Kona II: Brume
Im März 2017 veröffentlichte das kanadische Indie-Studio Parabole das Abenteuerspiel Kona für den PC und die damals aktuellen Konsolensysteme. Ihr habt noch nie davon gehört? Kein Problem. Uns ging es genauso, als wir vor einigen Tagen ein Testmuster zu Kona II: Brume angeboten bekamen. Begleitet uns doch einfach auf eine kleine Reise in den hohen Norden. Dann stellen wir euch den Nachfolger im Test vor.
Carl Faubert und der Fluch der glühenden Steine
Die Geschichte von Kona findet im Jahr 1970 in der fiktiven Ortschaft Atamipek Lake im Norden Kanadas statt, wo wir in der Rolle des Privatdetektivs und Kriegsveteranen Carl Faubert im Auftrag des reichen Industriellen William Hamilton mehrere Fälle von Vandalismus aufklären sollen. Ein heftiger Schneesturm erschwert die Detektivarbeit und verleiht dem Spiel einen Hauch Survival-Feeling, denn im Schneegestöber kann Faubert nur wenige Minuten überleben. Die eisigen Temperaturen zwingen ihn immer wieder dazu, einen Unterschlupf oder ein Lagerfeuer aufzusuchen. Die Mischung aus storylastiger Walking-Sim und Survival-Spiel konnte anno 2017 trotz mittelprächtiger Wertungen nur wenig Aufsehen erregen, offenbar waren die Verkaufszahlen aber gut genug, um einen Nachfolger zu rechtfertigen.
Kona II: Brume lässt uns einmal mehr in Carl Fauberts Schuhe schlüpfen, diesmal jedoch im Gebiet Manastan rund um den See Leech. Das Land dort ist nicht nur im Schnee versunken, sondern wurde darüber hinaus auch noch von einem mysteriösen Nebel – dem Brume – heimgesucht.
Was genau wir in Manastan wollen, ist zunächst nicht ganz klar. Das Spiel fasst die Geschehnisse des ersten Teils nur äußerst knapp zusammen. Wir erfahren, dass Hamilton tot ist und Faubert von seltsamen Visionen geplagt wird. Dann wirft uns Kona II ins kalte Wasser – metaphorisch, aber auch wörtlich, denn Faubert schippert zu Beginn des Spiels mit einem kleinen Boot zwischen Eisschollen und den verlassenen Überresten anderer Nussschalen über einen See, als er von Unbekannten beschossen wird und sich nur mit einem beherzten Sprung ins eiskalte Nass retten kann. Am sicheren Ufer macht uns das Spiel anschließend mit einigen Grundmechaniken vertraut. In einer kleinen Hütte findet Faubert ein wärmendes Kaminfeuer, einen Revolver, eine Taschenlampe und eine Kamera. Kamin- und Lagerfeuer dienen grundsätzlich als Speicherpunkte, die Taschenlampe erhellt naturgemäß düstere Gebiete und mit der Kamera lassen sich Textpassagen in einem Notizbuch illustrieren. Den Revolver und eine kleine Anzahl anderer Waffen hat Faubert, um sich gegen die örtliche Fauna zur wehr zu setzen, tatsächlich kommen Kämpfe jedoch so selten vor, dass wir hier getrost von einem Walking-Simulator reden können. Lediglich auf dem höchsten der drei dargebotenen Schwierigkeitsgrade werden wir etwas häufiger angegriffen und müssen uns zudem Sorgen um Fauberts Ausdauer und Ressourcen machen.
Von der Hütte aus machen wir uns auf den Weg nach Norden und treffen schon bald auf Hamiltons Herrenhaus, das wir in aller Ruhe erkunden. Hier erinnert das Spiel ein wenig an den ersten Resident-Evil-Teil. Statt auf Untote stoßen wir dort jedoch auf einige Leichen, die zu Eisstatuen erstarrt sind und von uns untersucht werden dürfen. Ungeachtet der Mordfälle ist die Story allerdings vor allem während der ersten Hälfte des Spiels nur mäßig spannend. Erst nach ein paar Stunden nimmt die Geschichte, bei der es um die Hamilton Mining Corporation, kurz H.M.C., und einige blau leuchtende, radioaktive Steine geht, an Fahrt auf, wird dann aber sofort wieder durch lahme Fetch-Quests ausgebremst. Einmal müssen Akkus für einen Computer gefunden werden, dann sind es die radioaktiven Steine, die wir im gesamten Gebiet von Kona II aufsammeln müssen. Sind die blauen Steine gefunden, müssen rote gesucht werden. Hier versuchen die Entwickler einfach nur das Spiel künstlich zu strecken und schneiden sich damit ins eigene Fleisch, weil sie dem Pacing des Spiels schaden.
