Little Nightmares III
Beginnen wir diesen Test mit einer These: Kaum ein Genre in der Welt der Videospiele ist so unterschätzt und zugleich komplex, wie das der guten alten Horrorspiele. Natürlich braucht grundsätzlich jedes Spiel eine ganze Menge Liebe und Sorgfalt, um letztlich gut zu werden. Aber nur wenige Genres müssen dabei so sorgfältig mit ihrem Kernelement haushalten, um eine gute Balance zu finden, die uns auf der eine Seite fordert und ängstigt (wie es im Horrorgenre ja oft gewünscht ist), uns auf der anderen Seite aber nicht zu sehr verschreckt und womöglich sogar vergrault. Studios, die daran scheitern, bleiben oft auf ihren Nischentiteln sitzen, während gute Werke mitunter jahrelang hochgehalten werden, weil sie uns Spieler mit ihrer zum Schneiden dichten Atmosphäre in einen schaurigen Bann ziehen und uns zum Teil selbst dann nicht mehr loslassen, wenn der Abspann schon längst durchgelaufen ist. Zu eben diesen letztgenannten Titeln zählen unter anderem auch die ersten beiden “Little Nightmares”-Spiele, die euch ohne große Worte oder viel Effekthascherei in eine unheimliche Welt entführen, in der ihr als Kinder um euer Leben schleichen, klettern und rennen müsst, während die Geschichte im Hintergrund durch die eindringliche Bildsprache erzählt wird. Bandai Namco, denen die Rechte an der Lizenz gehören, hat jetzt einen weiteren Teil veröffentlicht, der dieses mal nicht von den ursprünglichen Entwicklern bei Tarsier Studios, sondern von Supermassive Games geschaffen wurde. Wie er geworden ist und ob er an den Erfolg der beiden Vorgänger anknüpfen kann, haben wir uns für euch einmal angesehen.

Ein weiterer Ausflug in die Welt von Nowhere
Grundsätzlich ist Supermassive im Bereich der Horrorspiele kein unbeschriebenes Blatt. Das britische Studio hat neben der Enhanced Edition von Little Nightmares 2 auch die aktuell vierteilige “Dark Pictures” Anthologie geschaffen und damit klar bewiesen, dass sie sich in dem Genre gut auskennen. Entsprechend motiviert starteten wir auch das Abenteuer, dessen Geschichte sich hier nur schwer beschreiben lässt. Wie schon in den ersten beiden Teilen, kommt auch im dritten Teil das Environmental Storytelling zum Einsatz, bei dem die Geschichte der Spielwelt nicht durch Dialoge oder andere Erklärungen, sondern durch das, was in der Spielwelt im Vorder- und Hintergrund geschieht, erzählt wird. Das Konzept funktioniert auch in diesem Teil wieder sehr gut und durch den Einsatz des gewohnten Grafikstils, werden sich Fans der Serie direkt wieder wie zuhause fühlen. Auch die Interaktion mit und zwischen den beiden neuen Charakteren ist schön anzusehen und Supermassive Games hat hier eine würdige Vertretung für Six und Mono aus den ersten beiden Spielen. Und wie gewohnt ist auch der dritte Teil aufgrund seiner Themen, der düsteren Optik und der verstörenden “Bosse”, die in den Gebieten beinahe omnipräsent auftreten nicht für Kinder geeignet.
Dennoch beleuchtet der dritte Teil seine zentralen Themen “Wahnsinn”, “Kindheitsängste” und “Trennungsschmerz” im Vergleich zu den ersten beiden Teilen mit spürbar weniger Tiefgang. Ursache hierfür sind zum einen die etwas steife Geschichte und zum anderen die überschaubare Spielzeit von vier bis fünf Stunden, die ihr für das Durchspielen des Abenteuers benötigt - Kein besonders langer Ausflug in die Welt von Nowhere, für den aktuell stolze 40 Euro gefordert werden. Ein im kommenden Jahr erscheinender DLC fügt den vier bestehenden Kapiteln zwei weitere hinzu und wird dann, Stand jetzt auf Steam, noch einmal 15 Euro kosten. Mit zwei optionalen Kostümpaketen kommen noch einmal zwölf Euro dazu, womit das gruseligste an dem aktuellen Titel Bandais Preispolitik sein dürfte.

Spielerisch gut, aber an vielen Punkten ausbaufähig
Einmal im Spiel angekommen, habt ihr die Wahl, das Spiel entweder alleine an der Seite einer K.I.-Begleitung oder erstmals gemeinsam mit einem Freund zu erleben und könnt außerdem entscheiden, ob ihr den Jungen “Low” oder das Mädchen “Alone” steuern möchtet, während euer Begleiter dann den nicht gewählten Charakter übernimmt. Beide Figuren spielen sich weitestgehend identisch, haben aber ein individuelles Werkzeug, dass sie für die Lösung der Rätsel in der Welt unverzichtbar macht: Low kann mit Pfeil und Bogen ansonsten unerreichbare Gegenstände abschießen und kaputt machen (was ironischerweise nicht gegen die Monster in der Spielwelt hilft), während Alone mit ihrem schweren Schraubenschlüssel Wände einschlagen und, ihr ahnt es, Schrauben lösen und festziehen kann. Das Handling der Werkzeuge funktioniert sehr gut und gerade die automatische Zielhilfe, mit der Low relevante Ziele in der Welt selbständig anvisiert, vermeidet schon im Vorfeld eine Menge Frust. Überhaupt ist das System und auch die K.I., die im Einzelspieler-Modus eure Begleitung übernimmt, angenehm intelligent gestaltet. Kaum etwas nervt in Spielen mehr, als NPC-Begleiter, die an Hindernissen hängen bleiben und in entscheidenden Situationen im Weg stehen. Little Nightmares 3 gibt sich hier aber keine Blöße, sodass eure Begleitung in der Regel schnell schaltet und intelligent agiert.

