Angespielt: Google Stadia
Erste Hürden
Wer die sogenannte „Founders Edition“ zwar vorbestellt, aber seine Hardware aufgrund von Lieferschwierigkeiten nicht rechtzeitig zum Launch bekommen hat, der sollte in den nächsten Tagen einen Einladungs-Code erhalten. Und damit kommen wir zur Anmeldeprozedur von Stadia, die sich im Grunde einfach anhört, jedoch ein paar Stolpersteine parat hält.
Google geht davon aus, dass jeder Gamer ein Smartphone und eine Kreditkarte besitzt. Nur so können wir uns erklären, was uns zum Start vom Streaming-Service erwartete, denn während sich die Vorbestellung bequem über den Google-Onlinestore via PayPal abwickeln lies, trafen wir beim Einrichten des Service auf eine faustdicke Überraschung. Aber von Anfang an...
Zunächst einmal benötigt der Spieler zwingend die Stadia-App für ein Smartphone. Zwar kann man auch am PC einige Einstellungen vornehmen, aber nur über das Smartphone lassen sich andere Geräte wie ein Fernseher einrichten und auch die Spiele lassen sich zu Beginn ausschließlich über ein Smartphone freischalten. OK, ein Smartphone gehört zur Grundausstattung vieler Menschen, das sollte kaum ein Problem darstellen. Nicht jeder besitzt allerdings eine Kreditkarte, und die wird benötigt, sobald bei der Kontoeinrichtung für das dreimonatige Premium-Abo, welches dem Paket beiliegt, eine Zahlungsmethode gefordert wird.
Irgendwo im Kleingedruckten bei der Bestellung ist sicherlich die eine oder andere Silbe zum Thema Kreditkarte oder Smartphone aufgetaucht. Allerdings ist es unverständlich, warum Google einen solch komplizierten Weg wählt und Spieler, die nicht mit dem passenden Zahlungsmittel ausgestattet sind, vor den Kopf stößt. Das Paket lässt sich, wie bereits erwähnt, ohne Probleme per PayPal kaufen. Wieso werden später keine Alternativen zur Kreditkarte angeboten? Kunden ohne Kreditkarte müssen sich letztere besorgen oder das gesamte Paket wegen einer fehlenden Zahlungsmethode zurückschicken.
Der Controller
Wer zu den ersten Interessenten des Streaming-Dienstes gehört, hat sich entweder die „Founders Edition“ oder die „Premiere Edition“ vorbestellt. Der Unterschied liegt vorerst nur in der Farbe des Controllers. Ansonsten liegt beiden Varianten ein Chromcast Ultra bei, der als Bindeglied zwischen Service und Fernseher dient und Stadia zur waschechten Spielekonsole macht. Drei Monate Premium-Abo gibt es ebenfalls mit dazu und in diesem Zuge kommen zum Start zwei Spiele ohne Zusatzkosten mit an Bord. Der Hauptdarsteller des Pakets dürfte aber der Controller sein und hier hat Google gute Arbeit geleistet.
Wenn man den Google-Controller in der Hand hält, fühlt sich das Gerät nach einem „Best-of“ vieler Konkurrenzcontroller an. Die Anordnung der Analogsticks wurde von der PlayStation, die Anordnung der Aktionstasten von der Xbox One und der Rest irgendwie vom Switch Pro-Controller abgekupfert – dazu noch einen Klinkenanschluss für Kopfhörer und fertig ist das Stadia-Pad. Immerhin eine Innovation gibt es: Das Pad wird über WLAN eingeloggt und nicht über Bluetooth. Es kommuniziert auch nicht mit irgendeiner Hardware, sondern direkt mit dem Router, was die Latenz deutlich verbessert.
Der Schwerpunkt des Controllers liegt etwas weit vorne, insgesamt ist Google jedoch ein toller Controller gelungen.
Erste Spielerfahrungen
Wir haben die zwei kostenlosen Spiele Destiny 2 und Samurai Showdown mit Chromcast und auf einem Laptop angespielt. Dabei stand uns eine 50Mbit/s-Leitung zur Verfügung, was laut Google für die Pro-Variante des Service ausreichend sein soll.
Destiny 2 war bei den ersten Anspielversuchen ein zweischneidiges Schwert. Der Shooter sah umwerfend gut aus, allerdings kam es immer wieder zu leichten bis mittelschweren Rucklern, was teilweise auch auf das Spielgeschehen Auswirkungen hatte. Immerhin gab es keinerlei Verbindungsabbrüche und das Spiel lies sich zwei Stunden am Stück problemlos spielen.