Angenehm ist immerhin, dass Kona II den Spieler nicht bei der Hand nimmt oder ständig mit Tipps und Hinweisen füttert. Die Karte im Spiel ist minimalistisch gehalten und es gibt keine Marker oder Leuchtpfeile, die Richtungen oder gar Ziele vorgeben. Letztere müssen manuell gesetzt werden. Die Geschichte entfaltet sich dadurch auf sehr natürliche Art und Weise: Nur wenn wir Umgebungen genau untersuchen und den eigenen Verstand einsetzen, kommen wir weiter. Durchforsten wir die Brieftaschen von Leichen, finden wir Informationen über deren Identität. Darüber hinaus lesen wir Briefe, inspizieren Gegenstände oder decken geheime Räume auf. So macht es phasenweise durchaus Spaß, Orte wie das Hamilton Herrenhaus, den Leech Lake oder das verlassene Bergbaudorf Henryville zu erforschen. Ein paar kleinere Rätsel und (alb)traumhafte Sequenzen lockern dabei das Gameplay auf. Später dürfen wir außerdem erneut ein Motorboot oder sogar einen Hundeschlitten steuern.
Carl Faubert und das Geheimnis der fehlenden Textur
Technisch präsentiert sich Kona II genauso durchwachsen wie das Gameplay und die Story. Die von uns getestete Switch-Version ist auf jeden Fall spielbar. Das heißt, von gröberen Bugs oder Abstürzen blieben wir gänzlich verschont. Neben relativ langen Ladezeiten und viel zu häufig auftretenden Framerate-Einbrüchen sind es jedoch vor allem flimmernde Kanten und spät ladende Texturen, die dafür sorgen, dass das Indie-Adventure technisch keine allzu gute Figur macht.
Aufgrund des Schneesturms gibt es in vielen Gebäuden im Spiel keinen Strom. Das dadurch verursachte Zwielicht mag der Atmosphäre zugutekommen, sorgt aber dafür, dass weiß flimmernde Kanten noch deutlicher auffallen als es sonst der Fall wäre. Im Licht von Fauberts Taschenlampe tauchen zudem erschreckend häufig einfarbig glänzende Gegenstände auf, die erst nach ein, zwei oder mehr Sekunden mit passenden Texturen versehen werden. Das gilt für filigranere Items, die Faubert untersuchen kann, aber auch für häufig vorkommende Umgebungsobjekte wie Wände oder Türen. Das nervt und deutet auf eine mangelnde Optimierung der Switch-Version hin, denn optisch brennt Kona II nie ein Effektfeuerwerk ab und müsste trotz der Limitierungen der Hybridkonsole besser laufen. Selbst mit Texturen präsentiert sich das Spiel bestenfalls auf dem Niveau eines frühen Xbox-360-Titels und bleibt deutlich hinter ähnlichen Switch-Spielen wie etwa The Suicide of Rachel Foster zurück.
Apropos mangelnde Optimierung: In jedem Gebiet gibt es eine Schneekugel und Sammelkarten von Eishockey-Spielern zu finden. Vermutlich werden auf den Konsolen von Microsoft und Sony dadurch Achievements beziehungsweise Trophäen freigeschaltet, auf der Switch gibt es jedoch weder das eine noch das andere und die Entwickler haben sich nicht die Mühe gemacht, irgendeinen Ersatz zu finden. Schade.
Mehr Mühe ist zum Glück in die Akustik geflossen. Die dezente musikalische Untermalung und die Hintergrundgeräusche wissen größtenteils zu gefallen. Einzigartig ist zudem ein jederzeit todernster Erzähler, der Fauberts Schritte in übertrieben blumiger, fast schon poetischer Sprache beschreibt. Seine Kommentare (auf Englisch mit deutschen Untertiteln) können anfangs irritieren, nach einiger Zeit gewöhnt man sich jedoch daran und dann ist ihnen ein gewisser Unterhaltungswert, ähnlich wie bei den bizarren Monologen in Deadly Premonition, nicht mehr zu nehmen. Wer sich dennoch daran stört, kann sie einfach abschalten, beziehungsweise auf ein Minimum reduzieren. Ebenso einzigartig, aber weniger positiv: Während der Erzähler Englisch spricht, sprechen alle NPCs Französisch. Zusammen mit den deutschen Untertiteln haben wir so gleich drei Sprachen, zwischen denen wir fröhlich hin- und herwechseln dürfen.
Fazit:
Kona II ist ein Old-School-Adventure: Es sieht aus, als hätte es schon mindestens 15 Jahre auf dem Buckel und spielt sich auch so. Wer den Abspann erreichen möchte, muss Geduld mitbringen, die In-Game-Karte verwenden, die Augen nach Hinweisen offenhalten und den eigenen Grips einsetzen. Wer dazu bereit ist, kann mit dem Titel einiges an Spaß haben, sollte aber weder ein Action-Feuerwerk noch einen Augenschmaus erwarten, denn Story und Technik sind nicht mehr als durchschnittlich. Der Umfang scheint darüber hinaus mit rund 8 Stunden Spielzeit ordentlich, wird aber durch unnötige Fetch-Quests erkauft.