Test

Severed

Von Nico Zurheide am 02.10.2016

Der Dungeon-Crawler alter Schule weist ebenso wie das mexikanisch angehauchte Metroidvania einen bunten Grafikstil auf, beide Titel sind aber in beinahe sämtlichen anderen Bereichen grundverschieden. Gab es in Guacamelee! frohen Humor, viele liebenswerte Charaktere und eine verrückte Story, setzt Severed eher auf melancholische Erkundung, eine düstere Grundstimmung und nur wenig Interaktion mit anderen Personen. 

Ein Arm, ein Schwert, viele Amputationen

Die Einsamkeit liegt daran, dass die Spieler in die Rolle von Sasha schlüpfen, einer armen jungen Frau, nachdem ihre Familie entführt, ihr Haus verwüstet und einer ihrer Arme abgetrennt wurde. Und auch sonst gibt es nur wenige freundlich gesinnte Lebewesen in der Welt von Severed - diese sind dafür umso hilfsbereiter und schenken Items oder helfen bei Rätseln. Mit dem Schwert ihrer Mutter macht sich Sasha sodann auf, ihre Familie zu finden. Die Spielwelt besteht aus vielen einzelnen Räumen, die alle miteinander zusammenhängen und so ein großes Gebiet ergeben. Es gilt nun, drei größere Dungeons zu durchqueren und deren Endbosse zu besiegen, um Bruder und Eltern von Sasha zu retten. Das Ganze läuft ziemlich linear ab, viele versperrte Wege werden erst durch später erworbene Fähigkeiten zugänglich. Natürlich gibt es auch immer wieder große und kleine Abzweigungen, die stets einen Besuch wert sind. Es existieren quasi keine sinnlosen Räume, und wenn sie auch nur durch Vasen mit Items gerechtfertigt werden. Innerhalb der Dungeons muss Sasha öfters kleine Rätsel lösen, die aber kaum mal ein längeres Nachdenken erfordern. Etwas cleverer sind da schon einige Aufgaben, die in einer der vielen Abzweigungen Bonusitems freischalten. Trotzdem ist der Aufbau der Dungeons schlüssig und belohnend, öffnet man eine verschlossene Tür, befindet sich diese meist im Sichtfeld. 

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Auf ihrem Weg muss die einarmige Heldin nicht nur die kleinen Rätsel innerhalb der Dungeons lösen, sondern auch ganze Scharen von Gegnern erst besiegen und dann fachgerecht zerlegen - im wahrsten Sinne des Wortes. Wie der Name des Spiels schon andeutet, ist das Zerschnetzeln der Gegner von hoher Wichtigkeit, denn mit den so eingesammelten Gliedmaßen können Sashas Kampffähigkeiten verbessert werden. Das ganze Levelsystem wird nicht allzu komplex, wenn man das ganze Spiel einigermaßen gründlich erkundet und genügend Gliedmaßen abgetrennt hat, sollte man vor dem letzten Endboss alle Werte maximiert haben. Die größtmögliche Menge an Gesundheit und Mana bekommt Sasha aber nur zusammen, wenn sie die gesamte Spielwelt gründlich nach den entsprechenden Teilen absucht. Severed zwingt euch dankenswerterweise keine Zufallskämpfe auf, eine kommende Auseinandersetzung wird immer durch eine helle Flamme in dem entsprechenden Raum gekennzeichnet. 

Die Kämpfe selbst finden - wie das ganze Spiel - auf dem GamePad statt. Das Geschehen kann zwar auch auf dem TV angezeigt werden, das ergibt aber durch die reine Touchsteuerung kaum einen Sinn. Auf dem Fernseher, beziehungsweise dem zweiten Bildschirm, ist eine Abbildung der Karte besser aufgehoben. Sasha kann im Grunde zwei Aktionen ausführen: Blocken und wie bekloppt auf Schwachpunkte eindreschen. Die feindlichen Angriffe werden am unteren Rand des Bildschirms samt Timer angezeigt, so verliert man selbst bei mehreren Gegnern auf einmal nicht den Überblick. Dennoch kann ein Kampf gegen vier oder mehr Gegner ganz schön hektisch werden, die ungefähr zehn Gegnertypen ergänzen sich gut und variieren im Verlauf des Spiels noch in Sachen Ausstattung und Stärkungszauber. Später kommt noch etwas Komplexität durch Sashas Fähigkeiten hinzu, doch auch dann läuft es letztendlich nur darauf hinaus, möglichst schnell mit dem Touchpen hin- und herzuwischen. Um der Kopflosigkeit während der Kämpfe vorzubeugen, hat DrinkBox einen Fokusbalken erdacht, der sich mit jedem erfolgreichen Treffer auflädt. Wird Sashas Angriff geblockt oder sie von einem Gegner getroffen, geht der Fokus verloren. Doch nur mit einem vollen Balken ist es Sasha erlaubt, nach dem Besiegen der Gegner ihre wertvollen Gliedmaßen abzutrennen. 

