TrackMania Turbo
Seit seinem ersten Release vor 13 Jahren ist die Serie TrackMania das Steckenpferd des französischen Studios Nadeo, das abseits seiner Rennspiel-Serie nur eine Segelsimulation und den gescheiterten Multiplayer-Titel ShootMania Storm vorweisen kann. In ihren vielen Erweiterungen und Sequels blieb sich die Serie dabei immer treu und gehörte zwar nie zu den ganz großen Playern im Rennspiel-Genre, konnte aber trotzdem eine treue und respektable Fan-Basis für sich aufbauen. Das Studio wurde 2009 von Ubisoft übernommen, und der Publisher-Gigant wirft seitdem ein verstärktes Augenmerk auf die Wirtschaftlichkeit des Franchise. Mit TrackMania Turbo erreichte uns nun im Prinzip eine Konsolen-Portierung von Trackmania², die mit komplett neuen Strecken und einer zusätzlichen Umgebung auch PC-Spieler locken möchte und offensichtlich darauf ausgelegt ist, die Serie im Mainstream zu platzieren. Wir haben uns angesehen, ob das funktionieren könnte.
International Time Attack Formula
Das Grundgerüst der Serie ist immer noch das Gleiche wie vor 13 Jahren: Auf kurzen Rennstrecken, deren Ziel in der Regel in unter einer Minute erreicht werden kann, tretet ihr ausschließlich gegen die Uhr und wahlweise gegen Geisterautos an. Diese Strecken sind in der Regel gespickt mit Fallen, riesigen Absprungrampen und Loopings, die aus TrackMania klar einen Arcade-Racer machen, der irgendwo zwischen Ridge Racer und F-Zero angesiedelt ist. Diese Strecken sind in vier verschiedenen Umgebungen untergebracht, die nicht nur die Optik, sondern auch das Gameplay sehr stark beeinflussen. Im Canyon seid ihr in den amerikanischen Rocky Mountains unterwegs und navigiert mit der sehr driftlastigen Steuerung durch kurvige Straßen. Valley hingegen ist in Europa beheimatet und konfrontiert euch mit vielen Offroad-Abschnitten, die eine sehr feinfühlige Bedienung eures Lenkrads erfordern. In der neu hinzugekommenen Lagoon fahrt ihr oft über magnetische, achterbahnartige Strecken und müsst aufgrund der sehr direkten Steuerung schnelle Reflexe beweisen. Im sehr klassischen Stadium donnert ihr schließlich mit einem Formel-Rennwagen über künstlich konstruierte Strecken, Besonderheiten in der Steuerung fehlen hier. Alle vier Umgebungen haben gemeinsam, dass die Steuerung der Wagen auf allen Untergründen sehr gut funktioniert - Unfälle sind immer ein Fehler des Spielers, auch wenn sie auf unbekannten Strecken zunächst kaum zu vermeiden sind.In der Hauptkampagne des Spiels müsst ihr in den vier Umgebungen insgesamt 200 Kurse absolvieren. Für die Einhaltung bestimmter Zeitvorgaben erhaltet ihr Medaillen, die zum Fortschreiten in der Kampagne benötigt werden. Eine große Neuerung gibt es hier: Sobald ihr euch drei Silbermedaillen verdient habt, bekommt ihr die zum Freischalten der letzten Rennserie benötigte Goldmedaille einfach geschenkt. Was zunächst wie ein Zugeständnis gegenüber Gelegenheitsspielern klingt, entpuppt sich mit der Zeit als notwendiges Übel, da Nadeo den ohnehin schon sehr hohen Schwierigkeitsgrad der Serie für TrackMania Turbo noch einmal martialisch angehoben hat. Auf den meisten Strecken seid ihr mit über 400 Stundenkilometern auf einer Straße unterwegs, die kaum breiter ist als euer Auto, müsst Absprungrampen im exakt richtigen Winkel treffen und die Positionierung von Hindernissen auswendig kennen. Macht ihr dabei den allerkleinsten Fehler, habt ihr bestenfalls noch die Chance auf eine Bronzemedaille. Die Zeitvorgaben für die Goldauszeichnung erscheinen hingegen geradezu utopisch.Abgespecktes Gesamtpaket
Im Vergleich zu den PC-Vorgängern hat Ubisoft einige Elemente aus dem Spiel entfernen lassen, die sich um von Nutzern generierte Inhalte drehen und somit vermutlich der Verlagerung auf Konsolen zum Opfer fielen. Den Streckeneditor gibt es noch, allerdings ist dieser mit dem Controller eher umständlich zu bedienen und die maximale Größe der erstellbaren Strecken wurde stark begrenzt. Alle anderen Schnittstellen für von Spielern generierte Inhalte - zum Beispiel die Möglichkeiten, eigene Fahrzeugmodelle oder Soundtracks in das Spiel zu importieren - wurden hingegen ersatzlos gestrichen. Auch die Skillpunkte, die es in den Vorgängern als Belohnung für gute Leaderboard-Platzierungen gab, sind spurlos verschwunden. Ein weiteres Ärgernis für PC-Spieler ist die vor allem auf Offroad-Abschnitten sehr sensible Steuerung, die ein analoges Eingabegerät praktisch erzwingt. Für Konsolenspieler werden diese Kürzungen weniger relevant sein, da derartige Features generell PC-Titeln vorbehalten sind.
