Test

LEGO City Undercover

Von Michael Prammer am 18.04.2017
Neben einer Playstation 4-, Xbox One- und Steam-Variante, bekommt auch Nintendos Switch eine Version mit dem ulkigen Cop Chase McCain spendiert. Was die Neuauflage auf dem Kasten hat und ob alte Fehler ausgemerzt wurden, verraten wir euch in unserem Test.

Chase McCain?!

Ein Draufgänger. Ein Scherzkeks. Ein cooler Typ. Ein Profi. Eine Legende. All das ist Chase McCain. Mit Beginn des Spiels feiert der Großstadt-Cop auch seinen ganz persönlichen Neuanfang in LEGO City. Nachdem er die Stadt nach einem brenzligen Fall vor Jahren verlassen hatte, bitten die örtlichen Behörden ihn wieder um Hilfe – ausgerechnet bei einer Neuauflage des besagten Falls: Rex Fury, ein gefürchteter Bandenboss, ist aus dem Kittchen geflohen und stiftet Unfrieden. McCain startet die Ermittlungen und klappert die LEGO City nach Spuren, Hinweisen und Komplizen des Verbrechers ab.

Klar, dass das nicht ohne eine gehörige Prise Komik abläuft, die der LEGO-Videospielserie seit jeher eigen ist. Verließen sich die Entwickler in früheren Ablegern noch ganz auf Gestik, Mimik und Slapstick, hält seit kurzem auch Sprache Einzug. Auch LEGO City Undercover ist vollständig und umfangreich deutsch vertont. Die anderen Sprachversionen lassen sich ebenfalls auswählen. Filmsequenzen, Dialoge oder kurze Satzfetzen von Zivilisten wurden hochwertig von Profi-Schauspielern eingesprochen. Eine Szene ohne aufgezwungenen Witz werden Spieler während des gesamten Spiels kaum finden. Comichafte Dialoge und Charaktere oder skurrile Situationen, Hintergründe und Kommentare lassen keinen Zweifel: LEGO City Undercover kann man nicht ernst nehmen. Aber ernst will das Spiel auch gar nicht sein. Stattdessen lehnt es sich an bekannte Gangster-Filme an, spielt mit dem Kontrast zwischen dem heldenhaft-coolen Chase McCain und seiner fragwürdigen Umwelt und lässt die Bilder von tollpatschigen LEGO-Figuren für sich sprechen. Das mündet manchmal in zündenden Gags und ab und zu in Rohrkrepierern – wie immer, wenn Humor versucht wird.

Die seichte Detektivgeschichte plätschert unaufgeregt vor sich hin: Chase McCain erledigt Missionen und findet am Ende immer wieder Hinweise darauf, wo er als nächstes ermitteln muss. Nach und nach deckt er so als Undercover-Polizist mit vielen Gesichtern die Verbindungen des Verbrechernetzwerks auf, erhält neue Fähigkeiten und kommt seinem Ziel näher.

Die Welt als Star

Der eigentliche Star von LEGO City Undercover ist aber nicht Chase McCain – auch nicht seine Kollegen und Widersacher mit ihren Einzelschicksalen. Der eigentliche Star ist, ähnlich wie zuletzt in The Legend of Zelda: Breath of the Wild, die LEGO City selbst: Sie ist bekannten Metropolen nachempfunden und leiht sich etwa die Golden Gate Bridge aus San Francisco oder den Times Square und die Brooklyn Bridge aus New York. Auch Einschläge von London sind erkennbar. Das gesamte Stadtgebiet ist frei begehbar und lädt zum Erkunden und Entdecken ein, wobei die Stadt in verschiedene Bezirke geteilt ist: Ein Theaterdistrikt gehört genauso dazu wie China-Town, rurales Landgebiet, Wohnviertel, Inseln oder ein Hafenbezirk. Die Stadt ist tatsächlich ziemlich groß – einmal um sie herumzufahren, dauert (abhängig von der Route) fünf bis fünfzehn Minuten. Wer von A nach B kommen möchte, benötigt einen fahrbaren Untersatz. Gut, dass die Straßen mit allerhand Fahrzeugen gefüllt sind. Bereitwillig stellen die Bewohner von LEGO City ihre Vehikel dem Ordnungshüter zur Verfügung, sobald er sie benötigt.

