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Layton's Mystery Journey: Katrielle und die Verschwörung der Millionäre

Von Tim Herrmann am 05.10.2017

Zehn Jahre ist Professor Laytons erster Auftritt nun schon her. Er begründete eine Spieleserie, die viele Fans fand; vor allem wegen ihrer charmanten Machart. Professor Layton und seine Welt sind sozusagen eine überzeichnete japanische Interpretation europäischer Zivilisation. Die Charaktere und das clevere Kopfnuss-Gameplay passen dabei so gut zusammen, dass mittlerweile zwei Trilogien und ein abendfüllender Anime-Film mit Layton entstanden sind.

Mit dem Professor ist zwar vorerst Schluss. Doch das Franchise lebt. Katrielle Layton tritt an seine Stelle, Laytons Tochter. Verknüpfungen zur alten Serie sind aber kaum vorhanden; Layton’s Mystery Journey ist ein eigenständiges Abenteuer. Wobei auch das nicht ganz richtig ist: Das Spin-Off ist kein wirklich zusammenhängendes Abenteuer. Sondern eine Episodengeschichte.

Zwölf kleine Fälle …

Der Titel, der schon im Sommer für Smart-Devices erschien und erst jetzt in Europa für den Nintendo 3DS, spielt in London. Dort hat Katrielle, oder „Miss Layton“, ein Detektivbüro eröffnet und löst Drei-???-mäßig „jeden Fall“. Zwölf Episoden und damit zwölf kurze Geschichten darf der Spieler in etwa zehn Spielstunden also erleben; jede ist in sich inhaltlich abgeschlossen und höchstens lose mit den anderen verknüpft.

Die Fälle spielen sich sehr zäh. Vor allem weil jede Geschichte maximal linear verläuft: Katrielle und ihr Team besuchen in gescripteter Reihenfolge charakteristische Orte Londons und befragen die dort anwesenden Passanten und Spielfiguren. Einige von ihnen geben automatisch und gleich nach dem Ansprechen Hinweise. Nach einer festgelegten Zahl von Hinweisen löst Katrielle den Fall automatisch. „Fallfinale“ nennt das Spiel die dann folgenden kurzen Filmsequenzen.

Nicht selten sind die Geschichten recht banal, die Lösungen dann aber unwahrscheinlich-abgedreht. Jedenfalls so irre, dass der Spieler nicht mehr als eine Zuschauerrolle übernimmt und kaum selbst an der Lösung mitgrübeln kann. Das neue Layton-Spiel ist also noch mehr als seine schon sehr erzählfreudigen Vorgänger eine interaktive Novelle.

Jede Novelle braucht eine gute Geschichte. Die Geschichten in Layton’s Mystery Journey kommen aber unbefriedigend und belanglos daher. Auch das Storytelling an sich ist handwerklich schwach: Die Entwickler werfen mit immer gleichen Running-Gags über Katrielles Essverhalten um sich, mit den gleichen Sticheleien des sprechenden Hunds und den gleichen slapstickhaften Einlagen des trotteligen Assistenten. Die Gespräche mit den Zeugen sind oft völlig belanglos, übermäßig theatralisch geschrieben und so lang, dass man sich dabei erwischt, wie man entnervt „Komm‘ endlich zum Punkt!“ in den 3DS brüllt.

Und die Rätsel?

Ein bisschen Verklärung der glorreichen Layton-Vergangenheit ist sicher immer dabei; und doch kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, dass die Kopfnüsse früher etwas intelligenter waren. Beispiel? In einem Rätsel bekommt ihr es mit zwei Schwestern zu tun. Eine läuft mit einem Meter pro Sekunde zur Schule los, die andere folgt 100 Sekunden später mit zwei Metern pro Sekunde. Wann treffen sich die beiden frühestens? Nach 100 Sekunden, wie es mathematisch geboten wäre, könnte man meinen. Nö. Das Spiel zwinkert doof: „Die Schule ist nur 100 Meter entfernt, sie treffen sich also schon dort.“ Höhö. Unbefriedigend.

