
Star Wars Outlaws
Wisst ihr, was das Schwierigste daran ist, wenn man einen Test zu einem Star Wars-Spiel schreibt? Es ist die Suche nach einer guten und neuen Einleitung. Denn in den 48 Jahren, seit der erste Film in die Kinos kam, wurde schon so ziemlich alles über George Lucas’ geistiges Kind geschrieben, was man sich nur vorstellen kann. Von den gewohnten fiktionalen Romanen bis hin zu wissenschaftlichen Abhandlungen über die Atemprobleme von Darth Vader wurde eine beachtliche Sammlung von geistigen Ergüssen zu Papier gebracht. Wobei sich der Großteil der Medien direkt oder indirekt mit dem Kampf der Jedi gegen die Sith oder der Rebellen gegen das Imperium auseinandersetzt. Erst seit vergleichsweise kurzer Zeit wagen sich Disney und Co. daran, uns auch einmal am Leben gewöhnlicher Charaktere teilhaben zu lassen, wodurch sich den Fans ein sprichwörtliches Universum an neuen Ideen und Geschichten eröffnet. Eine dieser Geschichten stammt, nach gut zehn Jahren in denen uns hauptsächlich EA mit neuen “Star Wars”-Videospielen versorgt hat, aus dem Hause Ubisoft. Star Wars Outlaws wurde für die meisten Plattformen 2024 veröffentlicht und hat es jetzt, trotz einiger Zweifel, auch auf die Switch 2 geschafft. Wie sich das Abenteuer fernab der Macht auf Nintendos Hybridkonsole spielt, erfahrt ihr hier.
Auf der Jagd nach dem einen großen Coup
Mit Star Wars Outlaws lässt euch Ubisoft dieses mal nicht mit Lichtschwertern oder der Macht hantieren, sondern steckt euch (parallel zur Handlung von Episode 5: Das Imperium schlägt zurück) in die Schuhe von Kay Vess, einer Kleinkriminellen und Überlebenskünstlerin, die auf dem Wüstenplaneten Cantonia mehr schlecht als recht über die Runden kommt. Fern von Reichtum und Wohlstand und bei viel zu vielen Bürgern ihrer Heimatstadt verschuldet, ist Kay ständig auf der Suche nach dem einen großen Coup, den sie vielleicht eines Tages landen kann, um mit dem Geld den Planeten und damit ihr altes Leben verlassen zu können. Doch als sich ihr endlich die Gelegenheit bietet, geht trotzdem irgendwie alles schief und ab diesem Punkt, mit dem dann auch die Einführung in das Spiel endet, erlebt ihr in den folgenden knapp 40 Stunden den Werdegang von Kay mit all seinen Höhen und Tiefen. Dass die Handlung dabei fast genauso viele Klischees umgeht, wie sie mitnimmt, ist beinahe ironisch. Denn es ist zwar immer wieder erfrischend, wenn es in der von George Lucas erdachten Galaxie mit ihren Quadrillionen von Einwohnern mal nicht um die Familie Skywalker oder deren Freunde und Bekannte geht.
Doch der Auftakt mit der sympathischen Schurkin, die nur ein Stück vom Kuchen des Lebens abbekommen möchte, aber daran scheitert und sich dann wieder aus dem Schlamassel hocharbeiten muss, ist einfach schon viel zu oft in Filmen und Spielen zum Einsatz gekommen, um noch überraschen zu können. Dass solche Geschichten im Star Wars-Universum aber trotzdem sehr gut funktionieren können, hat uns unlängst der Serienhit “Andor” gezeigt und so ist auch Kays Geschichte eine äußerst willkommene Abwechslung, selbst wenn der Handlung hin und wieder der Tiefgang fehlt, den man sich von solchen Werken wünscht. Keine Blöße gibt sich die Welt des Spiels, die mit ihren vielen verschiedenen Charakteren und Kulturen und den lebendig wirkenden Planeten und Städten immer das authentische Star Wars Gefühl vermittelt. Und auch die Interaktionen zwischen Kay und den ihr nahe stehenden Charakteren, wie ihrem Begleiter Nix sind immer wieder schön anzusehen und sorgten für einige emotionale Momente im Verlauf der Geschichte.
