Another Code: Recollection
Auf Nintendo DS und Wii durfte Another Code seinerzeit vor allem demonstrieren, welche technischen und spelerischen Möglichkeiten beide Systeme für seine Spieler zu bieten haben; obendrein waren beide Titel aber durchaus spannende und gelungene Mystery-Adventure-Spiele. Jetzt kehrt Ashley mit einer Recollection auf Nintendo Switch zurück.
Im Grunde genommen sind Another Code: Doppelte Erinnerung und Another Code R: Die Suche nach der verborgenen Erinnerung visuelle Novellen, die mit einigen Abenteuerelementen und Rätseln angereichert sind. Das heißt, dass die Geschichte und Erzählstruktur deutlich im Fokus stehen und den Kern des Spiels ausmachen; aber es gibt auch Phasen der Erkundung und des Lösens von Rätseln. Allerdings ist dies nur eine nützliche Ergänzung, da die Verwicklungen in Ashleys Vergangenheit die Hauptmotivation für das Spiel darstellen. Um die Erinnerungslücken zu schließen, die Ashley beschäftigen, versucht sie, mehr über ihren verschwundenen Vater und ihre verstorbene Mutter zu erfahren. In "Doppelte Erinnerung" unterstützen sie der Geisterjunge D. und ihre Tante Jessica, während sie in "Die Suche nach der verborgenen Erinnerung" fast zwölf Charaktere kennenlernt. Um spoilerfrei zu bleiben, werden an dieser Stelle keine weiteren Informationen preisgegeben.
Die Geschichte, die hinter Ashleys Vergangenheit steht, war und ist damals wie heute die größte Stärke von Another Code (Recollection). Die Tatsache, dass ihr beide Titel in der Recollection nun jedoch als ein gemeinsames Werk spielt, ist eine interessante Idee und Neuerung. In der Praxis bedeutet dies aber auch, dass ihr die beiden Geschichten nicht unabhängig voneinander beginnen können.
Zwei Spiele in Einem
In beiden Titeln, die aber auf der Switch ja nun wie ein einzelnes Spiel ablaufen, gibt es eine klare Struktur im Spielablauf. In Diskussionen mit den diversen Charakteren erhaltet ihr ständig neue Informationen, die euch zu bestimmten Themen und Hinweisen führen. In diesen Gesprächen wird euch häufig vorgegaukelt, das Gespräch zu lenken, da ihr häufig mehrere Themen ansprechen könnt. Es spielt dabei aber im Grunde keine Rolle, worüber ihr zuerst mit eurem Gegenüber sprecht, da alle Gesprächsthemen nach und nach sowieso behandelt werden. Jedoch ist dies am Ende nicht weiter schlimm, da die gut übersetzten deutschen Bildschirmtexte und die grandiose englische (oder wahlweise japanische) Sprachausgabe euch dennoch an den Bildschirm fesseln werden; sofern ihr die Geschichte nicht schon kennt und noch sehr präsent vor Augen habt.
Dank der einfachen Sprache könnt ihr auch bereits mit einem soliden Schulniveau in Englisch ohne Untertitel gut mitkommen und auf die Einblendungen auf dem Bildschirm verzichten. Nachdem alle möglichen Gesprächspartner befragt wurden, müssen die Erkundungsphasen in den offenen 3D-Szenerien in Angriff genommen werden. In "Doppelte Erinnerung" geht es um eine rätselhafte Insel mit einem mysteriösen Anwesen, während ihr in "Die Suche nach der verborgenen Erinnerung" einen ganzen Ferienpark mit Gebäuden, Wegen und einer kleinen Siedlung erkunden könnt. Es kommt dabei immer wieder zu dem dritten wichtigen Element des Spiels: die Rätsel. Ashley muss sich vielen kleineren und großen Rätseln stellen, um weiterzukommen. Um z.B. neue Schlüssel zu basteln, müsst ihr die Umgebung erkunden und versteckte Schalter aktivieren oder Objekte miteinander kombinieren. Insgesamt sind die Rätsel unterhaltsam und vielfältig, aber die einzelnen Optionen kommen zu selten vor und einige Arten von Rätseln kommen gar nur einmal im Spiel vor.
