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NplusX-Kommentar: Pokémon GO – wie lange hält der Hype und was wird bleiben?

Von Michael Prammer am 11.08.2016

Pokémon GO übt eine Faszination aus, wie man sie in der Videospielbranche eigentlich noch nie gesehen hat. Doch wie lange wird das Phänomen anhalten? Ich meine: nicht mehr lange.

Um die Jahrtausendwende keimte der Pokémon-Hype zum ersten Mal auf. Die Jagd nach den kleinen Monstern wurde zum Massenphänomen, die Serie erlangte weltweiten Ruhm. Filme, Anime-Serien, Sammelkarten und natürlich die ersten Flaggschiff-Videospiele, die auf ihren jeweiligen Systemen zu den Bestsellern zählten, waren das Ergebnis.

20 Jahre sind seitdem vergangen, nicht mehr der GameBoy, sondern das Smartphone regiert die mobile Spielewelt, und Nintendo hat die Taschenmonster in Zusammenarbeit mit Niantic auf mobile Geräte gebracht. Und damit auch ein Stück Kindheit einer ganzen Generation wiederbelebt, die mit 8 – 12 Jahren voll im Pokémon-Fieber war. Es scheint, als hätten die Kinder der 90er jetzt fast geschlossen die Zeitreise angetreten und dabei noch mehr Junge und noch mehr Alte angesteckt.

Natürlich sind nicht alle von ihnen heute (immer noch?) leidenschaftliche Videospieler. Der Großteil der heutigen Pokémon GO-Spieler dürfte zu den sogenannten Casual-Spielern zählen, die nur wenige Minuten am Tag Spiele konsumieren. Die Level-20+-Spieler, die man allerseits in den Arenen sieht, dürften hingegen mit Sicherheit zu denjenigen gehören, die auch heute noch regelmäßig Spiele verschlingen und Pokémon GO als neuen Zeitvertreib entdeckt haben, in den sie auch beträchtliche Energie stecken. Doch inwieweit eignet sich Pokémon GO eigentlich wirklich als Videospiel, das sogenannte Hardcore-Zocker unterhalten will?

Pokémon Go ist kein gutes Spiel

Ich finde: überhaupt nicht. Und ich bin mir sicher, dass das der Grund dafür sein wird, dass der Hype um Pokémon GO sich bald einem Ende nähern wird. Im Wesentlichen wegen des Zusammenspiels zweier Faktoren: Neugierige Gelegenheitsspieler laden sich die App kurz herunter, sammeln ein paar Pokémon und merken schnell, dass das Spiel in Arbeit auszuarten droht. Schon ab Level 10 wird das Vorankommen zunehmend mühselig; man trifft weniger neue Pokémon, braucht mehr Erfahrungspunkte, erlebt immer mehr Spielelemente zum zehnten, zwanzigsten Mal. Die kleinen Monster wollen mühsam entwickelt, neue, seltene Pokémon ergattert werden und ab Level 5 winken die Arenen. Die sind wegen übermächtiger Gegner (repräsentiert durch die Hardcore-Pokémon-Trainer) kaum einzunehmen. Und genau dort beginnt der Grad zwischen Casual-Spielern und sogenannten Core-Gamern. Der Gelegenheitsspieler verliert hier schon die Lust, da das gesamte Konzept zu komplex wird und die Erfolgserlebnisse, die Belohnungen ausbleiben.

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Also müssten doch jetzt der Core-Gamer auf den Plan gerufen werden, immerhin soll Pokémon GO zwar eine kleine App für Jedermann sein, jedoch auch die Komplexität mitbringen, um auch nach mehreren Stunden noch zu begeistern. Doch genau hier liegt das Problem. Die App ist unausgereift, ihr fehlt es an spielerischen Highlights. So spielen auch nur die wenigsten mit dem Gedanken, einmal echtes Geld zu investieren.

Too little, too late

Dazu kommt das Standortproblem, das sowohl Casual-Spieler als auch Core-Zocker in die Schranken weisen könnte. Wer in der Stadt lebt, ist nämlich klar im Pokémon-Vorteil. Auf dem Land findet man nicht nur weniger Monster, sondern ist auch mit weniger Pokéstops gesegnet. Klar, man kann einen Ausflug in die Stadt machen, um Monster zu fangen, oder Pokébälle zu sammeln – aber wer nimmt das für ein Smartphone-Spiel schon auf Dauer in Kauf?

