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"Distant Worlds: Music from Final Fantasy" gastiert in Düsseldorf

Von Lars Peterke am 15.05.2017
Für Japanophile ist Düsseldorf quasi das deutschsprachige Mekka. Jedes Jahr gibt es für Fans der fernöstlicher Popkultur diverse Gründe in die Landeshauptstadt zu pilgern, sei es zum alljährlichen Japantag oder der Anime-Messe Dokomi. Tatsächlich ist Düsseldorf aber auch über solche Events hinaus sehr Japanisch. Die Einwanderer sind hier so zahlreich, dass sie ihr eigenes Viertel haben. Auch viele Unternehmen sind hier angesiedelt. Für internationale Geschäfte ist Düsseldorf Dreh- und Angelpunkt. So ist es kaum verwunderlich, dass regelmäßig Veranstaltungen mit Bezug zur Japanischen Popkultur stattfinden. In der letzten Woche war dies etwa die “Distant Worlds”-Konzerttour.

Bei “Distant Worlds” handelt es sich um eine Konzertreihe unter der Schirmherrschaft von Square-Enix, auf der Musikstücke aus allen Hauptteilen der RPG-Reihe Final Fantasy von einem kompletten Symphonieorchester plus Chor gespielt werden. Damit ist “Distant Worlds” eine im wahrsten Sinne des Wortes klassische Konzertreihe zu Final Fantasy und damit etwa genau dass, was “Symphony of the Goddess” für The Legend of Zelda ist. Neben “Distant Worlds” gibt es übrigens noch zwei weitere Formate. In “Final Symphony” bekommt der Hörer jeweils eigens komponierte Symphonien zu hören, die verschiedene Stücke eines Ablegers von Final Fantasy beinhalten, während bei “A New World” die Musik der Spiele von einem Kammerorchester gespielt werden.

Vor dem Konzert bedarf es nach der langen Reise aber erst einmal einer Stärkung. Düsseldorf bietet hier viele stilgerechte Anlaufstellen, doch Kenner gehen zu Takumi. Die Ramen-Bar lockt mit üppigen Nudelsuppen, die auch dank eigens importierter Nudeln ihrer Vorlage aus Fernost in nichts nachstehen. Kein Wunder also, dass wir vor dem Restaurant über 30 Minuten Schlange stehen und auf unseren Tisch warten. An unserem Besuchstag lag dies aber nicht ausschließlich an der vortrefflichen Qualität der Speisen, sondern auch am Besucherstrom. Fast jeder Restaurantgast lief uns im Rahmen des Konzertes noch ein bis zwei Mal über den Weg.

Ein Japanischer Klassiker: Tonkotsu-Ramen auf Shoyu-Basis.

Ramen sind für die Japaner sehr überspitzt gesagt dass, was Döner oder Currywurst für die Deutschen sind. Alleine in Tokio findet man über 5.000 Ramen-Bars. Die Philosophie geht dabei aber viel tiefer als bei einer Dönerbude. Jeder Ramen-Laden hat sein eigenes, streng gehütetes Rezept. Oft sind die Einflüsse stark regional geprägt. Eine Ramen in Sapporo wird völlig anders schmecken als eine Ramen aus der Hauptstadt. Ramen bestehen aus drei wesentlichen Bestandteilen. Die Nudeln bestehen aus Weizernmehl, Salz und Wasser und haben oft eine gelbliche Färbung. Bei der Brühe unterscheidet man zwischen den drei Varianten Shoyu (Brühe auf Soja-Basis), Shio (Brühe auf Salz-Basis) und Miso (Brühe auf Basis einer Paste aus fermentierten Sojabohnen). Vollwertig wird eine Ramen-Suppe aber erst durch ihre Einlage. Der Klassiker ist Tonkotsu-Ramen. Hier wird die Brühe mit Schweineknochen hergestellt. Als Einlage kommen Schweinebauch, Lauchzwiebeln, Sprossen, Wakame und Narutomaki zum Einsatz.

Wohlgenährt trafen wir im Anschluss auf dem Konzertgelände ein. Hier reihten sich bereits lange Menschenschlangen zum Einlass auf. Darunter waren natürlich auch einige besonders enthusiastische Fans, die das Event zum Anlass nahmen um ihre neuen Cosplays zur Schau zu stellen. Neben ikonischen Charakteren aus älteren Spielen wie etwa Aerith waren besonders die Protagonisten aus Final Fantasy XV beliebt. So gab sich etwa Prinz Noctis gleich mehrmals die Ehre und auch Lunafreya Nox Fleuret konnten wir sichten. Viele der Cosplayer sind Wiederholungstäter. Auf Nachfrage bestätigt man uns eifrig: natürlich ist alles selbstgenäht. Viel mehr Zeit zum Plausch blieb jedoch nicht, die Plätze in der Halle wollten eingenommen werden.

Viele Gäste kamen im Cosplay und posierten bereitwillig für ein Gruppen-Foto.

Um Punkt 20 Uhr dann Auftritt des Orchesters. Unter der Leitung von Dirigent Arnie Roth stimmen die Instrumentalisten das Interlude an, bevor zusammen mit dem Chor der Opener “Liberti Fatali” aus Final Fantasy VIII gespielt wird. Die lupenreine Präsentation des Songs ließ vermuten, dass ein spektakulärer Konzertabend bevorstand. Arnie Roth dirigierte dabei nicht nur, sondern führte auch moderierend durch den Abend. Dabei wäre die Titulierung als Charmebolzen noch gehörig untertrieben. Bei ihm stehen die Leute am Ende vermutlich immer tanzend auf den Tischen, selbst wenn er nur den Bingo-Abend in einem Altenheim moderiert. Und Arnie tut das mit sichtlicher Begeisterung. Seit über 10 Jahren tourt er bereits mit Distant Worlds, ist zweifelsohne also selbst großer Fan.