Ashley besitzt darüber hinaus ein sogenanntes DAS-Gerät (Duales ANOTHER-System). Dieses nützliche Hilfswerkzeug kann nicht nur Fotos aufnehmen, sondern euch auch eine Karte mit Informationen über die Charaktere der Spiele und eure Dialoge mit diesen bereitstellen, was wirklich sehr nützlich ist. Es ist überdies möglich mit dem Gerät eine Funktion zu nutzen, um Geheimnisse aufzudecken. In beiden Teilen war dies jedoch nur ein bis zweimal erforderlich, da diese Funktion speziell darauf ausgelegt ist, Verstecktes zu entdecken. Am Ende wird dadurch viel Potenzial verschenkt und wir hätten gerne mehr dieser Art von Rätseln im Spiel entdeckt. So lässt sich die Funktion zwar beliebig oft nutzen, ergibt jedoch für den eigentlichen Spielverlauf keinen großen Sinn. Trotzdem stellt es sicher, dass jedes Rätsel einzigartig ist und somit auch abwechslungsreich ist.
Ferner geht es für den Spieler darum Dokumente zu durchblättern, Gegenstände durchzusehen, Umgebungen zu untersuchen und Zahlenkombinationen auszuprobieren. Insgesamt sind die meisten Rätsel allerdings etwas zu einfach geraten, da bis auf eine Stelle im Spiel keine größeren Kopfnüsse anzutreffen waren. Falls ihr dennoch einmal Hilfe benötigt, um voranzukommen, könnt ihr euch auch Ratschläge anzeigen lassen, um das Spiel einfacher zu gestalten. Der Schwierigkeitsgrad hält sich jedoch auf einem moderaten Level und setzt ganz klar die Geschichte in den Fokus.
Aus technischer Sicht haben die Entwickler haben viel Arbeit investiert, um die beiden Spiele in neue und offene 3D-Umgebungen zu packen. Insbesondere die Charaktermodelle wurden stark verbessert und teilweise komplett neu erstellt. Auf der anderen Seite wurden viele Umgebungen und Texturen hingegen nicht so gut ausgearbeitet, was den Gesamteindruck schmälert. Sound und Sprachausgabe (englisch, japanisch) sind hingegen sehr gut gelungen. Außerdem wäre es fantastisch gewesen, die technischen Fähigkeiten und Gimmicks der Nintendo Switch noch weiter auszuschöpfen, da es nur wenige Herausforderungen mit Bewegungssteuerung gibt. In einem solchen Abenteuer mit Rätselelementen wäre viel mehr davon wünschenswert gewesen.
Insgesamt hinterlässt das Abenteuer jedoch einen positiven Eindruck, insbesondere aufgrund der Charaktere, ihrer Gespräche und der gesamten Story. Dies dürfte auch die Hauptmotivation sein, die ungefähr 20-stündige Geschichte zu beenden. In dieser Spielzeit ist es auch erforderlich, mehr oder weniger gut versteckte Origami-Figuren zu finden, die zusätzliche Hintergrundinformationen bieten. Außerdem könnt ihr euch auf eine weitere Episode freuen, nachdem die Geschichte abgeschlossen ist, um alle Geheimnisse zu enthüllen. An manchen Stellen warten auch Überraschungen auf euch, die nicht in der Geschichte behandelt werden, was zu zusätzlichen schönen Momenten führt.
FAZIT:
Die Recollection von Another Code bietet eine tolle Möglichkeit, diese beiden schönen und spannenden Abenteuer entweder noch einmal zu erleben oder überhaupt das erste Mal genießen zu dürfen. Die Story wird packend erzählt, die Rätsel sind teilweise fordernd und es gibt an allen Ecken und Enden Geheimnisse zu entdecken. Mit knapp 20 Stunden Spielzeit hat das Abenteuer eine ganze Menge an Material zu bieten. Die Neuerungen betreffen hauptsächlich die Optik, wobei man hier nicht den ganz großen Generationensprung bemerkt. Natürlich wurden die Charaktere und die Umgebungen deutlich aufgehübscht und auch die neue Sprachausgabe tut dem Spiel mehr als gut, allerdings wurde das volle Potential der Switch mitnichten ausgeschöpft. Auch zeigen die Rätsel zwar ordentliche Ansätze, jedoch verschenken die Entwickler viel Potential. Mit ein bisschen mehr Mut wäre hier eine absolute Topwertung drin gewesen. So bleibt am Ende ein immer noch sehr gutes Abenteuer, das Rätsel-Freunde unbedingt auf dem Schirm haben sollten.