
Laika: Aged through Blood
Bei manchen Spielen ist es einfach Liebe auf den ersten Klick. Auf dem Handy erscheint eine Meldung, dass Nintendo einen Trailer für ein neues Indie-Spiel veröffentlicht hat und man klickt ihn mehr aus Langeweile, als aus ernsthaftem Interesse an, nur um 45 Sekunden später den Entschluss zu fassen, dass man diesen Titel unbedingt testen muss. So war es zumindest bei mir, als ich den Trailer zum Metroidvania Laika: Aged through Blood gesehen habe, das von dem spanischen Indie-Studio Brainwash Gang stammt. Ob das Abenteuer rund um die Kojotin auf dem Motorrad hält, was der kleine Clip versprach, erfahrt ihr hier.
On a Highway to Hell
Laikas Abenteuer spielt in einer postapokalyptischen Welt, die von anthropomorphen Tieren bevölkert wird. Die Vögel haben die meisten anderen Spezies in einem Weltkrieg vernichtet, nachdem sie beschlossen hatten, dass sie die einzig wahre Lebensform sind. Die wenigen Überlebenden isolieren sich in versteckten Siedlungen so gut es geht von der Außenwelt. Als der beste Freund von Laikas Tochter dann eines Tages aber doch von Vögeln außerhalb des Dorfes aufgegriffen und brutal ermordet wird, zieht Laika als einzige Kämpferin ihres Clans los, um blutige Rache zu nehmen. Dem Freund und auch dessen Vater kann sie zwar nicht mehr helfen. Dafür entdeckt sie aber neue, verstörende Pläne, um auch die letzten überlebenden Nicht-Vögel zu finden und zu vernichten und sieht sich gezwungen, zum Wohle ihrer Tochter und der anderen Tiere in den Kampf zu ziehen.
Die Geschichte führt euch gut durch die Welt des Spiels, hat aber ein paar Unstimmigkeiten wie Laikas Familienfluch, der sie, wie schon ihre Mutter vor ihr, zur Unsterblichkeit verflucht, bis ihre Tochter das erste mal blutet. Ein Konzept, das zwar grundsätzlich erklärt, warum der Charakter nach jeder Niederlage wieder aufersteht, davon abgesehen aber ebenso unnötig wie widersprüchlich ist. Unnötig, weil sich Spieler seit Dekaden nicht mehr darüber wundern, wenn Charaktere aufgrund von grünen Pilzen, 100 Ringen oder auch einfach nur so immer wieder aufstehen, und paradox, weil mit jeder Niederlage auch alle Gegner immer wieder respawnen und sich somit die Frage stellt, ob nicht die wenigen Charaktere, die nur ein Leben haben, in dieser Welt die Verfluchten sind. Die scheinen es in den atmosphärisch schön gestalteten Ödlanden eh nicht allzu leicht zu haben, wie sie uns in den optionalen Dialogen gerne mitteilen. Nahezu jeder von Ihnen ist auf die eine oder andere Art durch die Hölle gegangen oder traumatisiert worden, sodass Blut, Schmerz, Gewalt und andere Probleme die vorherrschenden Dialog-Themen sind. Zwischen all dem ist Laikas Liebe zu ihrer Tochter der einzige Lichtblick. Wirklich fröhlich oder locker wird die Geschichte des Spiels aber so gut wie nie.
Ride on!
Spielerisch ist Laika: Aged through Blood ein klassisches 2D-Metroidvania, oder “Motorvania”, wie die Entwickler es gerne bezeichnen. Abseits von Siedlungen seid ihr ausschließlich auf eurem Motorrad unterwegs, auf dem ihr die Gegend durchstreift und Gegner bekämpft, was einige recht einzigartige Vor- und Nachteile mit sich bringt: Dank der vielen natürlichen Rampen und Halfpipes, die sich überall in der Welt finden lassen, seid ihr auf eurem Motorrad mobiler unterwegs als in den meisten anderen Vertretern des Genres. Die Steuerung des Bikes braucht eine kurze Zeit der Eingewöhnung, geht dann aber problemlos von der Hand. Dafür habt ihr allerdings das Problem, dass eine Landung auf dem Kopf (z.B. nach einem halben Überschlag) direkt tödlich ist. Saltos sind im Spiel aber aus mehreren Gründen unerlässlich: Zum einen ist die Unterseite eures Gefährts kugelsicher, sodass Treffer hier kein Problem darstellen. Zum anderen ist der Rückwärtssalto die einzige Methode, eure Waffen nachzuladen, deren Magazine gerade am Anfang zum Teil nur eine oder zwei Kugeln fassen. Im weiteren Verlauf des Spiels findet ihr überall in der Welt Materialien, mit denen ihr neue Waffen schmieden und vorhandene Waffen aufwerten könnt, um unter anderem auch die Magazine etwas zu vergrößern. Um die Mechanik mit den Überschlägen herum kommt ihr dank der Gegner, die bei jeder Niederlage und jedem erneuten Besuch eines Gebietes respawnen, aber nicht.