Auch ansonsten tischt euch das Spiel oft kleine Minispiele als Rätsel auf oder fordert zu Trial-and-Error-Challenges heraus. Die echt kniffligen Aufgaben gibt es auch noch; doch gefühlt nehmen ihre Dichte und ihre Qualität im Vergleich zu den Vorgängern ab. Dieser Trend ist allerdings schon seit dem dritten Layton-Spiel zu beobachten.

Mit dabei sind auch wieder einige Bonus-Minispiele, die ihr unabhängig von der Story spielen könnt. Je besser ihr die Spielwelt erkundet, desto mehr Objekte findet ihr für diese Spielchen, etwa ein Restaurant-Spiel, in dem ihr den Spielcharakteren ein Menü auftischen müsst. Und je mehr ihr sammelt, desto komplexer die Bonusaufgaben. Wie in den 3DS-Laytons durchsucht ihr die Szenerien auch im neuen Spiel indirekt, indem ihr über den Touchscreen eine Lupe lenkt. Hinweismünzen, versteckte Rätsel und Sammelschätze für die Kuriositätenkiste – wer die Schauplätze sorgfältig erkundet, bekommt kleine Belohnungen.

Einen 3D-Effekt gibt es in der 3DS-Umsetzung übrigens nicht; schließlich kommt das Spiel ursprünglich vom Smartphone. Die Produktionsqualität ist dennoch gewohnt hoch: Die Umgebungen und die Comic-Spielcharaktere sind liebevoll gestaltet. In den Fallfinale-Filmsequenzen gibt es auch die serientypische hochwertige Sprachausgabe. Immerhin: Bei Grafik, Ton und Musik lässt das Spiel nichts vom Layton-Charme vermissen.

Fazit:

Layton’s Mystery Journey – Katrielle und die Verschwörung der Millionäre kann nicht an die Qualität seiner Vorbilder anknüpfen. Das liegt auch im Konzept begründet. Maßgeblich für Smartphones entwickelt, setzt das Spiel nicht auf eine große, zusammenhängende Geschichte, sondern auf zwölf kleine Einzelepisoden. Diese Kurzgeschichten hängen kaum miteinander zusammen und sind zudem handwerklich nicht gut konstruiert. Die Szenarien sind eher langweilig, die Lösungen mitunter absurd. Die Dialoge sind hölzern geschrieben und so gewollt-lustig, dass sie letztlich nur noch nervig sind. Selbst zu den Charakteren, eine der Stärken der Professor Layton-Spiele, lässt sich kaum Bindung aufbauen, weil sie in endlosen Running-Gags und Bla-Bla-Gesprächen verheizt werden. Layton’s Mystery Journey – Katrielle und die Verschwörung der Millionäre ist damit eine Art Layton Light. Das Kern-Gameplay bleibt unverändert erhalten und ebenso unterhaltsam; doch das, was die Professor-Layton-Spiele zusammengehalten hat, die Geschichte, die Charaktere, der Charme, das fehlt der neuen Smartphone-Umsetzung.

Unsere Wertung:
6.0
Tim Herrmann meint: "Das erste Layton-Spin-Off ist eine kleine Enttäuschung. Vor allem, weil es wegen seiner schwachen Dialoge, Szenarien und Geschichten erzählerisch zäh bleibt."
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1 Kommentar:
Farbi11)
Farbi11
Am 06.10.2017 um 17:42
Ich spiele gerade zum ersten Mal Teil zwei, und merke auch schon, dass es einige Augenzwinkerrätsel gibt, die nur durch einen versteckten Kniff, der natürlich nicht vorher erklärt werden darf, schwierig werden. Dies hatte ich bei den ersten 30 Rätseln in etwa drei Fällen. Das gab es im ersten Teil definitiv nicht. Trotzdem gefällt mir auch der zweite Teil sehr gut, und ich werde wohl immer mal wieder die nächsten Teil spielen, wenn es mich packt.