The Legend of Zelda: Echoes of Wisdom
Es hat zwar ein paar Jahrzehnte gedauert, aber nun hat Nintendo endlich einen der größten Missstände der Videospiel-Historie aus dem Weg geräumt und ein „The Legend of Zelda“-Spiel veröffentlicht, in dem es auch in erster Linie um Zelda geht. In „Echoes of Wisdom“ schlüpft ihr nicht wie gewohnt in die Haut des Schwertkämpfers mit der grünen Mütze, sondern zieht diesmal als Prinzessin Zelda höchstselbst durch Hyrule, allerdings ohne Schwert. Wie das überhaupt Spaß machen kann, erfahrt ihr in unserem Test.
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Endstanden ist Zeldas erstes eigenes Abenteuer beim Studio Grezzo, die mit der Switch-Neuauflage von „Link’s Awakening“ bereits ihre Qualitäten bewiesen haben. „Echoes of Wisdom“ folgt seinem Quasi-Vorgänger fast auf Schritt und Tritt. Der Grafikstil ist größtenteils identisch und auch Spielmechaniken wie die 2D-Passagen wurden übernommen, sodass man den Titel fast als eine „Link’s Awakening“-Mod bezeichnen könnte.
Auch bei den Neuerungen wird fleißig kopiert und abgekupfert, allerdings nicht von den Entwicklern, sondern vom Spieler selbst. Nachdem Link und viele andere Bewohner Hyrules durch ominöse Risse in der Welt verschwinden, bleibt die Rettung des Königreiches an Prinzessin Zelda hängen. Dabei trifft sie auf das Wesen Tri, welches den sogenannten Tri-Stab bereitstellt. Mit ihm kann Zelda Kopien von vielen Objekten und Gegnern aus der Spielwelt erschaffen, egal ob Bett, Topfpflanze, Fledermaus oder Bokoblin.
Diese Kopien werden Echos genannt und verfügen meistens über eine bestimmte Funktion, die ihr euch zu Nutze machen könnt. Monster-Echos werden automatisch andere Monster in eurer Umgebung angreifen und für euch kämpfen, Fledermäuse können als Paraglider genutzt werden, ein Trampolin dient als Sprungbrett und manche Echos stehen einfach nur dekorativ herum, können dann aber als Überbrückungen missbraucht werden oder sind für manche Puzzles notwendig.
Toybox a la Breath of the Wild?
Ergänzt wird das Echo-System mit der Fähigkeit „Einklang“. Mit ihr lassen sich nahe oder ferne Echos und Objekte bewegen. Dabei folgen diese entweder Zeldas Bewegungen oder Zelda kann alternativ den Bewegungen des Objektes folgen, sofern es sich um denn um ein sich bewegendes Objekt handelt, etwa ein Monster oder eine bewegliche Plattform.
Besonders in den ersten Spielstunden kann „Echoes of Wisdom“ wirklich überraschen. Dass man plötzlich nicht mehr mit Schwert und Schild durch die Gebiete wandern kann, erfordert ein Umdenken. Und die Flucht aus dem Schloss Hyrule zu Beginn des Spiels wird so ganz ohne Waffen gar zur astreinen Schleichpartie a la Metal Gear Solid.
Im Spielverlauf sammelt ihr über 100 Echos ein. Das ist ein mehr als üppiger Werkzeugkasten, um das Spiel von vorne bis hinten auf den Kopf zu stellen. Entsprechend viele Ansätze gibt es zum Lösen der vielen großen und kleinen Rätsel. Dennoch kann „Echoes of Wisdom“ dabei nicht an die Vielfältigkeit eines „Breath of the Wild“ bzw. „Tears of the Kingdom" heranreichen, hauptsächlich, da man am klassischen 2.5D-Gameplay festhält.
Die Entwickler tun hier ihr Möglichstes um das Spiel interessant zu gestalten. Oft müsst ihr kreativ Brücken oder Treppen konstruieren, um die Areale auch in der Vertikalen zu erobern. Zudem müsst ihr ziemlich häufig reine 2D-Sidescrolling-Areale passieren, in denen sich eure Echos teilweise etwas anders verhalten und wieder kreatives Denken erfordern.
Unter dem Strich ist „Echoes of Wisdom“ damit über seine gesamte Spieldauer hinweg wirklich sehr unterhaltsam, richtig große „Wow“-Momente wie in den 3D-Ablegern gibt es jedoch nur selten. Spätestens zur Mitte des Spiels hat man ohnehin seine ganz persönlichen Echo-Favoriten gefunden und greift so für viele Lösungen auf bewährte Tricks zurück und kommt damit in den meisten Fällen auch gut durch.