Haltet ihr die Schusstaste gedrückt, verlangsamt sich das Spielgeschehen für einige Sekunden, damit ihr in der Zeitlupe die Gelegenheit habt, auf Gegner zu zielen, bevor sie euch erfassen. Eine clevere Mechanik, die oft dringend notwendig ist, da ihr mit dem Motorrad nur selten beim Schusswechsel still steht. Von den Bossen einmal abgesehen, sterben die meisten Gegner, so wie auch ihr, direkt beim ersten Treffer und hinterlassen euch ein paar leckere Eingeweide, die in den Ödlanden als Zahlungsmittel dienen. Sterbt ihr, lasst ihr am Ort eures Ablebens einen Beutel fallen, in dem sich die Hälfte eurer Ersparnisse befinden, während ihr am zuletzt genutzten Speicherpunkt, die überall in der Welt schlau positioniert wurden, aufersteht. Mit den Währungs-Beuteln haben die Entwickler eine vereinfachte Version der Mechanik ins Spiel gebracht, die “Dark Souls” Spielern bekannt sein dürfte: Erreicht ihr euren Beutel, erhaltet ihr die verlorenen Eingeweide zurück. Sterbt ihr auf dem Weg zu ihm, verliert ihr einen zweiten Beutel, der wieder die Hälfte der Währung in eurem Besitz enthält. Sterbt ihr jetzt vor dem Einsammeln eines der beiden vorher verlorenen Beutel noch ein drittes mal, wird ein neuer Beutel hinterlassen, während der älteste mitsamt seinem Inhalt aus dem Spiel entfernt wird. Die Mechanik fühlt sich in den meisten Teilen des Spiels fair an, zwingt euch aber indirekt dazu, euch mit schweren Stellen in der Welt zu befassen, wenn ihr euer “Geld” zurückbekommen wollt, das ihr für den Erwerb von Kartenabschnitten, Upgrades, Kerzen und andere Gegenstände dringend braucht. Gerade die Kartenabschnitte sind viel wert, da sie einen Teil eurer Übersichtskarte aufdecken, was bei der Orientierung enorm hilfreich ist. Kerzen erlauben euch die Schnellreise zu einigen wenigen strategisch auf der Karte verteilten Punkten, was euch eine Menge Reisezeit ersparen kann. Doch auch mit ihnen werdet ihr mindestens 20 Stunden brauchen, um Laikas Geschichte abschließen zu können, wenn nicht sogar mehr.
