Test

Ittle Dew 2+

Von Stefan Finke am 24.11.2017

Shigeru Miyamoto ist eines Tages durch die Gegend gelaufen, fand einen See und war direkt inspiriert: So ist die Idee für Zelda entstanden. Ein Spaziergang, dessen Auswirkungen sich so tief in der Videospielgeschichte verwurzelt haben, dass es heute wohl kaum jemanden mehr gibt, der die Zelda-Serie nicht kennt. Und obwohl Nintendo neuerdings mit A Link between Worlds und Breath of the Wild zurück zu seinen Wurzeln gefunden hat, verblieben wir über 20 Jahre ohne ein Action-Adventure, welches die gleiche Freiheit bot wie The Legend of Zelda für das Nintendo Entertainment System. Vielleicht auch aus diesem Grund machten es sich einige schwedische Entwickler zur Aufgabe, die Fackel wieder aufzunehmen und ein Spiel mit einem ähnlichen Geist zu entwickeln. Ein Spiel, in dem der Spieler lediglich über einen kleinen Stock zur Selbstverteidigung verfügt und ansonsten immer der Nase nach in alle vier Himmelsrichtungen laufen kann. Dieses Spiel heißt Ittle Dew.

Barfuß und keck!

In diesem Review geht es jedoch um den Switch-Port des Nachfolgers, welcher in vielerlei Hinsicht eine natürliche und logische Entwicklung seines Vorgängers darstellt. Ittle Dew 2+ lässt euch in die Schuhe, besser gesagt in die Barfüßigkeit, der kleinen Abenteurerin Ittle schlüpfen, die von ihrer kleinen Fuchsfee Tippsie begleitet wird. Diese beiden haben es faustdick hinter den Ohren und kennen sich bereits mit all den Tücken aus, die man gezwungenermaßen erlebt, wenn man durch ein typisches 2D-Zelda-Abenteuer geschickt wird. Wer den Vorgänger jedoch zuvor nicht gespielt hat, wird von den satirisch geprägten Dialogen vermutlich zunächst ein wenig erschlagen und hat vielleicht noch nicht ganz den Zugang zu den Persönlichkeiten der beiden Charaktere, die eigentlich ganz witzig sein sollen. Jedoch etabliert sich das Spiel dann sehr schnell als eine Parodie zu Zelda, in der das Zerschlagen von Töpfen und das Erforschen von acht Verliesen nicht nur zum Königssport wird, sondern auch den Humor des Spiels antreibt. Wer sich mit dem kunterbunten, aber auch schrägen Humor anfreunden kann, wird sicherlich häufiger mal Schmunzeln und sich als Zelda-Spieler vollstens angesprochen fühlen. Für alle anderen könnten die kurzlebigen Kommentaren von Tippsie aber auch recht schnell zum großen Nervfaktor werden.


Beim Gameplay bleibt Ittle Dew 2+ sehr fokussiert. Ohne eine große Einweisung werdet ihr in eine Welt geworfen und habt lediglich einen Stock dabei, um euch zu verteidigen. In welche Richtung ihr geht ist stets eure Entscheidung; und darin liegt auch der größte Reiz des Spiels. Das Spiel atmet förmlich Freiheit und versucht dies in seinem gesamten Design mit einzubinden. Bis auf den finalen achten Dungeon könnt ihr alle anderen sieben Dungeons daher in einer beliebigen Reihenfolge erledigen. Ihr braucht dazu nämlich keine spezifischen Gegenstände oder Upgrades. Dies gilt zudem auch für alle anderen Rätsel, die ihr in manch einer Höhle zu erledigen habt. Die Dungeons haben alle jedoch einen zunehmenden Schwierigkeitsgrad und solltet ihr euch zu früh im Spiel beispielsweise in Dungeon 7 wiederfinden, kann es schon mal sehr schwierig für euch werden. Aber auch hier hat das Spiel prinzipiell vorgesorgt. Ein (auf Wunsch aber auch ausstellbarer) Mapmarker verrät euch immer den Ort des nächsten Dungeons. Das hilft euch die Dungeons in ihrer regulären Nummerierung zu erledigen und somit auch eine natürliche Steigerung des Schwierigkeitsgrad zu erleben. Solltet ihr euch der Herausforderung dennoch stellen, müsst ihr dies nicht zwangsläufig bereuen. Wenn ihr in einem Dungeon einmal zu Boden geht, dann startet ihr direkt am Anfang des Dungeons wieder und könnt innerhalb kürzester Zeit erneut zum Raum gelangen, in dem ihr euer Leben gelassen habt.