Ein paar Eingeständnisse bleiben
Ausschließlich auf die neuen Gameplay-Ansätze mochte man sich bei Grezzo am Ende wohl doch nicht verlassen. Bereits recht früh im Spiel erhält man das Schwert von Link und schaltet damit den Schwertkämpfer-Modus frei. Hierbei verwandelt sich Zelda in ein Link-Echo und hat im Verlauf des Spiels somit dann doch Zugriff auf Schwert sowie später noch weitere bekannte Utensilien aus den klassischen Abenteuern mit Link.
Allerdings frisst der Schwertkämpfer-Modus magische Energie, sodass Zelda nur einige Sekunden in diesem Modus verweilen kann, bevor sie sich wieder in ihre Prinzessinnen-Persona zurückverwandelt. So wird das Spielgeschehen nicht gleich komplett ausgehebelt, gleichsam habt ihr so aber die Möglichkeit im Kampf gegen besonders fiese Monster diesen Joker zu ziehen und kurzen Prozess zu machen. Viele der Bosskämpfe in „Echoes of Wisdom“ sind zudem so gestaltet, dass ihr den Schwertkämpfer-Modus im richtigen Moment nutzen müsst, um erfolgreich zu sein.
Bei den Dungeons orientiert man sich meist an klassischen Designs älterer 2D-Zeldas, bleibt dabei aber meist unterhalb der Möglichkeiten. Grundsätzlich sind alle Dungeons recht linear und nur der Tempel in den Phirone-Sümpfen brachte uns mit seinem etwas offenerem Design etwas mehr ins Grübeln. Ferner verfügen nicht alle Dungeons über ein eigenes, prägendes Gameplay-Element. Ebenfalls fallen durch das Echo-System die klassischen Items weg, sodass in jedem Dungeon lediglich der großen Schlüssel gefunden werden muss. Es gibt keine mühsam zu erreichende große Truhe mit einem speziellen Item, durch welches sich der Dungeon überhaupt erst lösen lässt.
Dadurch fühlen sich die Dungeons nicht so individuell an und sind weniger ein Highlight und mehr ein angestaubtes Gamedesign-Relikt. Eine merkwürdige Feststellung, hatte man den Dungeons nach „Breath of the Wild“ zunächst hinterhergetrauert. „Echoes of Wisdom“ zeigt nun: hier treffen Alt und Neu meist auf gelungene Art und Weise aufeinander, stehen sich in letzter Konsequenz aber auch ein bisschen gegenseitig im Weg.
Ebenfalls ein bisschen im Weg steht die Nintendo Switch selbst, denn trotz Vorerfahrungen mit dem „Link‘s Awakening“-Remake pfeift die Konsole bei „Echoes of Wisdom“ aus dem letzten Loch. Grobe Ruckler gibt es zwar keine, die Framerate ist aber am absoluten Limit und kann hin und wieder ein paar Zähler einbüßen, wenn besonders viel auf dem Bildschirm los ist. Das alles wird glücklicherweise durch den süßen Artstyle und die endlosen tollen Effekte und Animationen wieder aufgefangen.
Rein qualitativ gibt es ansonsten wenig an „Echoes of Wisdom“ zu bemängeln. Nur ganz selten spielen sich Puzzles, bei denen ihr die Einklang-Fähigkeit benötigt, etwas hakelig. In anderen Spielsituationen hingegen ist es manchmal mühsam das richtige Echo zum Herzaubern aus der riesigen Liste auszuwählen. Das ist aber nur Meckern auf ganz hohem Niveu.
Fazit:
Mit „The Legend of Zelda: Echoes of Wisdom“ bekommt Prinzessin Zelda endlich ihr eigenes Abenteuer! Und dieses ist von Anfang bis Ende höchst gelungen und wirklich sehr unterhaltsam. Das war es dann aber auch schon, denn an beiden Enden steht sich das Spielkonzept ein wenig selbst im Weg und verhindert damit die wirklich grandiosen Momente, seien es die wirklich cleveren Dungeon-Designs vergangener Zelda-Klassiker wie auch die grenzlose Freiheit der neueren Titel. Glücklicherweise ist es dennoch ein sehr gutes Videospiel mit dem klassischen Zelda-Feeling, wenn auch in etwas anderer Form als die anderen Serienableger. Fans des Schwertkämpfers im grünen Gewand können also auch mit der Prinzessin bedenkenlos auf Abenteuerreise gehen und eine sehr gute Zeit haben.