Yonder: The Cloud Catcher Chronicles
In medias res
Yonder beginnt recht hastig mit einer kleinen Intro-Sequenz: Eure namenlose Spielfigur wurde offenbar aus ihrer Heimat verstoßen und befindet sich nun an Bord eines Segelbootes auf ihrer Heimreise zur Insel Gemea. In Sichtweite des sagenumwobenen Eilands wird euer Boot jedoch von einem Blitz getroffen. In der nun folgenden Traumsequenz beauftragt euch ein übernatürliches Wesen damit, die Insel von einer bösen Macht zu befreien. Ihr wacht am Strand von Gemea auf, befreit ein Fabelwesen, beseitigt mit seiner Hilfe eine magische Barriere und erhaltet im ersten Dorf als Begrüßungsgeschenk einen Hammer, mit dem ihr beim Wiederaufbau des Hafens helfen sollt. Das alles geschieht innerhalb von weniger als fünf Minuten. Diese extrem hektische Einleitungssequenz ist symptomatisch für das gesamte Spielerlebnis, das euch Yonder: The Cloud Catcher Chronicles vorsetzen will.Ein Fallbeispiel: Recht früh im Spiel erhalten wir unsere eigene Farm. Durch das Fällen von zwei bis drei Bäumen erhalten wir innerhalb vom einer Minute genug Bauholz, um diese auf Knopfdruck wieder aufzubauen. Postwendend erscheinen aus dem Nichts jeweils zwei Ställe, Wasser- und Futtertröge in unserem Inventar, die wir - ebenfalls auf Knopfdruck - auf einem eingeblendeten Raster platzieren. Zum Schluss füttern wir in der Wildnis ein büffelähnliches Wesen und locken es kurz auf unsere Farm, um es zu adoptieren. Da wir nun ein Nutztier haben, erscheint in regelmäßigen Abständen automatisch eine Flasche Milch in der am Eingang platzierten Truhe. Aber das war es dann auch schon und wir haben schon nach wenigen Minuten keinen Grund mehr dazu, noch etwas Zeit auf der frisch aufgebauten Farm zu verbringen.
Im Eiltempo durch die Spielwelt
Ein echtes Regelwerk, das uns dazu zwingt, das Tier täglich zu füttern und zu pflegen, um irgendwann die Milch als Belohnung für stetige Arbeit zu erhalten, gibt es in Yonder nämlich nicht einmal ansatzweise - auch im restlichen Spiel nicht. Der komplette Ablauf besteht aus in mundgerechte Happen zurechtgeschnittenen Sammel- und Suchaufgaben, die den Spieler nur selten dazu zwingen, sich länger als fünf Minuten derselben Aufgabe zu widmen. Und wenn wir in einem verlassenen Haus ein zurückgelassenes Tagebuch finden, erzählt dieses nicht etwa ausführlich die Geschichte der früheren Bewohner, sondern ist nach zwei kurzen Sätzen abgehandelt: „Leider werden die dunklen Mächte immer stärker. Aber Gerüchten zufolge soll die königliche Armee demnächst etwas dagegen unternehmen.“ Alle Elemente von Yonder wurden so rudimentär umgesetzt, dass sie gerade so funktionieren, und dann für das fertige, auf Konsolen über zwanzig Euro teure Spiel so belassen.In Anbetracht dieser erdrückenden Kritik ist es schon fast als Kuriosum zu betrachten, dass Yonder - trotz allem - irgendwie Spaß macht. Die kompakte, prall gefüllte Spielwelt lädt zum Erforschen ein, und die Kürze der einzelnen Sidequests kann das Spiel durch ihre schiere Anzahl wieder ausgleichen. Die unzähligen Sammelobjekte erinnern derweil schon fast an die berüchtigten Krogs aus Breath of the Wild. Auch die Tatsache, dass das Adventure komplett ohne Kämpfe und die Möglichkeit des virtuellen Ablebens auskommt, ist durchaus sympathisch. Wer will, kann also tatsächlich dutzende Stunden in Yonder investieren - denn so lange wird es dauern, ohne eine Komplettlösung alle Geheimnisse zu entdecken. Im Vergleich zu direkten Konkurrenten wie Animal Crossing oder Fantasy Life hat der Indie-Titel aber einfach viel, viel weniger zu bieten.