Wii U – Ein Drama in fünf Akten: Chronologie einer Konsolengeneration. Akt I und Akt II.
Die Geschichte der Wii-U-Konsole ist ein Drama in fünf Akten. NplusX beleuchtet, wie der Nachfolger von Nintendos erfolgreichster Heimkonsole zu einem kommerziellen Flop wurde.
Akt I: Die Vorstellung. „A Wii for U“
„A Wii for U“ – das ist das Credo, das Nintendo of Americas COO Reggie Fils-Aimé im Jahr 2011 auf der Electronic Entertainment Expo (E3) erstmals für die neue Konsole ausgibt. Und gleichzeitig wird das Motto zum Konsolennamen: Nintendo stellt seine neue Heimkonsole als „Wii U“ vor, nachdem in den Monaten zuvor bereits heftig über das „Project Café“ spekuliert worden war.
Schon der Name plakatiert unübersehbar: Das neue System soll ein direkter Nachfolger von Nintendos erfolgreichster Heimkonsole Wii werden. Aber eben keine Casual-Konsole, als die die Wii (oft zu Unrecht) verschrien war. Nein, die neue Konsole soll das Beste der Wii-Generation mit dem Besten verbinden, was PS3 und Xbox360 zu bieten haben: Third Party-Blockbuster, Action-Spiele und Online-Modi zusammen mit Mario, Zelda und Wii Fit. Genau damit soll diese Wii-Konsole mit HD-Technik eine Konsole für jeden werden, für die Oma ebenso wie für den Hardcore-Gamer. Es ist genau diese Unentschlossenheit, die der Konsole später das Genick brechen soll.
In den Jahren und Monaten vor dem Launch im Winter 2012 bemüht sich Nintendo redlich, möglichst vielen Drittherstellern möglichst ernsthafte Unterstützung für das neue Hardware-Projekt abzuringen. Eine Herkulesaufgabe; schließlich hatten sich Publisher wie EA und Activision mit ihren teilweise sehr guten exklusiven Wii-Spielen nur Monate zuvor eine äußerst blutige Nase geholt. Andere hatten auf Wii viel Geld verdient – aber mit Spielen, die nicht unbedingt das Steckenpferd des neuen Systems werden sollen. Doch ohne die Dritthersteller, so viel ist klar, wird die Vision der „Wii for You“ nicht umsetzbar sein. Nintendo macht deshalb ganz klar: Man werde notfalls auch für Drittherstellerunterstützung bezahlen.
E3 2012: Die endgültige Enthüllung soll der neuen Konsole den Kickstart für ihren Launch im November geben. Doch Nintendo versemmelt den wesentlichen Teil des Auftritts, überlässt die Bühne eben jenen verschrienen Casual-Titeln wie SING Party, Wii Fit U und Nintendo Land, die man doch eigentlich nicht mehr in den Vordergrund stellen wollte. Stattdessen präsentiert man ein konsoleninternes Social Network, das Miiverse, als größte Innovation; und das sogar am Wochenende vor der Messe, in einer eigenen Ausgabe von Nintendo Direct, die Lust auf mehr machen soll. Auf der Messe selbst hält Nintendo seine traditionell starken Eigenentwicklungen weitgehend zurück und überlässt Drittherstellern das Feld. Sie haben außer halbgaren Portierungen und kleinen Projekten allerdings nichts zu zeigen. Die Euphorie vor dem Launch? Weitgehend verflogen.
Akt II: Der Launch und der Moment der Wahrheit. „Asymmetrisches Gameplay“
30. November 2012. Nintendo bringt die Wii U-Konsole auf den Markt. Der große Run, wie es ihn 2006 beim Wii-Launch gab, bleibt diesmal aus. Nintendo fehlt eine Killer-App wie Wii Sports, die jeder schon beim Zuschauen versteht. Stattdessen wartet die neue Konsole mit „Nintendo Land“ auf, einer Minispielsammlung mit Nintendo-Marken, die eine prägende Philosophie der Generation bannerhaft vor sich herträgt: „asymmetrisches Gameplay“. Doch das Angebot, das Nintendo mit asymmetrischen Spielkonzepten macht, ist schwierig zu erklären, spielerisch theoretisch, recht anspruchsvoll. Die Wii-Fernbedienung und die Bewegungssteuerung begriff noch jeder. Das Wii U-GamePad ist hingegen ein großer, klassischer Controller geworden. Nichts für unerfahrene Spieler.
