Mario & Luigi: Brothership
Ein Hoch auf alle Freunde, die sich nicht nur das Pausenbrot, sondern auch die Eltern teilen. Nintendo hat der “Mario & Luigi” Rollenspiel-Serie rund um seine beiden berühmtesten Geschwister nach neun Jahren Pause jetzt einen neuen Teil spendiert und schickt die Brüder mit dem vorliegenden Mario & Luigi: Brothership exklusiv für die Nintendo Switch auf große Fahrt auf hoher See. Was euch dabei erwartet, wie sich das ganze spielt und ob das Abenteuer auch für Einzelkinder geeignet ist, erfahrt ihr im folgenden Test.
Wenn beim Stromausfall der Klempner gerufen wird
Die Geschichte des jüngsten Abenteuers der Gebrüder Mario beginnt wie so viele ihrer Geschichten: Mit einer Entführung. Dieses mal erwischt es die Brüder aber selbst, die mitten in ihrem Tagewerk von einer mysteriösen Röhre eingesaugt und in das Land Konektania verfrachtet werden, in dem alle Einwohner an Stecker, Steckdosen und Elektrizität erinnern. Dort angekommen erfahren sie schnell, dass ihre Anwesenheit und Hilfe bitter benötigt werden. Denn das Land, das bis vor kurzem noch durch den magischen Konektarbor-Baum zusammengehalten wurde, zerbrach nachdem dem Baum aus ungeklärten Gründen der Saft ausging, sodass aus dem Kontinent jetzt viele einzelne Inseln wurden, die nun alle frei im Meer herumschwimmen. Ehrensache für Mario und Luigi, dass die Heimreise für die Rettung der Welt hinten angestellt wird. Und so machen sich die beiden auf den Weg, um die einzelnen Inseln wieder zu einem Land zu vereinen und den Einwohnern mit einem neuen Konektarbor-Baum aus der Patsche zu helfen.
Die Geschichte wird in Unmengen von Dialogen und diversen großartig animierten Zwischensequenzen erzählt, die viele humorvolle Einlagen enthalten und jungen und junggebliebenen Spielern mehr als einmal ein Lächeln aufs Gesicht zaubern können. Zwar wirkt das gesamte Konzept der Welt dieses mal selbst für ein Mario-Spiel ungewöhnlich fantastisch, und man kann nur erahnen, was die Designer des Spiels dazu trieb, einen Baum zum zentralen Energieversorger einer Welt voller Lebewesen zu machen, die rund um das Thema Elektrizität designt wurden, doch von diesen Umständen einmal abgesehen funktioniert die Geschichte in den 40 bis 50 Stunden, die Ihr zum Durchspielen benötigt, sehr gut. Nicht zuletzt dank der Vielzahl liebevoll gestalteter Charaktere, denen die Brüder im Verlauf des Abenteuers begegnen.
Segeln, springen, Hämmer schwingen
Auf der ersten Insel Kapitarbora angekommen und nach einem kurzen Tutorial wieder mit Luigi vereint, beginnt ihr mit der eigentlichen Aufgabe des Spiels: Die fünf Gebiete aus denen Konektania ursprünglich bestand sind in viele kleine Inseln zerbrochen, die Ihr im Verlauf des Abenteuers wieder einsammeln und mit dem neuen Konektarbor-Baum verbinden müsst. Dieser wurde von Connetta, einer jungen Konektanierin gepflanzt und wird mit jeder angebundenen Insel größer und stärker, was umgekehrt euch und eurer Mission dabei hilft, neue Meere und damit weitere Inseln zu erreichen. Die Navigation zu den Inseln selbst ist dabei denkbar einfach, da das Meer aus vielen im Kreis fließenden Strömungen besteht, die wie eine Kette miteinander verbunden sind und fast immer zu einer einzelnen Insel führen. Wählt ihr jetzt auf eurer sichtbaren Weltkarte ein erreichbares Ziel an, sucht sich euer Schiff selbständig den kürzesten Weg über die zur Verfügung stehenden Strömungen und ihr müsst nur warten, bis euch mit der Meldung “Land in Sicht” eine neue Insel zum Erforschen angeboten wird. Ziel ist es jetzt, per Kanone zu der neuen Insel zu reisen und den Weg zum lokalen Leuchtturm zu finden, mit dem ihr die Insel mit eurem neuen Konektarbor-Baum verbinden könnt. Der Weg zu dem Leuchturm ist aber, je nach Insel, mehr oder weniger einfach zu erreichen und oft müsst ihr den Bewohnern vor Ort erst bei dem einen oder anderen Problem helfen, ehe Ihr euer Ziel erreichen könnt. Einmal angebundene Inseln sind im Anschluss über ein Schnellreise-Menü direkt erreichbar, sodass die Segeltour zu ihnen nicht mehr notwendig ist. Eure zuerst erreichte Insel Kapitarbora fungiert zwischen den einzelnen Inselbesuchen als Sammelstelle, in der Ihr neue Ausrüstung kaufen, mit den NPCs sprechen und verschiedene kleine Nebenaufgaben annehmen könnt.