Neues und bekanntes aus dem Hause Ubisoft
Zu sehen und zu erleben gibt es in Star Wars Outlaws eine ganze Menge. Kay Vess’ Geschichte führt euch über diverse Planeten, auf denen ihr unterschiedliche Missionen erfüllt, um im Ansehen der größeren Verbrechersyndikate der Galaxie aufzusteigen und nebenbei natürlich auch euren eigenen Lebensweg zu gehen. Dabei begleitet ihr Kay in der Third-Person-Perspektive durch ihre Abenteuer und könnt die offenen und toll gestalteten Welten weitestgehend frei bereisen. Nur gelegentlich, wenn es die Handlung erfordert oder ihr einen Planeten betretet oder ihn mit eurem Raumschiff wieder verlasst, gibt es leichte Einschränkungen. Für die Erkundung der Welten steht euch euer Speederbike zur Verfügung, das das Gefühl der Weite bei den rasanten Fahrten kreuz und quer durch die Gebiete sehr gut vermittelt, ohne euch zu stundenlangen Wanderschaften über Wiesen und Felder zu zwingen. Um von einem Planeten zum anderen zu reisen, könnt ihr mit Kay (nachdem ihr es wieder flugtauglich gemacht habt) in ihr Raumschiff steigen und mit diesem beinahe übergangslos ins All fliegen, weitere Orte im System erkunden und Weltraum-Schlachten bestreiten. Das Ganze ist nicht ganz so frei wie zum Beispiel in “No Mans Sky”, funktioniert aber auch mit den vom System festgelegten Landungen sehr gut, zumal das Spiel hier auf sichtbare Ladebildschirme verzichtet, sodass sich die Übergänge angenehm natürlich anfühlen.
Anmerkung: Laut Ubisoft waren die flüssigen Übergänge und vergleichsweise kurzen Ladezeiten mit einem regulären Cartridge nicht möglich, weswegen Star Wars Outlaws auch im Retail nur als Game-Key-Card vertrieben wird. Man kann darüber diskutieren, ob Ubisofts Erklärung valide ist und der benötigte Optimierungsaufwand in diesem Fall das vertretbare Maß sprengen würde, oder aber der Publisher es sich auf diese Weise leicht macht, indem er Arbeit und Kosten spart und uns damit um eine vollwertige Retailversion des Spiels bringt. Wir haben diese Diskussion redaktionsintern geführt, sind uns aber auch nicht ganz einig geworden, weil beide Seiten valide Argumente haben. Da wir den Titel, je nach Standpunkt unterschiedlich bewerten würden, aber nicht beide Noten im Artikel darstellen können, sollten die unter euch, die Spiele gerne im Retail kaufen und Game-Key-Cards nicht mögen gedanklich 0.5 Punkte von der finalen Wertung abziehen.
