Test

Deus Ex: Mankind Divided

Von Michael Prammer am 05.09.2016

Deus Ex: Human Revolution kam vor etwa fünf Jahren auf den Markt und gilt als eines der besten Action-RPGs der vergangenen Jahre. Der Nachfolger Mankind Divided ist seit kurzem erhältlich und will in die großen Fußstapfen treten. Ob das gelungen ist, erfahrt ihr in unserem Test.

Deus Ex: Human Revolution ist der dritte Teil der Serie und bildet die Vorgeschichte zu den Original-Spielen. Menschen sind in einer nahen Zukunft im Jahr 2027 in der Lage, geistige und körperliche Behinderungen mit Bioprothesen und Implantaten wettzumachen und ein normales Leben zu führen. Jedoch nutzen auch „gesunde“ Menschen diese Erweiterungen, die im Spiel Augmentierungen genannt werden, um die eigene Leistungsfähigkeit zu steigern. Nicht jeder auf dem Planeten ist mit diesem Fortschritt einverstanden und es kommt zu Konflikten. Sarif Industries, einer der führenden Hersteller dieser Augmentierungen, steht vor einem Durchbruch in der Branche und will der Weltöffentlichkeit seine neusten Errungenschaften vorstellen. Kurz vor zuvor kommt es zu einem Zwischenfall, bei dem vermeintlich alle getötet werden, die an dem Projekt gearbeitet haben. Ebenfalls schwer verletzt wird Adam Jensen, der Sicherheitschef von Sarif Industries, der nach dem Anschlag zahlreiche Augmentierungen über sich selbst ergehen lassen muss, um mit dem Leben davonzukommen. Dank seiner neuen Fähigkeiten wird er damit beauftragt, die Hintergründe des Angriffs aufzudecken und einer Verschwörung auf den Grund zu gehen.

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Mensch gegen Maschine

Mankind Divided setzt zwei Jahre nach den Ereignissen von Human Revolution an. Wer den tollen Vorgänger verpasst hat, aber dennoch nicht auf die Geschichte verzichten will, bekommt einen zwölfminütigen Film geboten, in dem die grandiose Story aufgearbeitet wird. Die Handlung beginnt in Dubai, wo Jensen und sein Team mit Hilfe eines eingeschleusten Agenten einen Waffenhehler hochnehmen sollen. Der Einsatz gelingt nur teilweise und der Protagonist kehrt in seine Heimatstadt Prag zurück, wo er in einen Anschlag verwickelt wird. Was sich erst einmal aufregend liest, wird ziemlich gemächlich erzählt und offenbart schon früh eine erste Schwäche im Spiel. Mankind Divided kommt an die großartige Geschichte des Vorgängers nicht ran. Eigentlich dreht sich die komplette Geschichte nur um den Graben, der sich zwischen Optis (augmentierten Menschen) und normalen Menschen immer weiter auftut und Misstrauen in der Gesellschaft heraufbeschwört. Was sich dann im Laufe der etwa 20 Stunden Spielzeit langsam zu einem unterhaltsamen Abenteuer zu steigern vermag, findet dann ein abruptes Ende. Mankind Divided endet mit einem fiesen Cliffhanger genau dann, wenn die Story so richtig Fahrt aufnimmt.

Was der Titel in der Story etwas verbockt hat, macht er in der Steuerung und Spielmechanik wieder gut. Mankind Divided hat es geschafft, die Serie noch besser zu machen. Das liegt zunächst einmal an den neuen Steuerungsschemata. Wer Human Revolution gerade noch gespielt hat, muss sich nicht umgewöhnen, sondern kann das neue Abenteuer mit der gleichen, bereits voreingestellten Tastenbelegung starten. Aber auch die neue Tastenbelegung geht super von der Hand und erfordert nur wenig Übung. Dazu kommt noch, das Neulinge nicht einfach ins kalte Wasser geworfen, sondern dank diverser Tutorials behutsam in die Welt von Deus Ex eingeführt werden. Sämtliche Spielmechaniken, seien es wildes Rumballern oder umsichtiges Schleichen, dürfen ausprobiert werden und haben in den Tutorials keine Auswirkung aufs Spiel. Dies lässt sich natürlich auch überspringen und Kenner genießen das Spiel sofort auf ihre Art und Weise. Die bereits angesprochene Steuerung geht jetzt noch besser von der Hand und wirkt etwas agiler. 

