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Picross 3D – Round 2: Ein wahnsinnig befriedigendes Knobelspiel

Von Tim Herrmann am 26.12.2016

Drei blaue von links, einen roten von oben: Picross 3D ist da. Das neue Rätselspiel ist jetzt noch eine Spur komplexer – und eingängiger als jedes Kreuzworträtsel.

„Der David steckte von Anfang an in dem Marmorblock. Ich habe nur entfernt, was nicht dazu gehörte.“ Das soll Universalkünstler Michelangelo einmal über seine weltbekannte Davidstatue gesagt haben. Das Zitat könnte das Motto von Picross 3D sein. Auch in diesem Knobelspiel geht es darum, Blöcke aus einem Quader herauszuschlagen, um eine Figur freizulegen.

Wer bis zehn zählen kann, ist klar im Vorteil

An den Seiten des Quaders geben Zahlen an, wie viele Blöcke in einer Zeile oder Spalte zum Gebilde gehören. Blöcke, die man ausschließen kann, werden entfernt. Ist zum Beispiel eine 3 angezeigt, gehören drei zusammenhängende Blöcke in einer Zeile zur Figur. Dann kann der Bildhauer schonmal guten Gewissens alle alleinstehenden oder Zweierblöcke entfernen. Denn in sie werden niemals drei Blöcke hineinpassen. 

Gleichzeitig kann der Knobler schonmal die Blöcke festhalten und einfärben, von denen er weiß, dass sie letztlich Teil des Ergebnisses sein werden. Befindet ihr euch etwa in einer Reihe aus fünf Blöcken, könnt ihr euch sicher sein, dass zumindest der mittige Block zur Dreierkette gehören muss. Ohne ihn wird es keine drei zusammenhängenden geben. Jeder Block, den ihr entfernt oder einfärbt und damit sichert, hat damit natürlich auch Auswirkungen auf die anderen zwei Dimensionen des 3D-Rätsels und ermöglicht neue Schlussfolgerungen in anderen Blickwinkeln. Manchmal reicht ein Stein, um einen ganzen Knoten zu lösen, weil er eine Kettenreaktion aus daraus folgenden Erkenntnissen nach sich zieht.

Die Grundregeln erweitert das Spiel um einige 3D-spezifische Kniffe, die zu Beginn in einem ewig langen Tutorial durchgekaut werden. Zahlen in Kreisen geben an, dass Blöcke in zwei Gruppen vorliegen. Das können im Fall einer umkreisten 3 nur eine Zweiergruppe und ein alleinstehender Block sein. Steht die Zahl in einem Quadrat, muss sie auf mindestens drei Gruppen aufgeteilt sein (also bei einer 3 im Quadrat drei einzelne Blöcke).

Dazu kommt bei der 3DS-exklusiven „Round 2“ des DS-Originals eine Zwei-Farben-Mechanik. Es gibt blaue und orangefarbene Blöcke, die gemeinsam in Zeilen oder Spalten stehen können. Sie verkomplizieren das Ganze sehr angenehm. Die Farbmechanik zwingt Spieler dazu, mit einem Einfärbewerkzeug auch Vorauswahlen zu treffen. Bei manchen Blöcken ist man sich womöglich noch nicht sicher, ob sie wirklich zur Figur gehören, aber es ist bereits ersichtlich, dass sie nur einer der beiden Farben angehören können. Diese Vorauswahl hilft dabei, in kreuzenden Zeilen andere Blöcke auszuschließen oder die richtigen Blöcke zum Einfärben oder Weghämmern zu finden.

Anders als beim Vorgänger setzen sich die Figuren diesmal übrigens nicht nur aus Würfeln zusammen und sind dementsprechend auch nicht so eckig und abstrakt. Stattdessen wandelt das Spiel die eingefärbten und damit fixierten Würfel manchmal automatisch in entsprechende Kugeln, Kegel oder Pyramiden um, die aus den herausgemeißelten Figuren dann relativ normal anmutende Dioramen oder Figuren machen.