Auf den Planeten selber erfüllt ihr alle möglichen Arten von Aufgaben, bei denen ihr Waren und Informationen beschafft, Charaktere rettet oder andere nicht immer legale Geschäfte erledigen müsst. Oft bietet das Spiel euch verschiedene Lösungswege, sodass ihr zum Beispiel Gegner schleichend umgehen, betäuben oder töten könnt. Freunde der Assassins Creed Spiele werden hier einige verwandte Mechaniken entdecken, denn auch Kay bedient sich verschiedener Tricks und Hilfsmittel, um Aufgaben und Gegner zu erledigen. Das niedlichste und prominenteste Mittel, das euch zur Verfügung steht, ist euer Begleiter Nix. Der kleine Merqall kann für euch auf Kommando Dinge stehlen, Gegner ablenken, Türen öffnen und allerlei andere Aufgaben erledigen, was ihn zu einem wertvollen und guten Freund von Kay macht, dessen Geschichte im Verlauf des Spiels ebenfalls erzählt wird. Neben Nix hat Kay noch Zugriff auf einen Kletterhaken, mit dem sie Hindernisse überwinden und ihren Blaster, mit dem sie Gegner betäuben oder auch töten kann. Verschiedene Aufwertungen verbessern eure Ausrüstung, Fahrzeuge und Nix’ Fähigkeiten im Verlauf des Spiels und schalten zum Beispiel für euren Blaster verschiedene Modi frei, um Aufgaben vielseitiger lösen zu können. Auch Dialoge können Einfluss auf den Ausgang von Missionen haben, sodass es immer gut ist, sich zu überlegen, wessen Gunst Kay gerade gewinnen soll - eine nicht ganz einfache Frage, da die vier Fraktionen im Spiel sich nicht unbedingt wohlgesonnen sind und ein Rufgewinn bei einer Fraktion das Ansehen bei einer anderen schmälern kann. Fraktionen, die euch (sehr) gut leiden können, bieten euch bei ihren Händlern besondere Vergünstigungen wie Verkaufsangebote an, während euch verhasste Fraktionen ihre Häscher auf den Hals hetzen. Leider findet sich hier auch einer der wenigen Schwachpunkte des Titels. Denn obwohl sie für das Spiel nachvollziehbar und wichtig sind, geht den Missionen, mit denen ihr ausschließlich Fraktionsruf sammelt, mit der Zeit die Abwechslung aus, wodurch sich das Gefühl einstellen kann, Aufgaben nur noch abarbeiten zu müssen. Eine Rückkehr der Ubisoft-Formel, müsst ihr zwar nicht befürchten, aber ein wenig kann das Spiel daran erinnern und ihr solltet euch dessen bewusst sein, da es ein gängiges Problem in vielen Open-World-Spielen ist.
Aktuell eine der besten Portierungen für die Switch 2
Als der Switch 2 Port von Star Wars Outlaws der Öffentlichkeit das erste mal präsentiert wurde, war die Stimmung eher düster und verhalten. Ruckelige Grafik machte wenig Lust auf mehr und die ersten kritischen Stimmen überlegten schon, ob es mit der Switch 2 jetzt wie mit der ersten Switch weitergeht, deren Portierungen besonders grafisch teilweise massiv zusammengestaucht werden mussten, um auf der Konsole halbwegs flüssig laufen zu können. Davon ist die aktuelle Version von Outlaws aber weit entfernt und tatsächlich schafft es die Grafik dank Upscaling mit dem Bild der Xbox Series S mitzuhalten (die nebenbei auch Upscaling Verfahren verwendet) und diese in einigen Punkten, wie den Reflektionen, sogar zu übertreffen. In anderen Punkten, wie der Menge der dargestellten Objekte, hat Microsofts Konsole wieder leicht die Nase vorne, sodass insgesamt ein sehr ausgeglichenes Bild im Vergleich zwischen den beiden Konsolen entsteht, die aber beide den Großteil der Spielzeit über 30 Bilder pro Sekunde liefern. Nur gelegentlich knickt die Bildrate leicht ein, bleibt aber auch dann im Bereich oberhalb der 25 Bilder pro Sekunde. Eine beeindruckende Leistung, besonders wenn man bedenkt, dass Raytracing in Outlaws fest implementiert ist und dementsprechend nicht ausgeschaltet werden kann, auch wenn die Qualität der Schatten im Switch 2-Port spürbar reduziert wurde. Und natürlich ist das Upscaling in einigen Bereichen besser sichtbar als in anderen: Etwa in ruhigen Zwischensequenzen, in denen Kays Haare in einer Nahaufnahme besser zu sehen sind. Im regulären laufenden Spiel, das im Dock in 1440p und mobil mit 1080p dargestellt wird, fallen die Einsparungen aber deutlich weniger auf, sodass ihr euch voll auf die offene Welt konzentrieren könnt, die euch in Star Wars-Spielen sonst eher selten geboten wird.
