Test

The Technomancer

Von Michael Prammer am 22.07.2016

The Technomancer führt Rollenspiel-Fans auf den Mars. Wir nehmen euch mit.

Das in Paris ansässige Entwicklerstudio Spiders hat schon einige Rollenspiele auf den Markt gebracht. Die Action-RPGs hatten dabei alle eines gemeinsam: viele gute Ideen, die mehr oder weniger gründlich zu Ende gedacht wurden und somit  meist "nur" mittelmäßige Spiele als Ergebnis hervorbrachten. Der letzte Titel hieß Mars: War Logs. Er dient nun als geistiger Vorgänger zum aktuellen Spiel, das von Focus Home Interactive vertrieben wird. The Technomancer verschlägt den Spieler erneut auf den roten Planeten und lässt ihn in einen geheimen Orden eintauchen. Ob die Entwickler aus der Vergangenheit gelernt haben und den Sprung in den Action-Rollenspiel-Olymp vollbringen konnten? Unser Test klärt's.

Wasser – die wichtigste Ressource, die es gibt

The Technomancer führt euch in eine nahe Zukunft auf den Mars. Menschen bevölkern den roten Planeten schon seit längerer Zeit und so haben sich bereits einige Probleme in die rote Idylle eingeschlichen. Das wichtigste Gut auf dem kargen Planeten ist Wasser, das allmählich knapp zu werden droht. Menschen beginnen, sich in Mutanten zu verwandeln, und die großen Konzerne tyrannisieren das Volk und kontrollieren die wichtigen Wasservorkommen. Mitglieder eines Ordens, die sich Technomancer nennen und übernatürliche Fähigkeiten besitzen, sind die letzte Hoffnung des freien Volkes, auch wenn zunächst nicht sicher scheint, auf wessen Seite sie eigentlich stehen.

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Der Ansatz der Geschichte ist gelungen, der erzählerische Einstieg verpufft jedoch bereits nach wenigen Minuten. Sehr zäh und mit wenigen Informationen dümpelt der Spieler in die eigentlich interessante Story hinein und erfährt zu Beginn so gut wie gar nichts. Das ändert sich auch nach den ersten Missionen kaum. Nachdem man gleich zu Beginn in einer tollen Mars-Landschaft gegen eine überdimensionale Gottesanbeterin kämpft und dadurch einen sehr schönen Einstieg ins Spielgeschehen bekommt, werden die Missionen zur Tortur. Denn anstatt herrliche rote Landstriche zu bereisen, wie man sie auf dem Mars vermuten könnte, verbringt man seine ersten Stunden in der Hauptstadt Ophir und ihrer Umgebung. Dort sucht man dies und das, besiegt den einen oder anderen Gegner und durchläuft ständig die gleichen Gebiete. Der Spieleinstieg ist insgesamt wirklich alles andere als gelungen. Im späteren Spielverlauf kommen immerhin interessante Spiellandschaften dazu und die Geschichte spitzt sich in einem politischen Machtkampf zu. Dadurch nimmt The Technomancer zwar etwas an Fahrt auf, einen wirklichen Höhepunkt vermisst man während der etwa 40-50 Stunden Spielzeit allerdings.

Interessante Charakterentwicklung

Die ersten Stunden verbringt man aber auch damit, Ressourcen und Waffen zu sammeln und den eigenen Charakter aufzuleveln. Und das ist dann doch sehr gut gelöst worden. Es gibt drei unterschiedliche Kampftypen und damit verbundene Waffen, die gesammelt, zerlegt und verbessert werden können. Dazu gesellen sich die Technomancer-Fähigkeiten, die zum Beispiel in feinster Lord Palpatine-Manier Lichtblitze verschießen. Die einzelnen Kampftypen können unabhängig voneinander aufgewertet werden, was durch unterschiedliche Talentbäume geschieht. Dabei sollte man sich zu Beginn mit Bedacht auf einen Kampfstil festlegen, da es neue Talentpunkte nur alle drei Levels gibt. Bedenken muss man aber auch, dass die Kampfstilrichtungen je nach Gegner unterschiedlich effektiv sind. So ergibt sich ein interessanter strategischer Aspekt der Figurenaufwertung. Auch andere Fähigkeiten können beeinflusst werden: So kann man seinem Technomancer diverse Skills beibringen - etwa Schlösser zu knacken oder besonderes Charisma zu versprühen. Das wirkt sich dann auch auf die Story aus, denn im weiteren Spielverlauf kann man bei Bedarf vielen Kämpfen aus dem Weg gehen, wenn die eigene Figur die Fertigkeiten dazu besitzt.

