
Donkey Kong Bananza
Wir haben uns in Donkey Kong Bananza gestürzt, das neue 3D-Jump'n'Dig von Nintendo EPD, um herauszufinden, ob der Kong nach all den Remakes und Retro-Reminiszenzen noch Staub aufwirbeln kann. Unser Eindruck vom neuen Donkey Kong in aller Kürze: charmant, laut, oft clever, gelegentlich etwas behäbig und durchweg darauf ausgerichtet, uns immer wieder kleine Belohnungen in die Hände zu drücken. Doch nun zum ausführlicheren Testbericht.
Nintendo EPD hat das gleiche Team wie bei Super Mario Odyssey an Bord, unter der Leitung von Kenta Motokura, und das merkt man. Die Handschrift der Entwickler ist allgegenwärtig, nur eben mit mehr Schmutz unter den Nägeln. Die Prämisse des Spiels ist dabei recht simpel: Donkey Kong und eine junge Pauline verfolgen den bösen Void und seine Handlanger, die alle Bananen für sich bunkern wollen, um zur legendären Banandium-Ader am Erdkern vorzudringen. Das ungleiche Duo steigt Schicht für Schicht immer tiefer hinab, anfangs vor allem von DKs unstillbarem Hunger nach Bananen vorangetrieben. Generell ist DKs Motivation immer simpel und kongfreundlich: Bananen essen. Insgesamt erwarten uns eine ganze Menge großer Schichten, jede mit mehreren Unterschichten, und je tiefer wir kommen, desto wilder werden die Umgebungen. Überraschenderweise sind die meisten Levels trotz der abwärtsgerichteten Grundidee eher horizontal aufgebaut, erst später verlangt das Spiel wirklich nach vertikalem Graben und Tunnelbohrerei.
Im Zentrum steht, wie bei einem Collectathon üblich, die Sammelmechanik. Bananen sind mit über 700 Exemplaren die Hauptwährung, dazu kommen verschiedene Fossilien, die als Währung für Kleidung dienen, Banandium-Chips sowie Schatztruhen, die Gold, Luftballons oder Heilitems verstecken. Gold ist nochmal separat wichtig. Es dient als Währung für Ingame-Events und wird einem beim Ableben von DK zum Teil abgezogen. Die permanente Belohnungsstruktur fühlt sich wie bei Odysseys Monden an, überall wartet ein kleines Goodie. Das ist damals wie heute bewusst so designt, damit auch Spieler mit einer kürzeren Aufmerksamkeitsspanne durch die ständigen Dopaminhäppchen am Ball bleiben. Nicht zu verachten ist allerdings, dass dieses Spieldesign auch dazu führt, dass sich selbst eine kurze Spielsession schon lohnenswert anfühlt. Bei der mobilen Konsole kann das natürlich auch ein großer Vorteil sein.
DKs Moveset ist sorgfältig ausgearbeitet und erlaubt auch anspruchsvollere Manöver, auch wenn es nicht ganz die schiere Vielfalt von Marios Werkzeugkasten in Odyssey erreicht. Donkey Kong rollt, surft auf riesigen Gesteinsbrocken, kann dank dieser Brocken doppelspringen, sie werfen und in alle Richtungen zuschlagen, sogar nach oben und unten. Diese Werkzeuge führen zu befriedigenden Ketten an Aktionen, vor allem wenn man Momentum aufbaut und die Umwelt für kreative Combos nutzt.
Da spielt natürlich auch das wohl auffälligste Feature von Bananza rein: Fast alles in jedem Level ist zerstörbar. Diese radikale Zerstörbarkeit macht das Leveldesign lebendig statt vorgefertigt. Einstürzende Wände, zerbrechliche Böden und zerschmetterte Dekorationen schaffen nicht nur optische Effekte, sondern verbergen Geheimnisse und Wege, die zum improvisierten Erkunden einladen. Weil DK sich nach Belieben durchs Gelände fräsen kann, reagiert die Welt auf uns, und die Kamera fängt das Meiste davon überraschend gut ein, selbst wenn wir tief unter der Erde toben.
Die Erkundung ist dementsprechend nicht strikt linear, doch es gibt einige wohlplatzierte Bottlenecks in Welten, in denen neue Bananzas freigeschaltet werden. Wir können außerdem in frühere Schichten zurückkehren, ausgestattet mit neuen Fähigkeiten und Blickwinkeln, um mehr Bananen zu sammeln. Aber Halt, „Bananzas“?
Die Bananza-Verwandlungen sind ein Gag und ein Spielsystem zugleich: DK verwandelt sich temporär in verschiedene Tiere mit je eigenen Fähigkeiten. Als großer Affe ist er unglaublich stark und macht Bosskämpfe fast trivial, als Zebra rennt er wie der Teufel, als Strauß gleitet er und wirft Eierbomben. Zwei weitere Verwandlungen gibt es noch dazu, diese werden aber im späteren Spielverlauf freigeschaltet. Visuell und spielerisch machen die Bananzas Laune, aber leider werden viele dieser Spielideen nur halbgar erkundet.
Das ist wohl die größte verpasste Chance des Spiels. Die Entwickler haben sich einige tolle Ideen ausgedacht, nutzen die Bananzas aber selten zwingend. Abgesehen von speziellen Welten sind Zebra, Strauß und eine weitere Verwandlung eher nette Spielzeuge als nötige Werkzeuge. Man hätte ruhig häufiger Leveldesigns verwenden dürfen, die diese Fähigkeiten in cleveren Kombinationen erzwingen. So bleiben manche Verwandlungen eher schmückendes Beiwerk statt ein echtes Gameplay-Argument.