Die grafischen Einsparungen haben ganz nebenbei den Vorteil, dass das Spiel auf der Switch vergleichsweise magere 20 Gigabyte Platz inklusive der beiden in der Gold Edition enthaltenen DLCs benötigt, während es auf anderen Plattformen die dreifache Menge Speicherplatz einfordert. Den Platz benötigt ihr leider auch zwingend auf der Konsole, da ihr auch beim Kauf der Retailversion des Titels nur eine Game-Key-Card erhaltet, die den Download des Spiels voraussetzt, dafür aber an Freunde weitergegeben werden kann. 1,7 Gigabyte kommen unter Umständen zusätzlich dazu, wenn ihr das Spiel nicht auf Englisch, sondern mit einer anderen Synchronisation erleben wollt. Die Sprachpakete können aber optional einzeln und kostenlos im eShop nachträglich heruntergeladen werden und lohnen sich, dank der hochwertigen Synchronisation, die nur stellenweise nicht ganz lippensynchron in den Zwischensequenzen ist.
Unterlegt wird dasGganze, fern von allen Jedis und Siths, die sonst in solchen Werken eine Rolle spielen, mit einem weniger bombastischen Soundtrack, der anfangs stellenweise eher an die Spiele der “Assassin's Creed”-Serie erinnert, wodurch sich das Spiel vergleichsweise eigenständig und frei anhört. Mit der Zeit finden sich im Soundtrack aber natürlich auch immer wieder vereinzelte Elemente, die an die typischen Star Wars-Themen erinnern. Immerhin möchte Ubisoft keine Fans vor den Kopf stoßen. Die Ladezeiten, die es vereinzelt gibt, sind zwar trotz der neuen schnellen Speicherkarten, die die Switch 2 benötigt, ein wenig langsamer als bei anderen Konsolen, bleiben aber mit unter 20 Sekunden in einem vertretbaren Rahmen.
FAZIT:
Mit Star Wars Outlaws macht Ubisoft eine Menge richtig und bietet euch ein Abenteuer, das nach Star Wars aussieht, sich aber auch hin und wieder wie ein dynamischeres Assassins Creed anfühlt. Die technische Umsetzung ist allen Bedenken zum Trotz sehr gut geworden und übertrifft sogar CD Project Reds “Cyberpunk” in Sachen Bildqualität leicht, sodass Outlaws die Messlatte der technischen Möglichkeiten der Switch ein kleines Stück nach oben legt. Die Handlung rund um Kay Vess Aufstieg in der Unterwelt ist schön erzählt, auch wenn ihr hin und wieder Tiefgang fehlt und auch das Gameplay gefällt, sofern ihr keine explizite Abneigung gegen Nebenmissionen habt. Hier kommen nämlich gelegentlich leichte Ansätze der berühmt berüchtigten Ubisoft-Formel zur Geltung, durch die der Spielfluss hin und wieder ein wenig verzögert wird. Auch der Einsatz der Game-Key-Card in der Retailversion des Spiels wird mit Sicherheit nicht jedem von euch gefallen. Zwar kann das Spiel in dieser Form jetzt verliehen oder verkauft werden. Der erforderliche Download macht aber trotzdem eine gute Internetanbindung erforderlich. Und auch die Frage, wie lange Game-Key-Card-Spiele auf Nintendos Servern zum Download bereitstehen, wurde für die weitere Zukunft noch nicht geklärt. All diese Überlegungen sollten euch das Abenteuer von Kay und Nix aber nicht madig machen und all jene unter euch, die Spaß an Action Adventures haben und nicht auf GTA 6 warten wollen, um mal wieder in die Haut eines Gauners zu schlüpfen, können bei Star Wars Outlaws gerne zugreifen.