridge Constructor Portal bietet für knapp 10 Euro etliche Stunden kurzweilige Rätselkost und GLaDOS ist zumindest stellenweise so charmant-böse wie eh und je. Der große Umfang des Spiels trifft allerdings auf eine minimalistische Funktionsvielfalt beim Bauen und profitiert zu wenig von der Portal-Lizenz. Letzteres liegt vor allem an der zweidimensionalen, auf Dauer sehr eintönigen Präsentation und dem Umstand, dass die Position der Portale immer vorgegeben ist. Die Entwickler hätten aus der Fusion der Serien mehr machen können, wenn sie dem Spieler die Kontrolle über die Portale überlassen hätten. So aber verkommen die bunt leuchtenden Durchgänge zu häufig zu Checkpoints, die auf dem Weg zum Ziel einfach nur abgeklappert werden müssen.
Von uns getestet: PlayStation-4-Version