Test

Kingdom Hearts II.8 Final Chapter Prologue

Von Deniz Üresin am 06.03.2017

Kingdom Hearts ist eine Action-RPG-Reihe aus dem Hause Square Enix, die in Zusammenarbeit mit Disney 2002 auf der PlayStation 2 ihr Debüt feierte und den Kampf zwischen Licht und Finsternis thematisiert. Die zwei Hauptteile und fünf (für die Gesamthandlung wichtige!) Spin-Offs erstrecken sich über diverse Plattformen und sollen nun auf der PlayStation 4 vereint werden.

Kingdom Hearts HD 1.5 + 2.5 ReMIX erscheint am 31. März für PlayStation 4 und umfasst Ports und Remakes der ersten sechs Titel, wobei die beiden DS-Ableger nur in Form ihrer in HD gerenderten Videosequenzen vertreten sind. Neueinsteiger können hier die Serie von Anfang an genießen und sich langsam, aber sicher in das komplexe Storygeflecht einarbeiten.

Der insgesamt siebte Teil der Reihe, Dream Drop Distance, welcher ursprünglich auf dem 3DS erschien, schaffte es nicht in diese Sammlung. Dafür wurde er nach einem Facelifting zusammen mit zwei weiteren großzügigen Schmankerln auf Disc gepresst und so als Kingdom Hearts II.8, dem letzten fehlenden Glied zum lang ersehnten dritten Hauptteil, für die PS4 herausgegeben. An dieser Stelle sei bereits in aller Deutlichkeit gesagt: Kingdom-Hearts-Neulingen ist II.8 nicht zu empfehlen! Wer auch nur eine kleine Chance haben möchte, zu verstehen, was in den Cutscenes des Spiels vor sich geht und warum, dem sei zuerst dringend die 1.5 + 2.5-Collection ans Herz gelegt.

Inception in Disneyland

Dream Drop Distance HD bildet das Kernstück der Collection. Im HD-Port des 3DS-Ablegers stellen sich die besten Freunde Sora und Riku der Prüfung zum Schlüsselschwertmeister, um sich auf die Rückkehr Xehanorts, einem der Hauptantagonisten der Serie, vorzubereiten. Einige der Welten, die in früheren Teilen der Finsternis anheimgefallen sind und eigentlich gerettet wurden, befinden sich noch im „Schlaf“. Den beiden jungen Helden wird von Meister Yen Sid, dem Zauberer aus dem Disney-Universum, aufgetragen, in die schlafenden Welten einzutauchen und die dort befindlichen schlafenden Schlüssellocher zu finden und zu öffnen, um sie wiederzuerwecken. Bei besagten Welten handelt es sich um Schauplätze aus verschiedenen Disneyfilmen wie Der Glöckner von Notre-Dame, Pinocchio oder TRON mit all ihren bekannten Helden und Bösewichten.

Auch wenn die Story emotional und spannend ist und voller Überraschungen und Wendungen steckt, sie ist sehr komplex und wer die Reihe mit Dream Drop Distance beginnt, dem wird es wie bereits erwähnt unmöglich sein, den Cutscenes zu folgen, in denen ständig neue Charaktere auftauchen, die sich in den Gesprächen nicht selten auf Geschehnisse der Vorgänger beziehen. Zu dem bereits breit gefächerten Cast aus Disney-, Final-Fantasy- und originalen Charakteren gesellen sich in diesem Spiel außerdem noch die Protagonisten aus dem recht unbekannten DS-RPG The World Ends With You, auf die Sora und Riku schon direkt zu Beginn ihrer Traumreise treffen. Zwar kann man im Laufe des Spiels kleine Zusammenfassungen der bisherigen Story freischalten, diese dienen aber eher der Gedächtnisauffrischung, da dort auch munter mit Namen und Ereignissen um sich geworfen wird.

Kämpfen, kämpfen, kämpfen!

Sowohl mit dem Schlüsselschwert im Nahkampf als auch mit Spezialfähigkeiten und Magie können sich Sora und Riku ihrer Feinde, knuddeligen, Kuscheltierartigen Wesen namens „Dream Eaters“ (im Deutschen: „Geister“) erwehren,die durch die schlafenden Welten streifen.

Die beiden Protagonisten werden zu Beginn ihrer Reise getrennt und befinden sich in parallelen Versionen der schlafenden Welten. Glücklicherweise müssen sich die Jungs aber nicht solo durch die bunten Welten prügeln, denn es gibt einen leichten Pokémon-Touch im Spiel: Mittels bestimmter Items lassen sich eigene Haustier-Dream-Eaters züchten, um die man sich kümmern und von denen man bis zu zwei aktiv in seinem Team mitführen kann, sodass sie im Kampf tatkräftig mitmischen. Diese ersetzen die Disneyhaften Partymitglieder wie Donald und Goofy aus den früheren Teilen.

