SMTV Vengeance: Apocalypse oder Royal?
Herzlich willkommen zum regelmäßig erscheinenden Grinder’s Guide, dem Format, in dem ich völlig ungezügelt und unkontrolliert über JRPGs palavere!
Die jüngst ausgestrahlte Nintendo Direct Partner Showcase vom 21.02.2024 war nicht ganz so JRPG-lastig wie einige Directs zuvor, aber den einen oder anderen Leckerbissen bekommen wir doch noch serviert. Während bereits bekannte Spiele wie Unicorn Overlord oder Fantasy Life i neue Trailer spendiert bekamen, gab es für Fans der Dämonensammelreihe Shin Megami Tensei eine freudige Überraschung (zumindest für die, die den Leak nicht mitbekommen haben…): Shin Megami Tensei V: Vengeance wurde für Nintendo Switch, PC, PS4, PS5 und Xbox angekündigt! Und dieses Mal dauert der Release nicht vier Jahre, denn das Spiel erscheint bereits am 21.06.2024 hierzulande.
Law and Chaos
Der Ankündigungstrailer, so dämonisch und interessant er auch aussah, hinterließ jedoch einige fragende Gesichter und das leider zurecht: Ist das jetzt einfach nur das alte Spiel mit ein paar neuen Szenen? Ist es ein vollwertiges Sequel? Wird es die Vengeance-Inhalte separat als DLC zu kaufen geben?
Zumindest in der Vergangenheit schienen die Entwickler bei Atlus es nie so richtig geschafft zu haben, ihre Visionen direkt im ersten Anlauf alle zu verwirklichen. So erschienen zu Persona 3, 4 und 5 jeweils einige Jahre später auf einer neuen Plattform erweiterte Versionen (Persona 3 FES, Persona 4 Golden und Persona 5 Royal). In diesen Fassungen konnte die bekannte Handlung aus dem Originalspiel genossen werden, die mit zusätzlichen Sequenzen, Charakteren und rekrutierbaren Personas garniert wurden und optionale neue Kapitel und damit verbunden auch neue Enden mit sich brachten. Ähnlich ging man mit Shin Megami Tensei III und den SMT-Ablegern auf dem Nintendo DS (Devil Survivor 1 und 2 und Strange Journey) um - alle Titel bekamen einige Jahre später eine “definitive” Edition, in denen optionale zusätzliche Inhalte, meist in Form von Extradungeons, neuen rekrutierbaren Dämonen und einem neuen freischaltbaren Ende enthalten waren. Bei SMTIII haben wir das allerdings nicht mitbekommen, denn da erschien nur der “Director’s Cut” im Westen, in Nordamerika mit dem Untertitel “Nocturne”, der auch für das Remaster aus 2021 verwendet wurde, und “Lucifer’s Call” in Europa (den Namen finde ich tatsächlich cooler und passender). Nachdem sich also ein festes Muster etabliert hatte, ging man mit Shin Megami Tensei IV auf dem 3DS… einen ganz anderen Weg. Das in Japan als Shin Megami Tensei IV: Final und hierzulande als SMTIV Apocalypse bekannte Spiel ist nämlich keine Atlus-typische Erweiterung, sondern eine quasi-Fortsetzung, die in der Mitte der Handlung des Originals beginnt, mit neuen Pro- und Antagonisten startet und die Story in eine gänzlich neue Richtung dreht. Das bedeutet für Neueinsteiger ins Franchise: Nein, wenn ihr Apocalypse habt, habt ihr nicht automatisch SMTIV. Und SMTIV gibt es hierzulande gar nicht physisch, was bedeutet, dass die europäische Fassung seit der Abschaltung des eShops gar nicht mehr (auf legalem Wege) zu bekommen ist. Aber ich schweife mal wieder ab, hier geht’s ja um SMTV.
Apocalypse oder Royal?
