Test

Take Off - The Flight Simulator

Von Jeremiah David am 30.03.2022

Im Bereich der Flugsimulationen ist der wenig kreativ benannte Flight Simulator aus dem Hause Microsoft das Maß aller Dinge. Das Spiel besticht wahlweise auf der Xbox oder dem PC mit fotorealistischen Landschaften und hochdetaillierten Flugzeugmodellen. Wer auf der Nintendo Switch in das Cockpit eines Eisenvogels steigen möchte, um hoch über den Wolken Reinhard Meys grenzenlose Freiheit zu genießen, muss sich allerdings nach Alternativen umsehen. Eine davon ist das kürzlich erschienene Spiel Take Off von Entwickler Jujubee. Kann der Budget-Titel mit Microsofts Flight Simulator mithalten?

Der Spannungsbogen eines gut geschriebenen Reviews verlangt es eigentlich, dass wir diese Frage erst später beantworten, aber angesichts der gigantischen qualitativen Unterschiede zwischen Take Off und dem Microsoft Flight Simulator, die bereits anhand von Screenshots überdeutlich werden, verraten wir jetzt schon: Nein. Take Off kann nicht ansatzweise mithalten.

Das Spiel hat seine Wurzeln im Smartphone-Bereich. Der Titel ist bereits seit einigen Jahren für den PC und Smart Devices erhältlich und kostet im App-Store aktuell 0,99€ (Stand: 26. März 2022). Es ist diese iOS- beziehungsweise Android-Version, die nun ihren Weg auf Nintendos Hybridkonsole gefunden hat – wenn auch als "erweiterte Version mit verbesserter Grafik" und einem deutlich höheren Preis von 14,99€. Das sollten potenzielle Käufer im Hinterkopf behalten, wenn sie Take Off im Verkaufsregal (als leere Verpackung mit Download-Code) oder im eShop der Switch sehen. Ebenso sollte ihnen klar sein, dass die von Publisher Astragon Entertainment bereitgestellten und relativ hübschen Screenshots im eShop oder auf der Rückseite der Verpackung keine In-Game-Screenshots sind und womöglich nicht einmal aus der Switch-Version stammen. Was Käufern hier in Wirklichkeit geboten wird, ist bestenfalls eine Art Flight-Simulator-Light mit mehr als dürftiger Optik und stark limitiertem Gameplay.

Verehrte Passagiere, aktuell überfliegen wir... irgendetwas.

Nach dem Download der rund 2 Gigabyte an Daten, die für das Spiel benötigt werden, dürfen wir eine eigene Fluggesellschaft gründen und mit insgesamt 24 verschiedenen Flugzeugen durch die Lüfte düsen, wobei wir diese mit der In-Game-Währung erst kaufen müssen. Die Gründung unserer Fluggesellschaft geschieht nach einem ersten Tutorial durch das Eintippen eines Firmennamens und die Wahl eines Logos. Ein freundlicher alter Mann mit Pilotenmütze schenkt uns anschließend aus irgendeinem Grund genug Geld, um ein kleines Flugzeug kaufen zu können und fortan arbeiten wir uns durch die ersten von insgesamt 50 Missionen, die allesamt über Hawaii stattfinden. Nachdem wir einige Missionen erfolgreich abgeschlossen haben, wird im Hauptmenü eine Weltkarte freigeschaltet, wo wir Passagiere zwischen internationalen Flughäfen hin- und herfliegen dürfen, um noch mehr Geld zu verdienen.

Bekannte Ortsnamen wie New York, London, Frankfurt oder Madrid lassen verschiedene, schöne Landschaften vermuten, in der Praxis gleiten wir aber stets nur über grün-braun gesprenkelte ländliche Gebiete mit vereinzelten Bäumen oder über grau-grün beziehungsweise grau-braun gesprenkelte städtische Gebiete mit vereinzelten Häusern hinweg. Speziell für die urbanen Gebiete haben die Entwickler furchtbar schlecht aufgelöste und völlig willkürliche Bildschirmfotos von Google Maps oder einem ähnlichen Programm als Texturen auf zweidimensionale Flächen geklatscht. Die wenigen dreidimensionalen Häuser sind unterschiedlich hohe Quader, wie aus einem Baukasten für Kleinkinder. London ist beispielsweise nur deshalb als die britische Hauptstadt erkennbar, weil zwischen den Bauklötzen und der Bodentapete irgendwo Big Ben in die Höhe ragt. Im nachfolgenden Screenshot seht ihr den berühmten Glockenturm als hellbraunen Strich über dem rechten Flügel – und nein, aus der Nähe sieht die Stadt leider nicht besser aus.

