Test

Dragon Quest Builders

Von Deniz Üresin am 27.11.2016

Billiger Minecraft-Klon oder episches Sandbox-RPG? Unser Test liefert die Antwort.


Dramatischer Auftakt

Als der Held des ersten Dragon-Quest-Abenteuers dem Drachenfürsten entgegentritt, schlägt der Bösewicht ein klischeehaftes Angebot vor: Sie könnten sich die Welt aufteilen und jeder über eine Hälfte regieren. Natürlich lehnt der Held ab und bezwingt das Obermonster – aber was wäre passiert, wenn er den Deal eingegangen wäre?

Hier setzt Dragon Quest Builders an. In einem Alternativuniversum gerät das Land Alefgard in die Hände des finstren Drachenfürsten. Er raubt der Menschheit die Kraft des Erschaffens und schickt seine Monsterhorden auf die Städte los. Unter den ständigen Angriffen geht selbst die befestigte Stadt Cantlin unter und da es den überlebenden Menschen nicht möglich ist, die Schäden zu reparieren, verlassen sie bald die Städte und verstecken sich.

In dieses finstre Szenario schickt euch Rubiss, die Göttin des Landes, mit einem Auftrag: Baut Alefgard neu auf und bereitet die Ankunft eines neuen Helden vor! Denn nur ihr, gesegnet mit der Kraft des Erschaffens, könnt den Menschen neue Hoffnung geben.

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Portionierte Freiheit

Nun wird man also in die Welt der ersten Dragon-Quest-Spiele geworfen, aufgebaut aus Blöcken wie man sie aus Minecraft kennt. Mit den entsprechenden Werkzeugen lassen sich Blöcke aus Erde, Stein oder anderen Materialien nun kaputthauen und ins Inventar aufnehmen, sodass ihr sie an anderer Stelle wieder platzieren oder zu neuen Werkzeugen oder anderen Materialien verarbeiten könnt. So weit, so bekannt. Einen gravierenden Unterschied zu Minecraft gibt es aber dann doch: Das Spiel hat keine offene Spielwelt und ist im Vergleich sehr linear. Alefgard ist in vier große Areale aufgeteilt, welche nochmals mehrere kleine voneinander durch Portale getrennte Bereiche beinhalten. Jedes der vier Kapitel spielt in einem der Areale, in denen man sich die Portale zu den anderen Bereichen durch Storyfortschritt erarbeiten muss. Am Ende eines Kapitels kehrt man dem erfolgreich wieder aufgebauten Gebiet den Rücken und wird ins nächste teleportiert – wobei man sämtliches Inventar verliert. So lässt sich jedes Kapitel als eigenständiges kleines Spiel betrachten, verbunden durch die zusammenhängende Story.

Was tut man nun in diesem Spiel? Nun, eigentlich könnt ihr machen, was ihr wollt. Es gibt keinerlei zeitliche Begrenzung dafür, wann man welche Quest erledigt haben muss und so kann man sich in der Wildnis von Alefgard verlieren, Höhlen erforschen, Monster jagen und die Stadt des jeweiligen Gebietes nach Lust und Laune wieder aufbauen. Selbst die kleinsten Gegenden des Spiels sind weitläufig genug, um auch nach Stunden noch neue Ecken, besonders rare Gegner oder die eine oder andere versteckte Schatztruhe zu finden, sodass sich Abenteurer nicht von der Linearität des Spiels abschrecken lassen müssen.

Die Quests der NPCs, die mit fortlaufender Story nach und nach in eurer jeweiligen Stadt eintrudeln, reichen vom Kämpfen gegen angreifende Monster oder dem Sammeln bestimmter Materialien bis hin zum Herzstück des Spiels: dem Erbauen. So wünschen sich die Bewohner gelegentlich bestimmte Räume wie eine Küche, ein Schlafzimmer oder ähnliches. Diese Räume müsst ihr nach den Vorstellungen eures Auftraggebers gestalten, um die Quest abzuschließen, allerdings könnt ihr sie gleich im Anschluss wieder einreißen und was ganz anderes bauen.