Samurai Showdown war eine echte Überraschung. Der Prügler aus dem Hause SNK lief während den Anspielversuchen butterweich, konnte mit einer tollen Grafik punkten und hatte keine nennenswerten Ruckler oder andere Grafikfehler. Das Beat'em'Up lief einwandfrei, und das sowohl auf dem Laptop, als auch auf dem TV.
Außerdem erwähnenswert: Was bei beiden Spielen wirklich Spaß macht, ist die schnelle und problemlose Verfügbarkeit. Hat sich der Spieler einmal seinen Account eingerichtet, reichen zwei Klicks auf dem Smartphone. Sofort startet das Spiel – ganz ohne Downloads, nervige Updates oder überlange Ladezeiten.
Luft nach oben
Google hat noch nicht alle Services zur Verfügung gestellt, was irgendwie schade ist, auf der anderen Seite aber auch vorherzusehen war. Hierbei ärgert besonders die Tatsache, dass der versprochene Buddy-Pass, mit dem man ein paar Freunde zu drei Monaten Stadia einladen kann, noch nicht verfügbar ist. Eigentlich fahrlässig von Google, da eine bessere Werbung kaum machbar gewesen wäre. Außerdem fehlt ein vernünftiger Webshop, bei dem sich die Spiele bequem aus dem Internet kaufen lassen. Über die Preisgestaltung der Spiele lässt sich streiten. Wer kein Pro-Abo besitzt und damit auch nicht von Preissenkungen von bis zu 50% profitieren kann, der muss Retail-Preise für die Spiele bezahlen. Red Dead Redemption 2 kostet so beispielsweise 59,99€. Den gleichen Preis ruft Google auch für Shadow of the Tomb Raider auf. Rabatte für Pro-Spieler gib es in beiden Fällen nicht. Final Fantasy XV und Metro Exodus kosten jeweils 39,99€, sind aber mit Pro-Rabatt für 29,99€ beziehungsweise 20,00€ zu haben. Besitzer einer PlayStation 4 oder XBOX One können darüber nur müde lachen, denn sie bekommen diese und weitere Titel des Systems schon seit einiger Zeit für deutlich weniger Geld, erst recht, wenn sie auf dem Gebrauchtmarkt zuschlagen. Zwei Spiele gratis zu Beginn sind ganz nett, jedoch sind die Kosten für neue Spiele einfach zu hoch und Google hätte die Kundschaft hier mit besseren Angeboten locken können.
Google muss außerdem dringend an Partnerschaften arbeiten. Namhafte Spiele, wie Cyberpunk 2077 können zu Kaufgründen für den Service werden, will man sich keine teure Hardware anschaffen. Allerdings ist das aktuelle Lineup bestenfalls als lückenhaft zu bezeichnen. Von FIFA, beispielsweise, fehlt jede Spur. Auch Spieleserien wie Dark Souls, The Witcher, Grand Theft Auto oder Call of Duty suchen wir vergeblich, dabei ziehen sie die Massen an und können mit den richtigen Preisen und Paketen zu echten Magneten werden.
FAZIT:
Google Stadia ist für mich auf den ersten Blick schon eine kleine Gaming-Revolution. Spiele ohne lange Ladezeiten, ohne Updates und dennoch in brillanter Auflösung – genau das war es, was ich mir von dem Service gewünscht hatte und was ich jetzt auch geboten bekommen habe. Google liefert dazu ein teures, aber dank des tollen Controllers durchaus sinnvolles Einsteigerpaket, um die Welt des Streamings zu erkunden. Der zweite Blick offenbart allerdings: Stadia steckt noch in den Kinderschuhen und Google hat viele Fehler gemacht. Die Nummer mit der Kreditkarte geht überhaupt nicht, die fehlenden Services zum Start deuten auf einen voreiligen Release hin und die Preisgestaltung frustriert. Google muss außerdem dringend an Partnerschaften arbeiten und mehr hochkarätige Spiele an Land ziehen.
Wer selbst überlegt das Teil mal auszuprobieren hier 2 Links:
Speedtest von google: https://projectstream.google.com/speedtest
Ping-Test zur google Cloud: http://www.gcping.com/
Sehr interessant bei letzterem Link bei mir: Frankfurt, Niederlanden und Zürich waren bei mir alle auf dem gleichen Niveau von 36/38ms
Die grundsätzliche Technik scheint aber zu stimmen und daher warte ich in Ruhe ab. Vielleicht wird mein Spiele PC dann beim nächsten mal nicht mehr aufgerüstet/erneuert.