Balance-technisch ist Donkey Kong Bananza insgesamt recht leicht. Das Grundspiel ist schon zugänglich und die Affen-Bananza macht viele Bossfights nahezu anspruchslos. Die kleineren Gegner werden immer wieder recycelt, dabei aber mit zunehmend härteren Materialien ausgestattet, sodass man vertraute Muster erkennt und sich trotzdem weiterentwickelt fühlen kann. Wer knallharte Prüfungen sucht, wird hier also (wenig überraschend) enttäuscht. Langweilig wird es natürlich trotzdem nie. Es prasseln ständig Belohnungen auf uns ein, außerdem gibt es kleinere Subwelten, die das Spielgeschehen auflockern: Rätsel, Zeitkampfübungen oder Goldrausch-Minispielchen bringen Abwechslung. Gerade die Rätsel- und Geschicklichkeits-Subwelten sind oft sehr innovativ und fordern DKs Moveset auf angenehme Weise heraus.
Manche dieser Abschnitte sind in 2D gehalten, eine liebevolle Hommage an frühere Donkey-Kong-Spiele. Generell ist die Welt von Bananza voller Easter Eggs, Anspielungen an frühere Spiele und altbekannte Charaktere. Neu hingegen sind die sogenannten Fraktons, nette NPCs, denen man in jeder Schicht begegnet. Sie geben Kommentare ab, lenken DK in die richtige Richtung und fungieren auch als Shop.
Paulines Entwicklung überrascht positiv. Sie ist die einzige vollständig synchronisierte Figur und wächst im Spiel über sich hinaus: Anfangs noch schüchtern und zurückhaltend, entdeckt sie immer mehr ihr Gesangstalent und tritt mutiger auf. Ihr Gesang hat direkte Einwirkung auf die Spielwelt und DK, ihre Stimme löst schließlich die Bananza-Verwandlungen aus. Der Koop-Modus erlaubt Spieler 2 über Paulines Gesang ebenfalls, die Umgebung zu zerstören und Feinde zu bekämpfen. Das macht den Koop-Part zu einer asynchronen Teamarbeit, ersetzt aber keinen echten Koop-Modus, in dem beide Spieler einen großen, starken Affen steuern können.
Donkey Kong Bananza führt übrigens eine Neuheit für die Reihe ein: einen Fähigkeitenbaum. Für je fünf gesammelte Bananen gibt es einen Fähigkeitspunkt, den wir im Skilltree investieren können. So verbessern wir Bananzas, erweitern DKs Moves und erhöhen seine Gesundheit und Schlagkraft. Auch ein Sonar lässt sich hier aufwerten, was essenziell ist, um alle versteckten Items zu finden. Fossilien dienen als kosmetische Währung für Kleidung und verschiedene Fellfarben, Banandium-Chips lassen sich für eine Gebühr gegen Bananen eintauschen. Dieses System schafft mehrere lohnenswerte Ziele neben dem reinen Bananensammeln.
Grafisch ist Bananza bunt und glänzend, cartoonig, aber mit viel Textur. Also genau der Look, den wir uns für DK wünschen. Die Grafik lädt geradezu zum Zerstören ein, weil alles so schön auseinanderfällt. Musikalisch sehen wir ein gemischtes Bild: Der Score erreicht nicht ganz die ikonische Klasse früherer DK-Titel, was schade ist, denn Musik spielt eine zentrale Rolle im Spiel. Die Remixes älterer Stücke sind aber sehr gelungen und die Musik während der Bananza-Verwandlungen ist ein echtes Highlight. In jedem Layer gibt es zudem ein Unterkünfte-System, in dem wir heilen, uns umziehen und den Soundtrack auf einem Plattenspieler hören können.
Natürlich hat das Spiel auch Schwächen: Manche Kameraeinstellungen stottern bei massiver Zerstörung, die Bananza-Formen trivialisieren Bosskämpfe und wir hätten uns gewünscht, dass mehr Level diese Formen zwingend nutzen. Das Tutorial auf der Ingot Isle ist außerdem träge und sogar eher langweilig gestaltet. Eventuell hätte hier etwas weniger zerstörbares Gelände für einen flotteren Spieleinstieg gesorgt. Beim letzten Bosskampf ging zudem die Bildrate deutlich in den Keller, das restliche Spiel ist von diesem Problem aber weniger betroffen. Trotzdem ist Donkey Kong Bananza ein verspielter Trip unter die Erde, der sehr, sehr vieles richtig macht und uns öfter zum Lächeln gebracht hat, als wir erwartet hätten.
Fazit:
Donkey Kong Bananza ist eine glänzende, rumpelnde Liebeserklärung ans 3D-Jump'n'Run, die sich die Collectathon-DNA von Super Mario Odyssey borgt, sie aber mutig in Erdmassen wälzt. Vertraute Ideen wurden frech umgebaut zu etwas, das ganz klar KONG ist. Das Spiel ist zugänglich, häufig sehr einfallsreich und voller kleiner Freuden, nicht zuletzt in Form zahlloser Bananenwitze und der befriedigenden Zertrümmerung von Dekorationen. Technische Unsauberkeiten und ein zu leichtes Balancing mindern den Gesamteindruck zwar, doch die Liebe zum Detail, die smarten Subwelten und Paulines stimmlicher Beitrag machen Bananza zu einem der unterhaltsamsten Titel der aktuellen Generation. Und ja: Wir sind ausgezogen, um Bananen zu sammeln, und sind am Ende sehr, sehr satt geworden.