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Leichte Kost durch fehlerloses Gameplay

Besonders fordernd wird Severed dabei aber nie. Hat man einmal das Blocken raus und weiß, worauf man achten muss, stirbt Sasha nur noch äußerst selten. Und selbst bei einem Todesfall erfolgt die Wiederbelebung nur wenige Räume vorher. Normale Gegner erhalten dann zwar ihre Lebensenergie zurück, Endgegner müssen jedoch mit ihrem Schaden aus dem vorherigen Kampf weitermachen. Die fehlende Schwierigkeit liegt nicht einmal an den Gegnern. Das Gameplay ist einfach derart flüssig und funktionell, dass einigermaßen geübte Spieler bestens mit Severed klar kommen werden. Darüber hinaus gibt es auch wieder die berühmte "nur-noch-ein-Raum"-Mentalität, ich persönlich beendete Severed in zwei Sessions. Ohne große Probleme in Kämpfen und mit einigem Backtracking in durch neue Fähigkeiten freigeschaltete Gebiete kommt man auf ungefähr sechs Stunden Spielzeit. Das ist zwar in Ordnung, jedoch wirkt ein Abschnitt gegen Ende wie ein Lückenfüller und mit nur drei Dungeons ist Severed auch nicht gerade ein Umfangsmonster.

Inmitten der anfangs erwähnten bedrückten Stimmung in Severed überrascht das Spiel immer wieder mit tollen Farbkombinationen, die selbst den dystopischsten Gegenden Leben einhauchen. DrinkBox nahm sich die Ästhetik aus Guacamelee! und entwickelte sie konsequent weiter. Dazu passend gibt es Musik und Soundeffekte, die eins zu eins so aus einem Zeldaspiel stammen könnten.

Fazit:

Da die Kämpfe in Severed so makellos umgesetzt und direkt belohnend sind, wirken sie zu keinem Zeitpunkt wie eine Blockade, die nur ein Weiterkommen verhindern soll. Ebenso verhält sich die Spielwelt, die den Spieler durch konsequent verteilte Items für Erkundung belohnt, ihn aber nie das Ziel aus den Augen verlieren lässt. Das hat natürlich auch negative Seiten: So liegt die Lösung für viele Rätsel bereits im reinen Abklappern der einzelnen Räume. Auch etwas mehr Abwechslung bei der Art der Aufgaben wäre wünschenswert gewesen - oder überhaupt mehr zu tun. Doch angesichts des stimmigen Spielerlebnisses mit seinem flüssigen Gameplay ist das Meckern auf hohem Niveau. Severed wird seine Vita-Exklusivität los und ist so weitaus mehr Spielern zugänglich - zum Glück, denn hier wird jeder seinen Spaß haben, der die Touchsteuerung nicht gerade abgrundtief hasst.

Von uns getestet: Wii-U-Version

Unsere Wertung:
8.5
Nico Zurheide meint: "Severed verbindet herausragendes Gameplay mit einem kontrastreichen audio-visuellen Konzept."
Severed erscheint für Wii U. Wir haben die Version für Wii U getestet.
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2 Kommentare:
Fantasma)
Fantasma
Am 02.10.2016 um 22:03
Habe es kurz nach Release auch geholt, da die Spielwelt sehr schön aussah.
Ich spiel's nur nebenher, aber es macht schon Spaß.
mowowo)
mowowo
Am 05.10.2016 um 16:59
War auf PS Vita schon ein Hit. Macht froh zu hören das die Wii U das Spiel ohne Ruckler abspielen kann XD