Uncharted 4: A Thief's End
Schlechte Spiele zu testen, ist ein angenehmer Job für einen Spiele-Redakteur. Schwächen treten schnell zu Tage und oft muss man das Spiel für den präzisen Ersteindruck nichtmal komplett durchspielen. An Ecken und Kanten kann man sich reiben, Fehler genussvoll zerpflücken und kaputtreden. Und dann gibt es noch das andere Extrem. Die Spiele, die nicht nur schön, sondern makellos sind. Die Spiele, die Genres definieren, Maßstäbe setzen und sich nicht vergleichen lassen, weil es einfach nichts Vergleichbares gibt. Uncharted 4: A Thief’s End ist so ein Spiel; ein so perfekt in Form gegossenes Erlebnis, dass man es gar nicht schlecht finden kann - und erst recht nicht darf. Sonst hagelt es Beleidigungen und Morddrohungen wie etwa bei Michael Thompson von der Washington Post. Wie soll man sich also mit solchen Spielen auseinandersetzen? Probieren wir es einfach und schauen, wie viele Kritikpunkte wir an diesem hochgelobten PS4-Exklusivtitel wirklich finden können.
Der Schatz aller Schätze
Nathan Drake geht wieder auf Schatzsuche. Und dafür mussten die Entwickler bei Naughty Dog ganz schön lange schuften. Kein Wunder, schließlich brauchte es nach El Dorado, dem geheimen Königreich Shambhala und der verschollenen Stadt Iram erstmal einen neuen Superlativ. Geeinigt hat man sich schließlich auf Henry Avery, einen legendären Piraten, der seinerzeit ein sagenumwobenes Paradies erschaffen haben soll, zusammen mit dem größten Piratenschatz aller Zeiten, der irgendwo dort auf seiner Galeone geparkt ist.
Für diese Abenteurerei ist Nathan Drake inzwischen eigentlich zu alt. Aber als dann plötzlich sein Bruder Sam mit neuen Hinweisen um die Ecke kommt, stürzen sich die beiden zusammen mit Nates Ziehvater Victor Sullivan natürlich wieder direkt ins Abenteuer. Dabei beginnt das Spiel zunächst mit einigen Prequel-Sequenzen. Langjährige Fans der Reihe bekommen mehr Einblick in den Hauptcharakter und werden in der einen oder anderen Szene mit kleinen Randbemerkungen und Easter-Eggs dafür belohnt, dass sie die vorangegangenen drei Hauptteile der Reihe sowie gewisse andere Spiele aus dem Hause Naughty Dog gespielt haben.
Manch einer hat sich bereits bei Uncharted 3 beschwert: zu viel stupides Herumgeballere, keine frischen Ideen, alles irgendwie schonmal da gewesen. Hier hat Naughty Dog sich Gedanken gemacht und versucht, die ausufernden Kletterpartien mit zwei neuen Mechaniken interessanter zu gestalten. Da wären zunächst Wurfseile, die ihr in allen Variationen benutzen könnt: zum Abseilen, Hinaufziehen, Hin- und Herschwingen, Herüberschwingen, Um-die-Ecke-Schwingen sowie für das Heranziehen von Objekten. Und natürlich hat eine ganze Armada an Programmierern dieses Feature absolut perfekt und makellos umgesetzt. Dementsprechend exzessiv wird dieses neue Gameplay-Element auch bei den Kletterpassagen ausgereizt. Im Rahmen der Shootouts findet es leider eher selten Anwendung.
Zu den Wurfseilen gesellen sich dann noch rutschige oder matschige Abhänge, an denen ihr herunterrutschen könnt - mit den entsprechenden Gefahren für Leib und Leben des Protagonisten. Auch die Gegner-KI wurde um einen wichtigen Aspekt erweitert: Fehlbarkeit. Endlich können die feindlichen Armeen Nate auch aus den Augen verlieren, sodass das Schleichen in Uncharted 4 im Gegensatz zu seinen Vorgängern auch wirklich funktioniert und nicht etwa an fest einprogrammierten Spawn-Hotspots für Gegner scheitert.
