Dragon Quest Builders
Die Dragon-Quest-Serie hat seit ihrer Entstehung vor über 30 Jahren auf dem Famicom nicht nur inzwischen elf Einträge in der Hauptreihe zu verzeichnen, sondern auch unzählige Spinoffs. Beispiele gefällig? Da wäre die Pokémon-ähnliche Monsters-Reihe, das Wii-Fuchtelspiel Dragon Quest Swords oder die beiden Dragon-Quest-Heroes-Ableger, die ähnlich wie Hyrule Warriors und Fire Emblem Warriors Elemente des Franchise mit dem Gameplay von KoeiTecmos Dynasty-Warriors-Titeln verbinden. Ein weiteres kurioses Spinoff kam im Herbst 2016 mit Dragon Quest Builders auf die PlayStation 4 und PlayStation Vita. Nun dürfen auch Switch-Besitzer ranklotzen und Alefgard nach dessen Zerstörung durch den Drachenfürsten neu aufbauen. Doch was ist ein „Alefgard“ und wieso hat man nicht einfach in Zusammenarbeit mit SquareEnix einen Dragon-Quest-Skin für Minecraft herausgebracht?
Minecraft Story Mode?
Der größte Unterschied zwischen Dragon Quest Builders und seinem Gameplay-Vetter von Mojang sticht schon ins Auge, bevor das Spiel richtig losgeht. Hier werdet ihr nicht in eine zufallsgenerierte Blockwelt geworfen und eurem Schicksal überlassen, sondern erfahrt erst einmal in einer Cutscene, was Sache ist: Der Drachenfürst, seines Zeichens Anführer der Monster und Endboss aus dem ersten Dragon-Quest-Abenteuer, hat den legendären Helden, der auserkoren war, das Land Alefgard zu retten, hinters Licht geführt und somit die Welt in Finsternis gestürzt. Die Monsterhorden griffen daraufhin unentwegt alle Siedlungen des Landes an und zerstörten alles, was ihnen in die Quere kam. Der mit allen Wassern gewaschene Drachenfürst hatte aber noch ein weiteres Ass im Ärmel und raubte der Menschheit die Fähigkeit des Erschaffens. Ohne eine Möglichkeit, die durch die Monster beschädigten Mauern zu reparieren, verfielen nach und nach alle Städte Alefgards zu Ruinen und die Überlebenden verstreuten sich in alle Winde. Die Göttin des Landes Rubiss weckt euch zu Beginn des Spiels auf und erklärt euch eure Mission: Ihr seid der legendäre Erbauer, der letzte Mensch mit der Fähigkeit des Erschaffens! Unter euch soll Alefgard neu aufgebaut, neue Hoffnung geschöpft und die Ankunft eines neuen Helden vorbereitet werden, der dem Drachenfürsten ein für alle Mal den Garaus macht.
Freiheit in Maßen
Dragon Quest Builders ist in erster Linie ein typisches lineares JRPG. Die aus Blöcken aufgebaute Spielwelt von Alefgard ist in verschiedene voneinander getrennte Bereiche aufgeteilt, die durch Portale miteinander verbunden sind, die im Laufe des Spiels freigeschaltet werden. Jedes Kapitel beginnt damit, dass ihr eine der Ruinen der ehemaligen Städte von Alefgard aufsucht. Dort beginnt ihr mit den Aufbauarbeiten und lockt somit im Laufe der Zeit immer mehr Überlebende zu euch, die interessante Geschichten zu erzählen und Ideen für Werkzeuge, Bauanleitungen oder andere nützliche Hinweise auf Lager haben. Mit den entsprechenden Werkzeugen lassen sich Blöcke aus Erde, Stein oder anderen Materialien nun kaputthauen und ins Inventar aufnehmen, sodass ihr sie an anderer Stelle wieder platzieren oder zu neuen Werkzeugen oder anderen Materialien verarbeiten könnt.
Natürlich haben die neuen Bewohner eurer Städte aber auch Bitten und übertragen euch liebend gerne diverse Aufgaben, die vom Bauen eines bestimmten Raumes nach genauer Anleitung über die Beschaffung einiger Items bis hin zum Bezwingen diverser Feinde reicht. Wie ihr eure Stadt gestaltet, ist komplett euch überlassen, allerdings gibt es einige sehr nützliche Räume, deren Erbauung empfehlenswert ist: In einer Küche kochen NPCs nämlich hin und wieder Essen für euch, womit ihr eurem Hunger entgegenwirken könnt und in einer Werkstatt stellen sie eigenständig Baustoffe und Dekogegenstände her. Gehen euch die Materialien einmal zur Neige oder verspürt ihr Abenteuerdrang, steht euch die Wildnis Alefgards jederzeit zur Verfügung. Monster wollen bezwungen, Erze geschürft und Bäume abgeholzt werden. Fast alles in der Spielwelt lässt sich abbauen und weiterverarbeiten, so wie man es von Minecraft kennt. Die weitläufigen Areale sind jedoch im Gegensatz zum großen Vorbild nicht zufallsgeneriert, sondern von Hand erstellt worden und belohnen besonders sorgfältige Abenteurer an entlegenen oder schwer erreichbaren Stellen mit Schatztruhen, seltenen Gegnern oder optionalen Sidequests. Die Linearität der Story steht eurem Entdeckerdrang somit nicht im Wege, ihr habt jederzeit die Wahl, weiter die Hauptquests abzuarbeiten, eurer Kreativität in der Stadt freien Lauf zu lassen oder einfach nur mit offenen Augen durch eine schön designte Blockwelt zu wandern.