Ein Faktor, der das Spiel noch populärer machen könnte, ist Pokémon GO Plus. Das kleine Armband in Form eines Pokéballs ist für stolze 40 Euro vorbestellbar und soll die Suche spürbar erleichtern, indem es Spielern die Interaktion mit der App auch ohne Blick auf das Smartphone erlaubt. 

Doch es gibt da einen Haken: Pokémon GO Plus müsste längst erschienen sein. Denn die virtuelle Monsterjagd ist jetzt in vollem Gange. Mit dem Accessoire von Nintendo ist vor September jedoch nicht zu rechnen – und selbst dann wird es voraussichtlich erst einmal nur mit Apple-Geräten kompatibel sein, der große Android-Markt bliebe außenvor. 

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Nintendo hätte das kleine Gimmick viel früher auf den Markt bringen, einen vernünftigen Preis ausrufen und leichter zugänglich machen müssen. Außerdem ist Pokémon GO Plus „nur“ ein Armband – weitere nützliche Erweiterungen zum Spiel: Fehlanzeige. Wenn sich das Gimmick nicht weiter verschiebt, dürfte es im September bei uns landen – zu einem Zeitpunkt, an dem der Hype vielleicht schon längst wieder deutlich abgeflacht ist.

Aus Pokémon GO lernen

Nintendo hat einen richtigen Schritt gemacht und eine starke Eigenmarke ohne allzu viel Aufwand zusammen mit den richtigen Entwicklern atemberaubend gut vermarktet. Das Spielkonzept ist allerdings nicht zu Ende gedacht. Nintendo und Niantic machen einfach zu wenig aus dem medialen Interesse, das momentan aufgekommen ist, kommen den Fan-Wünschen nach entscheidenden neuen Features und Spielmechaniken nicht oder nur schleppend nach. Vielleicht hätte man einfach etwas später starten und dafür (analog zur scheibchenweisen Veröffentlichung von Splatoon) kontinuierlich neue Inhalte nachschieben sollen. In der vergangenen Woche hat man nur mit abgeschalteten Features von sich reden gemacht, aber nicht mit neuen Gameplay-Elementen, die die App wieder interessant machen würden.

Vielleicht lernt Nintendo für die zukünftigen Apps, denn bereits im Herbst sollen mit Animal Crossing und Fire Emblem neue Apps für die Smartphone-Sparte kommen, diesmal wieder vom japanischen Stammentwickler De:NA. Sicherlich werden sie bei weitem nicht den Hype auslösen, den wir jetzt gerade erleben – dafür sind die Marken viel zu unbekannt – aber hoffentlich ein klares Konzept bieten, das sowohl Gelegenheitsspieler als auch Core-Gamer länger an die hauseigenen Apps zu binden vermag. Vielleicht findet man dann auch die Formel, um etwas an den Apps zu verdienen.

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3 Kommentare:
Ken_Sugisaki)
Ken_Sugisaki
Am 11.08.2016 um 11:41
Naja ich weiß nicht wie viele Poke-Plus gebaut werden, aber wenn die Ausverkauft sind, dann ist der Preis von 40€ unverschämt, aber anscheinend noch zu niedrig.
Ansonsten stimme ich dir insofern zu, als das die App gerade ihren Zenit überschritten hat. Dennoch wird Ninantec die App ständig erweitern und "verbessern". -> Man wird von Zeit zu Zeit immer mal reingucken und es spielen.

- Das Stadt/Landgefälle müsste umgekehrt werden, damit man auch wirklich was erlebt. (von wegen der Weg ist das Ziel)
Belphegor)
Belphegor
Am 11.08.2016 um 16:53
Naja ich denke abflachen wird es noch nicht aber nach den Sommerferien (in einigen Bundesländern noch bis weit in den September) wird es auf jeden Fall halten. Fraglich ist halt was in 3-4 Monaten sein wird. Es ist ein Hype, ein Trend, ein Ding das nur endlich sein wird. Klaro.
Knusel)
Knusel
Am 14.08.2016 um 11:49
Ich habe das Gefühl das es nicht mehr so aktuell ist . Ich sehe kaum noch jemanden mir dem Handy vor der Nase rum laufen und reden tut auch keiner mehr davon ... Ich denke das der Großteil der Spieler auf Verbesserungen wartet und der andere Teil es nicht mehr interessiert. Nur die Hardcore gamer sind no harm dran ...
Meinst würde nach 3 Tagen deinstalliert weil es nur noch frustriert hatte . Wenn pokemon dann immer die selben . Der Eier tracker funktioniert nicht richtig . Die Bugs und Server Probleme
....