Jetzt beginnt sie endlich wieder: Die heißeste Zeit des (Videospiel-)Jahres. In ein paar Tagen öffnet die Video- und Computerspielmesse Electronic Entertainment Expo ihre Pforten im Los Angeles Convention Center. Üblicherweise präsentieren sich dort die Größen der Branche, um das Publikum mit sehnlichst erwarteten Neuankündigungen zu entzücken.

In den letzten Jahren ist die geballte Konzentration auf dieses Event aber spürbar aufgebrochen. Einige Publisher nutzen die Tage und die Aufmerksamkeit vor der Messe, um schon im Vorfeld ein paar Neuigkeiten zu streuen. Activision wird auf der Messe keinen eigenen Stand haben, dürfte mit große Wahrscheinlichkeit aber das neue Call of Duty-Spiel im Rahmen der Sony-Pressekonferenz vorstellen. Während Electronic Arts mit EA Play in diesem Jahr eine eigene Veranstaltung durchführt, spielen die mehr oder minder schwächelnden Branchenvertreter Konami, Capcom und Sega ohnehin kaum noch eine Rolle auf der E3. Neben Bethesda und Ubisoft wird der Fokus wohl wieder auf den Konsolenherstellern Sony und Microsoft liegen, die auch in diesem Jahr ihre traditionellen Pressekonferenzen abhalten werden.

Nintendo und die E3
Schade, dass Nintendo den direkten Wettbewerb mit der Konkurrenz scheut und in den letzten Jahren auf die obligatorische Pressekonferenz verzichtet. Es ist sicherlich auch ein stückweit der kommerziellen Erfolglosigkeit der Wii U und dem Mangel an eigenem Spiele-Angebot geschuldet, dass sie mit ihrem Material andere Wege gehen. Dennoch hatte Nintendo mit dem Digital Event und auch den Übertragungen aus dem Nintendo Treehouse bisher noch immer einige spannende Neuankündigungen und auch stets nette E3-Atmosphäre parat. In diesem Jahr bricht aber auch das Digital Event weg.

Hoffnungen
Als Fan von Nintendo gibt man sich gern einigen Träumereien hin und formuliert große Wünsche an das japanische Traditionsunternehmen. Das liegt nicht zuletzt daran, dass Nintendo in der Vergangenheit als Vorreiter kreativer Spielkonzepte gefeiert wurde und sich einen kostbaren und unglaublich wertvollen Fundus an Videospiel-Serien und -Charakteren aufgebaut hat. In diesem Jahr soll das Augenmerk auf dem neuen Zelda-Spiel liegen. Es wird spannend sein, ob und wie es Nintendo gelingt, der Serie einen moderneren Anstrich zu verpassen. Auch Informationen über das Setting, die Geschichte und neue Gameplay-Mechaniken werden mit Hochspannung erwartet. Doch was wird Nintendo abseits von Links neuem Abenteuer anbieten?

Nintendo kündigte dahingehend schon vor einigen Wochen an, dass es neben Zelda kein weiteres spielbares Material im Rahmen der E3 geben wird. Während der Treehouse-Übertragungen werden zumindest Pokémon: Sonne & Mond sowie Pokémon Go thematisiert, außerdem dürfte es vielleicht auch neue Infos zu Paper Mario: Color Splash geben. Darüber hinaus sollte man aber keine allzu aufwändigen Titel mehr erwarten. Oder vielleicht doch?

Träumerei und Hoffnung sind ja erlaubt. Wenn also kein neuer und aufwändiger Titel in Aussicht ist, dann dürften doch zumindest noch ein bis zwei schöne HD-Remakes und ein paar nette DLCs drin sein: Super Mario 64 und Super Mario Sunshine schreien doch geradezu nach einer Wii U-Neuauflage. Vielleicht ja sogar beide Spiele zusammen in einer hübschen Box - gern auch mit einem kuscheligen Super-Mario-amiibo aus Wolle. Und für Mario Kart 8 hat Nintendo ein neues Streckenpaket indirekt doch schon angekündigt. Außerdem könnte Super Smash Bros. für Wii U noch ein paar neue Kämpfer und Arenen gebrauchen. Das wären schon ein paar Nettigkeiten, schließlich erwartet ein Nintendo-Fan etwas Software im heißen Videospiele-Herbst und natürlich eine Perle unter dem Weihnachtsbaum. Vielleicht mag Nintendo zur E3 ja auch doch den offiziellen Namen des NX-Systems verraten, garniert mit einem klitzekleinen, nichtssagenden Teaserbildchen der Konsole.

Erwartungen
Nintendo ist eines der Unternehmen, die für gewöhnlich nicht den allgemeinen Erwartungen entsprechen - im Positiven, wie im Negativen. Und in diesem Jahr haben sie diese Erwartungen im Vorfeld auch noch selbst aktiv gesenkt. Schon vor einigen Wochen wurde offiziell verkündet, dass das neue NX-System nicht während der E3 präsentiert wird. Außerdem soll das neue Zelda-Spiel der einzig anspielbare Titel sein. Wie also kann der diesjährige E3-Aufritt realistisch betrachtet aussehen? 

Nintendo hat bestimmt wieder einen gemütlichen Stand auf der Messe. - "Check!"
Zelda wird definitiv gezeigt. - "Wird auch mal langsam Zeit!"
Zelda wird hammermäßig. - "Na hoffentlich!"
Infos und Gameplaymaterial zu Pokémon Go, Sonne und Mond. - "Check!"
Nintendo könnte den Releasetermin von Paper Mario: Color Splash verraten. Vielleicht als Weihnachtstitel für die Wii U. - "Nicht unrealistisch."
Das dritte Streckenpaket für Mario Kart 8 wird angekündigt. - "Yeah, doch noch neue Software für Sommer/Herbst."
Mario & Sonic bei den Olympischen Spielen: Rio 2016 für Wii U wird kurz gezeigt. - "Könnte sein. Wäre nett, aber wenig aufregend."

Und darüber hinaus? Wahrscheinlich gar nichts. Zumindest kaum nennenswerte Qualitätssoftware abseits kleiner eShop- und Nischentitel. Bisweilen kann Nintendo sehr konsequent sein. Wenn sie die Erwartungen im Vorfeld der E3 bewusst senken, ist mit Wahnsinnsankündigungen - und selbst einem einfachen HD-Remake - wohl eher nicht mehr zu rechnen. Außerdem scheint Nintendo der Messe sowie dem dortigen Wettbewerb um die Aufmerksamkeit der Kundschaft zunehmend weniger Bedeutung zuzuschreiben. Ganz nüchtern betrachtet hat auch Nintendo selbst die Wii U längst abgeschrieben und leitet alle Ressourcen auf NX um. Was bleibt also abseits der genannten Dinge bis zum März 2017?

Wohl nur das Warten auf die Präsentation von NX. Und auf März 2017...