Das grundsätzliche Gameplay des Rollenspiels entspricht im Allgemeinen dem der Vorgänger, sodass sich Kenner der anderen “Mario & Luigi”-Spiele schnell zurechtfinden werden: Außerhalb des Kampfes steuert ihr die meiste Zeit über Mario während Luigi seinem Bruder treu folgt. Die Tasten A und B lassen jeweils einen der Brüder springen, während X und Y zum jeweiligen Schwingen des Hammers verwendet werden, nachdem dieser freigeschaltet wurde. Obwohl Ihr Luigi begrenzt steuern könnt, ist das in der Regel nicht nötig. Das System steuert Luigi sogar während der Sprung-Passagen oft sehr gut, sodass ihr euch über den Verbleib des Bruders keine Gedanken machen müsst.
Neu in diesem Teil der Serie sind die sogenannten “Luigideen” bei denen Luigi bei bestehenden Problemen spontan eine Lösung ergrübelt und sie euch dann natürlich auch mitteilt. Meistens sind das recht einfache Gedankengänge wie “Ich könnte diese Holzkiste mit meinem Hammer zerschlagen", aber hin und wieder schalten Luigis Ideen auch neue Spielmechaniken frei, die die Brüder dann im weiteren Verlauf des Spiels nutzen können. Der ganze Vorgang ist dabei gleichermaßen witzig wie seltsam, da er auf der einen Seite schön animiert wurde, auf der anderen Seite aber die Frage aufkommen lässt, warum Mario an vielen absolut offensichtlichen Stellen ohne seinen Bruder komplett ahnungslos dastehen würde.
Sobald ihr in der Welt einen Gegner angreift oder angegriffen werdet, wechselt das Spiel in den rundenbasierten Kampf-Bildschirm, in dem eure Brüder und die Gegner nacheinander ihre Aktionen ausführen, bis eine Seite siegreich aus dem Kampf hervorgeht. Dabei steuert ihr die Kampfaktionen der Brüder oft einzeln, müsst aber bei den meisten Angriffen mit Mario und Luigi individuelle Aktionen ausführen, um besonders effektiv zu sein und anständigen Schaden zu verursachen. Timing ist hierbei oft sehr wichtig, um Erfolg zu haben, doch das Spiel ist mit seinen Zeitfenstern angenehm gnädig, sodass auch komplexe Angriffsmuster nach kurzer Zeit keine Probleme mehr darstellen sollten. Eine weitere Neuerung des aktuellen Teils sind die Effektstecker, die im Verlauf des Spiels freigeschaltet und zuschaltbare Boni für eure Kämpfer zur Verfügung stellen, mit der Zeit aber an Energie verlieren und dann erst wieder aufgeladen werden müssen. Die Kämpfe bekommen durch diese zusätzliche Mechanik noch ein wenig mehr strategische Tiefe und gemeinsam mit den unterschiedlichen Angriffsmustern der einzelnen Gegnertypen wird Langeweile im Kampf auf diesem Weg weitestgehend vermieden. Nur hin und wieder kam es vor, dass uns ein eigentlich schon komplett unterlegener Gegner in einen Kampf zwang, den wir dann augenrollend und leicht genervt in einer Runde für uns entschieden, um mit kaum lohnenswerten Mengen von Gold und Erfahrung “belohnt” zu werden. Ein besonderes Highlight stellen die Bosskämpfe dar, die euch an entscheidenden Stellen erwarten. Statt hier einfach nur stumpf auf einen Gegner mit mehr Lebenspunkten zu hauen, glänzt Luigi in den anspruchsvollsten Momenten des Spiels oft mit seinen Luigideen, mit denen ihr dem Gegner (sofern ihr die damit verbundenen Minispiele gut schafft) viel mehr Schaden zufügt und ihn für weitere Angriffe empfindlich macht. Brothership glänzt an diesen Stellen und zeigt viel von der kreativen Energie, die auch in anderen Bereichen wie dem Weltdesign gefunden werden kann.
Am Ende jedes Kampfes gibt es neben Gold und sporadischen Belohnungen immer auch Erfahrung und damit Level für alle Charaktere, die überlebt haben. Wie in Rollenspielen üblich, steigert ihr mit jedem Level-Up automatisch einige der sechs Charakterwerte, über die die beiden Brüder verfügen, sodass sie es mit der Zeit mit immer stärkeren Gegner aufnehmen können. An vom Spiel fest definierten Punkten könnt ihr die Werte der Charaktere auch selbständig anpassen: Entweder indem ihr seltene Bohnen einsetzt, die einen bestimmten Wert beim ausgewählten Charakter dauerhaft steigern oder aber durch eine gesonderte Auswahl vor die das Spiel euch bei einigen Level-Ups stellt. Eure Entscheidungen sollten hierbei aber gut gewählt sein, da sie nachträglich nicht mehr rückgängig gemacht werden können. Durch die automatisierten Werte-Erhöhungen, die das Spiel bei jedem Level-Up vornimmt, achtet das System aber darauf, dass keiner der beiden Brüder durch eine Fehlentscheidung unspielbar wird. Auch der Schwierigkeitsgrad des Spiels, der insgesamt als “entspannt fair” bezeichnet werden kann, hilft hier weiter. In den Welten finden sich diverse sammelbare Gegenstände und hin und wieder bitten euch die Einwohner mit kleinen Nebenquests auch nach der Anbindung einer Insel noch um Hilfe. Wer hier nicht blindlings alles liegen lässt, sammelt nahezu automatisch genügend Erfahrung, um in Kämpfen gut zurechtzukommen. Das Spiel bleibt mit den zu sammelnden Gegenständen und Nebenmissionen aber im gesunden Rahmen, sodass Backtracking und andere Maßnahmen, mit denen ein Spiel künstlich in die Länge gezogen werden kann, nur vereinzelt vorkommen.
