Test

Injustice 2

Von Andreas Held am 23.05.2017

Batman vs. Superman

Nach dem ersten Spielstart werdet ihr umgehend in ein Tutorial verfrachtet, in dem ihr in der Rolle von Batman mit dem Man of Steel trainieren dürft. Dieses startet erst einmal sehr elementar: Mit der rechten Richtungstaste bewegen wir Batman nach rechts. Macht Sachen! Auch sonst macht Injustice 2 keine Anstalten, große Innovationen in das Beat'em Up-Genre einzubringen. Das Kampfsystem bietet euch die übliche Kombination aus leichten bis starken Attacken, Blocks, Würfen und einigen Combos. Zusätzlich könnt ihr nach dem Aufladen einer entsprechenden Leiste einen starken Super-Move entfesseln - auch das geschieht nicht über eine komplexe Tastenkombination, sondern durch gleichzeitiges Drücken der beiden Trigger. Injustice 2 will also ganz klar (auch) Gelegenheitsspieler einfangen, die irgendwann The Dark Knight Rises gesehen und nun Lust auf ein unkompliziertes Prügelspiel mit dem Alter Ego von Bruce Wayne haben.

Gleichzeitig geben die Entwickler aber auch Genre-Veteranen genug Werkzeuge an die Hand, um ihr Können auszuspielen. Um einen Charakter zu meistern müsst ihr nicht nur verschiedene Combos beherrschen, die innerhalb von Sekundenbruchteilen und mit perfektem Timing eingegeben werden müssen, sondern auch die Tastenkombinationen und die Reichweite all eurer Spezialattacken in- und auswendig kennen, um in jeder Kampfsituation das perfekte Werkzeug parat zu haben. Wer online einem geübten Spieler gegenübersteht und selbst nur auf gut Glück versucht, ein paar Treffer zu landen, wird eine deutliche Niederlage einstecken und schnell begreifen, dass Injustice 2 das Kredo "einfach zu lernen, schwer zu meistern" nahezu perfekt umsetzt. Obwohl die Spieltiefe nicht an die von hochkomplexen 2D-Fightern wie Guilty Gear oder BlazBlue heranreicht, können wir also festhalten, dass sich Injustice 2 nicht auf seiner Lizenz ausruht, sondern auch sehr solides Gameplay zu bieten hat.

Die starke DC-Lizenz ist natürlich trotzdem eine Trumpfkarte, die NetherRealm sehr bereitwillig ausspielt. Die Kämpfe zwischen den Superhelden und ihren Widersachern werden pompös in Szene gesetzt: Kontrahenten werfen sich vor und während der Kämpfe in kurzen Cutscenes käsige Sprüche an den Kopf und die Superattacken werden (zumindest für die bekannteren Charaktere) als aufwändig animierte Filmchen auf den Bildschirm gezaubert. Leider nutzen sich diese Szenen, die nicht übersprungen werden können, sehr schnell ab und stören mit der Zeit zunehmend den Spielfluss. Abseits dieser Sequenzen überzeugt Injustice 2 mit detaillierten Charaktermodellen und Arenen. Diese reißen zwar im Vergleich zu den aktuellen Grafik-Referenzen keine Bäume aus; dafür läuft das Gameplay immer absolut flüssig und mit stabilen 60 FPS über den Bildschirm.

Substanz für Einzelspieler

Solisten werden zunächst mit dem Story-Modus geködert. Hier spendieren euch die Entwickler eine etwa fünf bis sieben Stunden lange Superhelden-Geschichte, die genretypisch eine reißerische Inszenierung der Action-Sequenzen höher priorisiert als eine überraschende und ausgeklügelte Handlung. Nüchtern betrachtet besteht dieser Modus jedoch nur aus einer Aneinanderreihung von Einzelkämpfen und Videosequenzen. Interessanter ist der Multiverse-Modus, in dem euch praktisch unbegrenzt viele Missionspakete angeboten werden, die meist auch eine Sonderregel implementieren: Mal erscheinen in der Arena immer wieder Heilungsitems; ein anderes Mal fliegen exploriende Pinguine durch die Gegend. Anders als im Story-Modus, der euch eine freie Wahl des Schwierigkeitsgrads erlaubt, ist die KI im Multiverse-Modus recht humorlos und nimmt ungeübte Spieler mit überraschender Härte auseinander.

Ein weiteres Hindernis sind die RPG-Elemente: Jeder Charakter verfügt über einen Erfahrungslevel und Ausrüstungsgegenstände, die ihr erst mal erspielen müsst. Um in den meisten Multiverse-Missionen überhaupt eine Chance zu haben, müsst ihr also zunächst ein paar Charaktere trainieren und mit stärkeren Items ausstatten. Die Verteilung der Ausrüstungsgegenstände erfolgt fast ausschließlich über Loot-Boxen mit zufälligem Inhalt, was einigen Spielern sauer aufstoßen könnte - immerhin entsteht durch ein solches System die Gefahr, dass ihr deutlich länger als andere Spieler mit dem Zusammenstellen der idealen Ausrüstung für euren Lieblingscharakter beschäftigt seid, wenn euch der Zufallsgenerator nicht wohlgesonnen ist. Die so erspielten Vorteile wirken sich auch auf den Online-Multiplayer-Modus aus.