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Zwischen Ballern, schleichen und Charakterentwicklung

Bei Deus Ex: Mankind Divided handelt es sich um einen First-Person-Shooter, der einige Rollenspielelemente aufzuweisen hat. Das komplette Abenteuer ist ein Open-World-Spiel mit verschiedenen Freiheitsoptionen. Die Story wird durch die Hauptmissionen vorangetrieben, und während des Spielens kommen immer wieder optionale Nebenmissionen zum Vorschein. Dem Spieler bleibt dabei überlassen, ob er die gegenwärtigen Situationen mit Gewalt oder still und heimlich bewältigt. Ein großzügiges Waffenarsenal lässt zwischen tödlichen Wummen und Betäubungswaffen wählen. Außerdem gibt es zwei Nahkampfangriffe, die entweder in einem Schläfchen des Gegners oder in dessen Ableben enden. Adam Jensen verfügt über einige spezielle Fähigkeiten in Form der bereits angesprochenen Augmentierungen. Diese können erweitert und verbessert werden. Im Vergleich zu Human Revolution, wo es diese Fähigkeiten auch schon gab, gesellen sich nun einige sogenannte experimentelle Augmentierungen dazu. Diese bieten zusätzliche Fähigkeiten, können jedoch nicht alle gleichzeitig aktiviert werden. So muss man abwägen, welche der Fähigkeiten man für bestimmte Missionen einsetzt und welche man deaktiviert. 

Ein weiteres wichtiges Element der Deus Ex-Serie ist das Hacken. Im Spiel sind unzählige Safes, Schlösser und Computer zu finden, die mit einer Sicherheitsvorkehrung ausgestattet sind. Hat man die Codes zur Hand, welche oftmals in PDAs zu finden sind, verschafft man sich leicht Zugang zu den verborgenen Orten. Dort warten Geld, Waffen oder Munition. Meistens jedoch ist Jensens Fähigkeit als Hacker gefragt und er muss sich illegal Zutritt zu den Systemen verschaffen. Das geschieht dann mittels eines Minispiels, bei dem mehrere Punkte auf einer Karte aktiviert werden müssen, ohne dass das Sicherheitssystem anschlägt. Neu ist das Sammeln von Materialteilen, mit dem verschiedene Dinge selbst gebaut werden können. Dazu zählen Minen oder Multitools, mit denen sich Schlösser spielend leicht knacken lassen. Ein weiterer Punkt sind die Gespräche, die bereits im Vorgänger eine tragende Rolle hatten. Dadurch lassen sich diverse Situationen ausdiskutieren und manche Konflikte umgehen. Notwendig dazu ist das nötige Verhandlungsgeschick, das man sich selbstverständlich erst einmal aufwerten muss.

Deus Ex: Mankind Divided ist in einigen Punkten besser geworden, als sein Vorgänger. Gerade die Gegner verhalten sich nun deutlich intelligenter. So suchen diese bei Beschuss selbst Deckung und scheinen sich auch in Gruppen besser zu organisieren. Jedoch ist auch dieses Spiel nicht frei von Fehlern und so kommt es hin und wieder zu komischen Situationen, in denen der Feind etwas unkoordiniert hin- und her läuft, ohne ein klares Ziel zu haben. Auch die Synchronisation der Charaktere klappt nicht immer und einige Lippenbewegungen setzten erst vor oder nach dem gesprochenen Wort ein. Ganz flüssig läuft der aktuelle Deus Ex-Teil ebenfalls nicht: Einige Ruckler und Framerateeinbrüche muss man leider in Kauf nehmen. Die Optik ist ansonsten sehr gut gelungen. Fans werden die Gelbtöne und die beklemmende, düstere Atmosphäre zwar etwas vermissen, jedoch wirkt gerade das virtuelle Prag sehr detailliert und zeigt sich auch in Farbe bei Tag sehr angenehm. Die Musik ist ebenfalls klasse und passt bestens zum Spiel. Lediglich die bereits angesprochenen Tonprobleme bei der deutschen Synchronisation nerven etwas.

Fazit:

Deus Ex: Mankind Divided kommt nicht an Human Revolution ran. Das wäre locker möglich gewesen, wenn man sich etwas mehr Mühe mit der Story gegeben hätte. Denn spielerisch ist das aktuelle Deus Ex-Abenteuer noch eine Spur besser geworden. Adam Jensen steuert sich noch besser, die neue Welt ist noch abwechslungsreicher und die Neuerungen passen bestens ins Spiel. Das abrupte Ende und der damit verbundene Cliffhanger der Story sind allerdings unglücklich und die nur langsam in Fahrt kommende Geschichte hat nur wenige ganz große Höhepunkte. Ebenfalls störend sind die technischen Macken, die im Spiel zu finden sind. Dennoch erlebt man mit Deus Ex: Mankind Divided ein tolles Action-RPG, das zwar nicht ganz mit dem Vorgänger mithalten kann, jedoch nicht nur für Genre-Fans einen Kauf wert sein sollte.

