Anspielbericht zu Anima: Gate of Memories
Der Name
"Anima" dürfte den meisten Spielern gänzlich unbekannt sein, doch
komplett neu ist die Serie nicht: Das vor zehn Jahren gegründete
Indie-Studio "Anima Project" veröffentlichte die Buchreihe "Anima:
Beyond Fantasy" und versuchte sich anschließend an einer
Videospiel-Adaption seines Universums, die nun unter dem Namen "Gate of
Memories" erscheint. Während das Vereinte Königreich sogar eine schicke
Limited Edition des Spiels bekam, erscheint Anima im Rest der Welt nur
als ein Download für PC, PS4 und XB1, der je nach Plattform und
Angebotspreis etwa 20€ kostet. Die ursprünglich geplante Wii U-Version
wurde offenbar gecancelt. Da uns freundlicherweise ein Review-Code zu
dem Action-RPG zur Verfügung gestellt wurde, haben wir uns einmal
angesehen, ob es sich bei Anima: Gate of Memories um einen Geheimtipp
handeln könnte.
Low-Budget-Imitat von God of War und Co.
Vielleicht
liegt es daran, dass wir die zugrundeliegende Buchreihe nicht kennen,
doch die Story von Anima: Gate of Memories wirkt ungemein Konfus. Die
Protagonisten erwähnen ständig Orte und Figuren, die zuvor nicht
eingeführt wurden, sodass man ohne Vorwissen über das Franchise keine
Möglichkeit hat, die Handlung zu verstehen. Die provisorisch wirkenden
Cutscenes, in denen die Story mit untertitelten Ingame-Standbildern und
geradezu fürchterlicher Sprachausgabe erzählt wird, machen dabei
keinerlei Lust auf mehr.
Auf der offiziellen Homepage wird das
Kampfsystem als eines der stärksten Features von Anima beworben. In der
Praxis präsentierte sich dieses ziemlich schwach auf der Brust: Zwar
habt ihr einige Angriffsmanöver zur Verfügung, bei denen es sich jedoch
insgesamt nur um einige abgewandelte Nahkampf- und Projektilattacken
handelt. Viele Gegner sind sehr langsam und können selbst nur aus der
Nähe angreifen - diese Feinde könnt ihr mit Fernkampfwaffen komplett
aushebeln. Steht ihr einem Monster gegenüber, das gegen solche
Magieangriffe immun ist oder selbst Projektile verschießen kann, wird es
etwas brenzliger - in diesen Situationen fällt schnell die sehr steife
Steuerung ins Gewicht. Denn wenn ihr einen Angriff ausführt, reagiert
euer Charakter grundsätzlich nicht auf Controller-Eingaben, bis die
entsprechende Animation beendet ist. Derartige Systeme kennen wir aus
Monster Hunter oder Dark Souls, doch während ihr in diesen Spielen eure
Feinde beobachten und Zeitfenster für Gegenangriffe finden könnt, sind
die Angriffsmuster in Anima völlig undurchdacht und beliebig, was ein
taktisches Vorgehen unmöglich macht. In der Folge werdet ihr also
ständig getroffen, erhaltet im Ausgleich aber von jedem besiegten Feind
und von vielen Objekten innerhalb der Spielwelt zahlreiche
Health-Pickups. Und wenn diese nicht mehr ausreichen, könnt ihr
jederzeit auf Knopfdruck ein Heilungs-Item benutzen.
Gate of
Memories verfügt darüber hinaus über ein paar RPG-Elemente. Mit
gesammelten Skillpunkten könnt ihr zwei verschiedene Charaktere
aufleveln, zwischen denen ihr im Kampf jederzeit wechseln könnt. Beide
Figuren verfügen jedoch effektiv über die exakt gleichen Aktionen und
Fertigkeitsbäume, was dieses Feature ziemlich sinnlos aussehen lässt.
Die Spielwelt von Anima ist offen gestaltet, kommt dabei jedoch ohne
Level-Scaling aus, sodass sich insgesamt ein klarer roter Faden durch
das Spiel zieht. Auch die geräumigen Areale sind leider keine wirkliche
Bereicherung für das Spiel. Denn während ihr in Zelda vorsichtig mit
Hinweisen gefüttert werdet, wo die Reise weitergehen könnte, irrt ihr in
Anima meist völlig ziellos durch die Gegend, bis ihr irgendwann auf den
nächsten Schalter oder das nächste Item stoßt, mit dem es (hoffentlich)
irgendwo weitergeht. Der um mindestens eine Konsolengeneration
hinterherhinkenden Grafik-Engine gelingt es derweil nicht, die zu großen
Teilen sehr lieblos gestaltete Spielwelt ansprechend zu präsentieren.
FAZIT:
Zeit-Redakteur
Dirk Gieselmann berichtete in seinem genialen Erlebnisbericht zu einem
Lifestyle-Restaurant in Berlin-Mitte von seiner Angst, dass ihn jemand
aus dem Stadtteil werfen könnte, weil er "auf uninteressante Weise nicht
gut aussieht". Derselben Logik folgend haben wir Anima: Gate of
Memories nach einigen Spielstunden aus unserem Testlabor verbannt, weil
es auf uninteressante Weise ein schlechtes Spiel ist. Während die
meisten Indie-Projekte ein innovatives Konzept im kleinen Stil umsetzen
und auf diese Weise gegen deutlich teurere Konkurrenten punkten können,
orientiert sich Anima in seinem Spieldesign eng an den aktuellen
Marktführern. Da ein kleines, unbekanntes Studio aber natürlich keine
Chance hat, einem von Platinum Games entwickelten Kampfsystem oder einer
von Naughty Dog gestalteten Spielwelt das Wasser zu reichen, entblößt
sich das Endprodukt als billiges Low-Budget-Imitat seiner
Vollpreis-Vorbilder. Gäbe es in Deutschland eine Retail-Fassung, müsste
diese konsequenterweise nicht bei Media Markt, sondern bei ALDI in den
Regalen liegen. Wer bei seiner Kaufentscheidung auch andere Faktoren als
nur den Preis eines Videospiels berücksichtigt, sollte um Anima: Gate
of Memories einen großen Bogen machen.
Einschätzung: Mangelhaft