Punkten kann TrackMania Turbo
hingegen aus technischer Sicht: Die uns vorliegende PS4-Version läuft
generell mit den für ein schnelles Rennspiel sehr wichtigen 60 Bildern
pro Sekunde, die nur selten durch Ruckler oder Screen Tearing gestört
werden. Die Xbox One-Version ist nur minimal schlechter, läuft jedoch in
einer geringeren Auflösung. Auch stilistisch haben euch die Strecken
einiges zu bieten: Valley und Lagoon überzeugen mit detaillierten
Umgebungen und satten Farben, und auch die beiden auf den ersten Blick
eher steril wirkenden Umgebungen Canyon und Stadium überraschen immer
wieder mit schönen Designs und toll gestalteten Strecken. Eure Ohren
hingegen werden sich in Anbetracht der generischen Techno-Musik eher
langweilen, diese jedoch eher ertragen wollen als den ständigen
Boxenfunk, über den ihr meistens harsch kritisiert werdet. Hinkt ihr
hinter dem herausgeforderten Geist hinterher, was fast durchgehend der
Fall ist, wirft euch die Rennleitung im Sekundentakt an den Kopf, was
für ein miserabler Fahrer ihr doch seid. League of Legends-Spieler, die
es gewohnt sind von ihrem Teamkollegen beschimpft zu werden, sollten
sich daher wie zu Hause fühlen - alle anderen werden eine Option, mit
der der Boxenfunk ausgeschaltet werden kann, vergeblich suchen.
Das Spiel verzeiht nicht einen Fehler! Wobei eine Bronze-Medallie noch recht komfortabel mit dem einen oder anderen Ausrutscher - zumindest noch in der "Weißen Linie" - zu erreichen ist, muss man bei Silber schon hart an der Ideallinie fahren und bei Gold nicht das Bremsen übertreiben!
A propos Bremsen und Frust! Was tierisch nervt ist das feste Buttonlayout! Wie oft habe ich schon versehentlich auf "Track neu starten" gehämmert, statt den Bremsbutton zu erwischen! Ist man gerade auf Goldkurs, schallt da gerne mal ein Brüller durch die abendliche Wohnung!
Das Fahrverhalten ist jedoch meist nachvollziehbar, allerdings scheinen die Rennen auf dem Mars oder Mond statt zu finden. Die Pirouetten und Saltos, die der Schlitten nach einem Fahrfehler dreht sind anders als durch einen Bruchteil der irdischen Gravitation nicht zu erklären!
Gut das die Strecken so kurz sind! Die "nur noch ein Versuch" Motivation schlägt voll zu und lässt den Frust - zumindest für die nächsten 30 Sekunden - vergessen.
Der Techno-Soundtrack peitscht einen dazu permanent vorwärts! Leider lässt sich dessen Lautstärke nicht separat regeln!
Die übrige technische Umsetzung ist durchaus als gut zu bewerten. Steuerung reagiert 1a und die Grafik sieht gut aus und läuft (auf Xone) stets flüssig, wenn auch mit Mikro-Tearing am Start.
Die Strecken sind allerdings teils unfair gestaltet. Mittelinseln nach einer Bodenwelle bei 300+ km/h? Dazu ein recht niedriger Blickwinkel, so dass man nicht mehr rechtzeitig reagieren kann! Da erinnert das Spiel an Sonic: es hilft nur ein Auswendig lernen der Tracks! Hier sind die kurzen Strecken abermals von Vorrteil.
Als Kind der 80er erinnert mich Trackmania natürlich an Mindscape's 4D Sports Driving a/k/a "Stunts". Was haben wir nicht nächtelang im Keller vor Papas Arbeitsrechner gehockt und die unfairsten Strecken ausgeheckt!
Auf der Konsole ist der Editor natürlich nicht so komfortabel zu bedienen, wie am PC mit Maus, aber Spass macht es dennoch. Allerdings kackt das Spiel bei über 850km/h ab ;)
Am Umfang vermisse ich allerdings den aus früheren Teilen bekannten "Puzzle Modus".
Alles in Allem gibt es einen dicken fetten Daumen nach oben! Cooles Arcadegame, das mal eben nach Feierabend begeistern kann!
@R: Kein Mensch der nicht Google bedienen kann, weiß was Linux ist...