Bestimmte Räume bieten jedoch einen Nutzen für den Spieler. So beginnen NPCs, angetrieben durch eure Baukünste, selbst Dinge zu erstellen, wenn die entsprechenden Räume vorhanden sind und kochen Essen für euch in einer Küche oder stellen an einer Werkbank Deko-Gegenstände her. Auch unterstützen sie euch im Fall einer Belagerung der Stadt durch Monster. Diese greifen in gewissen Abständen zufällig in kleinen Gruppen an oder sammeln sich für ein Story-Event in größerer Menge. Wie viel ihr am Ende eines solchen Kampfes wieder reparieren müsst, hängt natürlich davon ab, wie effizient ihr gekämpft habt und wie gut ihr eure Stadt befestigt habt.

Habt ihr alle Hauptquests eines Areals geschafft, steht euch ein imposanter Bossfight bevor, bei dem ihr meist die in diesem Kapitel gebauten Waffen und Verteidigungsanlagen taktisch klug einsetzen müsst, um zu bestehen. Geht ihr siegreich aus dem Kampf hervor, könnt ihr durch ein Portal ins nächste Kapitel gelangen.

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In der Haut des Erbauers

Euren Charakter erstellt ihr zu Beginn des Spiels, jedoch lässt er sich auch noch nachträglich verändern. Dabei könnt ihr Name, Geschlecht, Haut- und Haarfarbe festlegen, viel mehr aber auch nicht.

Die Kämpfe finden in diesem Spiel nicht rundenbasiert statt, sondern in Echtzeit und erinnern ein wenig an die 2D-Zeldas (inklusive Wirbelattacke!). Trotz der vielen RPG-Elemente, die dieses Spiel besitzt, hat euer Charakter bis auf seine HP- und eine Hungerleiste keine verbesserbaren Stats, geschweige denn ein Level. Eure Stärke und Verteidigung rührt lediglich von eurer Ausrüstung her, sodass ihr stets darauf bedacht sein solltet, die bestmöglichen Varianten herzustellen und zu tragen, auch wenn sie nicht unzerstörbar sind und bei Zeiten ersetzt werden müssen. Die HP-Leiste lässt sich durch Lebenssamen erhöhen, die man entweder durch Abschluss mancher Quests bekommt oder in gut versteckten oder bewachten Schatztruhen in Alefgard findet. Da jedes Kapitel ein kleiner Neustart ist, fangt ihr aber auch jedes Mal wieder mit der minimalen HP-Anzahl an.

Euer Charakter ist, wie alle anderen Menschen in diesem Spiel, im Chibi-Style gehalten, also mit relativ großem Kopf und eher kleinem Körper mit kurzen Gliedmaßen. Auch die Gegner und Umgebungen sind eher niedlich und farbenfroh gehalten und lassen einmal mehr den Charme des Artdesigners Akira Toriyama (Dragon Ball) spüren. Musikalisch wird das Spiel komplett von neu arrangierten alten Stücken des Dragon-Quest-Komponisten Koichi Sugiyama untermalt, welche ungeheuer zur Atmosphäre beitragen und bei Dragon-Quest-Fans wie so viele andere Details des Spiels für Nostalgie sorgen. Eine Sprachausgabe gibt es klassischerweise auch nicht, alle Gespräche werden in Textform dargestellt und sprühen vor Charme und Witz.