Das Distant Worlds so lange und erfolgreich läuft, hatte anfangs wohl keiner gedacht. Inzwischen hat sich jedoch ein beachtliches Repertoire an Arrangements angesammelt, sodass der Zuschauer nie ganz genau weiß, was er bekommt. Am heutigen Abend in Düsseldorf lag der Fokus neben den neuen Kompositionen aus der aktuellen CD klar auf Final Fantasy VII. Neben dem Main Theme bekamen die Zuhörer auch den Opener “Bombing Mission” zu hören und in einem Battle Medley versteckte sich auch das Kampfthema aus dem siebten Teil. Mit “JENOVA Complete” wurde zudem ein Song gespielt, der vielleicht nicht unbedingt ein Fan-Favorit ist, sich jedoch hervorragend für eine üppige Orchestrierung eignet. Zusammen mit “Cosmo Canyon” und dem Pflichtstück “One-Winged Angel” zum epischen Finale nahm der siebte Ableger also einen großen Teil des Abends für sich in Anspruch. 

Jedes Arrangement wird mit passenden Video-Sequenzen auf der Leinwand begleitet.

Ansonsten wurden in erster Linie Stücke aus den eher aktuelleren Spielen zum Besten gegeben. Mit “Apocalypsis Noctis” fand auch Final Fantasy XV seinen Platz in der bunt gemischten Setlist, die am Ende wohl jeden Besucher vollends zufrieden stellten. Im Anschluss konnte man jedenfalls in reihenweise grinsende Gesichter blicken. Und falls nicht, dann nur, weil die Tränen von der wunderschön rührenden Darbietung von “To Zanarkand” noch nicht ganz getrocknet waren. Für uns war es aber noch nicht Zeit direkt die Heimreise anzutreten, denn vorher wollten wir einer Person noch mal auf den Zahn fühlen und trafen den Dirigenten Arnie auf einen kurzen Plausch.

Primär interessierte uns natürlich die Frage, welche Stücke Arnies persönliche Favoriten sind. Natürlich fallen hier die Namen von opulenten Kompositionen wie “Dancing Mad” und “Opera: Maria & Draco” aus Final Fantasy VI oder “Vamo alla Flamenco” aus Final Fantasy IX. Auch “Suteki da ne” aus Teil X ist einer von Arnies Lieblingen. Auf die Setlist angesprochen bestätigt Arnie uns: “Wir haben inzwischen über 100 Arrangements für Distant Worlds und eine Setlist für ein Konzert zusammenzustellen ist tatsächlich eine meiner großen Herausforderungen. Wir versuchen immer eine Balance aus Klassikern aus der kompletten Serie sowie den neueren Stücken aus Spielen wie XIV und XV hinzubekommen. Zusätzlich muss ich für jede Stadt individuell untersuchen, wie viele Proben möglich sind, wie stark Orchester und Chor besetzt sind und was wir bereits gespielt haben, falls wir schon einmal in der Gegend aufgetreten sind. Da spielen dann auch die verfügbaren Solisten und die Eigenheiten der Konzerthalle mit rein.”

Was für ein Charmeur: Dirigent und Selfmade-Moderator Arnie Roth.

Nun können wir ungefähr erahnen, was für ein Kraftakt ein solches Konzert ist, nicht nur für Arnie als Dirigenten. “Wir haben ungefähr 100 Musiker auf der Bühne.”, erzählt Arnie uns. “Wir drucken die Arrangements für jedes neue Orchester aus und sie müssen dann die komplette Musik beherrschen können. Generell greifen wir dafür immer auf die besten Musiker mit klassischer Ausbildung aus der Region zurück.”. Bleibt uns also nur noch die Frage, was in der Zukunft ansteht. Laut Arnie wird es in der zweiten Jahreshälfte die ersten besonderen Konzerte zum 30. Jubiläum von Final Fantasy geben. Für Deutschland arbeitet man dazu bereits an ersten Terminbestätigungen für 2018 und darüber hinaus.

So geht also ein denkwürdige Konzertabend für uns zu Ende. Dabei sehnen wir uns jetzt auch nach ein klein wenig Entspannung, um die ganzen Eindrücke sacken zu lassen. Als wir Arnie zum Abschied fragen wie er seine Freizeit verbringt und ob er ein Lieblingstitel aus dem FF-Universum hat, ernten wir nur ein Kopfschütteln: “Hmm..Freizeit?”. Aber wir müssen grinsen. Irgendwie hatten wir mit einer solchen Antwort gerechnet. Wir warten also gespannt, wann die “Distant Worlds”-Tour wieder Halt in Deutschland macht. Der Veranstalter selbst sorgt unterdessen aber bereits für qualitativen Ersatz: am 24. November präsentiert er am gleichen Ort und gleicher Stelle ein Konzert von “Zelda: Symphony of the Goddess”. Hier soll auch Musik aus “Breath of the Wild” gespielt werden. Karten gibt es an allen Vorverkaufsstellen.

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2 Kommentare:
Gast)
Gast
Am 15.05.2017 um 20:27
Ich würde mich freuen, wenn Square Enix, das Nier: Automata-Konzert, auch noch nach
Europa bringen würde.
GF0P)
GF0P
Am 16.05.2017 um 07:58
Ich drücke dem Autor die Daumen, dass kein Düsseldorfer jemals erfährt, dass Du Ihre Stadt am Rhein im Ruhrpott ansiedelst! ;)