Ein 3DS kann ganz schön schwer werden …

Das Ganze zu steuern, kann auf Dauer ganz schön anstrengend werden. Denn zum Steuern braucht ihr sowohl die Tasten als auch den Touchscreen. Am besten halten Rechtshänder den 3DS mit der linken Hand, legen ihn quasi auf dem kleinen Finger ab, und bedienen mit dem Daumen das Circle Pad. Die rechte Hand hält den Stylus und wischt über den Touchscreen (Linkshänder machen all das einfach andersherum). Auf dem Touchscreen könnt ihr das 3D-Modell um die eigene Achse drehen oder euch Schicht für Schicht einzeln anschauen. Dann ähnelt das Spielprinzip dem klassischen 2D-Picross.

Mit den vier Richtungen des Circle Pads und der Schultertaste könnt ihr unterschiedliche Befehle aktivieren: Einfärben (sowohl für Blau als auch Orange), Vormerken (auch für beide Farben) und Weghämmern. Mit aktiviertem Befehl könnt ihr dann auf dem Touchscreen die nötige Operation vornehmen.

Diese etwas anstrengende Handheld-Haltung führt auf Dauer zu einschlafenden Fingern, deswegen legen Hardcore-Knobler den 3DS am besten auf den Tisch oder üben sich vor dem Spielen im Fingertraining. Ansonsten funktioniert das Prinzip aber.

300 Rätsel, Musik aus der Hölle

Damit ist zum Spielprinzip von Picross 3D – Round 2 alles gesagt. Wer die Regeln einmal verstanden hat, kann sie in etwa 300 Rätseln auf die Probe stellen. Mit fortschreitender Spieldauer werden die Kopfnüsse natürlich immer komplexer; und gerade dann wird es unheimlich befriedigend, nach und nach eine Figur aus dem Quader zu schnitzen.

Anders als im Vorgänger sind die Rätsel diesmal nicht nach Schwierigkeitsgrad sortiert. Stattdessen könnt ihr im Menü auswählen, wie schwierig ihr es haben wollt. Abhängig davon werden die Zahlenangaben auf den Blöcken eines Rätsels entweder ziemlich offensichtlich oder eher kryptisch. Das ist eine schöne Mechanik, die jedem Spieler das Spiel beschert, das er beherrschen kann. Und erfahrene Spieler müssen sich nicht erst durch endlos viele leichte Rätsel kämpfen, bis sie zu den Herausforderungen gelangen.

Der Schwierigkeitsgrad hat auch Auswirkungen auf die Punkte, die es nach einem gelösten Rätsel gibt. Nach jeder herausgemeißelten Figur gibt es für eine kurze Lösungszeit und wenige Fehler Punkte. Ein vom Schwierigkeitsgrad abhängiger Faktor vervielfacht sie. Die Gesamtpunktzahl schaltet nach und nach neue Rätsel frei. Spielerische Variation gibt es jedoch kaum. Zwischendurch schummeln sich immer wieder bestimmte Challenges in die Rätsel, etwa kaum herausfordernde Time-Trial-Herausforderungen oder eine Rätselreihe, in der nur ein Fehler erlaubt ist. Ansonsten wird aber der Reihe nach durchgepuzzelt, bis schließlich alle Rätsel, im Idealfall mit der höchsten Auszeichnung, abgeschlossen sind.

Visuell ist der Titel sehr zweckmäßig, zieht aus dem vom 3D-Effekt kaum Nutzen, weil sich das eigentliche Spiel ja auf dem Touchscreen zuträgt. Die klimpernde Musik im Hintergrund macht hingegen auf kurz oder lang wahnsinnig. Schlimmer als jede Fahrstuhlmusik wiederholt sie sich unablässig in simplen Melodien und Rhythmen, die möglichst wenig beim Denken stören sollen. Easy Listening von der schlimmsten Sorte. Da hilft nur eines: Im Hauptmenü kann man das Geklimpere ausschalten und nur die Soundeffekte hörbar lassen. Nebenbei kann man sich dann andere Musik anmachen, wenn man möchte.