Das Kampfsystem ist recht simpel und erinnert an das alter 2D-Zeldas. Habt ihr eine Waffe gebaut und ausgerüstet, könnt ihr sie auf Knopfdruck schwingen, recht früh im Spiel erlernt ihr sogar Links Wirbelattacke. Auf eure Ausrüstung müsst ihr wie auch Link in seinem neuesten Abenteuer ein Auge haben, denn nichts ist von Dauer und Waffen sowie Rüstungen nutzen sich mit der Zeit ab. Habt ihr alle Hauptaufträge eines Kapitels erfüllt, stellt sich euch ein imposanter Bossgegner in den Weg, bei dem ihr meist die in diesem Kapitel gebauten Waffen und Verteidigungsanlagen taktisch klug einsetzen müsst, um zu bestehen. Geht ihr siegreich aus dem Kampf hervor, könnt ihr durch ein Portal ins nächste Kapitel gelangen. Dabei wird ein neuer Speicherpunkt angelegt und ihr verliert alle Gegenstände, die ihr gesammelt habt. Auch eine Rückkehr in die Stadt des beendeten Kapitels ist nur über das Laden eines älteren Savefiles möglich. Jedes der vier Kapitel stellt somit ein eigenes kleines Spiel dar, die über die Rahmenhandlung und das Gameplay miteinander verknüpft sind. Die Szenerie sowie die Gegner und die Minigeschichten innerhalb der Kapitel sind dabei abwechslungsreich gestaltet, sodass ihr auch weit nach der Hälfte der Kampagne noch viele neue Dinge entdeckt.
In der Haut des Erbauers
Euren Charakter erstellt ihr zu Beginn des Spiels, jedoch lässt er sich auch noch nachträglich verändern. Dabei könnt ihr Name, Geschlecht, Haut- und Haarfarbe festlegen, viel mehr aber auch nicht.
Trotz der vielen RPG-Elemente, die dieses Spiel besitzt, hat euer Charakter bis auf seine HP- und eine Hungerleiste keine verbesserbaren Stats, geschweige denn ein Level. Eure Stärke und Verteidigung rührt lediglich von eurer Ausrüstung her, sodass ihr stets darauf bedacht sein solltet, die bestmöglichen Varianten herzustellen und zu tragen. Die HP-Leiste lässt sich durch Lebenssamen erhöhen, die man entweder durch Abschluss mancher Quests bekommt oder in gut versteckten oder bewachten Schatztruhen in Alefgard findet. Da jedes Kapitel ein kleiner Neustart ist, fangt ihr aber auch jedes Mal wieder mit der minimalen HP-Anzahl an.
Euer Charakter ist, wie alle anderen Menschen in diesem Spiel, im Chibi-Style gehalten, also mit relativ großem Kopf und eher kleinem Körper mit kurzen Gliedmaßen. Auch die Gegner und Umgebungen sind eher niedlich und farbenfroh gehalten und lassen einmal mehr den Charme des Artdesigners Akira Toriyama (Dragon Ball) spüren. Musikalisch wird das Spiel komplett von neu arrangierten alten Stücken des Dragon-Quest-Komponisten Koichi Sugiyama untermalt, welche ungemein zur Atmosphäre beitragen und bei Dragon-Quest-Fans wie so viele andere Details des Spiels für Nostalgie sorgen. Eine Sprachausgabe gibt es klassischerweise auch nicht, alle Gespräche werden in Textform dargestellt und sprühen vor Charme und Witz.
Sidequests und eine ganz neue Welt
Neben den obligatorischen Quests, die man zum Beenden der Story abschließen muss, gibt es haufenweise zu tun in Dragon Quest Builders. Die riesigen Welten laden zum Erkunden ein, viele NPCs haben Wünsche, die es zu erfüllen gilt und nach Abschluss eines Kapitels kann man dieses immer wieder besuchen oder von vorne beginnen, um Kapitel-spezifische Herausforderungen anzugehen. Diese fordern von euch, dass ihr ganz bestimmte Räume gebaut, Gegner besiegt oder Nebenquests absolviert habt. Während die Hauptstory geübte Zocker nur selten fordern wird, können diese Herausforderungen bisweilen auch wirklich herausfordernd sein. Ein virtuelles Ableben wird übrigens nicht sonderlich hart bestraft. Man wird zurück in die Stadt teleportiert und verliert ein paar Gegenstände aus dem Inventar. Diese liegen dann am Tatort zur Abholung bereit, sodass ihr euch euren Kram sogar wieder schnappen könnt.