Die Welten in den vier Kapiteln des Spiels werden euch wieder in 2,5D präsentiert und bieten die gewohnte Mischung aus Parcours, Rätseln und Schleichen, die auch schon in den vorherigen Teilen zur Geltung kam. Was aber in den ersten Spielen noch fordernd gestaltet war, erweist sich im dritten Teil als vergleichsweise handzahm, obwohl diverse Elemente wirken, als wären sie aus den ersten beiden Teilen übernommen worden. Ich erinnere mich an Schleichpartien und Rätsel mit Licht und Schatten, die mich im ersten Teil fast in den Wahnsinn getrieben haben, weil ich regelmäßig an ihnen gescheitert bin. An der Seite von Low und Alone gibt es aber nur wenige Hindernisse, die wirklich fordern, was vermutlich auch ein Umstand dafür ist, dass das Spiel nicht nur kurz, sondern auch etwas inhaltsarm wirkt. Selbst die K.I. der Begleitung tut hier ironischerweise ihr übriges, denn nicht selten hat meine Begleiterin Alone eine marode Wand mit dem Schraubenschlüssel eingeschlagen und den weiteren Weg bereitet, noch bevor mir überhaupt hätte klar werden können, dass die Suche nach dem weiteren Weg das aktuelle Rätsel des Raums sein könnte. Im Koop-Modus mit einem anderen Mitspieler ist diese Situation natürlich nicht gegeben. Dafür hat dieser Modus aber einen gravierenden anderen Haken: Obwohl die Gestaltung des Spiels und die Möglichkeiten der Nintendo Switch(2) im Prinzip danach schreien, verfügt Little Nightmares 3 über keinen Couch-Koop-Modus, sodass ein zweiter Spieler eine zweite Konsole und den kostenlosen Freundespass benötigt, um das Spiel mit euch erleben zu können. Crossplay wird von dem Spiel leider ebenfalls nicht unterstützt und auch der Cross-Generation Support ist zumindest für Nintendo Switch Spieler bisher noch nicht verfügbar, befindet sich aber in der Entwicklung, damit Switch und Switch 2 Spieler in Zukunft zusammen spielen können.

Auf der Switch gut, auf der Switch 2 super
Technisch läuft Little Nightmares 3 (mittlerweile) sowohl auf der Switch, als auch auf der Switch 2 mit nahezu durchgehend stabilen 30 Bildern pro Sekunde. Die gesteigerte Leistung der Switch 2 wird für die Auflösung verwendet, die mit 4k Grafik spürbar schärfer und hübscher als auf dem betagten Vorgänger aussieht. Auch in anderen grafischen Aspekten ist die Switch 2 naturgemäß überlegen, doch der Titel holt aus den Ressourcen der Switch so viel wie möglich raus, sodass er sich auch auf der alten Konsole nicht zu verstecken braucht. Ohne nennenswerte Synchronisation und mit einem minimalistischen Soundtrack versehen, tut sich die Akustik nicht besonders hervor, funktioniert aber in unserem Test immer gut. Die Steuerung bereitet ebenfalls keine Probleme und nach einer kurzen Eingewöhnung steuern sich die Figuren schnell und instinktiv. Auch die Ladezeiten des Titels sind angenehm kurz, sodass wir bei der Technik, spätestens seit dem jüngsten Update, keinen Grund zur Beschwerde haben.

Fazit:
Little Nightmares 3 ist ein grundsätzlich gutes Spiel, das in seiner aktuellen Form aber aufgrund der Entscheidungen bei der Entwicklung und dem Publishing für kaum jemanden interessant ist. Neue Spieler schreckt die mangelnde Preis-Leistung, Koop-Spieler die technischen Hürden und Fans der Serie der Mangel an echten Neuerungen und Herausforderungen ab. Das ist schade, weil der Titel eine Menge Potential zeigt, technisch sehr gut läuft und die beiden Protagonisten Low und Alone sympathisch wirken, sodass wir mit ihnen gerne mehr Zeit verbracht hätten. Vielleicht wird Supermassive Games eines Tages einmal einen Couch-Koop Modus nachreichen und Bandai das Spiel mit seiner Erweiterung in einem Sale anbieten, wodurch es dann deutlich interessanter und für einen gruseligen Abend zu zweit auf der Couch eine tolle Wahl sein dürfte. Bis es aber soweit ist, können wir den Titel nur überzeugten Fans und eingeschränkt Koop-Spielern empfehlen, die mit den genannten Bedingungen kein Problem haben.