Test

Pocket Card Jockey: Ride On!

Von Andreas Held am 09.03.2024

Stealth Drops gehören mittlerweile fast schon zum guten Ton in einer Nintendo Direct. Eines der Spiele, die direkt nach der Partner Direct vom Februar 2024 veröffentlicht wurden, war Pocket Card Jockey: Ride On! von Game Freak. Mit Pocket Card Jockey präsentierten die Pokémon-Entwickler schon auf dem 3DS einen gewagten Genremix aus Solitaire-Kartenspielen und Pferderennen.

Wer zählen kann, kann auch reiten

Jedes Rennen besteht aus drei Phasen, die sich - je nach Rennlänge - mehrmals wiederholen. Die meiste Zeit verbringt ihr mit dem Solitaire-Kartenspiel, welches sich ein extrem simples Regelwerk zu Eigen macht: Die Karten sind auf dem Spielfeld in mehreren Spalten angeordnet, von denen ihr jeweils nur die unterste Karte spielen dürft. Eine Karte darf genau dann zum Ablagestapel bewegt werden, wenn ihr Wert um eins höher oder niedriger ist als der Wert der obersten Karte auf dem Ablagestapel. Gibt es keine passende Karte, zieht ihr euch die nächste Karte vom Reservestapel - so lange, bis entweder das Spielfeld leergeräumt oder keine Spielzüge mehr möglich sind. Mehr müsst und könnt ihr nicht tun, da das Regelwerk im Vergleich zu Spider Solitaire oder dem von WIndows-PCs bekannten Klondike Solitaire massiv vereinfacht wurde.

Die beiden anderen Phasen eines Rennens richten sich nach Spielelementen, die aus genreverwandten Spielen wie dem von KOEI entwickelten G1 Jockey bekannt sind, aber ebenfalls auf ein Minimum an Interaktionsmöglichkeiten reduziert wurden. Nach jeder Solitaire-Runde gebt ihr vor, wie sich euer Pferd relativ zum Rest des Feldes bewegen soll. Jedes Ross hat seine eigene sogenannte "Komfort-Zone", und je länger ihr euch darin aufhaltet, desto schneller läuft euer Pferd auf der Zielgeraden. Dort müsst ihr dann durch Spurwechsel langsameren Reitern ausweichen, um diese zu überholen, und könnt Peitschenhiebe oder im Rennen gesammelte Boost-Karten gegen kurze Tempo-Schübe eintauschen.

Mein Gestüt 2D

Außerhalb der Rennen kann Pocket Card Jockey mit ein paar sehr simplen RPG-Elementen aufwarten. Jedes Fohlen wird euch im Alter von zwei Jahren übergeben. Zu Beginn der Karriere eures Rennpferdes müsst ihr nicht nur Rennen gewinnen, sondern auch Erfahrungspunkte sammeln, um euer Pferd aufzuleveln. Ab seinem vierten Geburtstag sammelt euer Pferd dann keine Erfahrungspunkte mehr, und sobald ihr in dieser Phase des Spiels drei Rennen nicht gewonnen habt, wird es ausrangiert. Dann endet es aber nicht etwa in der nächsten Metzgerei, sondern auf einer Farm, wo es nicht mehr altert und neue Pferde "produzieren" kann.



Das ist alles ganz nett, rettet Pocket Card Jockey aber nicht vor dem Urteil, dass der spielerische Anspruch gegen Null geht. Zwar gibt es immer Möglichkeiten zum Taktieren, mit denen ihr eure Gewinnchancen verbessern könnt, aber generell sind alle Aspekte des Spiels fast ausschließlich Glückssache. Wenn ihr im Solitaire unpassende Karten bekommt oder von gegnerischen Pferden aus eurer Komfort-Zone gerammt werdet, gibt es im Prinzip nichts, was ihr dagegen tun könntet. Und wenn das Erringen von Trophäen und Preisgeldern nicht so recht klappen will, liegt das nicht etwa daran, dass ihr noch weitere Spielmechaniken erlernen und eure Strategie verbessern könnt. Stattdessen müsst ihr einfach darauf warten, bis ihr irgendwann von eurer Farm bessere Pferde mit besseren Statuswerten bekommt.

Offen blieb nach der Vorstellung des Spiels die Frage, ob es sich bei Ride On! um eine Portierung, eine Fortsetzung oder ein Remake des 3DS-Titels handeln soll. Ganz klar lässt sich diese Frage nicht beantworten, denn Ride On! ist zwar im Prinzip dasselbe Spiel mit derselben Story, wurde aber an vielen Ecken erweitert - und die Rennen werden nun nicht mehr in 2D präsentiert, sondern in einer - zugegebenermaßen eher zweckmäßigen - 3D-Optik. Außerdem gibt es nun einen auswählbaren Schwierigkeitsgrad, aber selbst auf "schwierig" ist Pocket Card Jockey immer noch so einfach, dass wir bereits mit unserem Starterpferd viele Rennen nicht nur gewonnen, sondern mit einem riesigen Vorsprung dominiert haben. Den angepriesenen Online-PvP-Modus konnten wir leider nicht testen, da wir keine Mitspieler gefunden haben.

Fazit

Pocket Card Jockey gibt sich sehr viel Mühe, euch mit seiner skurrilen Präsentation, seichten RPG-Elementen und einer kleinen Story langfristig zu fesseln. Diese Dinge täuschen jedoch nicht darüber hinweg, dass eure spielerischen Möglichkeiten enorm eingeschränkt sind. Einzelne Rennen werden in der Regel durch Glück oder Pech entschieden, und die Karriere eures Rennpferdes hängt in erster Linie von seinen Statuswerten ab. Mit der Zeit züchtet ihr immer schnellere und stärkere Rösser, die dann automatisch mehr Rennen gewinnen, ohne dass ihr euch als Spieler verbessert hättet. Somit funktioniert Pocket Card Jockey als absolutes Gelegenheitsspiel - wer eine tiefgründigeres Kartenspiel mit RPG-Elementen sucht, sollte sich stattdessen lieber Balatro ansehen.

Unsere Wertung:
6.5
Andreas Held meint: "Pocket Card Jockey verarbeitet viele nette Ideen, bietet dabei aber keinerlei spielerischen Anspruch."
Pocket Card Jockey: Ride On! von Game Freak erscheint am 21.02.2024 für iOS und Nintendo Switch. Wir haben die Version für Nintendo Switch getestet. Für diesen Test wurde uns ein Rezensionsexemplar von Nintendo zur Verfügung gestellt.
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