Into the Breach
Vorschusslorbeeren
Dass Into the Breach ein eher spezieller Vertreter seines Genres werden würde, soviel war schon vorher klar. Denn die zwei Leute von Subset Games sind die Jungs, die vor fünf Jahren mit FTL - Faster Than Light einen der ganz großen Indie-Hits gelandet haben. Damals, 2012, als das Humble Bundle noch cool war. Deswegen beginnen die meisten Reviews unserer Kollegen zu diesem Spiel mit „Von den Machern von…“.
FTL war spielerisch sehr besonders und trug maßgeblich zum Erfolg des Subgenres „Roguelike“ bei. Damit werden Spiele bezeichnet, dessen Gamedesign darauf abzielt den Spieler immer und immer wieder scheitern zu lassen, wobei jedes Ableben aber mit neu gewonnener Erfahrung einhergeht. Diese kann der Spieler nutzen, um bei seinem nächsten Versuch ein Stückchen weiterzukommen.
Logisch also, dass sich in Into the Breach auch einige Roguelike-Elemente finden. Doch im Gegensatz zur Raumschiff-Management-Simulation FTL kommt hier zu keinem Zeitpunkt Hektik auf. Denn Into the Breach ist wie Schach. Kaiju-Schach, um genauer zu sein. Denn bei Into the Breach kämpft ihr mit Piloten und den von ihnen gesteuerten Mechs gegen eine riesige Monster-Schar aus dem Weltall.
Live. Die. Repeat.
Hätte Into the Breach mit dem simplen Pixel-Grafikstil gebrochen und auf beeindruckende Schauwerte gesetzt, man würde den Titel direkt zwischen den Hollywood-Blockbustern Pacific Rim und Edge of Tomorrow parken. Zu Spielbeginn entscheidet ihr euch für einen Piloten und wählt euren Squad aus. Ein Squad besteht immer aus exakt drei Mechs. Über den gewählten Piloten lassen sich bestimmte Zusatzeffekte auslösen.
Für Erfolge im Spiel erhaltet ihr immer wieder Coins, die ihr in die Freischaltung neuer Squads investieren könnt. Auch neue Piloten mit neuen Zustandseffekten werden mit der Zeit freigeschaltet. Für den Anfang geht es aber mit dem Standard-Squad in die Schlacht. Er besteht aus einem durchschlagskräftigen Roboter, einem Panzer mit längerer Schußreichweite sowie einer relativ mobilen Artillerie-Einheit.
Im Anschluss müsst ihr diverse Missionen auf insgesamt vier Inseln gegen die Alien-Rasse Vec absolvieren. Die Inseln werden nach und nach freigeschaltet und ihr müsst mindestens zwei Inseln absolviert haben, bevor ihr euch am Finalkampf versuchen dürft. Sind neue Inseln einmal freigeschaltet, könnt ihr bei künftigen Versuchen frei wählen wo ihr beginnen wollt. Der Schwierigkeitsgrad des Spiels skaliert immer mit.
Jede Mission besteht aus einem Micro-Schlachtfeld, welches sich in viele kleine Rechtecke aufteilt. Nachdem ihr die Startaufstellung eurer drei Mechs gewählt habt, geht es direkt los und die Vec starten ihren Angriff, um eure Einheiten und die Gebäude in der Region zu vernichten. Jeder Verlust eines Gebäudes reduziert missionsübergreifend die Leistung eures Power-Grid. Fällt die Leistung auf Null, heißt es Game Over. Doch genau hier kommt das Roguelike-Element ins Spiel: Sobald ihr eine Mission verliert, dürft ihr mit einem eurer Piloten wieder über den Breach durch die Zeit reisen und es noch einmal von vorne probieren.
Reagieren statt agieren
Euer Squad besteht immer nur aus drei Einheiten. Damit seid ihr in jeder Mission hoffnungslos unterlegen und könnt unmöglich alle Vec vernichten. Das ist aber glücklicherweise gar nicht notwendig, denn das Missionsziel ist immer gleich und spielt euch in die Karten. Denn nach einer fest vorgegebenen Rundenanzahl ziehen sich die Vec zurück und ihr seid automatisch siegreich. Theoretisch müsst ihr also keinen einzigen Vec vernichten, sondern schlicht und ergreifend auf Zeit spielen.
Der Schlüssel zum Sieg sind demnach nicht die kluge Aneinanderreihung von Spielaktionen. Stattdessen müsst ihr genau analysieren, was die Vec im nächsten Zug vorhaben und möglichst sinnvoll reagieren. Will ein Vec beispielsweise ein Gebäude vernichten, wird ein Angriff kaum das Problem lösen, wenn der Vec zu stark ist. Allerdings kann der Rückstoß eures Angriff die Position des Vec beeinflussen, sodass sein Angriff in der nächsten Spielrunde ins Leere geht.
Oder noch besser: Ihr verändert mit dem Rückstoß eurer Angriffe die Vec-Positionen so, dass sie sich gegenseitig angreifen. Egal ob Bewegungen, Attacken oder Reihenfolge: Ihr wisst immer vorher, was die Vec planen. Wer diese Informationen nicht zu seinem Vorteil ausnutzt, verliert.
Als Spieler hat man also einen riesigen Vorteil. Und dennoch ist Into the Breach bockschwer. Denn das Spiel bietet vermutlich mehr Gameplay-Features und Mechaniken als ein Super Mario Galaxy. Ein Rückstoß kann eigene Einheiten und Gebäude schädigen oder Gegner direkt vernichten, falls man sie ins Wasser schubst. Diverse Naturereignisse, Eisflächen, Brände und sonstige Besonderheiten treten in vielen Missionen auf um euch einzuschränken. Selbiges gilt für Sekundärziele, falls ihr darauf abzielt diese zu erreichen. Darüber hinaus gibt es verschiedene Angriffsmuster. Vec können euch temporär bewegungsunfähig machen oder sich gegenseitig schützen. Neue Vec erscheinen aus Löchern im Boden auf der Karte, es sei denn einer eurer Einheiten oder ein Vec blockiert das Feld.
