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Die Spiele sterben, aber der Protest lebt: Stop Killing Games fordert ein Umdenken der Branche

Von Nico Zurheide am 17.07.2025

Die Initiative „Stop Killing Games“ sorgt derzeit für viel Aufsehen in der Gaming-Branche. Ins Leben gerufen wurde sie 2024 vom YouTuber Ross Scott, bekannt als Accursed Farms, nachdem Ubisoft das Online-Rennspiel The Crew endgültig vom Netz genommen hatte. Das Spiel war danach für Besitzer nicht mehr nutzbar, obwohl sie es gekauft hatten. Genau dagegen richtet sich die Initiative. Sie fordert, dass Spieler auch nach Serverabschaltungen weiterhin Zugriff auf ihre Spiele behalten dürfen. Konkret geht es um den Erhalt von Offline-Modi oder zumindest die Möglichkeit, eigene Server zu betreiben. Das Ziel der Kampagne ist klar: Digitale Spiele sollen nicht wie Milchprodukte verfallen, sondern als Kulturgut langfristig erhalten bleiben.

Im Juli 2025 erreichte die Bewegung einen wichtigen Meilenstein. Über 1,25 Millionen Menschen unterschrieben die europäische Bürgerinitiative und überschritten damit die Grenze, die nötig ist, um eine Prüfung durch die Europäische Kommission zu erzwingen. Sollte der Verifizierungsprozess erfolgreich abgeschlossen werden, müsste sich die EU offiziell mit dem Thema befassen und eine mögliche Gesetzesinitiative prüfen. Auch in Großbritannien wurde die entsprechende Petition angenommen, nachdem sie über 100.000 Stimmen gesammelt hatte. Ein parlamentarisches Hearing ist dort bereits in Planung.

Die Initiative erhält prominente Unterstützung aus der Politik. Nicolae Ștefănuță, Vizepräsident des Europäischen Parlaments, unterzeichnete die Petition und erklärte öffentlich, dass ein Spiel nach dem Kauf dem Kunden gehören sollte, nicht dem Unternehmen. Ein starkes Statement, das den Forderungen der Bewegung zusätzlich Gewicht verleiht. Auf der anderen Seite regt sich Widerstand. Der Branchenverband Video Games Europe warnt davor, Publisher gesetzlich zu verpflichten, ihre Spiele ewig lauffähig zu halten. Das, so der Verband, sei wirtschaftlich nicht tragbar und gefährde in manchen Fällen sogar die Rechte an geistigem Eigentum.

Auch in der Öffentlichkeit wird das Thema kontrovers diskutiert. Während viele Spieler begeistert mitziehen, gibt es auch kritische Stimmen. Besonders polarisiert hat sich die Debatte rund um den Streamer und Entwickler Jason „Pirate Software“ Hall, der die Initiative offen kritisierte. Seine Zuschauer reagierten prompt mit einem Proteststurm und kündigten reihenweise ihre Mitgliedschaften. Der Fall zeigt, wie emotional die Diskussion (logischerweise) geführt wird. Es geht nicht nur um Spiele, sondern auch um Grundsatzfragen zu Konsum, Besitz und digitaler Kultur.

Kern der Forderungen von Stop Killing Games ist nicht, dass Firmen ihre Server bis in alle Ewigkeit betreiben sollen. Vielmehr soll es praktikable Lösungen geben, damit ein Spiel auch nach der Abschaltung des Online-Dienstes weiter nutzbar bleibt. Spieler wünschen sich etwa einen garantierten Offline-Modus oder die Freigabe von privaten Server-Optionen. Außerdem soll vor dem Kauf klar kommuniziert werden, wenn ein Spiel auf Online-Dienste angewiesen ist, die irgendwann abgeschaltet werden könnten.

Ubisoft hat zumindest teilweise reagiert. Für The Crew 2 und The Crew Motorfest kündigte der Publisher an, Offline-Testmodi zu integrieren. Das Originalspiel The Crew bleibt jedoch weiterhin unspielbar, was die Kritik nicht vollständig verstummen lässt.

Die Initiative versteht sich selbst nicht nur als Verbraucherschutzmaßnahme, sondern auch als Einsatz für den Erhalt von Spielekultur. Denn wenn Spiele einfach verschwinden, weil sie abgeschaltet werden, gehen auch digitale Kunstwerke verloren. Das betrifft nicht nur Blockbuster, sondern auch viele kleinere Titel, die in keinem Museum, sondern nur noch auf privaten Festplatten existieren.

Ob Stop Killing Games am Ende wirklich ein neues Gesetz bewirken wird, bleibt abzuwarten. Der Weg durch die europäischen Institutionen ist lang und kompliziert. Doch fest steht bereits jetzt: Die Initiative hat die Debatte über digitale Besitzrechte neu entfacht. Wenn immer mehr Spiele als Live-Service verkauft werden, ist das ein Diskurs, den die Branche dringend führen muss. Die Spieler haben ein Zeichen gesetzt und Industrie und Politik müssen nun reagieren.

Quelle: Stop Killing Games

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