Um die Eingangsfrage zu beantworten: SMTV: Vengeance ist kein Sequel. Aber es ist auch mehr als “nur” eine Golden/Royal-Fassung. Und als DLC gibt es den Vengeance-Content schonmal gar nicht zu kaufen. Ein “Special Program Spotlight” Video auf dem Sega Asia Youtube-Kanal gibt Klarheit: Das gesamte Original-Spiel ist in Vengeance enthalten, während der neue Story-Content in einer neuen Route verbaut wurde, für die man sich zu Beginn des Spiels entscheiden kann. Diese neue Route folgt nur stellenweise der originalen Handlung, divergiert davon aber recht schnell und stellt neue Charaktere und Bösewichte vor, entführt euch in ein neues, frei erkundbares Gebiet und bietet auch einen zusätzlichen neuen Dungeon. Das Thema der neuen Route ist “Vergeltung” (wer hätte das gedacht?), allerdings ist noch nicht klar, wer sich genau an wem rächen will. Der Nahobino (der Protagonist aus SMTV) wird sich hier auf jeden Fall mit den Qadistu, einer Gruppe weiblicher Dämonen angeführt von Lilith, anlegen und bekommt dabei Unterstützung von Yoko Hiromine, eine Schülerin, die auch in Magie bewandert ist und, so sieht es zumindest im Videomaterial aus, im Kampf neben Dämonen eingesetzt werden kann. SMTV- und Vengeance-Director Shigeo Komori schätzt die Spielzeit der neuen Route, die aufgrund folgenschwerer Entscheidungen auch einen gewissen Wiederspielwert vermuten lässt, etwa gleich lang wie einen Durchlauf durch den Originaltitel ein und gibt etwa 80 Stunden an (das halte ich für etwas sehr optimistisch geschätzt, ich habe für einen recht ausführlichen Durchlauf des Originals ca. 60 Stunden gebraucht). So oder so dürfen sich auch Zocker der Vanilla-Version auf ordentlich neuen Content freuen.
Der Rest vom Dämonenfest
Komori äußert sich zu den Neuerungen in Vengeance fast schon wehmütig und gibt offen zu, dass es viele Ideen und Konzepte nicht in die Basisversion von SMTV geschafft haben. Heißt im Klartext, Vengeance ist eine Art Director’s Cut, in dem sich die Entwickler endlich komplett austoben durften. Obwohl Vengeance jetzt aber bis zum Rand vollgestopft ist mit neuen Dämonen, Arealen und Szenarien, haben die Atluser*innen es sich nicht nehmen lassen, neue DLCs zu kreieren und diese auch noch vor Release anzukündigen. Alle DLC-Episoden und -Dämonen aus der Basisversion von SMTV sind in Vengeance zwar gütigerweise enthalten, aber mindestens zwei neue Episoden werden kostenpflichtig ab Tag 1 verfügbar sein, in denen es neben einer komplett neuen Dämonin auch ein Wiedersehen mit dem alten Griesgram Dagda (bekannt aus Shin Megami Tensei IV Apocalypse) geben wird. Ein bisschen enttäuschend, dass selbst “Complete Editions” kostenpflichtige Day-One-DLCs haben, aber das ist wohl einfach 2024. Alles andere klingt zumindest für mich ziemlich verlockend und auch wenn Ende Juni für mich persönlich eine ziemlich stressige Zeit wird, in der ich wahrscheinlich nicht sonderlich viel Zeit zum Zocken haben werde, freue ich mich extrem auf ein weiteres Abenteuer in Da’at. Schließlich habe ich SMTV über 90 Stunden gespielt, zwei volle Durchgänge (einen im New Game+ im Quasi-Schnelldurchlauf) absolviert und alle vier Enden freigeschaltet. Man könnte also meinen, ich mag SMTV. Und tatsächlich liebe ich Gameplay, Artstyle, Musik und die Dämonendesigns sehr, lediglich die Story fand ich nicht ganz so gut wie erhofft (nicht schlecht, aber eben auch nicht bahnbrechend). Wenn Vengeance dieses “Problem” also fixt, könnte sich für mich ein Top-10-Switch-Spiel anbahnen.
Wie sieht es bei euch aus? Habt ihr SMTV oder einen anderen Teil der Reihe gespielt? Holt ihr euch Vengeance? Schreibt es in die Kommentare!
Erwähnenswert ist für mich noch, dass Vengeance nicht mehr Switch-exklusiv ist, sondern für alle aktuellen Plattformen kommt.