Einmal im Wagen, könnt ihr alle Regeln des Straßenverkehrs getrost ausblenden und ohne Rücksicht auf Verluste durch die Botanik brettern. Straßen fungieren zwar als Orientierungshilfen auf dem Weg zum Ziel, prinzipiell könnt ihr mit Autos aber auch durch Fußgängerpassagen düsen oder Treppen befahren. LEGO-Charaktere springen entweder aus dem Weg oder berappeln sich unverletzt, sodass das Spiel durchweg kinderfreundlich bleibt. Zerschmetterte LEGO-Objekte hinterlassen Blöcke, die automatisch aufgesammelt werden. Kollisionen verursachen Schaden am Gefährt. Auch wenn man von LEGO City Undercover kein verkapptes Open-World-Rennspiel erwarten darf, ist es den Entwicklern gelungen, die motorisierten Vehikel so weit feinzutunen, dass es einen spürbaren spielerischen Unterschied zwischen dem Zehntonner und dem Sportwagen gibt.

Ein Schnellreisesystem via Bahn ist nur in Ansätzen vorhanden, die Entwickler wollen ganz offenkundig, dass ihr die LEGO-Stadt selbst immer besser kennenlernt und euren Weg auch ohne Karte findet. Das funktioniert gut. Die Stadt ist mit liebevollen Details ausstaffiert und bietet immer wieder kleine Herausforderungen wie Zeitrennen, Verfolgungsjagden oder Parcours. Schade, dass die Passanten nicht aktiv ansprechbar sind und deswegen auch keine Nebenmissionen bereithalten.

Altbekannte Probleme und ganz viele Plastikmünzen

Sobald der Spieler in der offenen Stadt ermitteln soll, nimmt LEGO City Undercover Fahrt auf. Doch das Spiel besteht daneben zu großen Teilen aus ganz klassischen abgeschlossenen Level-Partien, genannt: „Spezialmissionen“. Der Spieler muss sie linear vom Anfang zum Ziel durchqueren, um am Ende Hinweise auf den nächsten Ermittlungsort zu bekommen. Diese Levels sind seicht und spiegeln das grundsätzliche Problem der LEGO-Videospiele wider. Sie werden unheimlich schnell langweilig.

Spielerisch bleiben sie mit ihren Rätselchen auf simpelstem Niveau und bieten kaum mehr als die wie immer zerstörbare Umwelt. McCain zertrümmert die LEGO-Kulisse, um die daraus entstehenden einzelnen Klötzchen aufzusammeln oder neue Objekte aufzubauen. Dabei kann er kaum einen Schritt gehen, ohne die sogenannten Studs aufzusammeln, kleine Plastikmünzen, die als Punkte fungieren. Wenn das die Währung in der LEGO City ist, dann muss die Bevölkerung unter einer gigantischen Hyperinflation leiden. Die kleinen silbernen / goldenen / blauen Steine liegen nämlich überall, schon nach wenigen Spielstunden ist Chase Stud-Millionär. Anhand der eingesammelten Studs bemisst sich der generelle Fortschritt. Sammler können es daher kaum übers Herz bringen, die Münzen einfach liegenzulassen. Ein gewisses Suchtpotential ist ihnen also nicht abzusprechen – und trotzdem nerven die Studs tödlich, fühlt man sich doch ständig genötigt, Umwege für ein paar Münzen zu laufen, oder den quirligen Punkteblöckchen hinterherzurennen, wenn sie aus irgendeinem Mechanismus heraussprudeln. Zertrümmern und Studs sammeln – viel mehr gibt es spielerisch nicht zu tun. Kämpfe mit Gegnern sind, obwohl schön inszeniert, spielerisch nicht besonders anspruchsvoll - zumal der "Tod" wie immer in LEGO-Land zu sofortiger Wiederbelebung führt und damit seinen Schrecken einbüßt.

Eine wichtige Rolle spielen Kostüme; eine bekannte Idee aus den LEGO-Spielen. Im Spielverlauf findet McCain Verkleidungen, die ihm neue Fähigkeiten bescheren. Als Dieb, Bergarbeiter, Astronaut oder Feuerwehrmann kann er bestimmte Mechanismen bedienen und im Spiel voranschreiten. Tatsächlich sind die verschiedenen Interaktionspunkte für die Berufe das wichtigste, was es in der Stadt zu entdecken gibt. Wer sie richtig bedient, findet Sammelextras. Oder Studs. Natürlich. Obwohl sie auch sonst überall herumliegen. Daneben trifft Chase immer wieder auf große, leere LEGO-Bretter. Hier kann er Superbauten errichten, die einen funktionalen oder storyrelevanten Nutzen haben. Die LEGO-Steine dafür findet er, indem er die Umwelt zertrümmert oder versteckte Superblöcke aufspürt (eigentlich reichen die Superblöcke, weil einer bis zu 10.000 kleine wert sein kann).