Enormer Suchtfaktor
Alle Mechaniken von Into the Breach aufzuzählen würde den Rahmen dieses Tests um ein Vielfaches sprengen. Einzig die Konsequenz ist wichtig: Egal wie gut ihr es versucht, Into the Breach wird euch scheitern lassen. Oft. Denn viele Gameplay-Kniffe erlernt man erst richtig, wenn man zuvor mindestens einmal mit richtig viel Anlauf in das offene Messer gelaufen ist und damit spektakulär scheiterte.
Aber macht nix: Piloten mitnehmen, ab in den Breach, neuer Versuch. Diese Mechanik ist so süchtigmachend wie der Retry-Menüpunkt in Tony Hawk’s Pro Skater 2. Bis man irgendwann genug Erfahrung in den vielen gescheiterten Anläufen gesammelt hat, dass man plötzlich den perfekten Lauf hinlegt. Und dann auf die Uhr schaut und merkt, dass es schon 3 Uhr in der Früh ist.
Für noch mehr Spieltiefe sorgt eure Reputation, die ihr nach dem erfolgreichen Abschluss einer Insel im Shop gegen Goodies tauschen könnt. Im Angebot sind Power Cores und Waffen, die eure Mechs mit neuen Fähigkeiten ausstatten. Alternativ könnt ihr auch in euren Power Grid investieren, um für künftige Missionen besser aufgestellt zu sein. Into the Breach tut alles dafür, damit ihr euch in dem Spiel verliert.
Besonders herausfordernd dabei ist der knackige Schwierigkeitsgrad. Denn egal wie gut ihr spielt, es wird nie genug sein. Auch wenn die Optik zunächst den Eindruck eines locker-flockigen Advance Wars macht, ist Into the Breach tatsächlich mehr wie ein Puzzle-Spiel. Jede Runde einer Mission ist ein Puzzle, dass es zu lösen gilt. Danach kommt das nächste. Und danach noch eines, bis man am Ende gewinnt oder verliert. Und dabei kann es durchaus sein, dass sich keines der Puzzles perfekt lösen lässt. Euer Erfolg hängt zu jedem Zeitpunkt am seidenen Faden. Ein zu gleichen Teilen stressiger und motivierender Umstand und die beste Mischung die ein rundenbasiertes Strategiespiel erreichen kann. Bravo!
Fazit:
Into the Breach von Subset Games ist mit ziemlicher Sicherheit ihr nächster großer Hit nach Faster Than Light. Das Genre der Rundenstrategie bekommt unglaublich viel frischen Wind und genau wie bei FTL wird es in den nächsten Jahren auch hier viele Nachahmer geben, die sich die ein oder andere Mechanik von Into the Breach abschauen werden. Eine wirkliche Kracher-Wertung wird eigentlich nur von drei Dingen verhindert. Zunächst einmal spielen sich die verschiedenen Mech-Squads extrem unterschiedlich. Selbst wenn man mit dem Standard-Squad irgendwann mühelos durch die Missionen marschiert, wird man bei dem Wechsel auf ein neues Squad grandios scheitern und kann kaum etwas von dem bereits Erlernten anwenden. Hier wird das Spieldesign etwas ad absurdum geführt. Darüber hinaus ist der Pixel-Grafikstil wirklich relativ schlicht und wird nicht jeden Spielertypen ansprechen. Der letzte Kritikpunkt ist schlicht und ergreifend die Plattform. Bisher ist Into the Breach nur für Windows PC erhältlich. Viele weitere Systeme sollen bald folgen, doch bis dato gibt es keine Möglichkeit für Crossplay jeglicher Art. Das ist schade, denn oft grübelt man am PC minutenlang über seinen nächsten Zug und kann das Spiel dann nicht unterwegs fortführen. Davon ab ist Into the Breach für seine knapp 15 Euro aber nicht nur unverschämt günstig, sondern auch wegweisend für sein Genre.
So etwas würde ich gern abends auf dem Sofa daddeln, wenn TV oder Heimkino von der Family besetzt sind und man nicht allein im Arbeitszimmer am Rechner sitzen will ...
"Selbst wenn man mit dem Standard-Squad irgendwann mühelos durch die Missionen marschiert, wird man bei dem Wechsel auf ein neues Squad grandios scheitern und kann kaum etwas von dem bereits Erlernten anwenden."
Findest du tatsächlich ein Spiel wie Diablo besser wo einfach nur die Gegner mehr Lebenspunkte bekommen und mehr Schaden austeilen, sonst aber alles gleich bleibtr? Das finde ich z.B. langweilig. Für mich daher ein positiver Aspekt und kein negativer.
Kein Spiel hat mich in den letzten Jahren mehr gefesselt -> Note 10 (selbst Zelda, Hearthstone und SuperMario konnten da bei weitem nicht mithalten)
Natürlich kann man Punkte abziehen für "nur Windows-Version", Grafik oder das es manchmal sehr hart ist. Bei einer kleinen Spieleschmide und bei 15€ schaue ich aber gerne darüber hinweg. Bei dem Erfolg wird das sicherlich noch alles kommen. Für fehlende ingame Käufe gebe ich auch gerne 0,5 Punkte mehr. Insgesamt stören mich die Punkte beim Spielen einfach nicht.
Note 10 - 0,5 + 0,5 = Note 10!