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Man kann auch entscheiden, ob man besiegte Gegner tötet, oder bewusstlos liegen lässt. Ersteres führt zu schlechtem Karma, dafür aber zu Serum, das als Währung im Spiel dient. Aber nicht jeder ist damit einverstanden, Gegner zu töten. Man darf sich nämlich bis zu zwei computergesteuerte Mitspieler zu den Missionen nehmen, die sogar selbst kleinere Quests verteilen können. Mit ihnen lassen sich durch Gespräche sogar Beziehungen aufbauen, die jedoch keinen weiteren Nutzen haben. Was hierbei enttäuschend ist, sind die Charaktere im Spiel selbst. Egal ob die Hauptperson oder die anderen Figuren – eine wirkliche Bindung baut man nie auf, da die Darsteller austauschbar wirken. Auch die Dialoge selbst klingen hölzern und wenig interessant. Immerhin kann man seinen Mitstreitern auch einige Ausrüstung anlegen. Diese ist jedoch sowohl beim eigenen Charakter als auch bei den Begleitern ziemlich langweilig und optisch immer sehr ähnlich gestaltet. 

The Technomancer hat nicht das Budget eines AAA-Titels wie The Witcher 3. Das merkt man dem Titel an allen Ecken und Enden an. Die Optik wirkt etwas altbacken und kann nur in wenigen Fällen wirklich glänzen. Die Charaktere wirken blass und das Gegnerdesign unterscheidet sich kaum. Auch bei der Musik gibt es Qualitätsunterschiede. Während in manchen Fällen tolle Elektrosounds das Spielgeschehen begleiten, ist die meiste Zeit keine musikalische Begleitung zu vernehmen. Auch die englischen Sprecher sind eher langweilig, es fehlt an Feintuning. Die Steuerung hingegen ist sehr gut gelungen und krankt nur an gelegentlichen Fehlern im Spielgeschehen. So kann es passieren, dass der Spieler nach dem Erklimmen einer Erhöhung ohne ersichtlichen Grund stehen bleibt, obwohl man die Figur weiter bewegen möchte. Außerdem gibt es während der Kämpfe immer mal wieder eine Zeitlupe, obwohl diese rein gar nichts bringt. Positiv zu erwähnen sind die vier Schwierigkeitsgrade, die dem Spieler auf den höheren Stufen einiges abverlangen. Gerade bei größerem Gegneraufkommen ist Taktieren gefragt und zumindest die Kämpfe sind schon zu Beginn des Abenteuers sehr anspruchsvoll.

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Fazit:

The Technomancer führt eine Tradition des "Spiders"-Studios konsequent fort: Mit vielen Ambitionen und interessanten Ansätzen kommt das Action-Rollenspiel daher und kann dank toller Ansätze wie der gelungenen Charakterentwicklung und dem ansprechenden Schwierigkeitsgrad durchaus unterhalten. Leider hat das Spiel zu keiner Zeit die Chance, einem großen Rollenspiel die Stirn zu bieten. Es mag zum Teil am Budget liegen, zum Teil liegt es aber auch an Flüchtigkeitsfehlern, die nicht ausgebessert wurden. So wirkt The Technomancer an einigen Stellen nicht richtig zu Ende gedacht. Der langweilige Story- und Spieleinstieg sowie das ständige Backtracking sind nervig und trüben das Gesamtbild. Die Grafik ist einfach nicht mehr zeitgemäß und die blassen Charaktere enttäuschen ebenfalls, da sie (inklusive des Protagonisten) austauschbar wirken. So bleibt The Technomancer ein keineswegs schlechtes, aber auch kein außerordentlich gutes Action-RPG und muss sich mit einer soliden,  mittelmäßigen Wertung zufrieden geben.

Unsere Wertung:
6.5
Michael Prammer meint: "Viele interessante Ansätze werden durch veraltete Technik, einen zähen Spieleinstieg und einige Fehler getrübt."
The Technomancer erscheint für PC und PlayStation 4. Wir haben die Version für PlayStation 4 getestet.
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1 Kommentar:
nibez)
nibez
Am 24.07.2016 um 12:22
Ich hab ja auch mit einem Kauf geliebäugelt, aber so wird es wohl höchstens mal im Sale mitgenommen.