Nintendo Land bleibt lange Zeit das einzige Spiel, das den zweiten Bildschirm wirklich nutzt. Sogar Nintendo selbst hat kaum Ideen, was man mit dem Touchscreen anstellen soll, baut in diverse Spiele kleine Extras-Features ein, die aber kaum Mehrwert bringen. Stärkstes Argument der Konsole: Man kann jetzt auch ohne den Fernsehbildschirm spielen. Fast alle Titel unterstützen sogenanntes Off-TV-Gameplay, bei dem die Konsole ihr Signal direkt auf den kleinen Bildschirm streamt. Diese Idee hat so viel Anklang gefunden, dass Nintendo sie 2017 mit Switch zur Vollendung wird treiben wollen.
Das Launch-Lineup der Wii U-Konsole ist unterdessen zwar groß, bleibt aber weitgehend blass. Nintendo liefert neben Nintendo Land ein neues New Super Mario Bros., das sich stilistisch und spielerisch fast gar nicht von seinen Vorgängern unterscheidet. Stattdessen sollen die Dritthersteller im Fokus stehen. Doch sie bleiben vorsichtig, nur Ubisoft zeigt sich engagiert. Wo die Franzosen mit ZombiU einen innovativen und exklusiven Erwachsenentitel abliefern, der den ganzen Anspruch von Nintendos neuem Konzept untermauert, belassen es die anderen bei Portierungen bereits erschienener Spiele, bei kleinen Konzeptideen oder bei dem, was schon auf Wii funktioniert hat: Minispielsammlungen.
Dennoch kann Nintendo den Launch als Erfolg verbuchen. Innerhalb der ersten paar Monate gehen mehr als drei Millionen Konsolen über die Ladentheken. Im Januar 2013, nur ein paar Wochen nach dem Release der neuen Konsole, will Nintendo sein neues Baby weiter beschleunigen. In einer neuen Ausgabe von Nintendo Direct, die sich ausschließlich mit Wii U beschäftigt, gibt der Publisher ein Versprechen ab; das Versprechen, dass die neue Konsole großartige Spiele erhalten wird – und viele. Fans sehen ein neues Xenoblade-Rollenspiel, ein Yoshi-Jump & Run, ein Remake von The Legend of Zelda: The Wind Waker, ein Crossover von Fire Emblem und Shin Megami Tensei und bekommen Bestätigungen für die obligatorischen neuen Mario-, Zelda- und Mario Kart-Ableger. Dass viele der vorgestellten Spiele erst bis zu vier Jahre später erscheinen würden, ist damals zwar absehbar, wird aber von Nintendo und seinen Fans gekonnt ausgeblendet.
Die Launch-Euphorie aufrechterhalten, keinen Eindruck von Schwäche aufkommen lassen – das hat für Nintendo in den Monaten nach dem Launch oberste Priorität. Doch schnell verblasst die Euphorie und schlägt ins Gegenteil um. Im Akt 3, nach Aristoteles „die Peripetie“. Am Wendepunkt. Fortsetzung folgt.
@Redaktion
Finds gut, dass ihr euch treu geblieben seit und weiterhin kritisch seid! Bin auf jedenfall gespannt, was noch so an Special-Artikeln rund um Wii U so rauskommt.
Dank an die Redaktion, dass sie anscheinend ein journalistisches Selbstverständnis hat und keine Marketing-Außenstelle Nintendos ist.
Ich fand Nintendo Land weit aus spaßiger als Wii Sports. Ich fand Wii Sports immer bescheuert. Vor allem mit Freunden war Nintendo Land einfach klasse.
"Nintendo Land bleibt lange Zeit das einzige Spiel, das den zweiten Bildschirm wirklich nutzt. "
Ha! Rabbids Land! Take that! ... na, gut. Das gilt nicht.
Leider stimmt dies, wie es da steht. Billige 3rd-Ports und GamePad war auch völlig irrelevant.
Aber selbst wenn "Off-TV-"Modus das einzige Argument für den zweiten Bildschirm sei, IST es ein gutes Argument. Wenn jemand lieber dauerhaft am Fernseher spielt, okay..., aber es gibt nun einmal Individuen, die dies nicht immer können. Und da geht es um die Option, DAS man dies kann.
Ich schätze mal gemeint ist sinnvoll bereichert und nicht nur das Bild vom TV auf dem Pad mitlaufen lassen. Denn mal ganz ehrlich. Selbst Nintendo ist nix gescheites eingefallen das Pad sinnvoll einzubinden. Bestes Beispiel ist für mich die obligatorische Karte bei den Zelda Remakes (nett aber mMn kein Wow Efekt) oder die zwanghafte Verwendung bei StarFox Zero...
Nintendo hat immer das asynchrone Gameplay angeprießen und dann ist quasi nichts gekommen...
Außerdem, wenn du das Gamepad wegen dem Doppelbildschirm, ohne weitere Funktionen, gemocht hast, dann musst du ja die Switch lieben.