Lunark
Erinnert ihr euch noch an die Zeit der handlungsbasierten Jump’n’Runs und Action-Adventures der (sehr) frühen 90er Jahre? An die Zeit als Spiele wie Flashback, Prince of Persia und Another World auf dem Super Nintendo und anderen zeitgenössischen Plattformen begeisterten und für ihren Einsatz der Rotoskopie-Technik gefeiert wurden? Falls ja, dann habe ich gute und schlechte Nachrichten für euch. Die schlechte Nachricht: Ihr befindet euch aller Wahrscheinlichkeit nach in meiner Altersgruppe. Aber die gute und zweifelsohne viel wichtigere Nachricht lautet, dass das Indie-Studio Canari Games mit seinem ersten Werk “Lunark” eine Hommage an die Spiele der damaligen Zeit geschaffen hat. Ob es mit den genannten Vorbildern mithalten kann, haben wir uns für euch auf der Nintendo Switch angesehen.
Mit dem Mond zu den Sternen
Lunarks Geschichte beginnt in der fernen Zukunft. Nachdem die Erde irgendwann nicht mehr zu retten war und dementsprechend als unbewohnbar eingestuft wurde, tat die Menschheit das einzig “vernünftige” und baute den Mond zu einer Arche für ein paar Millionen Überlebende um. Mit gigantischen Triebwerken und einer die Reise überwachenden K.I. namens NOAH ausgestattet, flog der ehemalige Trabant unseres Planeten quer durch die Galaxie, und brachte seine Passagiere zu dem Planeten Albaryne, der als neue Heimat auserkoren wurde. 300 Jahre später haben sich die Siedler bereits sehr gut eingelebt. Die ursprünglichen Ureinwohner, ein Volk, das an aufrecht gehende Wildkatzen erinnert und “die Unsterblichen” genannt wird, wurden weitestgehend aus allen Lebensräumen verdrängt. Und wie um zu zeigen, dass man aus Geschichte lernen kann, es aber nicht muss, wurde ein totalitärer Staat gegründet, in dem NOAH das Schicksal aller Einwohner kontrolliert.
In dieser Welt spielt ihr den Charakter Leo, der mit seinen auffällig katzenhaften Gesichtszügen und seinen besonderen physischen Fähigkeiten das Leben eines Außenseiters lebt. Das wird im Laufe des Spiels auch nicht besser, nachdem er eigentlich nur einem Freund helfen wollte und im Anschluss zu Unrecht unter Terrorverdacht steht. Doch ihr wärt kein Held, wenn ihr euch endlos von bösartigen Wachen und Drohnen herumschubsen lassen würdet und so macht ihr euch schnell daran, die wahren Verbrecher zu finden und dabei das Schicksal aller Bewohner des Planeten zu verändern.
Lunarks Geschichte ist gut und motivierend geschrieben und wird die meiste Zeit über durch das Geschehen in den Leveln, die Gespräche mit anderen Charakteren und vereinzelte Informationsterminals erzählt. Zwischensequenzen vervollständigen die Handlung zwischen den einzelnen Abschnitten, sind aber, so wie das übrige Spiel, nicht von Sprechern vertont worden, sodass die gelesenen Texte die meisten Informationen für euch bieten. Dabei hält sich das Spiel aber besonders am Anfang sehr mit Erklärungen zurück, sodass vieles, was die Charaktere in ihren Gesprächen erwähnen, zunächst nur wenig Sinn ergibt. Das ändert sich zwar im Verlauf der etwa acht Stunden, die ihr für das Spiel benötigt, fordert euch aber trotzdem ein wenig Geduld ab.