Die Entwickler haben sich zudem viele Gedanken gemacht und eine Vielzahl an Rätsel erschaffen, die gleichermaßen interessant und flexibel sind, sodass ihr diese zu fast jeden Zeitpunkt des Spiels mit ein wenig Grips bewältigen könnt. Die Entwickler von Ludosity waren an dieser Stelle aber noch nicht fertig. Solltet ihr gewisse Gegenstände und Fähigkeiten bereits erlangt haben, könnt ihr viele Puzzles auf unkonventionelle Art und Weise lösen und sogar Geheimwege erschließen und somit Dungeons viel schneller und effizienter abschließen. Wer also lange auf der Oberwelt auf Erkundungstour unterwegs war und vielleicht ein späteren Dungeon zu einem viel früheren Zeitpunkt abgeschlossen hat, der wird gänzlich neue Optionen haben und durch kreative Freiheit seinen ganz eigenen Weg durch die Welt und Dungeons von Ittle Dew 2+ finden. Hier liegt die größte Stärke des Spiels.

Retro ist leider nicht alles

Leider liegt in dieser Flexibilität zeitgleich auch die größte Schwäche des Spiels. Sowohl die sich euch in den Weg stellenden Gegner als auch die Rätsel bieten insgesamt nicht sonderlich viel Abwechslung und sind zugunsten der Flexibilität relativ gleichartig. Die Puzzles beschränken sich auf Schiebe- und Schalterrätsel in ihrer reinsten Form. Auch wenn sich die einzelnen Dungeons thematisch unterscheiden, werdet ihr in einem Feuerdungeon nicht viel anderes tun als z.B. in einem Piratendungeon. Ihr werdet in neuen Umgebungen immer noch die gleichen Schalter betätigen und die gleichen Schiebesteine durch die Gegend rücken. Hier verblasst Ittle Dew 2+ deutlich gegenüber einem „A Link between Worlds“, in dem jeder Dungeon auch die Rätsel und Navigation mit seinem Thema vereint und dem Spieler viel mehr Verspieltheit erlaubt, da ihr für den Lösungsweg theoretisch mit über 10 Gegenständen im Gepäck herumspielen könnt.

Die Simplizität hört jedoch leider nicht bei den Puzzles auf, auch das Kämpfen in Ittle Dew 2+ gestaltet sich recht monoton und auf Dauer wenig spaßig. Viele Gegner sind mit einigen Stockhieben bezwungen, andere müssen teilweise aber viele, viele Male getroffen werden. Durch den Rückstoß müsst ihr euch häufig wieder neu positionieren und könnt nicht nach Herzenslust drauf losknüppeln, ohne euch dabei möglicherweise selbst umzubringen. Spätere Gegner werden zudem auf eine eher nervige Art und Weise schwerer. Viele Gegner neigen nämlich dazu, den Bildschirm mit Projektilen zu füllen, die euch mit Zielflug verfolgen. Da ihr aber über keinen Schild verfügt, müsst ihr euren im Spielverlauf erhaltenen Zauberstab verwenden, um ein Projektil zu reflektieren. Da die Projektile jedoch in größerer Menge auf euch zukommen, reicht dies häufig nicht aus. Auch die Ausweichrolle ist zu kurz geraten, um nach dem Reflektieren auch noch dem zweiten Projektil auszuweichen. Unweigerlich muss man so einigen Schaden durch diese Projektile also in Kauf nehmen. Das ist nicht nur frustrierend, sondern zudem auch noch langweilig. Die Schiebe- und Schalterrätsel mögen trotz ihrer Simplizität noch Spaß machen, aber Gegner und Bosskämpfe verbleiben aufgrund ihrer Einschränkungen einfach belanglos und uninteressant.