Super, aber nicht perfekt
Insgesamt macht das Gameplay einen runden und guten Eindruck. Die Welt mit ihren vielen Inseln, die alle unterschiedlich und sehr fantasievoll gestaltet wurden, sieht zudem toll aus und wirkt mit ihren Geschichten, die sich überall finden lassen, sehr lebendig. Immer wieder werden die Brüder (und damit auch ihr) vor kleine Rätsel gestellt, bei denen jeweils einer eine bestimmte Aufgabe erfüllen muss, damit der andere weiterkommt und dann den weiteren Weg für beide freischalten kann. In der Regel bleibt Luigi an dieser Stelle als erster zurück und findet dann, schlau wie er hin und wieder ist, nach der Lösung des Rätsels direkt den Weg zu seinem Bruder, sodass Ihr ihn nicht erst wieder mühsam einsammeln müsst. Es kann aber gelegentlich vorkommen, dass ihr bei einer Jump’n’Run-Passage ein wenig zu schnell unterwegs seid und eine Plattform knapp erwischt, die Luigi hinter euch dann nicht mehr bekommt. Wenn das System an dieser Stelle keinen Weg findet, um Luigi zu seinem Bruder zu bringen, dreht Mario automatisch um und läuft zum Anfang der Passage, um es von dort aus noch einmal gemeinsam zu versuchen. Diese Passagen können dementsprechend für ungeduldige Spieler ein wenig nervig sein. Brothership ist aber grundsätzlich ein ziemlich entspanntes Abenteuer und sollte nicht mit den üblichen Mario-Titeln verwechselt werden. Die Lernkurve der Kampfmechaniken steigt langsam aber stetig und hält eine gute Balance, ohne langweilig trivial oder zu technisch zu werden. Auch die Steuerung und die Akustik funktionieren sehr gut. Wie so viele Rollenspiele muss man allerdings damit leben, bestimmte Melodien wie die der Kämpfe immer wieder und wieder zu hören, was vielleicht nicht jedermanns Sache ist. Die Dialoge sind natürlich weiterhin ausschließlich als lesbare Texte enthalten, aber Mario und Luigi haben ein kleines Upgrade erhalten und antworten jetzt nicht mehr nur mit den üblichen Phrasen (“Woohoo!”, “Lets’a’go!” und “Mamma Mia!”) sondern unterhalten sich stellenweise auch in unverständlichem Pseudo-Italienisch. Ein wenig schade ist, dass der Titel keinen optionalen Couch-Koop-Modus hat, mit dem jeder Spieler einen der Brüder steuern und im Kampf kontrollieren könnte. Überraschend ist das aber nicht. Die Ladezeiten zwischen den Welten oder bei den Kämpfen sind schnell genug, um nicht negativ aufzufallen, aber natürlich trotzdem vorhanden und zu spüren.
Fazit:
Mario & Luigi: Brothership ist nach einer viel zu langen Pause endlich mal wieder ein neuer und eigenständiger Eintrag für die Reihe, der die positiven Eigenschaften der Vorgänger übernimmt und sie um eigene (Luig-)Ideen erweitert und damit fast immer Erfolg hat. Die Welten wurden toll designt, die Kämpfe machen fast immer Spaß und auch die Handlung kann gefallen, wenn man sich mit einigen inhaltlichen Absonderlichkeiten abgefunden hat — eine Übung, die Kennern der Serie nicht allzu schwer fallen dürfte, nachdem sie die Brüder in einem Vorgänger schon durch Bowsers Körper führen durften. Auch technisch kann der Titel in allen Belangen überzeugen, wobei besonders die schön animierten Charaktere und die vielen bunten Welten positiv in Erinnerung bleiben. Am Ende ist Mario & Luigi: Brothership ein gutes RPG-Einstiegsspiel für interessierte Menschen, die mit dem Genre noch wenig Erfahrung haben, und eine würdige Fortsetzung für alle Fans der Reihe. Wenn ihr euch zu einer dieser Gruppen zählt oder die Abenteuer der Brüder grundsätzlich gerne spielt, könnt ihr mit dem Abenteuer viel Spaß und eine gute Zeit auf hoher See haben.