Abseits vom Storymodus gibt es jedoch eine völlig neue Welt zu entdecken – die sogenannte Terra Incognita. In diesem „Minecraft-Modus“ wird euch eine große, weitläufige Welt zum Erkunden geboten, die frei von Quests ist. In einer Art Hub-Welt könnt ihr euch austoben und Häuser, Schlösser und ganze Städte nach Belieben bauen und über Portale lassen sich nach und nach im Storymodus freigeschaltete Gebiete erreichen, die vollgestopft mit neuen Monstern und Materialien sind. Einen echten Online-Multiplayer gibt es auch in diesem Modus nicht, allerdings könnt ihr eure Gebäude auf speziell dafür vorgesehenen Feldern bauen und somit anderen Spielern zugänglich machen und euch auch die Kreationen anderer ansehen. Des Weiteren gibt es auf Terra Incognita die Möglichkeit, an speziellen Kampfherausforderungen gegen Monsterhorden teilzunehmen.
Wie gemacht für die Switch
Der Port der PS4-Version von Dragon Quest Builders auf die technisch schwächere Nintendo Switch ist gut gelungen und lässt kaum Wünsche offen. Im TV-Modus läuft das Spiel flüssig bei 60 Bildern pro Sekunde mit einer Auflösung von 720p. Im Handheldmodus wird die Bildfrequenz auf 30 gesenkt. Kleine Unterschiede in der Texturqualität sind bei genauem Hinsehen erkennbar, fallen im Spiel aber nicht wirklich auf und bis auf ein paar wenige Ruckler in stark bewaldeten Gegenden im Handheldmodus läuft das Spiel durchweg flüssig. Die Nintendo-Switch-Version hat zudem ein paar exklusive Goodies spendiert bekommen, die Terra Incognita betreffen: Bei eurem ersten Besuch der Insel trefft ihr auf eine kleine Säbelzahnkatze, die von Monstern angegriffen wird. Beschützt ihr das arme Tier, schließt es sich euch an.
Fortan könnt ihr es im Free-Build-Modus jederzeit mit auf Erkundungstour nehmen, auf ihm reiten und von seiner hohen Laufgeschwindigkeit, Sprunghöhe und Angriffskraft profitieren. Springt ihr außerdem mit eurer Säbelzahnkatze auf Gegner, lassen sie spezielle Blöcke fallen, aus denen ihr Pixelfiguren basteln könnt, mit denen ihr quasi Szenen aus dem ersten Dragon Quest Abenteuer „nachbauen“ könnt. Zusätzlich verbindet die Nintendo-Switch-Version von Dragon Quest Builders die Tragbarkeit der Vita-Version mit der HD-Grafik und der Möglichkeit, am TV spielen zu können. Das ist insofern ein großer Gewinn, als dass die Sony-Varianten keine Cross-Save-Möglichkeit besitzen. Ob unterwegs oder daheim am TV – ihr könnt Alefgard wiederaufbauen, wann, wo und wie ihr wollt!
Fazit:
„Das ist doch bloß Minecraft mit Dragon-Quest-Skin!“ sind wahrscheinlich die ersten Gedanken, die einem jeden von euch durch den Kopf gegangen sind, als ihr Screenshots und Gameplaymaterial von Dragon Quest Builders gesehen habt. Auch lassen sich gewisse Parallelen zum damals etwa zeitgleich erschienenen Indie-Sandboxspiel Portal Knights nicht von der Hand weisen. Mit seinem ganz eigenen Charme und seinem größeren Fokus auf der Erzählung einer Geschichte mausert sich das Dragon-Quest-Spinoff jedoch von einem „weiteren Klötzchenbauspiel“ zu einem Must-Have für Dragon-Quest-Fans und allen, die gern ein wenig kreativ sind, aber trotzdem ein paar klare vorgegebene Ziele begrüßen.
Wird mein erster Titel der Dragon Quest-Reihe. Ich hoffe, es schadet der Reihe nicht, wenn ich mit einem Spin Off einsteige. :)
Ich kann mich Deniz hier halt nur anschließen, es ist einfach ein geiles Spiel und ich habe es nicht grundlos für Nintendo Switch vorbestellt, OBWOHL ich es halt schon auf der PS4 gespielt habe... man beneidet ihn doch ein wenig um sein Rezessionsexemplar.
Was Deniz übrigens (soweit ich es beim überfliegen dieser Rezension mitbekommen habe) gar nicht erwähnt hat, Dragon Quest Builders benötigt nicht einmal ganz einen Gigabyte Speicherplatz, also Freunde des freien kreativen bauens, die immer, überall und jederzeit zocken wollen, können selbst bei dem schmächtigen internen Speicher der Switch guten Gewissens über einen Download nachdenken.