Zwischen Sora und Riku gewechselt wird entweder an einem Speicherpunkt oder mitten im Spielgeschehen durch die sogenannte Sturzmechanik (im Englischen „Drop“, daher der Name „Dream Drop Distance“, abgekürzt "3D", als Anspielung auf die 3DS-Wurzeln des Spiels mit 3D-Effekt), die einen Wechsel des spielbaren Charakters erzwingt, sobald die sogenannte Sturzleiste geleert wurde, was mit der Zeit automatisch geschieht. Während diese Mechanik an sich interessant ist und einen dazu zwingt, etwa gleich viel Zeit mit beiden Hauptcharakteren zu verwenden, kann es extrem frustrierend sein, aus einem der teilweise recht langen Bosskämpfe gerissen zu werden, da man diese bei der Rückkehr von vorne beginnen muss (ansonsten landet man genau da, wo man vorher aufgehört hat).

Das Verdreschen der bösen Buben funktioniert übrigens am besten, wenn man sich ein wenig mit seinem Charakter und seiner aktuellen Umgebung auseinandersetzt. Die Fähigkeiten und Zauber, die man verwenden will, muss man vorher ausrüsten und dabei seine verfügbaren Slots gut einteilen. Außerdem können Combo-Fähigkeiten mit den begleitenden Traumfressern ausgeführt werden. Zu guter Letzt können Sora und Riku sich von Wänden abstoßen, um Straßenlaternen herumwirbeln oder auf Geländern herunterrutschen, wodurch mächtige Angriffe auf die Gegner und Ausweichmanöver zur Verfügung stehen.
Diese sogenannte Flussmechanik beschleunigt den Kampfablauf und sorgt für spaßige Kurzweil und kleine taktische Elemente in dem sonst nicht extrem abwechslungsreichen Gameplay. 
Die schön gestalteten Disney-Welten sind nämlich ziemlich leer und dienen meistens lediglich als Arena für die riesigen Gegnerhorden, die es zu vermöbeln gilt. Zwar sind teilweise gut versteckte Schatzkisten überall in den Welten verteilt, doch die wenigsten beherbergen wirklich brauchbare Gegenstände.

Lediglich in den Cutscenes tauchen dann die verschiedensten Disney-Charaktere auf, die ihre eigene Story verfolgen. Die beiden mit überdimensionalen Schlüsseln bewaffneten Recken helfen dann für gewöhnlich den guten Jungs, den bösen Jungs eins auf die Mütze zu geben.

Aufgelockert wird die Aneinanderreihung von Cutscenes und Kämpfen durch allerlei optionale Minispiele, für die teilweise das Touchpad des PS4-Controller verwendet wird. Auch beim ersten Besuch einer neuen Disneywelt wird ein Minispiel aktiviert, bei dem man Rail-Shooter-mäßig durch eine Schlauchwelt fliegt und Gegner besiegen, Hindernissen ausweichen und Sterne sammeln muss. Ganz selten gibt es kleine Rätsel oder Geschicklichkeitseinlagen innerhalb der Level, allerdings sind diese rar gesät und nicht wirklich anspruchsvoll. Ganz anders verhält es sich mit einigen Bossen und den stärksten normalen Gegnern des Spiels, die eine gesteigerte Konzentration und hohes Reaktionsvermögen sowie genaue Kenntnisse der Fähigkeiten des eigenen Charakters erfordern.

Auf dem Weg zu Kingdom Hearts III

Dream Drop Distance HD sieht okay aus. Der Port wurde ordentlich hochskaliert (auf 1080p, für PS4-Pro-Besitzer sogar auf 4k) und mit verbesserten Texturen erweitert, sodass PS4-Besitzer keinesfalls Augenschmerzen bekommen sollten. Besonders der bunte Comic-Look kann über die simplen Grafikmodelle gut hinwegtäuschen. Trotzdem ist ein deutlicher Unterschied  zum zweiten Teil der Collection, 0.2 BirthBy Sleep: A Fragmentary Passage zu sehen.

Dieses sehr kurze, neu entwickelte Spiel basiert auf der Unreal Engine 4 und wartet mit deutlich detaillierteren Umgebungen und Modellen sowie Effekten auf. In dieser Episode, die ans Ende des PSP-Teils Birth By Sleep anknüpft und gleichzeitig als spielerischer sowie storytechnischer Vorspann von Kingdom Hearts III dient, steuert man die aus dem PSP-Ableger bekannte Schlüsselschwertmeisterin Aqua auf ihrer Reise durch das Reich der Dunkelheit. Die Kämpfe in 0.2 sind dabei dank der Möglichkeit, Shortcuts für Magie anzulegen, noch ein wenig actionreicher und weniger fummelig als in Dream Drop Distance. Die fehlende Flussmechanik wurde durch die zu bestimmten Zeitpunkten im Kampf anwendbaren Supertechniken ersetzt.