FAZIT:

Wer Rätsel liebt, sich gerne Schritt für Schritt an Lösungen heranrobbt und ein Faible für analytisches Denken und Problemlösungen hat, bei denen es keine zwei Meinungen gibt, bekommt mit Picross 3D – Round 2 ein herrlich befriedigendes Knobelspiel von sehr angenehmer Komplexität. Dank Zwei-Farben-Mechanik ist es noch einmal ein Stück anspruchsvoller geworden als sein schon sehr guter Vorgänger. Mit mehr als 300 Rätseln unterhält es euch potenziell stundenlang. Leider gibt es neben den Rätseln quasi keine Extras, keine besonderen Modi und auch keinen Level-Editor wie im Vorgänger. Der Retail-Preis von gut 30 Euro ist damit zumindest kein Schnäppchen. Gute und anspruchsvolle Unterhaltung bietet das Spiel aber allemal. Rätselfans können also völlig bedenkenlos zuschlagen.

Zweite Meinung von Andreas Held:

Picross 3D: Round 2 ist ein hervorragendes Puzzle-Spiel. Erfahrene Ratefüchse, die von der weichgespülten Picross e-Serie enttäuscht sind, kommen endlich wieder voll auf ihre Kosten: Dank des wählbaren Schwierigkeitsgrads werden sie ordentlich gefordert und die Ausgangsquader haben zumeist eine sehr ansprechende Größe, sodass man auch mal eine halbe Stunde lang an derselben Skulptur sitzt. Einige Hilfe-Features (insbesondere die auch auf dem höchsten Schwierigkeitsgrad nicht abstellbare Auto-Korrektur) verhindern jedoch, dass sich echte Kopfnüsse auf der Cartridge befinden, wie wir sie beispielsweise von Nicoli vorgesetzt bekamen. Der Umfang ist mit über 300 Puzzles extrem üppig - trotzdem bleibt ein fader Beigeschmack zurück, wenn man bemerkt, dass ein kleiner Teil der auf dem Modul enthaltenen Logikrätsel nur mit bestimmten Amiibos freigeschaltet werden kann. Wer eine Art Demo des Spiels ausprobieren möchte, kann übrigens auf Steam nach dem Indie-Titel Hexcells und seinen Nachfolgern suchen. Hexcells verwendet viele Ideen aus Nintendos Vollpreis-Puzzler, kostet jedoch aufgrund des viel kleineren Umfangs deutlich weniger und ist daher die ideale Einstiegsdroge für angehende Bildhauer. Eine Frage bleibt jedoch offen: Gibt es irgendwo ein Gesetz, dass Puzzle-Spiele immer eine möglichst fürchterliche Hintergrundmusik haben müssen?

Unsere Wertung:
8.5
Tim Herrmann meint: "Picross 3D – Round 2 stellt euch vor angenehm anspruchsvolle Rätsel, nach deren Lösung man sich einfach unheimlich intelligent fühlt."
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3 Kommentare:
MrMatschi)
MrMatschi
Am 26.12.2016 um 16:28
Zum Thema "Hintergrundmusik":
Ich bin mit der Musik in dem Titel eigentlich fast durchgängig zufrieden! Da gab's bei der "Picross e"-Reihe viel schlechtere Songs... Aber Geschmäcker sind nunmal verschieden! ;)
the_Metroid_one)
the_Metroid_one
Am 27.12.2016 um 19:12
Mich stört der Klang jetzt nicht wirklich. Das Spiel ist wie sein Vorgänger sehr unterhaltsam gewesen, ein tolles Spiel.
Nintendofan)
Nintendofan
Am 03.01.2017 um 22:24
Hab es nun auch seit zwei Tagen intensiv gespielt und es macht Süchtige wie eh und je.

Dass man für jedes Puzzle den Schwierigkeitsmodus wählen kann, hättest du noch erwähnen können. Das macht besonders für Anfänger den Einstieg leichter. Die Figuren bleiben dabei gleich, aber die Zahlen auf den Blöcken sind anders, sodass es insgesamt schwieriger wird.

Nach anfänglichem warm werden auf Mittel spiele ich nun aber auch nur noch auf schwer und erhalte fast immer die beste Medaille. Es sei denn ich verdrücke mich auf denn Steuerkreuz und färbe versehentlich in der falschen Farbe ein, was im Eifer des Gefechts und beim schnelleren Spielen schonmal vorkommt. Sind immerhin 5 verschiedene Aktionen, die man per Richtungs- bzw. Schultertaste ausführen muss.