So viel Spaß die Erkundung der City am Anfang auch macht – recht schnell hat man alles gesehen und arbeitet nur noch die einzelnen Interaktionspunkte ab. Chase kann also entweder der linearen Hauptstory folgen oder sich der Suche nach Sammelobjekten widmen. Spielerisch ist das ein bisschen wenig. In der Stadt hätte gerne noch viel mehr passieren dürfen. Sie ist doch sehr limitiert.

Grafisch alles neu in LEGO City?

Wie schlägt sich die Neuauflage von LEGO City Undercover in technischer Hinsicht? Auf Wii U war der Titel schließlich alles andere als fehlerfrei. In der uns vorliegenden Playstation 4-Version gibt es hingegen nicht mehr viel zu meckern. Man merkt der Optik mit seinen schärferen Texturen deutlich an, dass nun mehr Rechenpower zur Verfügung steht. Und auch die Performance ist deutlich besser geworden. Da seinerzeit zudem verhältnismäßig wenig mit den Möglichkeiten des Wii-U-Gamepads als zweitem Bildschirm gearbeitet wurde, vermisst man diese Funktionalität nur sehr wenig. Doch wie sieht es in der uns ebenfalls vorliegenden Switch-Version aus? Klare Antwort: Hier wäre deutlich mehr drin gewesen. Zwar sieht das Spiel auch auf Nintendos neuester Konsole besser als auf Wii U aus, jedoch geht die Bildrate (vor allem im Handheld-Modus) regelmäßig in die Knie. Diese Framerate-Einbrüche wird man vor allem bei den Fahrten in einem der vielen Gefährte wahrnehmen. Was sich allgemein bei allen Versionen nicht besonders verbessert hat, sind die nervigen Ladezeiten. Diese fallen zwar etwas kürzer aus, bremsen das Spielgeschehen jedoch weiterhin merklich. Immerhin darf man sich über einen Koop-Modus freuen, der in der Neuauflage eingebaut wurde. Die große LEGO-Stadt zu zweit zu erkunden, macht dann gleich doppelt so viel Spaß. Doch Vorsicht, liebe Nintendo-Freunde: Wer denkt, er könne mit je einem JoyCon spielen, der irrt. Pro Spieler werden mindestens zwei JoyCons oder aber ein Pro-Controller benötigt.

Fazit:

LEGO City Undercover richtet sich vor allem an Spieler, die keine Wii U besitzen und besessen haben. Der Titel hat sich im Vergleich zum Original kaum verändert, geschweige denn verbessert. Auf den „großen“ Konsolen gibt es schönere Grafik und im Spiel ist nun ein Koop-Modus zu finden. Auf Nintendos Switch schwächelt der Titel allerdings technisch und bringt auch sonst kaum Verbesserungen zum Original. Der Koop-Modus ist auch hier vorhanden, lässt sich jedoch leider nicht so nutzen, wie es Switch-Spieler vermutlich gerne tun würden – nämlich mit je einem JoyCon an einer Konsole. So bietet die Nintendo-Version - bis auf die Mobilität - leider keinerlei Mehrwert und Besitzer der Wii U-Fassung sollten sich zweimal überlegen, ob sie hier nochmal zuschlagen wollen. Vor allem aus technischer Sicht sollte man die PS4 – oder Xbox One-Version bevorzugen. Wer mit Chase McCain unterwegs spielen möchte und die technischen Makel verkraften kann, wird aber auch mit der Switch-Version Spaß haben.

