NplusX-Retro: 15 Jahre Metroid Prime
Wer sich Listen anschaut, auf denen irgendwer die besten Spiele aller Zeiten zusammenstellt, der wird irgendwo dort oben immer ein Spiel wiederfinden: Metroid Prime. Die geniale Neuerfindung von Nintendos klassischer Action-Serie hat noch heute Legendenstatus. Heute feiert sie ihren 15. Geburtstag.
Ich weiß noch, wie ich mich als Zwölfjähriger gegruselt habe, als plötzlich auf der Basis der Weltraumpiraten das Licht ausgefallen ist; als die dramatischen E-Gitarrenriffs einen Überfall ankündigten. Oder als ich über blau glühende Phazon-Felder an gefräßigen Metroids vorbeigesprungen bin, die bedrohlich im Dunklen kreischten. Wie ich gierig die Welt abgescannt habe, immer auf der Suche nach dem einen Fitzel Story, das ich noch nicht kenne.
Metroid Prime war ein verdammt gutes Spiel. Es ist der Grund, warum die Retro Studios auch 15 Jahre später bei vielen Fans noch als Heilsbringer gelten. Obwohl die verantwortlichen Leute, die Metroid Prime entwickelt haben, dort längst nicht mehr arbeiten. Und obwohl für Retro nach Metroid Prime 3 nur noch Jump & Runs und Auftragsarbeiten kamen.
Nicht nur Super Metroid in 3D
Metroid Prime hat etwas geschafft, was nur wenige Spiele schaffen: ein klassisches 2D-Prinzip so in 3D übersetzt, dass es sich gleichermaßen vertraut und doch neu anfühlt. Sicherlich: Das grundlegende Spielprinzip ähnelt dem von Super Metroid sehr. Samus Aran ist allein auf einem Planeten und muss sich mächtige Ausrüstung zusammensuchen, um neue Gebiete zu erschließen. Doch wie das Spiel die verschiedenen Wege in der Spielwelt miteinander verknüpfte und wie glaubwürdig es die einzelnen Regionen darstellte – brillant.
Die größte und bedeutendste Neuerung war sicherlich der Wechsel zur First-Person-Perspektive, die den Spieler auf ungeahnte Weise ins Alien-Abenteuer zog. Grafisch spielten die Entwickler mit dem Visier, indem sie Kondenstropfen oder Alienschleim darauf projizierten. Vor allem nutzten sie die Perspektive aber spielerisch; für Filter, die sie übers Bild legten, um bestimmte Punkte hervorzuheben oder neue Wege aufzuzeigen: die Visoren.
Der Scan-Visor hat die Art und Weise verändert, wie Metroid seine Geschichte erzählt. In früheren Metroids spielte sich die Geschichte maßgeblich im Kopf des Spielers ab, das Spiel selbst hat so gut wie keine Impulse gegeben, höchstens am Anfang und am Ende. Auch Metroid Prime hat die Spieler nicht dauernd mit fertig vorgescripteten Filmsequenzen zugeballert, die jeden Interpretationsspielraum verriegelt hätten. Stattdessen überließen die Entwickler es den Spielern mit dem Scan-Visor selbst, wie viel Story sie wirklich lesen möchten, wie viele Logbucheinträge der Weltraumpiraten oder der Chozo sie studieren wollen.
Zwei Nachfolger, jeder eigenständig
Metroid Prime war inhaltlich abgeschlossen – aber so gut und so erfolgreich, dass die Entwickler ganz am Ende eine Tür offen ließen, um ihre Geschichte weiterzuerzählen. Und so erschien zwei Jahre später Metroid Prime 2: Echoes. Anstatt die bereits entwickelten Assets des Erstlings einfach weiterzuverwenden und einen klassischen Nachfolger zu entwickeln, entschieden sich die Entwickler für einen anderen Ansatz. Sie entwickelten eine ganz neue Storyline, neue Gameplay-Elemente und schufen eine Metroid-Welt, die auf dem Wechsel zwischen Hell und Dunkel basierte.
Früh im Spiel erhielt der Spieler zwei neue Beams, den Light und den Dark Beam, die (zum Leidwesen mancher Trigger-Happy-Spieler) Munition benötigten. Im ständigen Wechsel zwischen dem hellen Aether und seinem dunklen Spiegelbild versetzten die Entwickler ihre Spieler in eine ganz ungewohnte Situation: Die allmächtige Weltraumamazone Samus Aran war verwundbar, konnte in der vergifteten Atmosphäre des Dunklen Aethers nicht überleben, musste mit ständigem Energieverlust klarkommen.
Geschickt woben die Retro-Entwickler Metroid Prime 2: Echoes zudem in ihre Subserie ein: Zwar spielte die rahmengebende Phazon-Verseuchung nur eine untergeordnete Rolle, setzte aber dennoch den Rahmen für das Serienfinale. Denn das giftige Element, das schon Tallon IV korrumpiert hatte, war auch für den Dimensionsriss auf dem Aether verantwortlich. Und nicht zuletzt für die Geburt von Dark Samus, dem wesentlichen Feind von Prime 2 und 3.
