Beginnen wir mit Microsoft und der Xbox One. Das Jahr 2017 war bislang nicht wirklich von großartigen Exklusivproduktionen geprägt. Schlimmer noch, die ehemalige Platinum-Exklusiventwicklung Scalebound wurde ganz gestrichen und Sea of Thieves wird Woche um Woche verschoben. Immerhin kann sich die Truppe um Phil Spencer mit der Abwärtskompatibilität und dem beinahe lückenlosen Third Party-Support ganz gut über Wasser halten. Zur E3 in diesem Jahr soll vieles besser werden.

Vor allem mit der offiziellen Enthüllung der Xbox Scorpio will Microsoft für Furore sorgen. Man wird gerade bei Sony mit gestähltem Blick auf das neue Familienoberhaupt der Xbox blicken, wird doch das Projekt Scorpio in unmittelbare Konkurrenz zur PlayStation 4 Pro treten. Erste technische Spezifikationen wurden schon bekannt gegeben, auf der E3 wird Microsoft die Katze aus dem Sack lassen. Informationen zu Design, Preis, Controller, Features und dem finalen Releasedatum erwarten wir von Microsoft am Sonntag um 23 Uhr.

Gerade der Preis der Scorpio wird ein entscheidender Indikator sein, um mit Sony Schritt halten zu können. Scorpio wird (Wissensstand heute) dem Sony-Pendant in nahezu allen Kategorien überlegen sein. Sollte der Preis nicht zu hoch angesetzt sein, könnte Microsoft ein starkes Stück Hardware gegen die immer noch marktüberlegene PS4 in den Ring schicken. Im gleichen Atemzug erwarten wir eine Virtual-Reality-Lösung. Wie wird Microsoft den VR-Markt aufmischen, gerade im Hinblick auf die starke Hardware? Setzen die Amerikaner auf eine Kooperation mit einem bereits bestehenden System? Oder planen sie ein eigenes, das vielleicht sogar die mehrfach gescheiterte Kinect-Kamera einbezieht? Die E3 sollte uns darüber Aufschluss geben.

Was aber fast noch wichtiger ist als neue Hardware: Spiele. Hier sollte doch endlich ein finaler Release-Termin des Rare-Projekts Sea of Thieves zu erwarten sein. Außerdem fehlt schon vergleichsweise lange eine neue Prise Halo. Teil 5 sollte der Start einer Trilogie sein; auch wenn Teil 6 dieses Jahr nicht mehr kommt, könnte Microsofts größte eigene IP in irgendeiner Form Erwähnung finden. Ansonsten wird man wahrscheinlich wieder voll und ganz auf den Dritthersteller-Support setzen. Vielleicht auch wieder mit exklusiven Deals oder Aktionen, um Spieler zur Xbox One zu bewegen.

Und Sony? Nun, die Japaner müssten eigentlich gar nichts bringen. Die PlayStation 4 hat gerade die 60-Millionen-Marke bei den Verkaufszahlen übersprungen und auch die PlayStation 4 Pro sowie PlayStation VR laufen (in ihren eigenen Dimensionen) gut. Eine Reaktion auf Xbox Scorpio in irgendeiner Form halten wir an der Stelle für ausgeschlossen; Sony ist mit Hardware-Entwicklung für die nächsten Jahre durch. Stattdessen wird es dieses Jahr gehen, das Spielelineup auszubauen und Kaufgründe für das Grafik-Powerhouse zu liefern.

God of War wurde im letzten Jahr angekündigt und könnte in diesem Jahr ganz groß präsentiert werden, ebenso The Last of Us Part II von Naughty Dog. Ansonsten wird auch hier vor allem der Dritthersteller-Support taktgebend sein und Sony wird ähnlich wie Microsoft mit exklusiven Deals locken.

Das Thema PlayStation VR könnte außerdem noch eine wichtige Rolle auf der Show einnehmen. Neben neuen Gimmicks und Peripherie werden es vor allem Spiele und neuartige Spielkonzepte sein, die dem VR-Markt zum erwünschten Aufschwung helfen sollen. Andererseits: Diese E3 könnte auch Sonys Sargnagel in die VR-Technologie sein, die bislang nur sehr halbherzig mit neuer Software versorgt wurde. Wenn auf dieser E3 nichts kommt, dann kommt gar nichts mehr.

Michael Prammer meint: Sony könnte bei dieser E3 etwas untergehen. Das liegt vor allem daran, dass die PlayStation-Hersteller ihre Hausaufgaben längst gemacht haben. Neue Hardware ist im Lichte der recht frisch erschienenen PS4 Slim und PS4 Pro nahezu ausgeschlossen und auch PSVR hat die Marktherrschaft im Segment inne. Deshalb werden es hier vor allem Spiele sein, die Akzente setzen – allen voran God of War. Microsoft hingegen muss einen Spagat leisten. Zum einen muss man den Xbox-One-Bestandskunden weiteres Spielefutter vorwerfen, während man Hightech-Fanatikern endlich das hoch angepriesene Scorpio-Projekt präsentieren muss - natürlich mit entsprechendem Exklusivfutter, das gleichzeitig aber auch abwärtskompatibel sein soll. Ich persönlich bin auf beide Hersteller gespannt, vor allem aber auf die Enthüllung der XBOX Scorpio.

Andreas Held meint: Microsoft kann auf der diesjährigen E3 eigentlich nur gewinnen: Außer über das bereits seit längerer Zeit bekannte Sea of Thieves und das erwartbare Forza 7 wissen wir fast nichts über Exklusiventwicklungen, die uns zu einem Kauf der Scorpio-Hardware bewegen könnten. Falls uns Microsoft zu der Premium-Hardware also auch die passenden Spiele präsentieren will, die aus dem Rennspiele-Shooter-Einheitsbrei hervorstechen, erwarten uns aus Los Angeles so einige Neuankündigungen. Auch Sony wird wohl viele Neuankündigungen im Gepäck haben, die sich jedoch kaum abschätzen lassen. Die Nachfolger zu The Last of Us, Shenmue und God of War werden vermutlich im Fokus der Präsentation stehen. Außerdem wird die Präsentation zeigen, wie Sony die Zukunftssicherheit von PlayStation VR einschätzt.

Nico Zurheide meint: Microsoft wird auf einer überlangen E3-Pressekonferenz das Project Scorpio in aller Ausführlichkeit vorstellen. Alle wissen, dass sich die Konsole technisch auf hohem Niveau befinden wird, daher wird wohl am Ende der Preis der Hardware für die größten Diskussionen sorgen. Daneben möchte ich aber vor allem Spiele sehen, ob von Microsoft selbst oder von Drittherstellern. Bei Sony wird es wohl tatsächlich hauptsächlich um Spiele gehen, schließlich hat man momentan keine Hardware zu präsentieren. Es wäre allerdings eine willkommen Abwechslung, wenn Sony statt eines Hype-Spektakels mit Multiplattformtiteln wie Final Fantasy VII oder Shenmue 3 wirklich Spiele zeigt, die in absehbarer Zeit erscheinen. Diese sind allerdings durch die letzten Messen bereits größtenteils bekannt. Bei beiden Herstellern wünsche ich mir außerdem - wie jedes Jahr - weniger Exklusivtitel.