Aus spielerischer Sicht war es das auch schon. Natürlich gibt es in Uncharted 4 noch unzählige weitere Verbesserungen, die allerdings keinen Einfluss auf das Gameplay, sondern höchstens auf das Spielgefühl haben. So passt sich etwa die Buddy-KI sehr dynamisch und vorausschauend an eure Laufgeschwindigkeit an, geht voraus, macht euch auf Hinweise in den Leveln aufmerksam oder bewegt sich eigenständig zu diversen Hotspots in der Spielwelt. Die dynamische Vertonung des Spiels wurde ebenfalls extrem detailverliebt umgesetzt und für jede noch so obskure Aktion wurden alle beteiligten Figuren auf Filmniveau durchanimiert. Mit Uncharted 4 hat Naughty Dog merklich eine noch höhere Qualitätsstufe erreicht.
Die Änderungen am Gameplay sind also überschaubar. Dennoch fühlt sich Uncharted 4 merklich anders an als seine Vorgänger. Die Gründe dafür sind vielfältig. Zunächst einmal wäre da der gemächliche und storylastige Spieleinstieg. Da Uncharted 4 offenbar das letzte Spiel der Reihe (zumindest mit Nathan Drake und von Naughty Dog selbst) werden soll, wollte man dem Hauptcharakter wohl noch mehr Tiefe geben. Und sind die 22 Kapitel der Hauptstory durchgespielt, wird man erstaunt feststellen: Noch nie wurde in einem Uncharted-Spiel so wenig geballert. Und das ist zunächst positiv.
Durch den stärkeren Fokus auf Storyparts, Kletter-Passagen und die Erkundung der Spielwelt fühlt sich Uncharted 4 wesentlich mehr wie ein Abenteuerspiel an. Dabei ist besonders die Präsentation der Story zu loben. So wird besonders zum Ende des Spiels hin das Schicksal von Henry Avery und seinem Piraten-Paradies beleuchtet. Hier kommt ein richtiges Entdecker-Gefühl auf und Uncharted 4 kann narrativ weitaus mehr begeistern als seine Vorgänger. Und wenn dann doch mal geballert wird, dann sind diese Spielpassagen kurz und knackig. Zusätzlich wird dabei durch das Terrain der Kampfumgebung immer ein spezielles Gameplay-Element in den Fokus gerückt. Mal habt ihr die Möglichkeit, den Gegnern durch Tauchen zu entkommen, und mal müsst ihr geschickt klettern oder Ankerpunkte für euer Wurfseil nutzen, um nicht über den Haufen geschossen zu werden.
Besonders viel Mühe ist wieder in die Ausgestaltung der Rätsel geflossen. Von ihnen gibt es ein paar mehr als in den vorangegangenen Spielen und alle sind perfekt in die Spielwelt integriert. In eurem Tagebuch könnt ihr Nates Notizen lesen, die oft einen Hinweis auf die Lösung der Rätsel enthalten, sofern dieses durch den eifrigen Dialog mit eurem Begleiter nicht ohnehin bereits vorgelöst wurde. Werden die Rätsel komplexer, könnt ihr erstmals richtig mit eurem Tagebuch interagieren. So erfordert beispielsweise ein Rätsel die Anordnung diverser Kacheln. Hierfür liegen im Tagebuch einige Papierschnipsel bereit, die Nate dann unterschiedlich drehen und anordnen kann.
An dieser Stelle soll übrigens noch eine andere Lobhudelei wiederlegt werden: Entgegen der Behauptung vieler Tester sind die Level in Uncharted 4 keineswegs “weniger schlauchartig”. Zwar sind manche Areale deutlich weitläufiger, allerdings hat das spielerisch kaum Auswirkungen. Das angestrebte Ziel wird nach wie vor auf dem Silbertablett serviert und auch in den Kämpfen wird der neu gewonnene Freiraum nicht wirklich ausgenutzt.
Lockeres Multiplayer-Vergnügen
Wer also richtig ballern will, der sollte den Multiplayer-Modus spielen. Hier hat man sich ins Zeug gelegt und auf verschiedenen Ebenen mehr Komplexität hinzugefügt, um den Modus von der ehemals nette Dreingabe zu einem ernstgemeinten Spielbestandteil aufzuwerten. Der Spieler sammelt Erfahrungspunkte, um neue Waffen freizuschalten, legt diverse Konfigurationen seiner Items an und kann sich mit Naughty Dog-Points allerhand dekorative Elementen zulegen. Das bisher wohl größte Videospiel-Investment von Sony soll sich schließlich auch langfristig lohnen.