Unsere Wertung:
8.0
Michael Prammer meint: "Hervorragendes Action-RPG mit toller Spielmechanik und schwacher Story."
Deus Ex: Mankind Divided erscheint für PC und PlayStation 4 und XBox One. Wir haben die Version für PC getestet.
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4 Kommentare:
prog4m3r)
prog4m3r
Am 05.09.2016 um 15:17
Erstmal, Däumchen hoch dafür, dass es doch noch einen (offiziellen) Deus Ex Test auf NplusX.de gibt :P (und schelte für Lars, weil wir den ganzen August lang auf den dummen No Man's Sky Hintergrund starren durften!)

So sehr ich dir auch dabei zustimmen muss, dass sich Mankind Divided wirklich großartig spielt, so vehement protestiere ich gegen die hier von dir angegebenen 20 Stunden Spielzeit. Auch wäre ein böses Wort über die One-Use-Mikrotransaktionen in einem Vollpreis-Singleplayer-Titel durchaus angebracht, nicht das diese irgendeinen nutzen hätten, aber allein das vorhanden sein darf durchaus kritisiert werden.

Selbst bei all meiner Deus Ex Fanboy-Liebe die ich für diesen Titel aufbringe - hab das Ding immerhin noch einmal im NewGame+ durch gejodelt, 8.0/10 hat das hier gelieferte Gesamtpaket einfach nicht verdient.
michi1894)
michi1894
Am 06.09.2016 um 00:05
Danke für deine Anmerkungen. Ich habe zwischen 7,5 und 8 tendiert und mich dann für die höhere Note entschieden, da es mir einfach verdammt viel Spaß gemacht hat. Ich bin aber auch kein besonders großer Deus Ex-Fan, deshalb war meine "Enttäuschung" sehr gering, dass es von der Story her einfach nicht so toll geklappt hat.

Die Microtransaktionen kann man erwähnen, muss man aber nicht. Für mich ist das nicht relevant, da ich das ganze Spiel ohne Transaktionen spielen konnte. Ein Mehrwert ist für mich nicht gegeben, irgendwie lohnt das nur für ungeduldige Spieler, die schneller voran kommen möchten.

Ich gestehe an dieser Stelle, dass ich nur auf knapp 17 Stunden gekommen bin. Aber ich haben gerade am Ende auch ziemlich schnell gemacht, da ich den Test fertig bekommen wollte. Auf 20 Stunden hätte ich es bei einem "No-Kill-Run" sicherlich geschafft (ist glaube ich auch eine Trophäe). Vielleicht habe ich mich auch extrem dumm angestellt ;-).
Belphegor)
Belphegor
Am 05.09.2016 um 17:32
Der Pro gegen den Rest der Welt (Paper Mario, Deus Ex) *grins*
M@sterR)
M@sterR
Am 06.09.2016 um 22:16
@Gamer: Na ja, wenn du dich durch ein Stealth-Game ballerst, musst du dich nicht wundern, wenn es nach sechs Stunden vorbei ist. Ich spiele auf Pacifist und Foxiest of the Hounds. Werde anders als in HR zwar nicht auf Platin gehen (alleine wegen der behämmerten Hardcore-Trophäe ala Dead Space trotz Tricks schon nicht), aber die games muss man einfach auf Stealth spielen. Wie Michi schon richtig sagt, ist die Story eh für den Eimer, hier geht es mehr um die Spielerfahrung. Und auch, wenn es hauptsächlich über unrealistisch angelegte Lüftungsschächte geht, sind die Schleichwege wie auch im Vorgänger stets sehr intelligent eingebaut. Eins der Details, die man überhaupt nicht mitbekommen würde, wenn man guns blazing durchrennt.
Das ist so wie die Leute, die sich darüber beschweren, dass Shellshock 2 zu einfach sei, es abe rauf easy durchgespielt haben. Zockt man einfach nicht auf easy, da dann der Survival-Aspekt komplett wegfällt bei dem game.
JoWe)
JoWe
Am 07.09.2016 um 16:40
Ich spiele es auch auf Stealth - und werde dann den NewGame+-Modus dazu benutzen mich mit dem sonst recht ungenutzen Waffenarsenal einfach durchzuballern, damit ich auch mal was von den Außenarealen und Räumlichkeiten sehe und nicht immer nur Lüftungsschächte ;-P
prog4m3r)
prog4m3r
Am 07.09.2016 um 17:20
Deine Zeit kann man kaum als Referenz nehmen, JoWe :D
Gib es doch zu, du willst es gar nicht beenden :P