Von uns getestete Versionen: Nintendo Switch und PlayStation 4

Unsere Wertung:
7.0
Michael Prammer meint: "Auch die Neuauflage bleibt ein unterhaltsames Open-World-Abenteuer, jedoch wertet nur der Koop-Modus das Original etwas auf. Leider auf Switch technisch durchwachsen."
LEGO City Undercover erscheint für PC und PlayStation 4 und Wii U und Nintendo Switch und XBox One. Wir haben die Version für PC getestet.
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6 Kommentare:
Belphegor)
Belphegor
Am 18.04.2017 um 19:08
Eines der großartigsten Wii U Spiele dem ich damals eine satte 9,8 gegeben habe verliert nun seine Exklusivität. Das wurmt mich ohne Ende. Immerhin werde ich darin bestätigt das durch fehlenden technische Verbesserungen es wohl eher ein 0815-Port geworden ist. Klaro wer LCU für Wii U nicht hat sollte es sich spätestens jetzt holen. Ich erfreue mich aber weiterhin an meinen 100 % Spielstand mit über 65 Stunden Spielzeit aus dem Jahre 2013!
Venne)
Venne
Am 18.04.2017 um 19:26
Ich hatte damals auch die Wii U Version, wurde aber nicht warm damit. Hatte vllt 10h auf der Uhr und dann die Lust verloren. Hatte ich aber öfter an der Wii U. Nun Spiele ich es größtenteils im Handheld Mode während dessen meine Frau TV guckt. Dort hab ich noch nicht die Lust verloren und werde es dieses mal wohl zu Ende bringen.
the_Metroid_one)
the_Metroid_one
Am 18.04.2017 um 20:23
Ziemlich lieblos umgesetzt. An sich lohnt sich das Spiel aber für diejenigen, die keine U haben.
KilledGamer)
KilledGamer
Am 18.04.2017 um 22:21
Ich bin jetzt total zwiegespalten. War damals das einzige Spiel, weswegen ich meine U behalten hätte, und habe sie dann nur eingetauscht wegen dieser Version für Switch. Aber sie scheint es doch nicht wert zu sein. Hm...

Wahrscheinlich werde ich es mir holen, damit ich es endlich zu 100% bringe, und etwas Unterstützung für die Thirds zu zeigen.
the_Metroid_one)
the_Metroid_one
Am 19.04.2017 um 00:09
Damit zeigst du eher, dass Bedarf für alte Ports statt neuen Titeln besteht.
Belphegor)
Belphegor
Am 19.04.2017 um 09:57
Jedes Plus 1 zeigt Warner das sie mit diesem 4 Jahre alten Port alles richtig gemacht haben. Man stelle sich vor das Warner innerhalb dieser 4 Jahre auch einen waschechten Nachfolger mit neuen Ideen, neuer Engine und neuer Spielerfahrung hätte programmieren können. Dann hätten alle Spieler dieser Welt ein Spiel mehr und müssten trotzdem nicht auf Teil 1 verzichten. Wahnsinn was alles möglich wäre wenn man nur wollen würde.
the_Metroid_one)
the_Metroid_one
Am 19.04.2017 um 13:20
Aber dafür hätte man an Nintendo glauben müssen. LCU ist hingegen risikoarm und billig.
KilledGamer)
KilledGamer
Am 19.04.2017 um 21:15
Hmm... Ihr habt schon recht... außerdem wird es dann nur aus Nostalgiegründen noch 1-2 mal eingesteckt werden, und das war's dann. Ich kenn mich doch.
Ich lass es lieber.
RickGrimes)
RickGrimes
Am 18.04.2017 um 22:59
Mein erstes und liebstes LEGO Spiel, schade das die Umsetzung für Switch so mies zu sein scheint.
RickGrimes)
RickGrimes
Am 18.04.2017 um 23:01
Was ist eigentlich mit den Nintendo Easter eggs? Ich gehe mal davon aus das diese aus dem Spiel entfernt wurden. Auch in der Switch Fassung?
Belphegor)
Belphegor
Am 19.04.2017 um 09:58
Dachte ich auch erst aber angeblich sollen diese in allen Versionen drin sein. Wie das geht? Keine Ahnung. Theoretisch müssten ja Lizenzgebühren fließen. Schade das auf so ein wichtiges Thema im Test nicht eingegangen wurde.
the_Metroid_one)
the_Metroid_one
Am 19.04.2017 um 16:56
Vielleichr bekam WB die Rechte dazu das Spiel vollständig zu portieren. Die paar Kleinigkeiten werden Nintendo nun auch nicht umbringen.
Venne)
Venne
Am 19.04.2017 um 12:04
Nintendo Raster Eggs sind in der Switch Version drin. Ps4 weiß ich nicht. Und die Version ist nicht so lieblos wie alle meinen. Es läuft mindestens genauso gut wie die Wii U Version, sieht dabei aber noch besser aus.
Belphegor)
Belphegor
Am 19.04.2017 um 19:22
Mhhhh in direkten Vergleichsvideos erkenne ich keine Unterschiede. Höchstens das die Helligkeit anders ist. Aber grafisch ist das komplett identisch.