Fe
Sing mir ein Lied
Anders als Zoinks bisherige Titel ist Fe ein 3D-Platformer mit einem starken Fokus auf dem Erkunden der Spielwelt. Nach der Installation einer rund 2GB großen Datei beginnt Fe mit einer sehr kurzen Videosequenz, die seltsame, bedrohlich wirkende Wesen zeigt, die in schwindelerregender Höhe über einen Wald hinwegrasen. Nur Sekunden später dürfen wir bereits die Kontrolle über unseren titelgebenden Hauptcharakter übernehmen. Das Waldwesen Fe ist ein schwarz-weißes Fantasiegeschöpf, eine eigentümliche Mischung aus Fuchs, Eichhörnchen, Stachelschwein und Vogel, die zunächst nur laufen und springen kann, im weiteren Spielverlauf allerdings noch andere Fertigkeiten erlernt. Fes interessantestes Merkmal ist zweifelsohne die Art und Weise, wie es mit anderen Waldtieren zu kommunizieren vermag. Durch Drücken des rechten Triggers beginnt Fe zu singen, wobei die Art des Gesangs davon abhängig ist, wie fest die Taste gedrückt wird. Ein ganz leichter Druck lässt Fe mit hoher, kindlicher Stimme brabbeln, mehr Druck lässt die Stimme dagegen anschwellen. Jedes Wesen, mit dem wir interagieren können, möchte eine ganz eigene Frequenz hören. Für manche Tiere müssen wir sogar neue Stimmen erlernen, von denen es insgesamt sechs Stück gibt. Waldbewohner, die sich zunächst scheu oder sogar feindselig zeigen, lassen sich durch den Gesang besänftigen und helfen uns auf unterschiedliche Art und Weise.
Die Gegner im Spiel werden „Geräuschlose“ genannt und sind bizarre Roboter, die sich sowohl auf zwei Beinen als auch auf allen Vieren wie übergroße Insekten durch den Wald bewegen, um Lebewesen zu jagen und in seltsamen Kokons gefangen zu halten. Weil Fe absoluter Pazifist ist, muss es an den Kreaturen vorbeischleichen oder alternative Wege ans Ziel finden. Gräser, deren Blätter wie die Stacheln auf Fes Rücken aussehen, bieten Versteckmöglichkeiten. Hin und wieder helfen außerdem Verbündete, die die Geräuschlosen aus dem Weg räumen können. Jeder Roboter verfügt über ein großes, leuchtendes Auge, dessen laserartiger Lichtkegel zu einer ernsten Gefahr für Fe werden kann. Wie bei einem schlechten Blind-Date bedeutet ein erster Blickkontakt häufig Game Over, wobei Fe dann einfach am letzten automatischen Speicherpunkt aufwacht. Letztere sind gerade in Gegenden mit vielen Geräuschlosen großzügig gesetzt und verhelfen dem Spiel zusammen mit der berechenbaren KI der Gegner zu einem eher niedrigen Schwierigkeitsgrad. Paradoxerweise sorgt ausgerechnet die Tatsache, dass Fe ausschließlich durch die Geräuschlosen ins Jenseits befördert werden kann, allerdings dafür, dass Spieler nicht zu unvorsichtig vorgehen sollten. Während ein unpräziser Sprung ins Leere in anderen Jump'n'Runs zu einem schnellen Tod führt, überlebt Fe selbst Stürze aus größter Höhe problemlos. Die sehr vertikal gestaltete Spielwelt bestraft den Spieler dann aber häufig mit langen Wegen zurück zum jeweiligen Punkt des Absturzes. Dies ist umso frustrierender, weil sich Fe zwar flott und insgesamt auch durchaus zweckmäßig, aber nicht immer mit höchster Präzision steuern lässt.
Der Weg ist das Ziel
Was genau die Geräuschlosen im Wald wollen, wird zunächst nicht verraten und auch später wird diese Frage nur zum Teil beantwortet. Mit Hilfe von seltsamen Edelsteinen, die wir an verschiedenen Orten finden, können wir bestimmte, mehr oder weniger interessante Ereignisse durch die Augen der Geräuschlosen verfolgen. Außerdem gibt es etliche Steintafeln mit leuchtenden Malereien, die ebenfalls zur Geschichte beitragen, die Story wird allerdings niemals sonderlich spannend oder gar komplex. Die Endsequenz wirft zudem mindestens so viele Fragen auf, wie sie beantwortet. Statt der Geschichte ist es so vor allem der Wunsch jeden Winkel der faszinierenden Spielwelt zu erforschen, der uns vorantreibt. Rosa Kristalle, mit denen wir neue Fähigkeiten freischalten können, belohnen unseren Entdeckerdrang.
Audiovisuell ist Fe ein absoluter Leckerbissen. Während sich die ersten Gebiete hauptsächlich in pastellfarbenen Blau-, Violett- und Pinktönen präsentieren, bieten die späteren Areale jeweils ein eigenes Farbschema. Gebiete mit mehr Gegnern setzen häufig auf warme Rot- und Orangetöne, ruhigere Landstriche dagegen eher auf kalte Farben. Ein sanfter Nebeleffekt lässt den Horizont verschwimmen, ein dunkler Himmel sorgt für eine dämmrige Atmosphäre. Das alles sieht einmalig aus, auch bedingt durch eine stark stilisierte, kristalline Darstellung sämtlicher Gegenstände. Screenshots werden dem Spiel nicht gerecht, in Bewegung sieht es einfach viel besser aus. Auch der ruhige, leicht melancholische Soundtrack spielt in der obersten Liga mit. Leider flacht das Gameplay zum Ende hin etwas ab. Bekannte Elemente wiederholen sich. Zwar motiviert die einzigartige Landschaft noch immer zum Weiterspielen, aber weitere, unterschiedlichere Fähigkeiten wären wünschenswert gewesen.
Perfektionisten, die wirklich jeden Kristall finden wollen, können die Spielzeit des ansonsten sechs bis sieben Stunden langen Spiels ordentlich strecken. Selbiges gilt für Abenteurer, die auf die grünen Zielmarkierungen in der Karte verzichten wollen. Praktisch ist hierbei, dass Fe durch längeres Gedrückthalten des Triggers einen kleinen Vogel rufen kann, der für eine kurze Zeit vor dem Waldwesen herfliegt und so den Weg zum nächsten Ziel offenbart.
Fazit:
Fe ist ein schöner Platformer mit wortwörtlich traumhafter Atmosphäre. Spielerisch erfindet es das Rad nicht neu und könnte vor allem gegen Ende etwas abwechslungsreicher sein, punktet aber mit einer außergewöhnlichen audiovisuellen Präsentation und einer Erzählweise, die ganz ohne traditionelle Sprache auskommt. EA darf ruhig öfter Risiken eingehen und experimentellen Projekten eine Chance geben, wenn wir dafür mit solchen Spielen belohnt werden.
Von uns getestet: PlayStation-4-Version