Im Multiplayer selbst kommt es dann erstaunlicherweise nicht so sehr auf Waffengeschick an. Maximal zehn Spieler treten in den insgesamt vier Spielmodi auf eher kleineren Maps gegeneinander an und verschaffen sich in erster Linie durch geschicktes In-Deckung-Gehen und die Nutzung der Wurfseile einen taktischen Vorteil, damit man Gegner von hinten umballern oder direkt im Nahkampfangriff ausschalten kann. Wer getroffen wird, geht zunächst zu Boden und kann von einem Mitstreiter wieder hochgezogen werden.
Fazit:
Wir haben wirklich penibel nach Fehlern gesucht, doch müssen anerkennen: Uncharted 4: A Thief’s End wird allen Erwartungen gerecht. Im technischen Bereich werden diese sogar noch weit übertroffen, sodass wir dafür eine weitere Teilwertung über dem bisherigen Maximum “Herausragend” einführen müssten. Spielerisch passiert hingegen nicht genug, um Uncharted 4 wie seinerzeit den zweiten Teil der Reihe als Meisterwerk zu feiern. Dennoch kann Uncharted 4 einen ganz großen Erfolg für sich verbuchen: während viele Videospiele so cineastisch sein wollen, dass vom Spiel am Ende kaum etwas übrig bleibt, ist Uncharted 4 hingegen so interaktiv, dass man sich wundert, wie das Spiel es trotzdem in jeder Sekunde schafft, sich wie ein Film anzufühlen. Somit legt Naughty Dog wieder einmal ein wegweisendes Videospiel vor, dass sicherlich auch als eines der besten Spiele der aktuellen Konsolengeneration in die Geschichtsbücher eingehen wird. Nur eben nicht spielerisch.
Zweite Meinung von Tim Herrmann
Seien wir mal ehrlich: Spielerisch hat Naughty Dogs Vorzeigefranchise (seit jeher) außer solide-austauschbarem Third-Person-Shooting und anständig-simpler Kletter-Action nicht allzu viel zu bieten. Was es dennoch zu einer herausragenden Serie gemacht hat, sind die Action-Inszenierungen, die die Entwickler in ihrer bombastischen Absurdität immer wieder aufs Neue übertroffen haben. Und natürlich die coolen Charaktere. Aufwändige Grafiktechnologie spielte dabei immer eine Hauptrolle. Und sie tut es mehr denn je in Uncharted 4. Doch anders als so viele andere Videospiele, die sich mit fortschrittlicher Grafik brüsten, ist A Thief’s End kein Grafikblender. Nein, es nutzt Technologie für ein Spielerlebnis, das es so noch nicht gegeben hat. Für ein wirklich cineastisches Spielerlebnis, in dem jede Sekunde glaubhaft ist; in dem jede mimische Regung der Figuren dem Spieler nahegeht, weil sie so real wirkt; in dem die Schauplätze aussehen, als könne man selbst hinfahren, obwohl sie doch fast cartoonhaft überzeichnet und stilisiert sind, lichtdurchflutet, beklemmend oder eiskalt. Im Kern stecken hinter alldem nur profane, abstrakte Beleuchtungstechnologien, Physik-Engines und intelligente Sound- oder Textursysteme. Doch praktisch nutzen die Entwickler sie, um eine Geschichte zu erzählen, die sich nicht immer nur in Wörtern ausdrückt, sondern in Bildern und Emotionen. Und das ist durchgehend unheimlich unterhaltsam; sowohl mit bombastischen Explosionen - als auch ohne sie.
Auch wenn es technisch ein Meisterwerk ist, so geht es ja doch auch m das spielerische und wnen ich da lese "Spielerisch hat Naughty Dogs Vorzeigefranchise (seit jeher) außer solide-austauschbarem Third-Person-Shooting und anständig-simpler Kletter-Action nicht allzu viel zu bieten."
Dann wären doch 8.0 oder 8.5 - was ja auch schon sehr gut is - doch mehr angebracht als mit 9.0 was aus meiner Sicht immer ein Spiel sein sollte das spielerisch innovativ oder auf sehr hohem Niveau ist.
