Test

Layers of Fear - The Final Masterpiece Edition

Von Jeremiah David am 26.12.2025

“Dear Esther” gilt als erster Walking-Simulator. Das Spiel brach 2012 mit sämtlichen Gamingtraditionen und bot Spielern praktisch gar kein Gameplay. Stattdessen setzten die Entwickler voll auf Atmosphäre und Story, um eine künstlerisch wertvolle, aber ansonsten eher seichte Erfahrung zu kreieren.

Auf Dear Esther folgten schnell weitere Walking-Sims wie das sarkastisch-philosophische The Stanley Parable (2013) oder der mehr oder weniger interaktive Krimi The Vanishing of Ethan Carter (2014). Vier Jahre nach dem Release von Dear Esther veröffentlichte Bloober Team mit Layers of Fear dann den ersten Walking-Simulator mit Horror-Elementen. Unter Gamern entwickelte sich das Spiel trotz eher mittelprächtiger Kritikerwertungen schnell zu einem Geheimtipp und dank guter Verkaufszahlen folgten so rasch einige DLCs, ein zweiter Teil und ein Remake, das 2023 unter dem selben Titel veröffentlicht wurde. Genau dieses Remake ist jetzt, 2025, als “The Final Masterpiece Edition” auch auf der Switch 2 erhältlich. Wir haben uns für euch durch die titelgebenden Schichten des Spiels gegraben, um euch einen Test zu liefern.

(K)eine Spielesammlung

Wer bisher nur das erste Layers of Fear anno 2016 gespielt hat und denkt, dass es sich bei der Neuauflage lediglich um ein grafisches Update handelt, wird zweifelsohne überrascht sein. So ging es mir zumindest. Ich habe Layers of Fear um 2017 auf der PlayStation 4 gespielt, die ersten Minuten der Masterpiece-Edition kamen mir aber absolut nicht bekannt vor. Die 2023er Version ist eine Art Sammlung bestehend aus Layers of Fear, Layers of Fear 2 und den jeweiligen DLC. Die einzelnen Teile lassen sich jedoch nicht über ein Menü auswählen, sondern sind alle zu einem einzigen großen Spiel zusammengesetzt und mit neuen Inhalten erweitert worden. Zu Beginn der Masterpiece-Edition schlüpfen wir in die Rolle einer Schriftstellerin in einem alten Leuchtturm, die das verlassene Gebäude erkundet und dabei immer wieder an eine alte Schreibmaschine zurückkehrt, um die einzelnen Teile der Sammlung nachzuerzählen.

Eine virtuelle Geisterbahn

Ansonsten ist Layers of Fear aber noch immer wenig mehr als eine virtuelle Geisterbahn, die Besuchern allerlei verstörende Bilder und surreale Momenten bietet. Oder anders formuliert: Layers of Fear bleibt auch in der 2023er-Fassung weitestgehend eine Walking-Sim, die praktisch ohne Gameplay auskommt, womit wir auch gleich bei der größten Schwäche des Titels wären. Zwar gibt es anders als in der Ur-Fassung eine Lampe, die als Waffe gegen Geister eingesetzt werden muss, letztere sind jedoch so leicht zu verscheuchen, dass sie kaum ins Gewicht fallen. Auch anspruchsvollere Rätsel sind nicht zu finden. Die Zahlenkombinationen für verschlossene Türen oder Tresore sind entweder in der unmittelbaren Umgebung an die Wand geschmiert oder lassen sich irgendwo in der Nähe auf einem Blatt Papier finden. Hirnschmalz ist nie von Nöten. 99% der Zeit erkunden wir einfach nur in gemächlichem Tempo Zimmer und Korridore und sammeln Gegenstände, die zwar eingehend untersucht, aber darüber hinaus so gut wie nie verwendet werden können. Ähnliches gilt für allerlei Briefe, Zeitungsartikel und andere Schriftstücke, die lediglich da sind, um uns Einblicke in die Welt (und Psyche) verschiedener Personen liefern. Wer diese Personen sind? Nun, Layers of Fear beschäftigt sich vorrangig mit einem Künstler, der davon besessen ist, sein Meisterwerk fertigzustellen, und einem Schauspieler, der sich für die Rolle seines Lebens an Bord eines Ozeandampfers begibt und Anweisungen von einem unsichtbaren Regisseur bekommt. Beide verfallen nach und nach dem Wahnsinn - der Künstler, weil er nicht in der Lage ist sein Gemälde zu seiner Befriedigung fertigzustellen, und der Schauspieler, weil seine Methoden sich in seine Charaktere zu versetzen die Grenze zwischen Realität und Schauspiel verschwimmen lassen. Die Wahnvorstellungen manifestieren sich in unzähligen Halluzinationen: Gegenstände schweben oder lösen sich in Luft auf, Puppen beginnen zu sprechen, Korridore ziehen sich endlos in die Länge oder ändern ihre Architektur. Manche visuelle Tricks sind so kreativ, dass ich einfach nur staunen musste.