Auch wenn das Spiel sich eher wie eine Demo als wie ein vollwertiges Spiel anfühlt, bietet es durch eine große Liste an Missionen einen hohen Wiederspielwert. Durch das Absolvieren der Missionen lassen sich Accesoires und Kleidungsstücke freischalten, mit denen man Aquas Erscheinungsbild etwas personalisieren kann. Es ist deutlich kürzer, aber optisch und spielerisch macht 0.2 mehr her als Dream Drop Distance und wird seiner Aufgabe, heiß auf Kingdom Hearts III zu machen, gerecht.  Doch die Collection ist noch nicht ganz abgeschlossen!

Noch etwas mehr Verwirrung, bitte!

Kingdom Hearts Chi Back Cover ist der letzte Teil von II.8 Final Chapter Prologue. Der etwa 70-minütige animierte Film erzählt dabei die Geschehnisse aus dem Browser-/Smartphonespiel Kingdom Hearts Chi aus der Sicht der Propheten (Foreteller) und bietet Hardcore-Fans einen spannenden Einblick in weit vergangene Ereignisse, die aller Voraussicht nach wichtig für die Handlung von Kingdom Hearts III sein könnten. Wer sich als Neueinsteiger ungeachtet der anfangs erteilten Warnung Kingdom Hearts II.8 besorgt, kann wenigstens diesen Film fürs Erste ignorieren, denn wer mit der Serie nicht vertraut ist, wird nicht ein einziges Wort verstehen und keine Ahnung haben, warum sich mit Tiermasken verkleidete Robenträger die ganze Zeit gegenseitig anschreien. Auch dieser Film wurde in der Unreal Engine 4 gerendert und steht 0.2 optisch in nichts nach.  

Fazit

Kingdom Hearts ist eine komplizierte Angelegenheit. Während dieser Test den Spagat versucht, Neueinsteigern nichts zu spoilern und sie nicht zu sehr zu verwirren und Kennern der Serie eine ungefähre Vorstellung von dem, was sie erwartet, zu geben, geht Kingdom Hearts II.8 voll aufs Ganze und erwartet vom Spieler, sich ziemlich mit der Materie vertraut gemacht zu haben. Deswegen auch hier nochmal die Ansage: Kauft euch dieses Spiel nicht, wenn ihr noch nie ein Kingdom Hearts gespielt habt. Holt euch die Ende März erscheinende Collection und greift auf dieses Spiel zurück, wenn ihr Gefallen an der Serie gefunden habt und die Lücke zwischen 1.5+2.5 und dem kommenden Teil 3 schließen wollt.

Kingdom Hearts II.8 bietet einen technisch sauberen Port des 3DS-Ablegers der Reihe, einen kurzen, aber wunderschönen neuen Ausflug mit Aqua und einen für Fans sehr interessanten Film, verbindet stylische, schnelle Action-RPG-Kost mit der Magie von Disney und bietet eine spannende, komplexe Story. Fans der Serie oder solche, die nur am spaßigen, actionreichen Gameplay interessiert sind, können getrost zuschlagen und die Cutscenes einfach überspringen. Selbst die Musik klingt wie eine immer zur Situation passende Mischung aus Disney und Final Fantasy und fügt sich neben der lebhaften, detaillierten Comic-Grafik und dem ausgefeilten Gameplay in ein stimmiges Gesamtbild ein.

Lediglich die stellenweise etwas fehlende Abwechslung, die recht leer wirkenden Welten und die quasi nicht vorhandene Einsteigerfreundlichkeit können der Collection schlussendlich zur Last gelegt werden.

Unsere Wertung:
8.0
Deniz Üresin meint: "Eine spannende Geschichte in einem Action-RPG mit Disney-Charakteren. Was will man mehr?"
Kingdom Hearts II.8 Final Chapter Prologue erscheint für PlayStation 4. Wir haben die Version für PlayStation 4 getestet.
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2 Kommentare:
Asinned)
Asinned
Am 06.03.2017 um 23:54
Als Fan der alle wichtige Teile und die meistenSpin Offs gespielt hat, kann ich nur eines sagen: Die Serie braucht ein Reboot
ÖinkÖink)
ÖinkÖink
Am 09.03.2017 um 23:16
Richtig, die Reihe sollte langsam mal im Nintendo Universum angesiedelt werden. 8-)
DarkLink)
DarkLink
Am 07.03.2017 um 07:53
Mit KH3 soll ja zumindest die Geschichte rund um Xehanort zum Abschluss gebracht werden. Ein evtl. kommender 4. Teil kann ja dann mit ner anderen Story beginnen. Aber hoffentlich dann nicht wieder so kompliziert