Im Kampf gegen Wachen, Droiden und die Schwerkraft
Wenn ihr nicht gerade mit anderen Charakteren sprecht, springt und kämpft ihr euch durch die insgesamt zwölf Level des Spiels. Leos Bewegungsset beinhaltet neben Sprüngen, Rollen und Schlägen im Nahkampf auch Fernkampfangriffe mit seinem Blaster, der einzigen echten Waffe, die euch zur Verfügung steht. Der Blaster hat zwar grundsätzlich unendlich viel Munition, braucht aber nach einigen Schüssen ein paar Sekunden, um sich wieder aufzuladen, wodurch Kämpfe dynamisch bleiben. Viele Gegner benötigen mehr als die drei Treffer, die die Pistole anfangs austeilen kann und so müsst ihr in der Zwischenzeit den feindlichen Angriffen mit gut getimten Rollen ausweichen. Im weiteren Verlauf des Spiels findet ihr Möglichkeiten, um die Pistole immer weiter zu stärken. Wer aber keine Lust auf die Schusswechsel hat, kann die meisten Konfrontationen auch einfach umgehen oder vor den Gegnern weglaufen. Tatsächlich gibt es auf anderen Plattformen sogar einen Erfolg für Spieler, die alle feindlichen Wachen unerkannt umgehen können. Neben der Kampfkraft könnt ihr auch eure Lebenskraft verbessern, indem ihr gut versteckte Splitter sammelt und diese beim NPC “Hugg” abgebt, der euch im Gegenzug mit einer Umarmung und gesteigerter Lebensenergie belohnt, wodurch Kämpfe ebenfalls ein wenig einfacher werden. Obwohl die Kämpfe, nachdem man die Bewegungsmuster der verschiedenen Angreifer durchschaut hat, nicht allzu anspruchsvoll sind, gibt es doch mehr als eine Gelegenheit, um mit Leo das Zeitliche zu segnen. Der Hauptgrund für die meisten unserer Todesfälle war die schwammige Steuerung Leos, die tatsächlich an die Kontrolle der Spielfiguren in den Vorbildern der 90er Jahre erinnert und viele Sprung-, Kampf- und Kletterpassagen zusätzlich erschwert. Mit der Zeit gewöhnt man sich aber daran und kommt von da an ziemlich gut zurecht. Für den Fall, dass euer Held doch einmal zu oft getroffen wird oder zu tief fällt, setzt das Spiel regelmäßig und automatisch Speicherpunkte. Auf diese Weise lassen sich die Niederlagen gut verkraften, da ihr selten mehr als einige Minuten Spielzeit verliert.
Die einzelnen Level führen euch jeweils in einen anderen Teil der Welt und wurden mit viel Liebe zum Detail gestaltet, um die Geschichte auch durch sie zu erzählen. Mit Gegnern bevölkerte Passagen wechseln sich mit Abschnitten ab, in denen ihr den richtigen Weg über Plattformen und Abgründe hinweg finden müsst. Dabei trefft ihr immer wieder auf NPCs, die die Welt ein wenig lebendiger machen und euch etwas über sich und die Welt erzählen. Die Dialoge sind zwar grundsätzlich optional, ohne sie ergibt das Geschehen auf dem Bildschirm aber oft keinen Sinn. Lunark bietet eben nicht den ausgelassenen Plattformer-Spaß eines Super-Mario-Spiels. Lunark ist ein Nischentitel, der trotz seiner Qualität nicht für die breite Masse gemacht wurde. Für Fans, die das Abenteuer gerne mehrmals erleben möchten, bietet das Spiel drei Speicherplätze. Einen wirklichen Wiederspielwert gibt es mit einem einzigen erspielbaren Ende aber nicht.
Schöne Pixel, schöne Musik, träge Steuerung
Wer sich die Screenshots einmal genauer angesehen hat, wird kaum überrascht sein, dass Lunark auf der Nintendo Switch absolut problemlos läuft. Die Grafik mit den extragroßen Pixeln wirkt auf den ersten Blick vielleicht etwas grob, funktioniert im laufenden Spiel aber ausgezeichnet. Der Soundtrack unterlegt das Geschehen mit abwechslungsreicher Synthesizer-Musik und entschädigt durch seine Qualität für die fehlende Synchronisation. Dass die Entwickler sich bei der Steuerung an der trägen Kontrolle älterer Titel orientiert haben, statt sie auf ein zeitgemäßes Niveau zu bringen, kann man ihnen als Treue zum Quellmaterial oder als Engstirnigkeit auslegen. Mit der Technik der Switch hat das Thema aber nichts zu tun, zumal sich Leo nach einer Eingewöhnung in den meisten Situationen gut steuern lässt. Die Ladezeiten sind immer angenehm kurz, sodass der Spielfluss auch nach einer Niederlage nicht lange ins Stocken kommt.
Fazit:
Lunark ist eine sehr gut gestaltete Hommage an die narrativen Action-Adventures der frühen 90er Jahre, die nicht jedem gefallen wird, das aber auch gar nicht will. Viele Entscheidungen, die die Entwickler bei dem Titel getroffen haben, funktionieren nur, weil sich das Spiel wie ein altes Spiel anfühlen soll, während reguläre Plattformer besonders mit der schwammigen Steuerung schlecht oder gar nicht davongekommen wären. So aber kann der Titel gerade für jene unter euch, die mit Spielen wie Flashback auf dem Super Nintendo groß geworden sind, eine kurze aber nichts desto trotz unterhaltsame Zeitreise zurück in die Jugend sein. Wer darauf Lust hat, kann gerne zugreifen.