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Sidequests und eine ganz neue Welt

Neben den obligatorischen Quests, die man zum Beenden der Story abschließen muss, gibt es haufenweise zu tun in Dragon Quest Builders. Die riesigen Welten laden zum Erkunden ein, viele NPCs haben Wünsche, die es zu erfüllen gilt und nach Abschluss eines Kapitels kann man dieses immer wieder besuchen oder von vorne beginnen, um Kapitel-spezifische Herausforderungen anzugehen. Diese umfassen Speedruns wie z.B. „Schließe Kapitel X in Y Tagen ab“ oder fordern von euch, dass ihr ganz bestimmte Räume gebaut, Gegner besiegt oder Nebenquests absolviert habt. Während die Hauptstory geübte Zocker nur gelegentlich (und meist während der Bosskämpfe) fordern wird, können diese Herausforderungen bisweilen auch wirklich herausfordernd sein. Ein virtuelles Ableben wird übrigens nicht sonderlich hart bestraft. Man wird zurück in die Stadt teleportiert und verliert ein paar Gegenstände aus dem Inventar. Diese liegen dann am Tatort zur Abholung bereit, sodass ihr euch euren Kram sogar wieder schnappen könnt.

Abseits vom Storymodus gibt es jedoch eine völlig neue Welt zu entdecken – die sogenannte Terra Incognita. In diesem „Minecraft-Modus“ wird euch eine große, weitläufige Welt zum Erkunden geboten, die frei von Quests ist. In einer Art Hub-Welt könnt ihr euch austoben und Häuser, Schlösser und ganze Städte nach Belieben bauen und über Portale lassen sich nach und nach im Storymodus freigeschaltete Gebiete erreichen, die vollgestopft mit neuen Monstern und Materialien sind. Einen echten Online-Multiplayer gibt es auch in diesem Modus nicht, allerdings könnt ihr eure Gebäude auf speziell dafür vorgesehenen Feldern bauen und somit anderen Spielern zugänglich machen und euch auch die Kreationen anderer ansehen. Desweiteren gibt es auf Terra Incognita die Möglichkeit, an speziellen Kampfherausforderungen gegen Monsterhorden teilzunehmen.

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Fazit

Fans der Dragon-Quest-Reihe werden sich sofort heimisch fühlen, Minecraft-Freunde können sich an gewohntem Gameplay in neuem Gewand erfreuen und alle anderen, die ein Abenteuer in einer nicht zu offenen Spielwelt mit genügend Freiraum zur persönlichen Entfaltung erleben wollen, sollten sich zumindest einmal die Demo zu Dragon Quest Builders ansehen, die kostenlos im PlayStation-Store geladen werden kann. Die Aufteilung in Kapitel fühlt sich etwas seltsam an, da man im Prinzip vier kleine anstelle eines großen Spiels vor sich hat, die lose miteinander verknüpft sind. Ein Online-Multiplayer wäre vielleicht noch eine schöne Sache gewesen, aber abseits dessen macht das Spiel nicht wirklich etwas falsch. Es verbindet die Kreativität von Minecraft mit der zauberhaften Atmosphäre von Dragon Quest zu einem einzigartigen Erlebnis.

Unsere Wertung:
8.5
Deniz Üresin meint: "Dragon Quest meets Minecraft: Mit dem Besten aus zwei Welten macht dieses Spiel keine halben Sachen und überzeugt in fast allen Belangen."
Dragon Quest Builders erscheint für PlayStation 4. Wir haben die Version für PlayStation 4 getestet.
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1 Kommentar:
Tobsen)
Tobsen
Am 27.11.2016 um 17:54
Ein sehr gelungener Test! Das Spiel ist mir zwar nicht durch die Lappen gegangen, aber ich bin noch immer nicht zum Kauf gekommen. Erst WoFF, in ein paar Tagen FFXV, Sonne auch noch irgendwann und im Dezember The Last Guardian.
Dragon Quest Heroes sank auch sehr fix im Preis; wenn Builders im März für 25€ im Regal steht, werde ich sicher zuschlagen!
Hakuo)
Hakuo
Am 28.11.2016 um 12:45
Geht mir genauso, die Demo hat mir echt viel Spaß gemacht, aber ich habe einfach noch zu viel vor mir zum Spielen :D