Generationen- und Zeitenwechsel
Der Wechsel auf die Wii-Konsole brachte Metroid Prime nicht nur neue Hardware, sondern auch einen neuen spielerischen Ansatz: Zum ersten Mal bekam es der Spieler direkt mit der Zivilisation der intergalaktischen Gemeinde zu tun. Für Metroid war das eine Zäsur. Schließlich hatte das Spielprinzip zuvor immer darauf basiert, einsam auf einem fremden Planeten, ganz auf sich alleingestellt zu sein.
Doch das Jahr 2007 war spielerisch auch ein gänzlich anderes als das Jahr 2002. First-Person-Shooter waren mittlerweile nicht mehr exotisch, sondern eher die Regel. Call of Duty, Medal of Honor und wie sie alle hießen, begannen, den Markt zu erobern. Und Metroid Prime 3: Corruption fügte sich diesem Trend: mit einer noch bombastischeren Inszenierung, mit noch mehr Action und noch mehr Ausrufezeichen. Es war sozusagen die Amerikanisierung von Metroid. Manch einer sagt heute: Vielleicht hat das Spiel seine Metroid-Wurzeln im dritten Teil ein wenig vergessen, vielleicht war alles ein wenig zu viel. Andere haben sich vor allem über die Weiterentwicklung gefreut und sich an der neuen Wii-Pointer-Steuerung ergötzt.
Da gab’s doch noch was?
Die drei Metroid Prime-Hauptspiele sind zweifellos das, was man sich heute unter Metroid Prime vorstellt. Doch Nintendo hat die Subserie auch immer wieder erweitert, etwa mit dem Nintendo DS-Shooter Metroid Prime: Hunters, der die Grundlagen des Multiplayer-Modus von Teil 2 aufgriff und wiederum selbst die Basis für die Kopfgeldjäger aus Teil 3 legte. Das Spiel sah die Metroid-typische Kampagne eher als Training und legte den Schwerpunkt auf schnelle Multiplayer-Gefechte in unterschiedlichen Rollen und mit verschiedenen Waffen - übrigens mit Online-Modus. Es war damit eines der ersten Nintendo-Spiele, die man über das Internet spielen konnte.
Ganz ähnlich präsentierte sich Metroid Prime: Federation Force, der aktuell jüngste Metroid Prime-Titel für den Nintendo 3DS. Rückblickend muss man wohl sagen, dass die Metroid-Marke dem Multilplayer-Shooter eher geschadet hatte. Denn Samus Aran kam im Spiel gar nicht vor; klassisches Metroid-Gameplay genauso wenig. Neun Jahre nach Metroid Prime 3 hatten Fans sich einfach etwas anderes erhofft. Der Preis für den skurrilsten Prime-Titel geht zweifellos aber an Metroid Prime Pinball von 2005: eine Flippertischsammlung, die Ereignisse und Gameplay-Formate des GameCube-Neulings nachspielte.
Nicht zu vergessen ist auch die Neuauflage für Wii; die Metroid Prime-Trilogy. Die drei Blockbuster fanden sich hier auf einer Disc vereint, alle erweitert um die Wii-Steuerung per Pointer. Dieses direkte Zielen hat viel Lob erhalten und ist bei Nintendo noch heute erhalten geblieben – man denke nur daran, dass in Spielen wie Splatoon Bewegungssteuerung die Standardeingabe zum Zielen ist. Mit drei so hochklassigen Spielen ist die Metroid Prime Trilogy noch heute eines der besten Pakete aller Zeiten – im freien Handel aber kaum noch zu bekommen.
Und jetzt …?
Es ist immer noch ein bisschen unwirklich, dass dieser Artikel zu seinem Ende noch den Dreh vom reinen Nostalgiestück zur Vorschau bekommt. Schließlich hat Nintendo auf der E3 im Juni tatsächlich angekündigt: Es geht weiter. Metroid Prime 4 wird jetzt gerade, JETZT, irgendwo entwickelt. Und zwar bei Nintendo in Kyoto (und nicht etwa bei den Retro Studios in Texas).
Worum es in dem neuen Switch-Spiel gehen wird, das Fans wohl noch nicht 2018, sondern frühestens 2019 zu sehen bekommen, ist noch völlig unklar. Denkbar sind zumindest neue technische Dimensionen: Nintendo könnte beispielsweise eine offene Spielwelt integrieren, wie sie heute so weit verbreitet sind. Sie könnte das Gefühl, einen zusammenhängenden Planeten zu erkunden, auf die Spitze treiben. Doch im Kern bleibt die Richtung des Projekts völlig unklar. Ob es die Phazon-Geschichte weitererzählen oder einen neuen Ansatz wählen wird? Wer weiß? Nur eines ist sicher: Die Erwartungen an das Projekt können höher kaum sein. Nach dieser Vergangenheit …
Ich selber bin kein Fan der Serie, allerdings bin ich gespannt, wie Metroid Prime 4 gestaltet wird. Sollte es mich ansprechen, werde ich es kaufen.
Ich sehe, dass viel Potenzial in der Serie steckt. Wenn man tatsächlich einen ganzen Planeten, auch wenn er kleiner ist - denn bleiben wir mal realistisch - erkundbar machen, wäre das grandios.
Ich rechne fest mit 2019.
Danke für euren Beitrag!
Von Super Metroid hingegen bin ich nicht so der Fan.
An Prime 4 habe ich gar keine Erwartungen. Nachdem man Zelda und Mario in anspruchslose Such- und Sammelspiele verwandelt hat, befürchte ich nichts gutes.