Für Auseinandersetzungen mit Spielern aus aller Welt bietet euch NetherRealm die üblichen Optionen an und stellt euch vor die Wahl zwischen Ranglistenkämpfen gegen zufällige Gegner und privaten Lobbys. An der Verbindungsqualität gibt es nichts auszusetzen - auch online laufen die Kämpfe absolut flüssig, Ruckler sind kaum zu bemerken. Einen Verbindungsabbruch wertet das Spiel wie eine Niederlage - darüber hinaus erhält nach einem vollständigen Kampf auch der Verlierer Items und Erfahrungspunkte. Wer also aus Frust über eine drohende Niederlage seine Internetverbindung unterbricht, schadet damit ausschließlich sich selbst. An einen lokalen Mehrspielermodus wurde ebenfalls gedacht.

Fragwürdige Monetarisierung

Injustice 2 bietet euch eine Zusammenstellung aus über zwei Dutzend Comichelden und Bösewichtern an. Neben den üblichen Verdächtigen findet ihr im Lineup auch einige Außenseiter wie Black Adam oder Gorilla Grodd, die zwar nur absoluten Comicnerds wirklich bekannt sein dürften, dafür aber auch etwas frischen Wind mitbringen. Im Vergleich zu anderen Genrevertretern ist die Auswahl durchaus üppig, weshalb es sich auch verschmerzen lässt, dass die Entwickler bereits vor dem Release neun weitere DLC-Charaktere angekündigt haben und in Form einer Ultimate Edition zu einem relativ happigen Preis verkaufen. Weniger schön: Darkseid ist zwar im fertigen Spiel enthalten, muss aber trotzdem für 5,99€ freigekauft werden. Zahlt ihr dieses "Lösegeld" nicht, wird er euch zwar in allen Menüs angezeigt, ist aber nicht anwählbar, sodass ihr ständig daran erinnert werdet, den Vollpreis für ein unvollständiges Spiel gezahlt zu haben. Die Versuchung, den vergleichsweise kleinen Betrag zur Komplettierung des Spiels noch auf den Tisch zu legen, ist groß - und das ist vermutlich von Warner auch so beabsichtigt. Brainiac wird ebenfalls als Day-One-DLC angeboten, kann aber alternativ auch durch das Beenden des Story-Modus freigeschaltet werden.
Darüber hinaus gibt es im Spiel auch noch eine Premium-Währung. Immerhin: Diese kann derzeit nicht zum Einkauf von Erfahrungspunkten oder Ausrüstungsgegenständen eingesetzt werden, sodass euch der Geldeinsatz keinerlei Vorteile im Online-Multiplayer verschafft. Stattdessen dienen die sogenannten Quellkristalle ausschließlich zum Freischalten von alternativen Farbkombinationen für die einzelnen Kämpfer. Wer nun wirklich bis zu 49,99€ dafür auf den Tisch legen will, dass Harley Quinns Anzug eine andere Farbe hat, kann das gerne tun - trotzdem sind solche Premium-Währungen vor allem in Vollpreisspielen nicht gern gesehen. Außerdem können wir natürlich nicht ausschließen, dass nach zukünftigen Patches auch andere Items mit der Premium-Währung gekauft werden könnten.

Fazit:

Injustice 2 bietet Fans des DC-Universums jede Menge Fanservice. Ein zwar nicht atemberaubender, aber immerhin aufwändig inszenierter Story-Modus, die durch den Multiverse-Modus und die RPG-Elemente auch für Solisten sehr hohe Langzeitmotivation, sowie die große Anzahl an verfügbaren Kämpfern, die auch weniger bekannten Figuren einen Platz im Rampenlicht ermöglicht, bilden ein sehr zufriedenstellendes Gesamtpaket. Gelegenheitsspieler erfreuen sich an der Zugänglichkeit des Kampfsystems und den einfach auszuführenden Super-Attacken, während Profis genug spielerischen Anspruch vorfinden werden, um auch längerfristig Spaß an den Auseinandersetzungen im hervorragend funktionierenden Online-Multiplayer zu haben. Injustice 2 ruht sich also nicht auf der starken DC-Lizenz aus, sondern hat neben den vielen bekannten Figuren auch ein grundsolides Gameplay zu bieten. Dabei hat es aber weder besondere Innovationen zum Beat'em-Up-Genre beizutragen, noch kann es der unglaublichen Spieltiefe der Genre-Könige das Wasser reichen. Trotzdem sollten sowohl Liebhaber des DC-Universums als auch Fans von Prügelspielen mit Injustice 2 auf ihre Kosten kommen - und wer beides mag, hat wahrscheinlich ohnehin schon die Ultimate Edition im Regal stehen.

Unsere Wertung:
8.0
Andreas Held meint: "Injustice 2 hat neben viel Fanservice auch ein grundsolides Gameplay zu bieten, ist aber sicherlich kein Meilenstein des Beat'em-Up-Genres."
Injustice 2 erscheint für PlayStation 4 und XBox One. Wir haben die Version für PlayStation 4 getestet.
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3 Kommentare:
Matthew1990)
Matthew1990
Am 23.05.2017 um 22:00
Ich habe mir den ganzen Film auf YouTube bereits angeschaut.
An sich interessiert der Titel mich jedoch nicht.
Interessant wäre es jedoch: Gibt es wieder diese ganzen "Beschreite 500 Erfolge mit Charakter X"? xD
JoWe)
JoWe
Am 24.05.2017 um 10:10
Danke für den Test! Spricht mich aber nicht sooo an, weil mich Beatemups bisher nicht dauerhaft motivieren. Ich probier erstmal ARMS aus =)
Belphegor)
Belphegor
Am 24.05.2017 um 20:11
Wo kann ich endlich die Switch Version bestellen? Hatte viel Spaß mit Teil 1 auf der U und würde gerne weiter machen.