Die miese Optik wirkt sich auch auf das Gameplay aus. Weil jede Stadt größtenteils wirklich nur eine armselige Textur auf einer Ebene ist, ist es problemlos möglich jederzeit auf besagter Ebene zu landen, unabhängig von den Gebäuden oder geografischen Elementen, die sich unter dem Flugzeug befinden sollten. Die Flugzeuge an sich sind im Vergleich mit der restlichen Grafik relativ detailliert ausgearbeitet, leiden aber unter starkem Kantenflimmern, und die Innenansichten des Cockpits sind völlig nutzlos, weil alle Instrumente nur aufgemalt sind und so keinerlei Feedback über Flughöhe, Geschwindigkeit oder ähnliches geben können. Immerhin läuft Take Off ruckelfrei und kommt auch ohne längere Ladezeiten aus.

Verehrte Passagiere, aktuell bearbeiten wir... irgendetwas.

Mit den Missionen verhält es sich wie mit den Gebieten. Eintönigkeit bestimmt das Geschehen. Missionsbeschreibungen wie „Hilf einem Kameramann, die Schönheit des Waldreservats West Maui einzufangen.“, „Die Polizei sucht einen Kriminellen auf der Flucht. Fliege über dicht besiedelte Gebiete auf O‘Ahu und finde ihn.“ oder "Unsere Seismografen haben Erdbewegungen bei Maui aufgespürt. Wir müssen die Lage dort überprüfen." klingen abwechslungsreich, aber in der Praxis spielen sich alle genannten Missionen absolut identisch. Wir müssen stets nur auffällig leuchtende Ziele in der Luft durchfliegen. Ein Wildreservat oder gar einen Flüchtigen in einem Auto gibt es nirgends zu sehen. Wie auch? Die matschige, detailarme Grafik schafft es noch nicht einmal vernünftige Straßen abzubilden. Hin und wieder sorgen zumindest unterschiedliche Wetterbedingungen, Nachtflüge oder exotischere Flugzeugtypen für einen Hauch Abwechslung.

Wer sich statt mit den Missionen, mit Linienflügen beschäftigen möchte, sollte nicht mehr Unterhaltung erwarten. Beim Abheben müssen wir nur viel Schub geben (das heißt einmal an passender Stelle den Bildschirm antippen), den linken Analogstick nach oben drücken und nach ein paar Sekunden das Fahrwerk einfahren. Den Flug an sich nimmt uns das Spiel ab, wodurch wir nach einem kurzen Ladebildschirm nur noch auf dem Zielflughafen landen müssen. Weil dieses, sich endlos wiederholende Procedere nicht sonderlich spannend ist, dürfen wir es auch gänzlich überspringen. Als Spieler müssen wir dann im Menü nur ein Reiseziel eingeben und anschließend dabei zusehen, wie ein Timer abläuft. Nach zwei bis drei Stunden hat unser Flieger dann sein Ziel erreicht und wir werden für unsere geleistete "Arbeit" bezahlt. Neue Flugzeuge sind sündhaft teuer, also ist diese passive Art und Weise des Geldverdienens übrigens der einzige Weg unseren Hangar zu füllen. Hier merkt man dem Spiel deutlich seine Smartphone-Wurzeln an, die sich auch hinsichtlich der Steuerung bemerkbar machen. Wer möchte, kann Take Off ganz ohne die Verwendung von Buttons spielen. Der Touch-Bildschirm und der linke Analogstick reichen völlig aus.

Fazit:

Take Off ist rein technisch einwandfrei spielbar. Das muss man dem Titel wohl zugutehalten. Wer einfach nur mit einem Flugzeug über einer beliebigen Landschaft herumfliegen möchte, der kann das hier tun. Auch der Umfang ist völlig in Ordnung. Das war’s allerdings schon mit den Zugeständnissen. Das Spiel ist so anspruchslos und eintönig, wie es hässlich ist. Die Missionen machen keinen Spaß, der Linienverkehr ist langweilig und die Grafik auf dem Niveau eines PC-Spiels der späten 90er-Jahre.

Unsere Wertung:
4.0
Jeremiah David meint: "Detailarme und eintönige Flugsimulation für die Hosentasche"
Take Off - The Flight Simulator von Jujubee erscheint am 30.03.2022 für Nintendo Switch. Wir haben die Version für Nintendo Switch getestet. Für diesen Test wurde uns ein Rezensionsexemplar von Astragon Entertainment zur Verfügung gestellt.
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