Und es gibt durchaus neue Features, wie das Rutschen (Schlamm und Dreck kommen auch extrem gut rüber), inklusive verschmutzter Kleidung (nicht wie anderswo höchstens 2 Sekunden etwas nass) oder Dinge wie das Auto mit dem Seil irgendwo hochziehen. Generell die Freiheit, die man dabei hat, also die Art, wie man das Seil an Gegenständen befestigt, wie man selbst mit einem Seil schwingt, wie man das Notizbuch verwendet usw. Die Detailliebe ist umwerfend. Grafik ist bombig, Humor sitzt wie immer. Die Ballereien sind Naughty Dogs große Schwäche, das haben sie in U und TLOU nie so richtig in den Griff bekommen. Also es gibt die richtig gut inszenierten und die "Standard-Naughty Dog"-Ballereien. Letztere können im Spielfluss etwas stören, sind aber an sich auch gut umgesetzt und ich wüsste nicht, wo es sonst so große Herausforderungen geben soll, wenn nicht bei den Schießereien. Denn Deckung wird einem schnell zerschossen, Gegner kreisen einen ein usw. - schon auf normalem Schwierigkeitsgrad muss man gut auf seine Umgebung achten und kann sich nicht einfach auf der faulen Haut ausruhen. Taktik ist gefragt. Wem das auf normal nicht reicht, der hat noch hard und crushing zur Auswahl. Fordernd sind die Spiele auf den hohen Schwierigkeitsgraden schon immer. Wer natürlich auf leicht spielt, braucht sich nicht darüber zu wundern, wenig gefordert zu werden.
Auf jeden Fall sind 10/10 locker verdient. Uncharted ist die beste Serie, die es gibt, da kommt nichts ran.
Ein solches Spiel verdient keine 10/10 eigentlich nicht mal eine 9, es sei denn, man ist von der Optik wirklich verblendet.
Und wenn ich dinge Lese, wie Tomb Raider kopiert von Uncharted, muss ich mir sowas von an den Kopf fassen, dass es gewaltig klatscht. Tomb Raider gab es schon, da haben einige der Naughty Jungs noch in die Windeln gekackt, auch wenn die TR Titel irgendwann richtig schlecht wurden.
Ich hoffe, da U4 der letzte Teil ist, kommt als nächstes etwas besseres, spielerisch ist viel Luft nach oben.
Und wenn du sagst, Uncharted könne nichts außer Grafik, hast du schlichtweg keine Ahnung. Wenn man sich über negative Dinge der Serie aufregt, dann realisiert man manchmal nicht, auf was für hohem Niveau. Das sind einfach absolute Meisterwerke. Wer nichts mit dem Genre anfangen kann, dem wirds halt keinen Spaß machen, aber das liegt nicht an den Spielen.
Ich rege mich jetzt auch nicht extrem darüber auf, dass es "nur" 9 Punkte gibt, aber es ist einfach so, dass dann echt kein Spiel die 10 knacken kann, wenn es wegen der paar winzigen Kritikpunkte und der Exzellenz, die sonst geboten wird, einen Punkt Abzug gibt.
Mir persönlich gefällt Tomb Raider seit dem Reboot eigentlich besser, die alten Teile sind zwar Kult, konnten mich aber nie lange packen. Wobei das neueste Tomb Raider auch schon wieder sehr lahm war, da hatte mir das reboot sehr viel besser gefallen. Der Nachfolger hat nicht mehr so dichte Atmosphäre. Das zusammen mit mieser Story und schlecht geschriebenen Charakteren und Dialogen führt dann halt nur zu Murks. Lara ist jetzt auch wieder die lahme Entdeckerin, die einfach alles dransetzt, einen Fund zu machen, um den Namen ihres Vaters reinzuwaschen. Vorher die Lara, die knallhart ums Überleben gekämpft hatte, kam sehr viel lebendiger rüber, da konnte man richtig mitfühlen. Zumindest bis zu der Stelle, als sie von jetzt auf gleich auf einmal von verzweifelter Überlebenskämpferin zu abgebrühter Anführerin wurde, hätte lieber so bleiben sollen wie am Anfang. Oder zumindest hätte der Wechsel nicht so krass sein sollen.