Atmosphärisch fantastisch, technisch solide

Grundsätzlich gilt: All die eben erwähnten Halluzinationen und die Räumlichkeiten sind optisch überragend umgesetzt und stellen die mit Abstand größte Stärke von Layers of Fear dar. Die realistischen Umgebungen sind fantastisch detailliert gestaltet. Staubpartikel tanzen in flackerndem Licht, zuckende Flammen werfen realistische Schatten und sorgen für eine stets dichte Atmosphäre. Ich wage an dieser Stelle zu behaupten, dass Layers of Fear zur Zeit das audio-visuell beste Spiele auf der Switch 2 ist, wohl auch, weil hier, anders als etwa in Cyberpunk 2027 oder Donkey Kong Bananza, natürlich keine offene Welt oder weitläufigen Areale dargestellt werden müssen. Die Level sind sehr linear aufgebaut, die Korridore und Räume meist eher eng. Trotzdem ist es absolut beeindruckend, was Bloober Team beziehungsweise die für die Portierung zuständigen Anshar Studios hier mit Hilfe der Unreal Engine 5 in 1080p auf den Bildschirm zaubern. Ganz frei von Makeln ist die Technik aber leider dennoch nicht. Die Framerate gerät immer wieder ins Stocken, und speziell hell ausgeleuchtete Umgebungen um Lampen oder Fenster herum, kommen mit relativ starkem Kantenflimmern daher. Und eine weitere, etwas ungewöhnliche Sache fiel während unserem Test negativ auf: Der Controller vibriert ständig. Ein dezenter Einsatz der Vibrationsmotoren kann der Atmosphäre eines Spiels behilflich sein, hier aber übertreiben es die Entwickler stellenweise sehr.

Wenig bis gar nichts gibt es derweil am Soundtrack auszusetzen. Umgebungsgeräusche und Hintergrundmusik passen perfekt zum Geschehen, und die englischen Synchronsprecher machen allesamt einen guten, wenn auch nicht überragenden, Job. Deutsche Untertitel helfen Spielern, die des Englischen nicht oder nur zum Teil mächtig sind.

Der Umfang ist Fluch und Segen zugleich. Spieler bekommen für ihr Geld zweifellos viel geboten, aber dadurch, dass alle Teile der Serie zu einem Ganzen zusammengesetzt wurden, ist das Endergebnis mit einer Spielzeit von über 12 Stunden für eine Walking-Sim mehr als nur etwas langatmig. Für eine solche lange Spielzeit fehlt es der Masterpiece Edition schlicht an Abwechslung.

FAZIT

Die Layers of Fear: The Final Masterpiece Edition ist kein klassisches Horrorspiel, sondern ein interaktiver Albtraum; eine Art Nightmare-Simulator. Wer hauptsächlich Wert auf Atmosphäre, Ästhetik und surrealen, psychologischen Horror legt, der kommt hier voll auf seine Kosten. Im Umkehrschluss gilt aber ebenso: Wer sich stattdessen eher Gameplay und ausgeklügelte Rätsel wünscht, der wird mit dieser Neuauflage wenig Freude haben. Unabhängig davon ist die Switch 2-Portierung rundum gelungen und hinkt anderen Versionen lediglich in Sachen Auflösung und Anti-Aliasing hinterher.

Unsere Wertung:
7.0
Jeremiah David meint: "Die The Final Masterpiece-Edition ist technisch überzeugend und inhaltlich komplett, aber noch immer arm an Gameplay."
Layers of Fear - The Final Masterpiece Edition von Bloober Team / Anshar Studios erscheint am 19.12.2025 für Nintendo Switch 2. Wir haben die Version für Nintendo Switch 2 getestet. Für diesen Test wurde uns ein Rezensionsexemplar von Bloober Team zur Verfügung gestellt.
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