Grafisch präsentiert sich Ittle Dew 2+ mit sehr viel Charme. Die Umgebung zeigt sich sich mit starken Konturen und knalligen Farben und hat so manches Detail für den aufmerksamen Erkunder versteckt. Einige der Gegner sehen urkomisch aus und wenn ein Macho-Kaktus dann mal seine Muskeln präsentiert und dabei sein männliches Grunzen preisgibt, dann hat das schon sehr viel Charme. Gleiches kann leider nicht über die Musik gesagt werden. Die Musik verbleibt bei belanglosem Geklimpere, welches zwar ab und zu ganz niedlich klingt, aber dem Spiel keine eigene Identität verschafft. Das Spiel steuert sich dafür prinzipiell prima und nur selten kommt es dazu, dass präzise Winkel gefordert werden, die in der Tat manchmal schwer mit dem Controlstick zu erreichen sind. Die Karte kann zudem über den Minus-Knopf geöffnet werden, was im Handheld-Modus ein wenig unbequem ist, das Spielgefühl wird dadurch aber natürlich nicht gestört. Sehr gut ist, dass gleich mehrere Spielstände angelegt werden können. Zudem kann auch ein Spielzeit-Timer angezeigt werden, was für diejenigen interessant sein sollte, die das Spiel in kürzester Zeit abschließen und dabei die flexiblen Abkürzungen nutzen wollen. Unverständlich ist jedoch der Kostenpunkt des Switch-Ports. Sein Vorgänger, Ittle Dew, kostete damals einen Zehner, der Nachfolger dann schon 20 Euro auf Steam. Wenn ihr Ittle Dew 2+ auf Switch spielen wollt, müsst ihr nun jedoch 30 Euro aus den Taschen ziehen. Selbst wenn ihr Ittle Dew 2+ langsam spielt und dabei fast alle Geheimnisse lüftet, solltet ihr dennoch nicht über vier bis fünf Spielstunden kommen. Das Spiel fordert euch zusätzlich heraus alle geheimen Splitter zu finden und bietet zudem mit der Switch-Version die Dream-World Kampagne an, die nochmals über fünf Dungeons verfügt. Das bringt zwar nochmals ein bisschen mehr Spielzeit auf den Tisch, aber wenn ihr bereits A Link between Worlds für 20 Euro auf Amazon bekommt, welches im direkten Vergleich mit viel kreativeren Ideen, einer Story und interessanterem Gameplay auftischt, dann stimmt das Preis-Leistungs-Verhältnis einfach nicht mehr.

Fazit:

Jeder der The Legend of Zelda wegen seiner Non-Linearität geliebt hat, der wird auch große Freude an Ittle Dew 2+ haben. Die Welt steht euch prinzipiell nach Belieben offen und wer Lust und Laune hat, bis zu hundert verschiedene versteckte Pfade und Eingänge zu finden, der wird von Ittle Dew 2+ Spiel bestens bedient. Zudem versprüht das Spiel sehr viel Charme und Selbstironie. Dennoch gibt es auch einiges zu bemängeln. Ittle Dew 2+ hat sich zugunsten seiner Inspirationsquelle zu sehr eingeschränkt und liefert an den falschen Stellen eine Simplizität ab, die besser mit interessantem und inspiriertem Gameplay hätte gefüllt werden müssen. Die Rätselformen wiederholen sich zu schnell und insbesondere die Kämpfe langweilen nach kurzer Zeit. Hinzu kommt der hohe Preis, mit dem die Switch-Version zu Buche schlägt. Das Preis-Leistungs-Verhältnis stimmt dadurch nicht mehr. Nach ungefähr 20 Minuten Spielzeit habt ihr prinzipiell nämlich bereits erschöpft, was das Spiel gameplaytechnisch an Variation zu bieten hat. Aufgrund des insgesamt moderaten Schwierigkeitsgrades sollten halbwegs geübte Spieler zudem nicht länger als vier bis fünf Spielstunden brauchen, bis sie den Abspann sehen.

Unsere Wertung:
7.0
Stefan Finke meint: "Zelda 1 wurde großartig aufgegriffen, jedoch mangelt es dem Spiel an Tiefe und Abwechsung."
Ittle Dew 2+ erscheint für PC und PlayStation 4 und Nintendo Switch und XBox One. Wir haben die Version für PC getestet.
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2 Kommentare:
Farbi11)
Farbi11
Am 24.11.2017 um 16:40
Ist demnach Teil 1 eher zu empfehlen oder hat der die gleichen Schwächen?
Nakuri)
Nakuri
Am 24.11.2017 um 17:20
Wäre definitiv eine Idee um kostengünstiger eine Kostprobe zu bekommen. Ich habe den ersten Teil nicht gespielt, aber nach meiner Recherche erscheint mir, dass der erste Teil doch eher ähnlich zum zweiten Teil ist.
mowowo)
mowowo
Am 26.11.2017 um 12:50
wurde sehr enttäuscht - ist n guter Z1 klon, aber nicht mehr. 20 Euro dafür ist frech. wer überlegt, würde nur zuschlagen falls mal sale für 2.50 - 5 Euro ...