Eine nötige Warnung
Die Schwierigkeit des Spiels verdient in diesem Test einen eigenen Abschnitt, denn obwohl Laika: Aged through Blood ein insgesamt tolles Spiel ist, können wir nur bedingt zum Kauf raten: Nämlich dann, wenn ihr Freude an Spielen habt, die weniger frustresistente Spieler und Spielerinnen dazu bringen können, einen Controller im Bildschirm zu versenken. Laikas Abenteuer ist stellenweise bockschwer, was an der Masse der Aktionen liegt, die ihr zum Teil zeitgleich vornehmen müsst. Da muss im Sprung ein sauber ausgeführter Salto geschlagen und parallel geschossen werden, während Gegner aus mehreren Richtungen auf euch schießen und euch nur der Unterboden eures Motorrades vor den Geschossen aus einer Richtung schützt. Trifft euch ein Schuss, sterbt ihr. Verfehlt ihr einen eurer wenigen Schüsse, erschießt euch vermutlich der glückliche Überlebende. Landet ihr auf dem Kopf, sterbt ihr. Und bei einem neuen Versuch sind auch alle zuvor besiegten Gegner wieder da, sodass die Versuche nicht leichter werden. Das Spiel bietet zwar in den Optionen eine Möglichkeit, bei missglückten Überschlägen ein wenig Gnade walten zu lassen, doch in Fällen, in denen euch diverse Lenkraketen verfolgen, hilft das natürlich nicht besonders viel. Auch die Grafikengine ist nicht ganz schuldlos an der Schwierigkeit, denn atmosphärisches Bildschirmrütteln, Staubwolken und Blutspritzer machen es hin und wieder schwer zu erkennen, wie Laika in der Luft ausgerichtet ist und auch die Kamera, im Versuch euch einen Überblick über das gesamte Kampfgeschehen zu geben, scrollt zeitweise so weit raus, dass das Erkennen von Laika und ihrem Motorrad problematisch wird. Da sich Gegner, von den Bossen einmal abgesehen, nicht bewegen und jeder Gegner sein Angriffsmuster auch über mehrere Versuche hinweg beibehält, kann so ziemlich jede Konfrontation aber trotzdem siegreich gelöst werden. Wie lange, bzw. wie viele Versuche ihr dafür braucht, hängt dabei alleine von eurem Muskelgedächtnis und eurer Frusttoleranz ab.
Technisch fast immer sehr gut
Technisch läuft Laikas Abenteuer, von den erwähnten Problemen mit der Kamera und der übermotivierten Grafikengine einmal abgesehen, so sauber wie eine gut geölte Maschine. Was die Handlung in Sachen Atmosphäre vorgibt, wird von der Grafik des Spiels und dem Soundtrack der hauseigenen Musikerin Beícoli großartig in Bild und Ton wiedergegeben und unterstrichen. Die handgezeichnete Grafik funktioniert genauso gut wie sie aussieht und zeigt die Ödlande in ihrer ganzen blutigen, postapokalyptischen Pracht. Zwar hätten die Zonen gerne noch ein wenig mehr Abwechslung vertragen können, aber grundsätzlich wirkt die gesamte Spielwelt sauber und konsequent umgesetzt. Nur hin und wieder schießt die Engine ein wenig über das Ziel hinaus, wenn Rauchschwaden oder Blutspritzer kurzfristig die Sicht auf Laika nehmen, was mitten im Sprung problematisch sein kann. Die meiste Zeit über sieht das Spiel aber einfach nur gut aus. Unterlegt wird das Geschehen mit ruhigen Gesängen und Gitarrenmusik, was insbesondere beim Fahren durch die tristen Landschaften ein Gefühl von Weite und Heimweh vermittelt. Dass die Musik uns auch ein wenig Trost bei den vielen Niederlagen verschafft hat, die wir im Laufe unseres Tests erleiden mussten, ist darüber hinaus ein netter Bonus. Eine Sprachausgabe bietet das Spiel in keiner Sprache an. Die Ladezeiten zwischen den Kartenabschnitten sind angenehm kurz und nach einer Niederlage so gut wie nicht vorhanden und die Steuerung reagiert auf jede Eingabe, sodass auch waghalsige Manöver kein Problem sind, solange ihr den Überblick behaltet.
Fazit:
Mit Laika: Aged through Blood haben die Entwickler der Brainwash Gang ein tolles Metroidvania (oder halt Motorvania) geschaffen, dessen einziges echtes Problem die Tatsache ist, dass seine Qualität und sein Schwierigkeitsgrad sich in nichts nachstehen. Handlung, Grafik, Soundtrack und die restliche Technik lassen fast keine Wünsche offen und auch das Gameplay ist, vom teils brutalen Schwierigkeitsgrad einmal abgesehen, toll geworden. Jüngere Spieler und Genre-Einsteiger sollten sich erst einmal an einem der vielen anderen Vertretern des Genres versuchen. Wer sich aber an der düsteren und blutigen Atmosphäre des Spiels nicht stört und sich an dem frischen Spielprinzip mit Freude die Zähne ausbeißen mag, wird mit Laikas Abenteuer jede Menge Spaß haben und kann gerne zugreifen.
